Josua

Predigthilfe vom 15. Mai 2022 – Josua 2, 1-24

Predigtthema (ursprünglicher Vorschlag): Nur auf Gottes Seite stehen rettet

Die Erarbeitung dieser Predigt erfordert etliche Stunden an Vorbereitung. Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe deshalb Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht euer eigenständiges Erarbeiten des Bibeltextes. Bei der Vorbereitung dieser Predigt suchen wir nach dem, was der Herr über den Predigttext durch uns sagen will, denn wir verkündigen nur die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufs Herz gelegt wird. Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!

1. Sehen, was dasteht

Verschiedene Bibelübersetzungen, um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 2017 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Neue Genfer Übersetzung / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung).

1.1 Allgemeine Hinweise zu Predigt und Predigttext

Im Mai wird eine Reihe zum Josuabuch begonnen (und dann im September/Oktober fortgeführt). Für diesen Sonntag geht es um die Kundschafter in Jericho. Es ist ein längeres Kapitel. Man muss gut überlegen, was man vorliest. Die Geschichte lässt sich gut mit Bildern (freebibleimages.com) veranschaulichen.

1.2 Hilfen zum Verständnis des Predigttextes

Der erste Gang sollte immer das Selbststudium sein, sich anhand von verschiedenen Bibelübersetzungen und Studienbibeln eine eigene Vorstellung davon zu erarbeiten, welche geistlichen Wahrheiten der Abschnitt enthält und was Gott im Sinne von 2. Tim 3,16 dem Leser bzw. Predigthörer zeigen möchte.

Erst in einer zweiten Phase liest und hört man dann andere Auslegungen. Im Sinne von Apg 17,11 darf man dabei durchaus prüfend lesen, ob die Argumente und Schlussfolgerungen der Autoren wirklich schlüssig und überzeugend sind.

Als Hilfen zur Auslegung empfehle ich jedem Verkündiger, sich folgende Studienbibeln zuzulegen: Elberfelder erklärt, MacArthur (gibt es auch als PDF zum kostenlosen Download), Ryrie, Genfer Studienbibel (gute theol. Ergänzung zu den Vorherigen),

Weitere gute Hilfen:

# Die Thompson-Studienbibel bietet mit ihren Kettenbegriffen direkt neben jedem Vers gute Anregungen, welche Themen in einem Abschnitt enthalten sind, die man dann in der Predigt aufgreifen kann.

# Für Josua: „Das ALTE Testament“ ausgelegt von Walvoord und Zuck (Hänssler-Verlag) ist eine weitere sehr gute Ergänzung im Sinne einer Studienbibel-Kommentierung.

# Die Kompaktkommentare von Warren Wiersbe (gibt es z.T. als englische pdf frei im Internet)

# Es kann sich auch lohnen, nach dem Selbststudium dann auf sermon-online oder auch Youtube Predigten anderer Verkündiger zum Predigttext zu hören.

1.3 Anmerkungen zum Verständnis des Predigttextes

(Die Anmerkungen beziehen sich auf die Formulierung der rev. Elberfelder Übersetzung)

Das Buch Josua berichtet vor allem, wie Gott sein altes Versprechen an Abraham erfüllt und seine Nachkommen, das Volk Israel, das Land Kanaan bekommen. Es ist also ein Buch über die Treue Gottes – gerade auch nachdem das Volk die 40 Jahre Wüstengericht erleben musste. Gleichzeitig wird deutlich, dass den Israeliten das Land nicht „in den Schoß fällt“ und die Feinde einfach verschwinden oder tot umfallen, sondern dass Israel tatsächlich kämpfen muss (wie ja z.B. auch in 2. Mose 17 und öfter). Manchmal sagt Gott „Seid still und ICH werde für euch kämpfen“ und manchmal sagt Gott eben „zu den Waffen …“ – wir dürfen das nicht gegeneinander ausspielen.

Im Verlauf des Buches wird dann deutlich, dass die Israeliten ihren Teil der Verantwortung nicht vollständig umsetzen.

Aber in Kapitel 1 ist noch alles sehr gut: Josua wird als neuer Leiter bestätigt und auch die 2,5 Stämme, die zukünftig im Ostjordanland leben wollen, sagen ihre Treue bei der Eroberung des Kernlandes zwischen Mittelmeer und Jordan zu.

Nach 4. Mose 13,25 waren die Kundschafter bei der ersten Erkundung Kanaans 40 Tage unterwegs und dies war nun 40 Jahre her – was hatte sich im Land geändert? In Josua 1,11 ist dagegen klar, dass das Volk innerhalb von drei Tagen über den Jordan geht. Wenn wir davon ausgehen, dass die Kapitel im Josuabuch (weitgehend) chronologisch angeordnet sind, dann ist der Erkundungstrip hier in Josua 2 von vornherein nur als „Tagestour“ angelegt und es ist auch klar, dass diese Erkundungstour letztlich nicht darüber entscheidet, ob sie über den Jordan gehen oder nicht – das steht eigentlich schon fest.

Nach Jos 3,18 führte der Jordan ja Hochwasser. Es ist wichtig im Hinterkopf zu behalten, dass er damit vor seiner Überquerung vor allem ein logistisches Problem darstellte, aber NACH seiner Überquerung eine echte Gefahr darstellte, denn dadurch war ein schneller Rückzug unmöglich, zumindest ohne Wunder.

Was ist, wenn einen auf der anderen Seite eine vereinigte kanaanitische Armee erwarten würde? An dieser Stelle – nördlich vom Toten Meer – wäre das Volk dann nach der Überquerung „eingesperrt“ zwischen Jericho am Fuße des Gebirges und dem Jordan. 40 Jahre vorher hätte man vom offenen südlichen Land her das Gebiet nordwärts viel ungefährlicher einnehmen können … -> Die Ausgangslage auf der anderen Seite des Jordan erfordert mehr Vertrauen, gleichzeitig verzichtete man auf eine ausführliche Erkundung, sondern schickte zwei (statt damals zwölf) Leute für eine „Tagestour“ nach Jericho.

Zum zeitlichen Ablauf: Wenn wir Josua 1,11 und 2,22 und 3,2 in Übereinstimmung bringen wollen, dann müssen wir davon ausgehen, dass Josua 1 noch in Schittim ist (siehe Jos 2,1 und 3,1) und 2,1 und 3,1 im Grunde parallel verlaufen, so dass die Kundschafter am Ende von Kapitel 2 am Jordan am Tag der Überquerung zum Volk dazu stoßen. Schittim liegt „gegenüber“ von Jericho auf der anderen Seite des Jordan, wobei beide Orte ca. 6-8 km vom Jordan entfernt sind.

Die Situation rund um Vers 1 spiegelt die Entschlossenheit wider, die Josua in 1,11 zeigt.

Vers 1

Schittim – siehe oben

Von der Zeitplanung her geht es nicht um eine ausführliche Erkundung Kanaans, sondern eher nur um einen groben Überblick über Jericho und die Ebene zwischen Jericho und dem Jordan.

„Heimlich“ – dass es hier extra erwähnt wird, könnte bedeuten, dass das Volk Israel zunächst nicht weiß, dass da zwei Kundschafter unterwegs sind.

Die Kundschafter sind „namenlos“, es ist nicht wichtig, wer die beiden sind.

Wir haben über das „Haus“ von Rahab keine weiteren Infos. Aber da es in die Stadtmauer integriert war und die beiden Männer dort auch beide problemlos Platz zum Schlafen haben, liegt die Vermutung nahe, dass es ein größeres Haus war, in dem dann evtl. auch im größeren Stil entsprechende Dienstleistungen erbracht wurden. Evtl. war Rahab da nicht die einzige Frau, hatte aber eben „das Sagen“. Später zeigt sich, dass ihre ganze Großfamilie in diesem Haus Platz haben würde. Wenn es so war, dann ist das sicherlich auch ein Ort, an dem gewöhnlicherweise viele Fremde und Durchreisende waren, vor allem, wenn der Jordan gerade Hochwasser hatte und die Händler und Reisenden von Jerusalem Richtung Osten hier einen Zwischenstopp einlegen mussten. Die beiden Männer fielen also hier nicht unbedingt auf.

„Hure“ – da Huren praktisch dann oft auch Ehebrecherinnen waren, hätte ihr vom israelitischen Recht her zumindest für diesen Fall die Todesstrafe gedroht. Inwieweit der Aufenthalt in ihrem Haus die Israeliten verunreinigte, ist unklar. In Jos 6,23 wird die gerettete Großfamilie aber *außerhalb* des Lagers untergebracht.

Rahab: In Mt 1,5 wird eine Rahab als Frau von Salmon und damit als Mutter von Boas aufgeführt, dem Uropa Davids. Die zwei Männer, die immer wieder in der Kette vor Boas genannt werden, sind Nachschon und Salmon (Mt 1,4; Ruth 4, 20-21; 1. Chr. 2,11; Lk 3,32). Wenn wir aber zwischen Landnahme und Sauls Inthronisierung von einer 400jährigen Richterzeit (Apg 13,20) ausgehen, dann kann Rahab eigentlich kaum die Uroma von Isai sein. Rahab dürfte eher 150-200 Jahre vor Boas gestorben sein. Weil aber „Rahab“ so bemerkenswert in Mt 1,5 eingeschoben wird und es eben sonst in der Bibel nur die Rahab aus Josua 2 gibt, deshalb gibt es die Theorie, dass die Stammbäume nicht vollständig sind. Salmon ist also nicht wirklich der Vater von Boas, sondern es sind noch Generationen dazwischen. Diese Theorie ist durchaus wahrscheinlich, denn von Juda bis Salmon sind es in Mt 1,3-4 ja auch nur sechs Generationen, was im Blick auf die 400 Jahre Ägypten und die 40 Jahre Wüste auch eigentlich zu wenig ist.

Nachschon wird in 2. Mose 6,23; 4. Mose 1,7; 2,3; 7,12.17 auch als Sohn Amminadabs bezeugt, er ist der Schwager von Aaron. Sein Sohn Salmon wäre dann also wirklich der Zeitgenosse der Hure Rahab. Aus dieser Richtung würde es also zeitlich sehr gut passen, dass in Mt 1,5 tatsächlich die HURE Rahab die Frau von dem erwähnten Salmon ist. Aber Salmon und Rahab sind dann eben wahrscheinlich nicht die Eltern sondern „nur“ Vorfahren von Boas.

Und dann ist Rahab, die Kanaanitische Hure und Nicht-Jüdin eben tatsächlich später im Stammbaum Davids und im Stammbaum Jesu – durch ihren Glauben! (Das ist Evangelium!)

Vers 2

„König“ – „König von Jericho“ – neben den vielen anderen „Königen“ damals (z.B. 1. Mose 14,2 oder auch Jos 5,1) – deutet sicherlich auf deutlich kleinere Machtbereiche hin, als wir es von heutigen Königen oder dann auch z.B. später von David und Salomo gewohnt sind. Andererseits gehörte damals zu diesen Städten eben immer auch eine Region. Der Bau von Stadtmauern war sehr aufwändig, deshalb versuchte man den ummauerten Bereich so klein wie möglich zu halten, so dass eben in einem Kriegsfall sich dort alle Untertanen aus der Region „reinquetschen“ konnten. Aber in Friedenszeiten breitete sich das „städtische Leben“ in einem viel größeren Umkreis um die Stadt aus. Unterm Strich waren aber die 600.000 israelitischen Soldaten (4. Mose 1,46) für ein einzelnes „Stadt-Königtum“ natürlich eine Übermacht. Allein hatte Jericho im offenen Kampf keine Chance gegen Israel!

„Erkunden“ – das Wort bedeutet sonst eigentlich „graben“. Dahinter könnte der Gedanke stecken, dass ausgekundschaftet wird, wo man z.B. am Besten die Mauer *untergraben* konnte, um sie zumindest partiell zum Einsturz zu bringen.  

Vers 4

Wenn „Rahabs Haus“ tatsächlich ein größeres „Etablissement“ war, dann dürfte sie genug Erfahrung mit Fremden gehabt haben, um sofort zu wissen, dass die beiden Israeliten waren. Der weitere Verlauf legt das auch nahe.

Vers 5

Dieser Vers ist nun offensichtlich gelogen.

Man kann sich vorstellen, und Vers 9 bestätigt es, dass die Stadt in einer angespannten Lage war, weil auf der anderen Seite des Jordan eben das Volk Israel immer näherkam und früher oder später mit einem Angriff gerechnet werden musste, auch wenn das Hochwasser des Jordan vermeintlich noch einen Schutz bot. (Aber – siehe Vers 9 – auch das Schilfmeer hatte Israel nicht stoppen können.) So kann man sich gut vorstellen, dass sich doch einige Einheimische oder auch Durchreisende (die nicht in die Arme Israels reisen wollten) schon von der Stadt (wieder) zurückzogen in die Berge ins Hinterland, so dass Rahabs Behauptung durchaus realistisch und auf jeden Fall schwer zu überprüfen war: Im Strom der Flüchtlinge konnten die Kundschafter gut mit verschwinden.

Vers 7

Man glaubt Rahab und vermutet die flüchtenden Kundschafter Richtung Jordan/Israel.

Vers 8

Vers 2-7 könnten einen Parallelstrang bilden, so dass Vers 8 und Vers 1 zeitlich zusammengehören.

Vers 9

Dies ist einer der Kernverse und -erkenntnisse, die hier eben von der Kanaanitischen Hure formuliert werden, der in Vers 24 auch zum Resümee des ganzen Kapitels wird.

Es gibt zwei unterschiedliche Erkenntnis-Ebenen:

a) Rahab hat für sich erkannt, dass JHWH (!) Israel das Land gegeben hat. Dabei ist jedes Wort gewichtig:

„Erkennen“ ist ein wirklich tiefes Erkennen und überzeugt sein!

„JHWH“ – sie kennt den Namen und anerkennt IHN als Gott Israels. Er ist dann auch der entscheidende Faktor und nicht etwa die große Armee Israels.

„Land“ – es geht nicht nur um die Stadt Jericho, sondern sie sieht das ganze LAND bis zum Mittelmeer fallen!

b) Das ganze Volk hat so viel erkannt, dass sie Angst haben.

„Schrecken“: Siehe 2. Mose 23,27

„Mutlos“: wanken, verzagen, zerfließen

Hebräer 11,31 bezeichnet Rahabs Haltung als „Glauben“ und in Jak 2,25 wird ihr sogar ausdrücklich „Rechtfertigung“ zugesprochen, weil sie hier ein „Werk“ getan hat – aber eben aus Erkenntnis/Glauben heraus.

Vers 10

Auslöser für die Furcht ist

a) die Teilung des Schilfmeers – insofern gibt das Hochwasser vom Jordan evtl. tatsächlich auch nicht mehr wirklich Sicherheit.

b) der Bann an Sihon und Og (4. Mose 21 bes. Vers 35); 4. Mose 32,33 machen ihre Gebiete als neues Siedlungsgebiet für die 2,5 Stämme aus.

Vers 11

Die erste Hälfte ist noch einmal die Wiederholung der Reaktion auf diese Ereignisse.

Und dann kommt noch einmal ein erstaunliches „Glaubensbekenntnis“: JHWH, der Gott Israels, wird zum Gott im Himmel auf Erden ernannt. ER ist der WAHRE Gott!

Vers 12

Schwören – so wie JHWH „geschworen“ hat, Israel dieses Land zu geben, so möchte nun Rahab einen Schwur der Kundschafter, dass sie Gnade bekommt, weil sie gnädig war.

„Gnade“ – es ist schwer zu sagen, inwieweit wir hier in dieses Wort schon alles reinpacken können, was im NT mitschwingt. Aber von 1. Mose 20,13 her (dort leider „Gefälligkeit“ übersetzt) zeigt sich, dass „Gnade“ etwas ist, was zeigt, dass es ein Verhalten ist, das gegen eine Rechtslage geht. Eigentlich hätte der andere das Recht, etwas anderes zu tun, aber er ist „gnädig“. Und so anerkennt Rahab, dass sie eigentlich kein Recht auf ein Überleben hat. Aber militärisch betrachtet hatten die Kundschafter auch kein Recht auf ihren Beistand und haben Gnade empfangen.

„Meines Vaters Haus“ – sie hat nicht vergessen, wo sie herkommt. Daran ändert auch ihr „Beruf“ nichts. Von der Aufzählung in Vers 13 her könnte man meinen, dass sie noch keine eigene Familie bzw. Kinder hat – und so kann sie später Salmon heiraten.

„Zeichen“ bezieht sich auf den Schwur auf JHWH – mehr kann sie in diesem Moment nicht erwarten.

Vers 13

Sie geht von einem „Bann“ aus, dass also beim Angriff alle Bewohner sterben werden.

Vers 14

Die erste Hälfte bedeutet, dass die Kundschafter mit ihrem Leben für Rahabs Familie eintreten werden, wenn Rahab sie jetzt nicht verrät.

Und sie versprechen für die Zeit nach dem Sieg Israels Gnade und Treue (siehe oben Vers 12)

Vers 16

Sie sollen sich drei Tage im Gebirge verstecken, bis die Verfolger aufgeben zu suchen.

Vers 17-19

Damit die Eroberung Jerichos durch die Rettung Rahabs so wenig wie möglich beeinträchtigt wird, stellen die Kundschafter nun ihrerseits vernünftige Bedingungen, was sie von ihrem Schwur entbindet: Das Haus Rahabs muss deutlich gekennzeichnet werden. Und ALLE, die überleben sollen, müssen in diesem Haus sein und dort auch die ganze Zeit bleiben. Niemand darf ins Freie kommen.

Vers 20

Und natürlich würde auch ein Verrat durch Rahab von dem Schwur entbinden.

Letztlich zeigen diese Bedingungen aber eben auch, dass es den Kundschaftern mit dem Schwur grundsätzlich sehr ernst ist.

Die Kundschafter handeln hier mit sehr viel Eigenverantwortung, denn letztlich wissen sie ja noch nicht, wie Josua auf diese Absprache reagiert. Aber durch den Schwur ist sie auf jeden Fall bindend.

Vers 21

Die Bedingungen sind für Rahab akzeptabel!

Interessanterweise bindet sie SOFORT das rote Seil an das Haus, obwohl die Männer noch drei Tage im Gebirge sind und das Volk Israel ja auch noch nicht mal über den Jordan, geschweige denn in Sichtweite war. Provoziert das nicht neugierige Fragen? Wir wissen zu wenig über die damalige Zeit, aber es könnte natürlich sein, dass so Seile in Häusern an der Stadtmauer, vor allem, wenn es wirklich „Bordelle“ wären, durchaus normal waren: Es gab immer Leute, die nachts, wenn die Stadttore geschlossen waren, noch aus der Stadt raus oder vielleicht sogar auch rein wollten. Solange es Einzelpersonen waren oder sogar Einheimische, war die Gefahr dabei überschaubar. Und in Rahabs Haus war nachts ja immer jemand wach … Dann wäre das Seil an sich nicht verräterisch und eher die ausdrücklich rote Farbe das Erkennungszeichen. Aber hier fehlen uns eindeutige Informationen.

Vers 22-23

Ganz nach der Absprache kommen die Kundschafter schließlich wieder bei Josua an und berichteten alles.

Vers 24

Der Kern ihres Berichtes: JHWH hat das Land gegeben. Eigentlich haben sie es ja noch nicht, aber dieser Satz unterstreicht ihre Glaubensüberzeugung. Dabei geht es um das LAND, nicht nur um Jericho. Und alle Bewohner sind „mutlos“.

Wer aufmerksam liest, merkt, dass es genau die Worte von Rahab aus Vers 9 sind, die sie hier Josua gegenüber benutzen.

2. Verstehen, worum es geht

2.1 Hinweise für hermeneutische Überlegungen (Auslegung)

Nach 1. Kor 10 oder Jak 5,10 können wir persönliches Verhalten oder auch Ereignisse im AT durchaus auch als „Vorbild“ nehmen für uns, in diesem Sinne ließe sich vielleicht das eine oder andere von Josua und/oder den beiden Kundschaftern lernen.

Aber in dieser Predigthilfe soll eher heilsgeschichtlich anhand der „heidnischen Hure“ gezeigt werden, dass Gott letztlich die Gnade über das Gesetz stellt – auch damals schon.

Da die tatsächliche Rettung Rahabs erst in Kapitel 6 im September dran wäre, aber dort dann auch der entsprechende Abschnitt gar nicht zum Predigttext gehört, kann man am 15. Mai bedenkenlos umfassend über Rahab, ihre Rettung und ihre Aufnahme im Neuen Testament reden.

2.2 Hinweise für situative Überlegungen (Predigtanlass)

Es ist ein „normaler Sonntag“ im Verlauf des (Kirchen)Jahres.

2.3 Hinweise für homiletische Überlegungen (Anwendung)

Folgt man der Entscheidung in 2.1 dann geht es darum, Gottes ewiges gnädiges Wesen aufzuzeigen, das natürlich in einem persönlichen seelsorgerlichen Zuspruch der Vergebung und dem Ruf in die Nachfolge münden darf.

3. Sagen, wo es hingeht

3.1 Predigtziel – warum halte ich diese Predigt?

(Es hilft, sich selber noch einmal in 1-2 prägnanten Sätzen deutlich vor Augen zu führen, was der Predigthörer am Ende der Predigt verstanden haben soll).

Ich halte die Predigt, damit die Zuhörer ein vertieftes Verständnis von Gottes gnädigem Wesen bekommen und ein Bewusstsein und eine Erinnerung, dass Gott wirklich JEDEN Menschen in seinem Volk möchte!

3.2 Predigtthema – was sage ich in dieser Predigt?

Thema: Gott liebt es, gnädig zu sein (Micha 7,18)

1. Jeder Mensch hat eine Chance/Gott liebt jede(n)

2. Gnade für den, der Gott anerkennt.

3.3 Predigtentfaltung – wie sage ich es in dieser Predigt?

Es geht heute um einen der wichtigsten Charakterzüge Gottes – seine Gnade!

THEMA: Gott liebt es gnädig zu sein!

Gott liebt es, Menschen ihre Sünde zu vergeben

An dieser Stelle kann man schon einmal das Evangelium von Jesus bringen.

Und nun gibt es aber auch die Zeit vor Jesus und man hat in der Bibel den Eindruck, dass da irgendwie Dinge anders sind.

Da ist viel vom Gesetz die Rede, da empfindet man Gott manchmal als recht „hart“.

Warum? -> Heilsgeschichtlich die Zeit des Gesetzes erklären.

Aber das Spannende ist, dass auch in dieser Zeit des Gesetzes Gott immer wieder erkennen lässt, dass sein eigentliches Ziel die Gnade ist.

Und wir haben heute im Josuabuch einen solchen Abschnitt:

# Vorgeschichte zu Josua 2

# Josua 2 lesen oder erzählen evtl. mit Bildern: https://freebibleimages.org/illustrations/joshua-rahab-spies/ und nach Belieben mit Texterklärungen.

Und wie zeigt sich nun die Gnade Gottes? Spannend ist, wie es mit Rahab weitergeht:

Matthäus 1,5 -> Rahab im Stammbaum Davids und Jesu.

Rahab ist eine Hure (Ehebruch), Rahab ist eine Heidin, eine „Tochter des Landes“ (2. Mose 34,16), eigentlich sollte sie nicht zum Volk Gottes dazu gehören und schon gar nicht in den Stammbaum von David und Jesus.

1. Jeder Mensch hat bei Gott eine Chance!

Andere Beispiele aus der Bibel, „hoffnungslose Fälle“ (z.B. auch Paulus), die bei Gott eine Chance bekommen haben.

An dieser Stelle ist Raum für den persönlichen Zuspruch, dass niemand denken muss, dass er bei Gott keine Chance (mehr) hat.

2. Gnade für den, der Gott anerkennt.

Die alles entscheidenden Verse sind Vers 9-12 – lesen

# Sie erkennt den Gott Israels als wahren Gott – „im Himmel und auf der Erde“

Röm 1,20 -> Diese Welt kann nur von Gott gemacht sein! (Glaube nicht an den Zufall!)

# JHWH hat das Land gegeben!

-> Gott schenkt uns heute Vergebung in Christus – und er wird uns in die ewige Heimat holen! „Gott rettet“ = „Jesus“

# Vers 12 – sie glaubt an die Gnade -> Die hat die Kundschafter vor dem Tod bewahrt und möchte nun auch vor dem Tod bewahrt werden.

Jos 6,23.25 und Mt 1,5 zeigen dann, dass Rahab Teil des Volkes Gottes werden wollte. Sie hat so viel geglaubt und erkannt, dass sie dazu kam.

Und wir finden im NT noch zwei Bezeugungen zu ihr: Hebräer 11,31; Jak 2,25

Sie hat (genug) geglaubt und die Rechtfertigung bekommen!

Sie hat bis dahin nicht alle Gesetze gehalten, im Gegenteil, aber im richtigen Moment hat sie „die Kurve gekriegt“, hat den Glauben gewechselt und sich auf die Seite des Volkes Gottes gestellt!

Parallel könnte man zeigen, wie auch ihr Nachfahre David nach seiner „Hurerei“ von Gott Gnade bekommt, weil er Gottes Urteil anerkennt und auf die Gnade hofft …

Rahab hat den Gott Israels anerkennt, sein Gott-Sein, sein Handeln und seine Gnade!

# Erklären, welche Inhalte das heute bei Jesus und dem Evangelium sind.

ABSCHLUSS: Persönlich einladen und zusprechen, Gottes Gnade (wieder neu) anzunehmen.

4. Einige Tipps für die Verkündigung

# Arbeite (und bete) in der Vorbereitung so lange mit dem Abschnitt, bis er wirklich mit seinen Punkten dein eigenes Herzensanliegen ist!

# EVA – E=erkläre den Text gründlich / V=veranschauliche deine Predigtpunkte mit einem Bild / A – Anwendung: Zeige praktische Beispiele, wie dieser Punkt im Alltag (in deinem Alltag) Anwendung finden kann bzw. findet.

# Halte Blickkontakt! – vor allem an Anfang und Ende der Predigt (Lerne Einleitung und Zusammenfassung möglichst auswendig!)

# Eine „Predigt“ ist mehr als ein Vortrag/Referat, sie ist Zuspruch, der von Herzen kommt und zu Herzen gehen soll, sei es Ermutigung oder Ermahnung.

# Erzähle aus deinem Leben – ausgewogen – wo dir das eine oder andere vorbildlich gelingt, wo aber auch mal etwas nicht so gelungen ist, wie es sein sollte oder schwer fällt.

# Werde wirklich praktisch und konkret: Wie kann eine Wahrheit wirklich im Alltag umgesetzt werden?

(Mirko Lau)