Predigtthema: An der Frucht erkennt man den Baum
Predigttext: Matthäus 12,22-37
Die Erarbeitung dieser Predigt erfordert etliche Stunden an Vorbereitung. Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe deshalb Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht euer eigenständiges Erarbeiten des Bibeltextes. Bei der Vorbereitung dieser Predigt suchen wir nach dem, was der Herr über den Predigttext durch uns sagen will, denn wir verkündigen nur die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufs Herz gelegt wird. Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!
- Sehen, was dasteht
Verschiedene Bibelübersetzungen um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 1984 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Neue Genfer Übersetzung / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung).
1.1 Allgemeine Hinweise zum Predigttext
Wir führen im Juni die Predigtreihe aus dem Matthäusevangelium fort. Wir sind immer noch in Kapitel 11-12, in denen es um besondere Zeichen und damit zusammenhängende Konflikte geht. Ende April haben wir uns als letztes die Streitfrage zur Heilung am Sabbat angeschaut in Matthäus 12,1-14. In Vers 15-21 gibt es eine kurze Zusammenfassung der Heilungen und eine Anknüpfung an den Gottesknecht aus Jesaja. In der Predigt heute beschäftigen wir uns in Matthäus 12,22-37 mit der Frage: Wie kann man auf die Dämonenaustreibung Jesu reagieren? In diesem Abschnitt geht Jesus (anders als sonst häufig) sehr argumentativ vor. Er geht auf die Pharisäer ein, versucht ihnen zu begründen, weshalb er nicht durch den Teufel, sondern durch Gottes Geist Wunder tut, und warnt sie danach eindringlich, sich nicht gegen den Heiligen Geist zu stellen.
Vor zwei besondere Herausforderungen in der Auslegung ist der Prediger in diesem Text gestellt:
1.Was ist mit der Lästerung des Geistes gemeint? Hier ist vor allem seelsorgerliche Vorsicht und saubere Differenzierung nötig.
2.Was meint Jesus damit, dass unsere Worte uns rechtfertigen? Wie ist das Verhältnis von Wort/Tat und Glauben?
Allerdings muss der Prediger darauf achten, den gesamten Text zu predigen und sich nicht zu stark auf diese besonderen Fragen zu konzentrieren. In der Auslegung unter 1.3 werde ich aber versuchen, euch Hilfen zur Lösung dieser Fragen an die Hand zu geben.
1.2 Hilfen zum Verständnis des Predigttextes
Hilfen zur Auslegung bieten z.B.
* Gerhard Maier, Matthäus, Historisch-Theologische Auslegung: aktueller Kommentar, wissenschaftlich, verständlich
* D. A. Carson, Matthew, Expositor´s Bible Commentary: diskutiert ausführlich die exegetischen Herausforderungen im Text
* Fritz Rienecker, Matthäus, Wuppertaler Studienbibel: gute Anwendungen und hilfreich zur Predigtvorbereitung
* Gerhard Maier, Matthäus, C-Edition: konkrete Predigtvorschläge mit Gliederung
* N. T. Wright, Matthäus für heute 1: dort finden sich vor allem hilfreiche Geschichten und Beispiele für Predigten
1.3 Anmerkungen zum Verständnis des Predigttextes
Vers 22:
- Was bedeutet das „dann/damals“ am Anfang?
Dieses Wort steht sehr häufig einfach an der Einleitung zu einem Abschnitt und heißt nicht, dass die Geschichte direkt nach der vorherigen geschah. Das zeigt sich daran, dass in den anderen Evangelien diese Geschichte an anderen Stellen erscheint (vgl. Mk 3,22-27; Lk 11, 14-23).
- Warum ordnet Matthäus die Geschichte hier ein?
Zum einen sind in Matthäus Kapitel 11-12 verschiede Zeichen und Konflikte zusammengestellt. Zum anderen wollte Matthäus vermutlich den Lesern durch die Zusammenstellung von den Versen 15-21 und 22ff ganz klar machen: Der Gottesknecht (V.18), der nach Jesaja für sein Volk leiden wird, ist die gleiche Person wie der Sohn Davids (V.23) der als Thronfolger Davids König wird und Macht über Dämonen hat. Beides wird durch Jesus erfüllt.
- Was ist ein Besessener, gibt es das auch noch heute?
Wir lesen in den Evangelien immer wieder, dass Menschen von bösen Geistern gefüllt und in Besitz genommen sind – so zum Beispiel auch im Abschnitt der Jahreslosung in Mk 9,14-29. Was lernen wir in diesen Geschichten über Besessene? Vgl. dazu:
- Konkrete Besessenheit wird als gewalttätiges Handeln des bösen Geistes in Zusammenhang mit körperlichen Leiden beschrieben.
- Besessenes Verhalten bedingt meist soziale Isolation.
- Wie die Menschen zu Besessenen werden und von den bösen Geistern befallen werden, wird nicht thematisiert.
- Krankheit wird explizit nicht mit Besessenheit gleichgesetzt. Auch wenn Besessene meist krank sind, wird ganz klar: Krankheiten treten häufig auch ohne bösen Geist auf. Das zeigt sich allein schon darin, dass Heilungen und Dämonenaustreibungen immer gesondert aufgezählt werden (z.B. Mk 1,34). Also von einer Krankheit kann man keinen Rückschluss auf die Besessenheit ziehen.
Eine interessante Bemerkung ist, dass es zu der Zeit Jesu besonders viele Besessene gab – zumindest, wenn wir uns auf die Geschichten beschränken, die in der Bibel überliefert und bestätigt sind. Im Alten Testament und in den Briefen gibt es zwar auch immer wieder Fälle von bösen Geistern, die von Menschen Besitz ergreifen, allerdings nur vereinzelt. Möglicherweise waren die bösen Geister zu der Zeit, als Jesus auf der Erde war, besonders aktiv.
Gerhard Maier legt in seinem Kommentar (HTA) auf 490f gut dar, wie sich in der Geschichte der Umgang mit diesen biblischen Berichten gewandelt hat. Im 19. Jahrhundert meinten viele, dass es Besessene doch nicht geben könnte. Aber schon nach dem 2. Weltkrieg begann hier auch in der Theologie wieder ein Umdenken: Nach den vielen schlimmen Erlebnissen glaubten auf einmal doch wieder mehr Menschen an böse Geister – wie es uns die Bibel lehrt. Hier zeigt sich: Der Teufel kann verschiedene Strategien verfolgen: Manchmal zeigt er sich besonders wenig, weil die Menschen dadurch nicht glauben, dass es böse Geister gibt, aber auch nicht an Gott glauben. Manchmal handelt er verstärkt und tut den Menschen Schlimmes, um sie sich zu unterwerfen. Interessant ist: Die Juden damals haben gemerkt: Wir müssen Kranke und Besessene zu Jesus bringen. Sie haben gemerkt: Nur Jesus hat die Macht zu helfen! Es gab anonyme Helfer, die diesen Menschen zu Jesus brachten. Und es steht auch nur ganz simpel da: „Er heilte ihn.“ Jesus vertrieb den bösen Geist und gleichzeitig wurde der Mensch auch gesund.
Sonstige Bemerkungen zu Vers 22:
- Interessant ist, dass in diesem Abschnitt im Griechischen Jesus (in der Elberfelder zeigt sich das) nie explizit erwähnt wird. Aber natürlich wird durch die Pronomen „zu ihm“ und im Kontext ganz klar, dass es um Jesus geht. Möglicherweise will Matthäus dadurch zeigen: Es gibt eigentlich nur einen, zu dem man Besessene bringen kann, selbst wenn der Namen nicht genannt wird, ist klar, um wen es geht!
- Matthäus erwähnt nur, dass der Kranke gesund wird. Aber dadurch wird natürlich sofort klar: Auch der böse Geist ist ausgefahren. Lukas erwähnt extra, dass der Dämon auch wirklich ausgefahren ist (Lk 11,14).
Vers 23:
- Was bedeutet erstaunen und warum erstaunte die ganze Volksmenge?
Wenn Kranke zu Jesus gebracht wurden, standen anscheinend viele Menschen dabei. Vermutlich waren sie begeistert und es war fast wie eine Show: Sie wollten sehen, was dieser Jesus noch tun kann. Das Wort Erstaunen kann hier negativ oder positiv gemeint sein: Sie wunderten sich und staunten; oder: Sie waren entsetzt und fassungslos. Es wird hier nicht ganz klar, was gemeint ist. Gut möglich ist, dass es beide Reaktionen im Volk gab. Das Erstaunen macht aber auch klar: Das Volk war überrascht davon, dass Jesus den Kranken heilen und den Dämon austreiben konnte. Auch damals, selbst nachdem Jesus schon einige Wunder getan hatte, war das nichts Normales und wie heute rechneten Menschen nicht damit, dass dies wirklich möglich ist.
- Was bedeutet Sohn Davids und warum nannte das Volk Jesus nach der Heilung so?
Interessant ist erstmal, dass in den beiden parallelen Erzählungen in Lukas und Markus diese Frage fehlt. Das lässt sich am besten damit erklären, dass Matthäus sich stärker an Juden und Judenchristen richtete – für die war natürlich wichtig und klar, was mit Sohn Davids gemeint ist. Lukas und Markus hatten vermutlich eher eine nichtjüdische Leserschaft im Blick und ließen möglicherweise deshalb in dieser Geschichte diesen Vers weg, da er für das Verständnis der Geschichte nicht notwendig ist.
Anknüpfend an 2Sam 7,16, Jesaja 9,5-6 und Jesaja 11,1-10 erwarteten die Juden damals einen neuen König aus der Linie Davids – der gleichzeitig der Heilsbringer sein sollte. Immer wieder im Neuen Testament zeigt sich, dass Juden aus den Wunder Jesu schlossen, dass er dieser verheißene neue König, der Sohn Davids, sein könnte (z.B. Mt 9,27; 15,22; 20,30; 21,9). Sohn Davids war also ein Titel für den Retter, der erwartet wurde, und wegen des Wunders stellten sich nun einige die Frage: Ist dieser es?
Die Frage ist aber im Griechischen mit einem Wort formuliert, das impliziert, dass sie eigentlich ein Nein als Antwort erwarten. In der Elberfelder wird das gut wiedergegeben: „Dieser ist doch nicht etwa…?“ Die Frage kam beim Volk auf, aber eigentlich konnten sie es nicht glauben. Spannend ist trotzdem, dass das ungelehrte Volk sich diese Frage stellt, während die gelehrten und schriftkundigen Pharisäer sich eine andere Frage stellen: Ist dieser ein böser Zauberer, durch den der Teufel wirkt? Manchmal fällt es einem „einfachen“ Menschen leichter zu glauben und zu verstehen; Wissenschaftler und Schriftkundige können in der Gefahr stehen, das eigentlich Offensichtliche zu übersehen.
Sonstige Bemerkungen zu Vers 23:
- Man könnte sich die Frage stellen: Wie sprach denn „das Volk“? Ganz klar wird das nicht, möglicherweise schrien einige die Frage laut heraus, andere tuschelten und redeten in kleinen Gruppen miteinander.
Vers 24:
- Warum kommen die Pharisäer zum Ergebnis, dass Jesus durch den Beelzebul wirkt?
In den Parallelstellen sind es in Markus die Schriftgelehrten, die diese Frage stellen, in Lukas einfach nur „einige“. Es wird klar: Einige – vor allem die Gelehrten – kamen zum Ergebnis, dass es der Sohn Davids ist, andere wiederum, dass dieser nicht von Gott sein kann. Zu denen, die diese provokante Aussage treffen, gehörten aber anscheinend besonders die Schriftgelehrten und die Pharisäer. Wie konnten diese aber zum Ergebnis kommen, dass Jesus durch die Macht des Bösen wirkt? Ich finde den Gedankengang der Pharisäer hier durchaus nachvollziehbar. Sie sahen, dass unglaubliche Dinge geschehen. Aber irgendwie passt es gar nicht zu dem Bild, was sie nach ihrem Schriftstudium von dem Retter hatten. Jesus war ja weder legitimer König noch Priester in Israel. Vielleicht schwang aber auch etwas Eifersucht mit: Wie meint dieser einfache Zimmermann, dass Gott durch ihn mehr tun kann als durch uns? Auf jeden Fall war diesen Leuten klar: Jesus kann nicht von Gott sein, das kann nicht dem Alten Testament entsprechen, was hier geschieht. Aber das ein Wunder geschah, konnten sie nicht leugnen. Wie kann das also geschehen? Die einzige Antwort, die ihnen einleuchtete, ist die: Er muss durch den Beelzebul, durch die Macht des Teufels selbst, diese Wunder tun! Sie reden dabei nicht mal mit dem Namen über Jesus, sondern sagen nur abfällig: „Dieser …“. Das macht deutlich: Unsere Theologie kann uns fehlleiten, wenn wir sie nicht immer wieder von Gott und seinem Wort korrigieren lassen.
Ganz deutlich wird durch die Pharisäer aber: Wer sich der Realität in dieser Welt stellt; wer sich der historischen Realität der Wunder Gottes stellt, der muss entweder sagen: Jesus war wirklich Gottes Sohn, der von Gott gesandte Retter. Oder: Jesus hat durch die bösen Mächte gewirkt. Eine andere Möglichkeit gab es damals nicht und gibt es, denke ich, auch heute nicht.
- Wer ist Beelzebul, der Oberste der Dämonen?
Was genau mit dem Beelzebul gemeint ist, ist nicht klar. Es gibt verschiedene Thesen, woher dieses Wort kommt, die aber alle auf eher wackligen Füßen stehen. Baal kommt eindeutig vom Hebräischen und heißt „Herr.“ Der zweite Teil des Wortes hingegen ist unklar. In der jüdischen Literatur begegnet dieser Name sonst nirgends (vgl. Maier, 681). Wen die verschiedenen Theorien interessieren, findet entweder bei Carson (285) oder bei Maier (681) Ausführungen dazu. Beide kommen aber zum Ergebnis, dass die Grundlage für eine Entscheidung hier zu gering ist. Es lässt sich nur sagen, dass es ein Name für den Teufel ist, der hier im Text auch als Oberster der Dämonen bezeichnet wird. Auch schon in den frühen Abschriften des Textes in den alten Handschriften wurde dieser Name unterschiedlich abgeschrieben (Beelzebul, Beezebul, Beelzebub), was ein Hinweis sein könnte, dass schon damals sich die Schreiber uneinig waren, von welchen hebräischen Worten sich dieser Eigenname ableitet.
Das ist letztlich die jüdische Sicht auf Jesus bis heute. So lesen wir beispielsweise im babylonischen Talmud (Sanhedrin 43ab): „Am Vorabend des Pesahfestes hängte man Jeschu. Vierzig Tage zuvor hatte der Herold ausgerufen: Er wird zur Steinigung hinausgeführt, weil er Zauberei getrieben und Jisrael verführt und abtrünnig gemacht hat; wer etwas zu seiner Verteidigung zu sagen hat, der komme und sage es. Da aber nichts zu seiner Verteidigung vorgebracht wurde, so hängte man ihn am Vorabend des Pesahfestes.“
Sonstige Bemerkungen zu Vers 24:
- Es ist nicht ganz eindeutig, ob die Aussage der Pharisäer hier sofort danach kam, oder möglicherweise erst einige Zeit später. Matthäus schreibt nur: „Als die Pharisäer es hörten.“
- Es ist auch gut möglich, dass sie den Vorwurf gar nicht laut äußerten. Da es in Vers 25 heißt, dass Jesus ihre Gedanken wusste, gehe ich eher davon aus, dass die Pharisäer in kleinen Gruppen diese Aussage diskutierten.
Vers 25:
- Wie kann Jesus ihre Gedanken wissen?
Es ist hier nicht ganz klar, woher Jesus von den Pharisäern wusste. Möglicherweise haben die Jünger oder jemand von den Pharisäern selbst es ihm gesagt. Wir sehen aber in anderen Stellen, dass Jesus die Gedanken von Leuten, die nur bei sich selbst etwas dachten, wussten und kannte (vgl. Mt 9,4). Hier wird ähnlich formuliert, deshalb halte ich es für wahrscheinlich, dass Jesus durch seine göttliche Macht die Gedanken und die Besprechung der Pharisäer kannte.
- Woran knüpft Jesus bei dem Beispiel mit dem gespaltenen Haus an?
Bevor Jesus das erste Argument nennt, warum er nicht durch den Teufel wirkt, startet er mit einem Beispiel aus der Lebenswelt der Hörer. Es ist erstaunlich, dass Jesus trotz dieser heftigen Anklage so rational, sachlich und fast schon liebevoll den Pharisäern erklärt, warum ihre Gedanken keinen Sinn ergeben. Es scheint so, als ließe sich Jesus auf die Gedankenwelt der Gelehrten ein und versucht sie auf ihre Art und Weise – mit Argumenten und Gründen – zu gewinnen.
Jesus beginnt mit dem Bild eines Reiches: Ein Reich, das mit sich selbst uneins ist, wird zugrundgehen und zerstört werden. Hier erinnerten sich damals sicherlich viele an das riesige Alexanderreich, dessen Zerfall berühmt wurde. Nachdem Alexander der Große 323 v. Chr. unerwartet gestorben ist, entstanden Streitigkeiten über die Nachfolge. Nach jahrelangem Hin und Her und vielen Kämpfen wurden aus dem einen großen Reich drei Nachfolge-Reiche (und einige kleinere Abspaltungen): Die Ptolemäer in Ägypten, die Seleukiden in Asien und die Antigoniden in Griechenland. Für die Geschichte der Israeliten war das sehr wichtig – zuvor waren sie mitten im Großreich Alexanders. Nach dieser Aufteilung waren sie bis zur Ausbreitung des römischen Reiches zwischen dem Seleukidenreich und dem Ptolemäerreich und dadurch immer wieder Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen der beiden Teilreiche. Das war sicher das erste, was den Juden bei dem Beispiel Jesu einfiel: Ganz klar, ein Reich, das mit sich selbst uneins ist und keinen klaren Anführer hat, auf den alle hören, das zerfällt!
Ein zweites, woran sich die Juden hier erinnerten, waren die ständigen Streitigkeiten der Herrscher in Israel. Schon unter Antipatros (dem Vater von Herodes dem Großen) gab es immer wieder kriegerische Auseinandersetzung und Herrschaftsstreitigkeiten. Unter Herodes dem Großen ging das weiter. Beispielsweise ließ Herodes der Große zwei seiner Söhne hinrichten, weil sie ihm anscheinend nach dem Leben trachteten, um an die Herrschaft zu kommen. Am Ende wurde das Reich in Israel unter einige der Kinder von Herodes dem Großen aufgeteilt, sein Sohn Herodes Antipas regierte unter anderem in Galiläa, sein Sohn Herodes Archelaus regierte in Judäa und sein Sohn Herodes Philippos bekam das Zehnstädtegebiet östlich vom See Genezareth. Auch die Tochter Salomo bekam einige Städte in Israel zugesprochen.
Also es wird klar: Dieses Beispiel leuchtete den Juden damals zu 100% ein. Ein Reich, eine Familie, die zerstritten ist, das funktioniert nicht. Das sorgt für Verwüstung, Zerspaltung. Sicherlich kannten das viele nicht nur aus dem politischen Bereich, sondern genauso aus ihrer persönlichen Familie, wo auch damals Erbstreitigkeiten und zerstrittene Familien nicht ungewöhnlich waren – das gab es wohl schon ähnlich wie heute.
Sonstige Bemerkungen zu Vers 26:
- In Lukas 11,17, im Paralleltext, wird dieser Vers noch drastischer wiedergegeben und ergänzt: „Ein Haus fällt über das andere her.“
Vers 26:
- Ist das Argument von Jesus überzeugend? Kann der Satan sich selbst nicht austreiben?
In diesem Vers nennt Jesus jetzt das erste Argument, das die These der Pharisäer widerlegen soll, er sei vom Teufel. Ausgehend von dem Beispiel in Vers 25 ist das Argument besonders überzeugend: Wenn es so eindeutig ist, das zerspaltene und zerstrittene Reiche und Häuser kaputtgehen und keinen Bestand haben – gilt das nicht auch für das Reich des Satans? Jesus nennt den Bösen hier Satan, der von den Pharisäern vorhin Beelzebul genannt wurde. Satan und Teufel sind die beiden häufigsten Begriffe für den Bösen – Satan kommt vom hebräischen Wort, das einfach Gegner/Gegenspieler bedeutet. Im Griechischen wird dieses Wort mit Diabolos übersetzt – woher das deutsche Wort Teufel sich ableitet und was auch Gegner, Widersacher oder Durcheinanderbringer bedeuten kann. Jesus sagt also: Wenn ich wirklich vom Teufel wäre und gegen meine eigenen Mitspieler, die Dämonen arbeiten würde, indem ich sie austreibe – dann wäre das Reich des Teufels zerspalten. Dann könntet ihr letztlich sogar fröhlich sein, weil das Reich des Teufels untergehen würde. Jesus arbeitet hier mit rhetorischen Fragen, deren Antwort eigentlich klar ist. Jesus impliziert: Der Teufel hat auch Macht. Er hat sein eigenes Reich, seine eigenen Untertanen, gegen die er sich nicht wendet. Im Paralleltext in Mk 3,26 zieht Markus explizit die Schlussfolgerung aus der Frage: „Und wenn der Satan gegen sich selbst aufgestanden und mit sich entzweit ist, kann er nicht bestehen, sondern er hat ein Ende.”
Man könnte hier die Frage stellen: Kann der Teufel nicht einen Dämon von sich stoßen, ohne dass dadurch sofort sein Reich zugrunde geht? Ist das Argument wirklich so überzeugend? Aber gerade das Beispiel von Jesus im Vers zuvor macht sehr anschaulich: Wenn der Teufel sich gegen einen eigenen Anhänger wenden würde, würden sich alle anderen gegen ihn auflehnen und eine Rebellion starten. Deshalb finde ich das Argument von Jesus hier sehr überzeugend.
Vers 27:
- Wer ist mit „eure Söhne“ gemeint?
Der Begriff Söhne bezeichnet nicht nur direkt Kinder, sondern kann auch für Gruppen, Völker, Schüler oder Nachfolger stehen (vgl. dazu z.B. Mt 13,38 oder Mt 9,15, wo die Hochzeitsgäste im griechischen als „Söhne des Bräutigams“ benannt werden). Es ist nicht ganz eindeutig, um welche Gruppe es sich hier handelt, um die Schüler der Pharisäer? Um alle Pharisäer als Gruppe? Um das ganze Volk Israel? Am naheliegendsten scheint mir dritte Möglichkeit, da es Jesus hier nur allgemein darauf ankommt, zu sagen: Es gibt andere unter euch Israeliten, die auch Dämonen ausgetrieben haben. Denen werft ihr auch nicht vor, dass sie vom Teufel seien. Ob es speziell Anhänger der Pharisäer sind, ist hierfür nicht relevant. Deshalb denke ich, dass Jesus mit „Söhne“ alle vom Volk der Pharisäer – also alle Israeliten – meint.
- Auf welche Begebenheit spielt Jesus hier an – wer konnte sonst Dämonen austreiben und wie haben das die Pharisäer bewertet?
In den frühjüdischen Schriften gibt es immer wieder einzelne Fälle, in denen von Dämonenaustreibung berichtet wird. Zwar war es nie so gehäuft wie bei Jesus, total ungewöhnlich war es andererseits aber auch nicht. Carson zählt in seinem Kommentar mehrere Beispiele auf:
- Bei Flavius Josephus in dem Werk „jüdischen Altertümer“, Band 8, Kapitel 2, Abschnitt 5
- Bei Flavius Josephus in dem Werk „jüdischer Krieg“, Band 7, Kapitel 6, Abschnitt 3
- Tobit 8,2-3 (in den Apokryphen)
- Bei Justin dem Märtyrer in dem Werk „Dialog mit dem Juden Trypho“, Abschnitt 85
Die Schriften sind alle kostenlos online als pdf lesbar, es lohnt sich zu Vorbereitung mal hineinzuschauen, um besser zu verstehen, worauf Jesus anspielt. Auch im Neuen Testament wird an einzelnen Stellen klar, dass Dämonenaustreibung – auch von anderen Israeliten – durchaus als möglich angesehen wurde, vgl. dazu Markus 9,38, Apg 19,13. Bei anderen Juden, die Dämonen austrieben, beurteilen die Pharisäer dies wohl positiv. Und das ist hier das zweite starke Argument von Jesus gegen die These von den Pharisäern: Warum soll ich vom Teufel bevollmächtigt sein, wenn ihr sonst von allen Juden, die so etwas tun können, das nicht sagt? Jesus stach natürlich dadurch hervor, dass er die Austreibungen und Heilungen in einer Vollmacht und in einem Ausmaß machte, wie es sonst keinem möglich war. Aber wenn sie bei kleinen Wundern durch andere ausgingen, dass es durch Gott geschah – warum nicht auch bei Jesus?
- Wer wird wen richten? Warum erwähnt Jesus diesen Beisatz hier?
„Sie“ ist hier im Kontext des Verses nur auf „Söhne“ zu beziehen. Also es wird Juden geben, die wiederum über die Pharisäer und die anderen Juden richten werden und Zeugnis gegen sie ablegen werden. Dieses Motiv findet sich auch einige Verse weiter in Mt 12,41f, wo es heißt, dass die Leute aus Ninive und die Königin von Saba Zeugnis ablegen und richten werden. Die Gläubigen werden als Mitrichter Jesu gegen die Ungläubigen auftreten. Jesus betont damit nochmal den öffentlichen Charakter der Situation: Ihr sagt dem Volk, ich würde durch den Teufel wirken. Sie alle können einmal Zeugnis gegen euch ablegen, überlegt euch doch nach den beiden Argumenten nochmal gut: Wollt ihr das wirklich so sehen und vertreten?
Vers 28:
- Was ist die Gegenthese Jesu?
Nachdem Jesus von V.25-27 die These der Pharisäer aus Vers 24 widerlegt hat, stellt er in diesem Vers seine eigene These auf, die letztlich die Frage des Volkes aus Vers 23 bestätigt. Es sollte jedem, der seinen Verstand gebraucht und sich auf die Argumente Jesu einlässt, nun klar sein: Jesus kann dieses Wunder nicht durch den Teufel gewirkt haben. Was bleibt dann übrig? Die einzige andere Möglichkeit ist, dass Jesus durch den Geist Gottes austreibt, was er in Vers 29 dann auch begründet. Matthäus fordert die Leser dazu auf, mitzudenken: Müssen wir jetzt nicht alle zu dem Schluss kommen, dass dieser Jesus ein von Gott Gesandter war, dass das Reich Gottes in ihm nahegekommen ist?
- Welche Rolle spielt der Geist Gottes bei der Austreibung?
Spannend ist, dass in Lukas 11,20 im Paralleltext stattdessen vom „Finger Gottes“ die Rede ist, durch den Jesus den Dämon austrieb. Der Finger Gottes und der Geist Gottes sind hier aber parallel zu verstehen als die Person der Dreieinigkeit, die für die Wirkmacht in dieser Welt steht. Der Geist Gottes ist wie ein Finger Gottes, durch den Gott auf dieser Welt wirkt (vgl. Ps 8,4; 2Mose 8,15). Die göttliche Dreieinigkeit lässt sich von uns immer nur bruchstückhaft begreifen. Aber in solchen Versen erkennen wir, dass trotz der völligen Einheit in den Aufgaben doch eine gewisse Aufteilung besteht. Jesus tut das Wunder nicht einfach selbst, sondern durch und im Heiligen Geist.
- Was ist mit Reich Gottes gemeint und inwieweit ist es schon da?
Jesus zieht hier eine Schlussfolgerung: Wenn ich wirklich durch Gottes Geist austreibe, dann muss das Reich Gottes zu euch gekommen sein. Während Jesus in Mt 4,17 noch predigt: „Das Reich der Himmel ist nahegekommen“, sagt er nun: „Es ist da!“ Was bedeutet das? In der Gestalt und in dem Wirken Jesu durften die Juden Anteil am Reich Gottes erleben. Sie konnten sehen und erleben, was Gottes Reich für Auswirkungen hat: Das Böse muss fliehen. In dieser Welt leben wir immer noch in dieser Verschränkung, dass das Reich Gottes in Jesus schon in uns wohnt, regiert und die Welt verändert, dass wir aber gleichzeitig in einer Welt leben, die das Reich des Teufels ist. Wir warten noch, dass auch die Welt erlöst wird und das Reich Gottes auf diese andere Weise vollends anbricht.
Vers 29:
- Wie begründet Jesus seine Gegenthese, die er in Vers 28 aufgestellt hat?
Die erste Begründung hierfür war schon die, dass die These der Pharisäer, er sei vom Teufel, nicht haltbar ist. Also gibt es eigentlich nur noch eine andere Lösung. Trotzdem begründet Jesus für die Pharisäer nochmals mit einem Argument, warum er nur durch Gottes Geist das Wunder tun kann: Weil er bewiesen hat, dass er stärker als der Teufel und die Dämonen ist. Und stärker als der Starke und Böse kann nur ein noch Stärkerer sein, das kann nur durch Gott möglich sein! Jesus spricht wieder sowohl in einer rhetorischen Frage als auch in einem Bild. Er verwendet hier jede Argumentationsstrategie, die es gibt, weil er es dadurch den Juden leichter machen will, ihm zu glauben. Das Bild ist in dem Kontext klar zu verstehen: Das Haus des Teufels bzw. des Dämons war dieser Kranke. Der Hausrat ist der Geist bzw. die Seele des Menschen. Und Jesus ist derjenige, der noch stärker war, in das Haus eingedrungen ist und den Menschen geraubt bzw. vom Teufel befreit hat. Auch dieses Beispiel ist sehr überzeugend: Wenn jemand einen Starken besiegen will, muss er noch stärker sein. Wer ist noch stärker als der Teufel? Das kann nur Gott selbst sein!
- Warum nennt Jesus den Teufel einen Starken?
Die Bibel weis uns immer wieder daraufhin: Der Teufel ist stark und hat eine große Macht in dieser Welt. Er ist wie ein brüllender Löwe (1Petr 5,8). Das ist ein Grund zum Angsthaben. Außer man kennt einen, der noch stärker ist, der gekommen ist, um die Werke des Teufels zu vernichten (1Joh 3,8). Jesus hat bewiesen, dass er stärker als der Teufel ist: Als er der Versuchung zu Beginn seines Wirkens widerstand, als er den Weg bis in den Tod trotz Anfechtungen ging und als er dann den Tod besiegte und ihm den Stachel zog (1Kor 15,55ff).
Sonstige Anmerkungen zu Vers 29:
- Jesus nimmt das Bild in diesem Vers aus Jesaja 49,24f auf, wo in ähnlicher Weise Gottes Macht über alle Starken der Welt aber auch über die geistlichen Mächte beschrieben wird.
- Lukas verwendet im Paralleltext ein anderes Bild. Gut möglich ist, dass Jesus länger predigte, mehrere Bilder verwendete und deshalb die Evangelisten unterschiedliche wiedergeben. Bei Lukas wird von einem starken Palastwächter berichtet, der nur von einem noch stärkeren Kämpfer überwältigt werden kann (Lk 11,21f).
Vers 30:
- Wie ist dieser Vers nach der Argumentation zu verstehen?
Nach der gründlichen Argumentation Jesu ist dieser Vers als Entscheidungsruf an die Pharisäer und alle Zuhörer zu verstehen. Sie müssen jetzt entscheiden: Leuchten ihnen die Argumente ein? Entscheiden sie sich für oder gegen diesen Jesus? In dem Vers kommen aber Werbung und Warnung zusammen (vgl. Maier, 687). Jesus wirbt darum, dass sie sich ihm anschließen. Gleichzeitig warnt er: Wenn ihr nicht zu mir gehört, dann werdet ihr meine Gegner sein!
- Was ist mit dem Sammeln und Zerstreuen in der zweiten Hälfte gemeint?
Der erste Teil der Aussage ist klar: Es gibt Leute, die Jesus nachfolgen, und solche, die gegen ihn sind. Aber was meint dieser zweite Teil? Was ist mit Sammeln und Zerstreuen gemeint? Hier muss an das Bild eines Hirten und einer Schafherde denken ähnlich wie in Johannes 10,12 (vgl. Rienecker, 224). Das Anliegen Gottes durch die ganze Bibel ist es, seine Leute zu sammeln. Ob dies der Rest der Gläubigen seines Volkes ist, oder ob das alle Gläubigen in der Welt sind. Die Lebensaufgabe Jesu war es, zu sammeln: Er wollte die Schafe sammeln, den verlorenen Schafen nachgehen, damit möglichst viele Menschen errettet werden und nicht zerstreut werden. Sammeln bezeichnet hier also das Zu-Gott-Führen, während Zerstreuen das Von-Gott-Wegbringen ist. Wer Menschen nicht zu dem Hirten führt, der führt sie letztlich von ihm weg, weil er seinem Auftrag nicht nachkommt. Wer zu Jesus gehört, der ist automatisch auch ein „Mitsammler“, der Schafe zu ihm, dem guten Hirten, bringt. Bei dem Wort „Zerstreuen“ lässt sich noch eine interessante Parallele entdecken. Schon einige sehr alte Handschriften haben nach dem Wort ein „mich“ ergänzt. Das Wort zerstreuen kann auch zerteilen bedeuten. Und diese frühen Abschreiber haben hier also eine Parallele zu Jesu Tod gesehen und den Text wie folgt verstanden: Wenn ihr mich nicht sammelt, „zerteilt ihr mich“. Da die Gemeinde der Leib Jesu ist, kommt ein Zerstreuen der Gläubigen einem Zerteilen des Leibes Jesu gleich und so lässt sich hier eine kleine Verbindung zum Tod Jesu entdecken.
- Gibt es wirklich nur Leute, die dagegen sind und Leute die dafür sind? Ist das nicht ein zu starker Kontrast?
Bei diesem Vers kam bei mir die Erinnerung an einen ähnlichen Vers, der scheinbar etwas anderes aussagt, aus Mk 9,40: „Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.“ Allerdings muss man den Unterschied beachten: In Markus 9 geht es Jesus darum, ob man sich gegen etwas wehren muss, was ein fremder Wundertäter tut. Da sagt Jesus: Solange er Gutes tut, handelt er doch in unserem Sinn und hilft Menschen, das müssen wir nicht unterbinden! Hier in Mt 12 geht es hingegen um die Frage der Errettung: Wer gehört zu Jesus und wer nicht? Hier gibt es natürlich nur einen ganz klaren Kontrast: Entweder man ist errettet oder man geht verloren. Hier gibt es keine Neutralität. Wer sich nicht auf Jesus einlässt, der gehört auch nicht zu Jesus, sondern ist sein Gegner. Wer nicht mit ihm sammelt, der wird ein Zerstreuer sein.
Vers 31-32:
Diese beiden Verse und ihre exakte Bedeutung ist auch unter bibeltreuen Schriftauslegern teilweise umstritten. In der groben Richtung werden sie aber gleich verstanden: Das zentrale Anliegen Jesu ist es, Gottes umfassende Vergebung aufzuzeigen und davor zu warnen, dieses Vergebungsangebot nicht anzunehmen. In der Detailauslegung lege ich euch meinen bisherigen Erkenntnisstand dar, aber prüft das bitte sorgfältig an der Schrift.
- Wie hängt das Vergeben und Lästern mit den vorherigen Versen zusammen?
Das „deshalb“ am Satzanfang macht klar, dass die folgenden Verse eine Folgerung aus dem davor sind. Es ist am besten direkt auf Vers 30 zu beziehen: Weil es nur die Jesus-Zugehörigen und die Jesus-Gegner gibt, deshalb spricht er jetzt nochmal eine ganz besonders Vergebungszusicherung aus, für diejenigen, die umkehren, verbunden mit einer deutlichen Warnung. Er macht klar, dass das Reden der Pharisäer Konsequenzen hat und sie dafür gerichtet werden (Vers 36-37) und wenn sie sogar gegen den Heiligen Geist reden, wird dies auf keinen Fall vergeben werden.
Spannend ist, dass in Lukas die Aussage zur Lästerung des Heiligen Geistes nicht in dieser Geschichte, sondern in einer anderen auftaucht: In Lukas 12,8-10 steht:
„Ich sage euch aber: Wer mich bekennt vor den Menschen, zu dem wird sich auch der Menschensohn bekennen vor den Engeln Gottes. Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, der wird verleugnet werden vor den Engeln Gottes. Und wer ein Wort gegen den Menschensohn sagt, dem soll es vergeben werden; wer aber den Heiligen Geist lästert, dem soll es nicht vergeben werden.“ Zwei mögliche Erklärungen gibt es: Entweder Jesus hat nur in einem der beiden Zusammenhänge diese Aussage getätigt und einer der Evangelisten hat als Autor bewusst die Warnung vor dieser Sünde an der Stelle eingefügt. Oder Jesus hat einfach öfters diese Warnung gesagt in mehreren Zusammenhängen. Zweitere Erklärung scheint mir wahrscheinlicher: Jesus redete sicherlich öfters und häufiger über dasselbe Thema und griff auch immer wieder ähnliche Formulierung und Sätze auf. Gerade in einer mündlichen Kultur war das noch häufiger als heutzutage der Fall, da ein Grundsatz des Lehrens war, dass die Hörer sich wichtige und zentrale Sätze im Kopf merken können. Deshalb ist gut möglich, dass Jesus auch öfters von der Lästerung gegen den Heiligen Geist sprach.
- Was heißt die grundsätzliche Aussage: Jede Sünde und Lästerung wird vergeben? War das für Juden eine überraschende Aussage?
Bei dieser Frage ist man als Christ heutzutage vielleicht nicht verwundert – es ist doch klar, dass alles vergeben werden kann. Aber um richtig zu verstehen, worum es bei der Lästerung gegen den Heiligen Geist geht, ist diese Frage wichtig: Wie verstanden Juden die Vergebungsmöglichkeit? Was sagt das Alte Testament dazu? Rechneten die Juden damit, dass alle Sünden vergeben werden können? Zu der Zeit Jesu wurde häufig diskutiert, welche Sünden vergeben werden konnten und welche nicht. Wer dazu Stellenangaben sucht, findet die bei Maier, 689 oder noch ausführlicher im Theologischen Wörterbuch zum Neuen Testament beim Artikel zu βλασφημία (Lästerung) [THWNT, Bd1, 621]. Die Juden diskutierten dabei vor allem die Stelle aus 3Mose 24,10-16, wo es um Lästerung gegen den Namen Gottes geht. Hier wird bis heute unter Juden diskutiert, wie das genau zu verstehen ist: ob es nur bei deutlicher Aussprache eine Lästerung sein kann, ob der Gottesname explizit genannt werden muss, ob es ein konkretes mit einem Fluch-Belegen benötigt, ob es ein langfristiges Lästern und Ablehnen Gottes bedeutet oder viel Weiteres. Beispielsweise der Rabbiner Jacob Milgrom schreibt in seinem Kommentar zum 3Mose ausführlich über diese Fragen. Eine zweite Stelle, die hierbei oft in der Diskussion ist ist 4Mose 15,22-31, wo es heißt, dass eine Person, die mit voller Absicht und in vollem Wissen sündigt, ihre Schuld tragen muss und keine Vergebung bekommt im Gegensatz zu „normalen“ Sündern.
Ganz klar wird bei der Auslegung, dass die Todesstrafe eine weltliche Strafe ist und nicht zwingend heißt, dass einer Person nicht von Gott vergeben wird. Nach dem guten rechtlichen Prinzip: Gleiches mit Gleichem vergelten wurde deshalb beispielsweise Mord mit Todesstrafe geahndet (2Mose 21,12), was aber kein Verloren-Sein für ewig bedingt. Das zeigt sich auch daran, dass Jesus sagt, dass sogar Lästerung gegen ihn vergeben wird, obwohl im Alten Testament auf Lästerung Gottes die Todesstrafe steht.
Also wenn Jesus hier anfängt: Jede Sünde und jede Lästerung wird grundsätzlich vergeben – gemeint ist natürlich von Gott vergeben – stellt er damit schon eine provokante These auf. Er sagt: Gott ist so unglaublich gnädig, dass alles vergeben wird. Ihr könnt aufhören zu diskutieren, was nicht vergeben wird. Dieser erste Teil des Verses wird manchmal ganz vergessen – aber war für die Juden damals wahrscheinlich der größere Hammer als die zweite Hälfte!
- Was ist mit der Lästerung des Heiligen Geistes gemeint?
Die Formulierung von dem Reden gegen den Heiligen Geist war nicht ganz unbekannt. So finden wir in der Damaskusschrift (eine Schrift aus den Qumranhöhlen, die ca. 100 v. Chr. entstanden ist) in einer Aufzählung von besonders schlimmen Sünden folgenden Satz: „Und auch ihren heiligen Geist haben sie verunreinigt und mit Lästerzunge den Mund geöffnet gegen die Satzungen des Bundes Gottes und sprechen: Sie stehen nicht fest gegründet! Und Greuel reden sie da gegen sie“ (Übersetzung aus Eduard Lohse, Hrsg., die Texte aus Qumran, 73). Die besondere Betonung des Geistes Gottes im Menschen war damals weit verbreitet, der Heilige Geist wurde im damaligen eschatologischen Schrifttum zunehmend wichtig (vgl. Maier, 689).
Es gibt mehrere Fragen und Entscheidungen, von denen das Ergebnis abhängt, wie man diese Sünde versteht und die teilweise unterschiedlich beantwortet werden:
Die erste Frage, die man sich stellen muss: Auf welche Weise greift Jesus auf das Alte Testament zurück? Will er eine Neuerung sagen, in dem Sinn, dass es nun anders ist als im Alten Bund? Oder will er die beiden häufig diskutierten Stellen im Judentum auslegen, sowie sie von Gott gemeint waren? Ich halte zweiteres für einleuchtender. Zum einen, weil Jesus schon in der Bergpredigt immer wieder so vorgeht, dass er den Juden erklärt und auslegt, wie das Alte Testament eigentlich gemeint ist im Gegensatz zu dem, wie sie es auslegten. Zum anderen, weil ich keinen Grund sehe, hier eine Diskontinuität zu sehen. Inhaltlich sehe ich keinen Widerspruch zu alttestamentlichen Aussagen. Sowohl im Alten wie auch im Neuen Bund werden die Menschen durch das Blut Jesu errettet – denn das Blut von Böcken und Stieren kann niemals Sünde wegnehmen (Hebr 10,4), sondern war nur ein Vorausbild auf Jesus. Wenn also allen Menschen durch Jesu Kreuzestod vergeben wird, warum sollte den Menschen im Alten Bund weniger vergeben werden können? Außerdem scheint mir Hebr 10,26 eine eindeutige Anlehnung an die alttestamentlichen Stellen zu sein, wodurch auch deutlich wird, dass diese in gleicher Form noch gelten (siehe unten). Gottes Anliegen ist es doch zu jeder Zeit, so viele Menschen wie möglich zu erretten durch seine große Gnade! Also ich sehe in diesem Vers eine von Jesus vorgegebene Auslegung der alttestamentlichen Stellen, die das Lästern Gottes und die wissentliche Auflehnung gegen Gott als unverzeihlich darstellen. Was ist aber mit der Aussage Jesu und damit mit den alttestamentlichen Stellen konkret gemeint?
Die zweite Frage, die man sich stellen muss: Haben die Pharisäer die Sünde schon begangen in den vorherigen Versen? Ich denke, nein. Warum nicht? Zum einen käme die Warnung Jesu dann schon zu spät. Zum andern haben die Pharisäer ja in erster Linie Jesus gelästert und Jesus sagt explizit, dass einem vergeben wird, wenn man ihn lästert. Zum dritten spricht dagegen, dass Jesus diesen Vers wohl auch in anderen Zusammenhängen gesagt hat (vgl. die Parallelstelle in Lukas). Viertens geht es hier nicht darum, dass man einmalig ausversehen etwas falsch sagt oder falsch einschätzt, wie es die Pharisäer hier tun (siehe dazu weiter unten). Deshalb denke ich nicht, dass die vorherigen Verse ein Beispiel für eine Lästerung des Heiligen Geistes sind.
Als drittes muss man sich die Frage nach dem Zusammenhang in Lukas stellen: In Lukas 12,8-10 wird die Lästerung gegen den Heiligen Geist in demselben Zusammenhang wie das Verleugnen Jesu vor den Menschen genannt. Was ist mit dem Verleugnen Jesu dort (und an mehreren anderen Stellen) im NT gemeint? Es geht nicht darum, dass man sich aus Angst einmal nicht zu Jesus klar bekennt, das sehen wir daran, dass auch dem Verleugner Petrus vergeben wird, als er seine Schuld bereut. Sondern es geht darum, dass Jesus seine Jünger ermutigen will: Stellt euch voll und ganz zu mir, bekennt euch zu mir – wenn ihr euch gegen mich entscheidet und mich verleugnet, werde auch ich euch verleugnen. Es geht also um ein prinzipielles Verleugnen und nicht zu Jesus stellen und nicht um das einmalige Nicht-Bekennen, das man danach bereut.
Die vierte Frage, die man sich bei der Lästerung des Heiligen Geistes stellen muss: Habe ich den Heiligen Geist gelästert, wenn ich einmal etwas gegen ihn sage oder gar denke? Diese Frage finde ich am schwierigsten zu beantworten. Gibt es die Möglichkeit, einmal so klar gegen Gott zu reden, nachdem dieser sich einem offenbart und zeigt, dass danach Vergebung nicht mehr möglich ist? Mir scheint die Lösung hier nicht ganz eindeutig zu sein. Aber ich tendiere dazu, dass es Jesus nicht um ein einmaliges Lästern oder Ablehnen von Gottes Geist geht. Zum einen leite ich das aus dem Zusammenhang in Lukas ab, wo es auch beim Verleugnen sicherlich nicht um ein einmaliges Verleugnen geht. Zum anderen leite ich das aus meiner Antwort bei Frage zwei ab, weil ich nicht davon ausgehe, dass die Pharisäer die Sünde schon begangen haben. Außerdem scheint mir das insgesamt zum biblischen Konzept von Vergebung besser zu passen, was ich aber noch konkret belegen kann. Aber deshalb tendiere ich hier dazu, dass es darum geht, ob man sich grundsätzlich und dauerhaft vor dem Heiligen Geist verschließt und ihn als nicht göttlich annimmt, weil man ihn dadurch lästert.
Eine fünfte Frage ist, ob diese Sünde nur zu der Zeit, als Jesus auf der Erde war, möglich war. So sagen es manche, mit der Begründung, dass nach Pfingsten ein neues Zeitalter anbricht und dafür diese Verse nicht mehr gelten. Das ist schon nach meiner Beantwortung der anderen Fragen nicht mehr einleuchtend. Außerdem scheint mir das Auftauchen derselben Thematik in den Briefen (siehe unten) ein klarer Beleg dafür zu sein, dass die Verse heute noch auf die gleiche Weise gelten.
Was meint also die Lästerung des Heiligen Geistes bzw. das Reden gegen den Heiligen Geist? Es bedeutet in Fortführung des Alten Testamentes das langfristige, bewusste Ablehnen Gottes, der sich dem Menschen im Heiligen Geist offenbart hat und seine Rettung anbietet. Dieses Auflehnen zeigt sich in den Worten. Deshalb redet Jesus hier vom Lästern und sagt in den nächsten Versen, dass man auf seine Worte achten soll. Rienecker bringt auch gut auf den Punkt, was mit der Sünde gemeint ist: „Die wahrhaft unverzeihliche Sünde ist nicht die Verwerfung der Wahrheit infolge eines Missverständnisses, sondern es ist der Hass gegen Gott überhaupt, der dahin führt, dass man den Ursprung des Evangeliums auf Betrug, mit einem Wort, auf den bösen Geist zurückführt, es ist der Hass gegen das Heilige als solches“ (Rienecker 226). Jesus macht hier vor allem ein Angebot. Er sagt: Gottes Anliegen ist die Gnade und die Errettung, alles wird euch vergeben, außer wenn ihr gegen den Heiligen Geist redet und euch ihm verschließt! Nehmt diese große Gnade doch an!
- Was sagt das Neue Testament sonst zu unvergebbarer Sünde? (Das ist für die Predigt und die Auslegung des Textes nicht direkt relevant, aber hilfreich, um diese Verse theologisch einzuordnen.)
Hebr 10,26f: „Denn wenn wir mutwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben, bleibt kein Schlachtopfer für Sünden mehr übrig, sondern ein furchtbares Erwarten des Gerichts und der Eifer eines Feuers, das die Widersacher verzehren wird.“
Hebr 6,4-6: „Denn es ist unmöglich, diejenigen, die einmal erleuchtet worden sind und die himmlische Gabe geschmeckt haben und des Heiligen Geistes teilhaftig geworden sind und das gute Wort Gottes und die Kräfte des zukünftigen Zeitalters geschmeckt haben und doch abgefallen sind, wieder zur Buße zu erneuern, da sie für sich den Sohn Gottes wieder kreuzigen und dem Spott aussetzen.“
Joh 9,41: „Jesus sprach zu ihnen: Wenn ihr blind wäret, so hättet ihr keine Sünde. Nun aber sagt ihr: Wir sehen. Daher bleibt eure Sünde.“
1Joh 5,16f: „Wenn jemand seinen Bruder sündigen sieht, eine Sünde nicht zum Tod, soll er bitten, und er wird ihm das Leben geben, denen, die nicht zum Tod sündigen. Es gibt Sünde zum Tod; nicht im Hinblick auf sie sage ich, dass er bitten solle. Jede Ungerechtigkeit ist Sünde; und es gibt Sünde, die nicht zum Tod ist.“
Woran erkennt man diese Sünde? In Hebräer 10 knüpft der Schreiber des Briefes eindeutig ans Alte Testament an: Wer sich mutwillig gegen Gott auflehnt, für den bleibt kein Opfer übrig. Warum ist das so? Weil das mutwillige Auflehnen wie auch das Lästern und die Worte, von denen Jesus in unserem Predigttext Mt 12 spricht, ein Zeichen dafür sind, dass man das rettende Angebot Jesu, dass er uns durch den Heiligen Geist zeigt, nicht annimmt. In diesen Zusammenhang lassen sich meiner Erkenntnis nach auch andere Bibelstellen wie beispielsweise das Gleichnis vom Schalksknecht einordnen (Mt 18): Wer Jesu unglaubliche große Vergebung annimmt und ihn als seinen Herrn anerkennt, aber danach völlig lieblos anderen gar nicht vergeben will, der zeigt durch sein Handeln, dass er eigentlich gar nicht Jesus angenommen hat, sondern steht in der Gefahr, trotz der Erleuchtung sich gegen den Heiligen Geist aufzulehnen.
Wen kann diese Sünde betreffen? Der Schreiber des Hebräerbrief betont: Das betrifft nur diejenigen, die eigentlich schon erleuchtet wurden, also denen Gott sich durch den Heiligen Geist schon offenbart hat und die dadurch ein stückweit schon Christen geworden sind („die himmlische Gabe geschmeckt und des heiligen Geistes teilhaftig geworden sind“), aber die es eben doch nicht in vollem Umfang bzw. langfristig ergriffen haben. Der Hebräerbrief bezieht sich meiner Erkenntnis nach deshalb auch nicht auf jemanden, der äußerlich gesehen einmal in einer christlichen Gemeinschaft war und sie dann wieder verlassen hat. Sondern auf solche, die sich in vollem Bewusstsein und langfristig gegen Gott entscheiden, obwohl er sich ihnen gezeigt hat. Dasselbe trifft in Joh 9,41 zu, wo sie „sehen“, aber trotzdem nicht annehmen. Wir sehen auch am Beispiel von Paulus ganz krass, dass es nicht darum geht, wie schlimme Dinge jemand anstellt, als er noch nicht „sehen“ durfte. Selbst Paulus, der der ein Lästerer und Verfolger war, wurde vergeben, weil er es unwissend im Unglauben tat (1Tim 1,13f) und nicht dann noch, nachdem Gott ihn Jesus erkennen lassen hat.
Auch in 1Joh 5,16f geht es, so denke ich, um die unvergebbare Sünde, dort als „Sünde zum Tod“ bezeichnet. Alle anderen Sünden werden vergeben, wenn wir sie bekennen nach 1Joh 1,9 und für Vergebung beten (das kann auch der Bruder oder die Schwester für mich tun! Vgl. Joh 20,23). Die Sünde zum Tod meint die Sünde zum geistlichen Tod: Wenn sich jemand wirklich gegen Gott auflehnt und sich nichts vom Heiligen Geist sagen lässt, da hilft es auch nichts, wenn jemand anders für ihn betet. Die rettende Gabe in Jesus muss er selbst annehmen.
Ein wichtiger seelsorgerlicher Hinweis: In allen Stellen im Neuen Testament zum Thema unvergebbare Sünde wir klar: Es soll als Warnung dienen, dass wir die Rettung in Jesus annehmen und uns vergeben lassen. Es soll als Warnung dienen, dass wir beim Herrn bleiben. Aber ganz eindeutig ist: Wer Angst hat, diese Sünde begangen zu haben und deshalb keine Vergebung mehr zu bekommen oder kein Christ mehr werden zu können, dem kann man zusagen: Nein, du hast es nicht getan! Die bewusste und langfristige Auflehnung gegen Gott zeigt sich ja gerade darin, dass man die Vergebung nicht annehmen will und kein Sündenbewusstsein mehr hat.
- Was ist der Unterschied zwischen Lästerung des Menschensohnes und Lästerung des Heiligen Geistes?
Jesus ist als Mensch aufgetreten und wurde dadurch menschlich verwechselbar. Das machte es für Menschen leichter, Jesus abzulehnen, wenn sie ihn als Person sahen. Außerdem wird in dieser Aussage deutlich: Es geht Jesus nicht darum, dass er irgendwie durch die Lästerung der Pharisäer gekränkt ist. Sondern es geht ihm darum, dass die Zuhörer, wenn der Heilige Geist ihnen Gott und Jesus als Herrn offenbart, zuhören und diese Gnade annehmen! Im Gegensatz zu Jesus kann der Heilige Geist natürlich nur von denen gelästert und abgelehnt werden, denen er sich offenbart hat und die ihn dadurch eigentlich kennen und sehend sind. Bei Jesus als Mensch auf dieser Erde war das deshalb anders.
Sonstige Anmerkungen zu Vers 31-32:
- Spannend ist, dass Paulus, als er noch ein Christenverfolger war, die Christen versuchte, zur Lästerung Jesu zu bringen (Apg 26,11). Er verstand das Alte Testament wohl so, dass diese einmalige Lästerung/Leugnung niemals vergeben wird und damit enger als Jesus sie uns erklärt.
Vers 33:
- Warum kommt Jesus nach der Zusicherung der Vergebung und der deutlichen Warnung nun zum Bild mit den Bäumen und Früchten?
Nachdem Jesus den Pharisäern begründet hat, weshalb er durch Gottes Geist handelt, hat er ihnen deutlich gemacht, dass sie eine Entscheidung treffen müssen. Gott vergibt ihnen zwar jede Sünde, wenn sie zu ihm umkehren, aber wenn sie sich gegen den Heiligen Geist stellen und Gott nicht annehmen, werden sie gewiss nicht errettet werden. In den letzten 5 Versen des Abschnitts macht Jesus nochmal ganz klar: Man erkennt an den Worten der Pharisäer, dass sie die Vergebung Gottes noch nicht angenommen haben und noch nicht errettet sind. Auch diese Verse sind damit ein Aufruf: Verstockt euch nicht weiter gegen Gott, lasst euch von ihm vergeben und damit auch euer Leben und euer Reden verändern.
- Wie ist das Bild zu verstehen: Was sind gute und schlechte Bäume und Früchte?
Matthäus hat dasselbe Bild schon mal in Mt 7,16ff verwendet. Er macht deutlich: Euer Handeln und auch euer Reden (die Frucht) ist ein Ausdruck eures Wesens und dessen, was in eurem Herzen ist (der Baum). Deshalb erkennt man an der Frucht den Baum. Auch das lässt sich nie an einer einmaligen falschen Handlung oder Tat festmachen – auch ein guter Baum bringt ja manchmal Früchte, die nicht gut sind. Aber langfristig gesehen wir immer an dem Leben deutlich, ob jemand Jesus in seinem Herzen hat und errettet ist. Nachdem die Pharisäer versucht hatten, die Früchte von Jesus zu beurteilen, kehrt Jesus den Spieß jetzt um und zeigt den Pharisäern sich selbst auf.
- Inwieweit können wir einen Baum „machen“?
Die Formulierung „macht“ einen guten Baum ist hier ein Hinweis darauf: Wir können die Entscheidung treffen. Natürlich können wir das Wesen, den Baum, nicht gut machen. Aber Jesus macht seinen Zuhörern klar: Ihr müsst eine Entscheidung treffen, wovon ihr euer Herz füllen lasst und davon hängen nachher auch die Früchte ab.
Vers 34:
- Was bedeutet Schlangenbrut? Ist das nicht eine Beleidigung?
Schlangenbrut verwendet auch schon Johannes in Mt 3,7. Man könnte auch sagen: Ihr seid Kinder von Giftschlagen. Schlange ist immer wieder ein Bild für den Teufel, in Verknüpfung mit dem Gift besonders für die heimtückische und heuchlerische Vorgehensweise des Teufels. Schon in den Qumranschriften lesen wir immer wieder die Einteilung in Kinder Gottes und Kinder des Teufels/der Schlange (vgl. auch 1Joh 3,10). Jesus macht seinen Zuhörern, besonders den Pharisäern, klar: Wenn ihr keine Kinder Gottes seid, seid ihr Kinder des Teufels. Der Teufel wirkt dann durch euch und versucht Menschen zu verwirren. Sie tun so, als würden sie Gutes reden, aber eigentlich sind sie böse.
- Worauf bezieht sich Jesus hier, wenn er meint, dass sie Gutes reden, obwohl sie böse sind?
Am besten lässt sich diese Aussage direkt auf den Kontext beziehen: Die Pharisäer tun so, als würden sie es gut meinen. Sie versuchen die Geister zu scheiden, indem sie behaupten, dass Jesus nicht von Gott kommt. Manchmal gibt es dieses heuchlerische Reden, bei dem es so scheint, als sei die Absicht des Gesagten gut. Aber Jesus entlarvt es hier: Weil er natürlich selbst weiß, dass die Behauptung der Pharisäer Quatsch ist (er hat es ja ausführlich widerlegt), ist klar: Sie sind eigentlich böse. Böse bedeutet hier: Sie haben nicht Gott in ihrem Herzen und lassen sich nicht von ihm regieren, deshalb sind sie böse. Dieser Vers macht deutlich: Man darf nicht vorschnell von guten Früchten auf den guten Baum schließen. Manchmal können Menschen so tun, als würden sie Gutes reden, aber eigentlich sind sie im Herzen gar nicht gut.
- Redet der Mund wirklich immer, wovon das Herz voll ist?
Dieser bekannte Vers ist die direkte Übertragung des Bildes in Vers 33 auf uns Menschen: Was man im Herz hat, das wird sich im Reden eines Menschen zeigen. Das gilt nicht für jedes einzelne Wort, manchmal scheint ein Wort gut oder schlecht zu sein. Aber grundsätzlich stimmt: Am Reden merkt man, was im Herzen eines Menschen ist, was sein Anliegen ist. Am Reden merkt man, ob Jesus im Herzen wohnt oder nicht. Unsere Worte zeigen, wer wir sind. Heute wird manchmal nur noch auf die Taten geschaut und schlechte Worte und Wortsünden als nicht so schlimm angesehen. Aber die Bibel zeigt uns die Bedeutung auch des Redens ganz deutlich auf: Am Reden erkennt man, wovon das Herz gefüllt ist.
Sonstige Anmerkungen zu Vers 34:
- Jesus knüpft hier vermutlich an Sirach 27,6 an, eine apokryphe Weisheitsschrift, die damals im Umlauf war. Das Bild vom Baum war zwar sicher gebräuchlich und verbreitet, aber die Ähnlichkeit in der Formulierung gerade hier in Vers 34 fällt auf. Jesus hatte kein Problem damit, an außerbiblische Sätze anzuknüpfen und sie aufzunehmen, wenn sie dem biblischen Inhalt entsprechen und stimmen.
Vers 35:
- Was ist hier mit dem guten Schatz und bösen Schatz gemeint?
Dieser Vers ist eine weitere Ausführung und Begründung der Aussage im vorherigen Vers, dass Herz und Reden sich entsprechen. Der Schatz steht für das, was in unserem Herzen ist. Schon mehrere alte Handschriften fügen hier hinter dem guten Schatz „seines Herzens“ hinzu, um deutlich zu machen, dass es darum geht, was in unserem Herzen ist (vgl. auch die Parallelstelle in Lukas 6,45). Matthäus sagt also: Entweder der gute heilige Geist füllt unser Herz oder der böse Geist des Teufels wird unser Herz füllen. Und je nachdem, was in unserem Herzen ist, werden wir reden. Spannend finde ich, dass sowohl der Gute als auch der Böse hier als „Schatz“ bezeichnet werden. Manchmal scheint der Teufel ein Schatz zu sein, der uns vieles verspricht, wenn wir unser Herz von ihm füllen lassen. Aber ganz klar ist: Der viel größere und bessere Schatz im Herzen ist der Heilige Geist, Gott selbst.
Sonstige Anmerkung zu Vers 35:
- Eine lustige Bemerkung ist, dass das „Hervorbringen“ hier in Vers 35 im Griechischen dasselbe Wort ist wie „Austreiben“ in den vorherigen Versen. Jesus bringt also sozusagen den bösen Geist hervor. Dem Hörer im Griechischen ist diese Verbindung sicher aufgefallen: Beides Mal wird etwas an die Oberfläche gebracht. Beim Besessenen der Dämon. Bei den Pharisäern, was in ihrem Herzen ist.
Vers 36:
- Was ist mit unnützen Worten gemeint? Darf ich keine Witze oder Smalltalk mehr machen?
Das Wort, das hier verwendet wird, findet sich nur selten im Neuen Testament. Es bedeutet „faul, träge“ und in Zusammenhang damit kann es auch als „ertragslos, arbeitslos“ verwendet werden (Mt 20,3.6). Hier ist das Wort am besten so zu verstehen, dass es um Worte geht, die zu nichts nutzen, die zu nichts führen und keinen guten Ertrag haben (vgl. das Wort in Jak 2,20 und 1Tim 5,13). Hier sieht man auch die Verbindung zum Bild von dem Baum und den Früchten: Wenn Worte ertragslos und fruchtlos sind, zeigen sie, was im Herzen ist. Heißt das, dass man keine Witze oder Smalltalk führen soll? Natürlich nicht, auch Witze und Smalltalk können gute und nützliche Worte sein. Aber ähnlich wie Jakobus 3 macht es uns deutlich: Worte haben große Auswirkungen oder sind eben sehr nutzlos, wir sollten gut überlegen, was wir sagen.
- Was heißt es, dass wir Rechenschaft ablegen müssen am Tag des Gerichts? Gilt das auch für Christen?
Die Bibel macht ganz deutlich, dass wir nicht nur von unseren Taten, sondern auch von jedem Wort Rechenschaft ablegen müssen (vgl. Jud 15; Jak 3,1f; Sprüche 12,6; Mt 15,18). Die Parallelstellen machen deutlich, dass es durchaus auch für Christen gilt. Aber nur in dem Sinn, dass Gott an unseren Worten und Taten erkennt, was in unserem Herzen ist – ob wir zu Jesus gehören oder nicht. Näheres dazu im Kommentar zu Vers 37.
Vers 37:
- Inwieweit können Worte rechtfertigen und verdammen, gilt das auch für uns heute?
In Vers 37 spitzt Jesus die Aussage aus Vers 36 nochmal zu: Die Menschen müssen Rechenschaft ablegen von jedem Wort. Wir werden nach den Worten gerechtfertigt und verdammt werden! Wie passt das zu der Botschaft: Allein aus Gnade?
Es gibt meiner Erkenntnis nach drei Auslegungen, die unter Bibeltreuen diskutiert werden. 1. Es geht in Vers 36 und 37 noch um den Alten Bund, in dem Worte und Taten rechtfertigen. Jesus ist hier ja noch nicht gestorben. 2. Jesus sagt diese deutlichen Worte nur, um aufzuzeigen, dass jeder Mensch verdammt wird und verloren geht und seine Gnade braucht – ähnlich wie in der Bergpredigt die zugespitzten moralischen Gebote. 3. Jesus will zeigen, dass sich an den Worten (sowie an den Taten) zeigt, was in unserem Herzen ist. Hier könnte man von einer indirekten Rechtfertigung sprechen, wobei Jesus sich nicht scheut, es zugespitzt zu sagen: Sie rechtfertigen uns.
Zur ersten Auslegung: Das scheint auf den ersten Blick einleuchtend, weil wir noch vor Jesu Auferstehung und Tod sind. Außerdem führt es dazu, dass man eine ganz klare Unterscheidung treffen kann: Nur der Glaube im Herzen rechtfertigt, Werke und Worte sind nur eine Folge davon und spielen gar keine Rolle zur Errettung. Trotzdem scheint mir das aus mehreren Gründen nicht dem Wort Gottes angemessen: Erstens müsste man dann sehr vieles in den Evangelien dem Alten Bund zuordnen – das wird schon deutlich, wenn man sich meine Auslegung speziell zu Vers 31-32 durchliest. Aber ist Jesus nicht gekommen, um den neuen Bund zu verkündigen? Das zweite Argument gegen diese Auslegung scheint mir der Rest des Neuen Testaments zu sein. Die Briefe verstehen sich eindeutig als Auslegung der Worte Jesu in Blick auf die Gemeinde. Das lässt sich an vielen anderen Stellen noch deutlicher zeigen, aber auch diese beiden Verse scheinen mir nicht gegen das neutestamentliche Denken zu sprechen. Ähnlich wie Jesus hier spricht Jakobus in Jak 2,24 von einem „rechtfertigen durch Werke“ und egal wie man diese Verse genau auslegt, es legt doch nahe, dass auch die Formulierung „rechtfertigen durch Worte“ im Neuen Bund nicht unmöglich ist, natürlich nur, solange sie richtig und nicht falsch verstanden wird! Drittens müsste man innerhalb von Textabschnitten sehr scharf trennen: Beispielsweise in diesem Abschnitt würde sich die Frage stellen: Muss Vers 33-35 dann nicht auch dem Alten Bund zugeordnet werden? Aber ist die Aussage in Vers 31 (bei dieser Auslegungsmethode) nicht schon eine eindeutige Aussage im Neuen Bund, dass einem alles vergeben wird? Wechselt Jesus dann in diesem Abschnitt zwischen Altem und Neuem Bund hin und her? So widerlegt schon dieser Abschnitt in sich selbst, dass man hier versucht, diese Verse dem Alten Bund zuzuordnen.
Zur zweiten Auslegung: Die Absicht Jesu ist sicherlich, mit diesen Worten das Schuldbewusstsein der Menschen anzuregen, damit sie merken, dass sie Vergebung brauchen. Das ist bei den moralischen Geboten aber auch bei solchen klaren Aussagen übers Gericht der Fall. Allerdings halte ich es hier nicht für das Hauptmotiv oder den einzigen Grund, weshalb Jesus diese deutliche Aussage trifft. Warum? Erstens wird hier im Zusammenhang ganz klar: Man soll an den Früchten den Baum erkennen und das Reden zeigt, was im Herzen ist. Also ist der Hinweis auf das Rechtfertigen durch die Worte nicht nur ein Hinweis, dass wir verloren gehen, sondern auch eine Aufforderung, das Herz und damit das Reden durch Jesus zu ändern. Zweitens spricht Jesus nicht nur davon, dass Menschen durch Worte verdammt werden. Sondern explizit auch davon, dass Menschen aus ihren Worten gerechtfertigt werden. Somit ist deutlich, dass es Jesus ganz klar nicht nur darum geht, dass alle wegen ihrer schlechten Worte verdammt werden.
Zur dritten Auslegung: Hier scheint mir der richtige Ansatz zum Verständnis des Textes vorzuliegen. In diesem Abschnitt wird klar: Meine Worte zeigen, was in meinem Herzen ist. Somit zeigen meine Worte, ob Jesus bzw. der Heilige Geist in meinem Herzen Wohnung hat. Insofern zeigen Worte, ob ich errettet bin und das meint Jesus, wenn er von einer Rechtfertigung durch Worte spricht. Mir hilft hier zum Verständnis die Unterscheidung einer indirekten Rechtfertigung und einer direkten Rechtfertigung, damit deutlich wird, dass Jesus nicht sagt, dass man allein wegen seiner guten Worte (oder Werke) gerecht werden kann. Sondern die Worte zeigen gerade den rettenden Glauben und das, was unser Herz füllt. Trotzdem scheut Jesus sich nicht, auch die provokante Formulierung zu wählen, dass uns unsere Worte rechtfertigen. Ähnlich sieht es auch Fritz Rienecker in seinem Kommentar: „Er stellt die ungeheuerliche Behauptung auf, dass Menschen aus ihren Worten gerechtfertigt und aus ihren Worten gerichtet werden können. Wort und Wesen, Wort und Glaube hängen auf das engste zusammen. Es war für Paulus selbstverständlich, dass der Glaube an Jesus Christus, den Herrn, sich auch vor der Welt in Worten kundtun müsste: Röm 10,9 (Rienecker, 228).
Sonstige Anmerkungen zu Vers 37:
- Spannend ist noch der Wechsel von dem „ihr“ in Vers 36 zu dem „du“ in Vers 37. Jesus spricht nochmal jeden einzelnen Hörer ganz bewusst an und zieht ihn in die Verantwortung: Prüfe dich, wirst du gerechtfertigt oder verdammt werden?
- Verstehen, worum es geht
2.1 Hinweise für hermeneutische Überlegungen (Auslegung)
Die entscheidenden hermeneutischen Fragen wurden schon in der Textauslegung besprochen (siehe Vers 37). Es ist wichtig, sich als Prediger im Klaren zu sein, wie man die Texte aus den Evangelien allgemein einordnet, ob Jesus schon vor allem den Neuen Bund predigt oder ob die Aussagen zuerst dem Alten Bund zuzuordnen sind und wie man das Verhältnis von Alten und Neuem Bund ansieht. Es ist wichtig zu beachten, dass Jesus vor Pfingsten predigt, also dass der Heilige Geist noch nicht wie für den Neuen Bund verheißen fest Wohnung genommen hat in den Gläubigen.
Grundsätzlich lässt sich der Text sehr gut auf heute übertragen. Man kann sich als Prediger ein stückweit in Jesus hineinversetzen. Ähnlich wie Jesus Jünger, sonstiges Volk und Pharisäer vor sich hatte, haben wir heute in Deutschland und vielleicht auch im Gottesdienst – gerade bei Online-Angeboten – mit klaren Gegnern des Glaubens, Interessierten und Christen zu rechnen (und es dient auch den Christen für ihren Umgang und ihr Gespräch mit Noch-Nicht-Christen, wenn wir alle Gruppen berücksichtigen). So können wir mit Jesus in diesem Predigttext die Frage stellen und diskutieren: Ist er nun der Messias und Retter für dich, oder kommt er vom Teufel (Vers 22-29)? Außerdem können wir die Hörer mit Jesus zur Entscheidung aufrufen (Vers 30). Wir können mit Jesus das Angebot der Vergebung aussprechen, aber auch die Warnung davor, sich gegen den Heiligen Geist zu stellen (Vers 31-32). Und wir können sie herausfordern sich zu prüfen: Lasse ich Jesus in meinem Herzen regieren, sodass Leute an meinen Worten merken, wovon mein Herz erfüllt ist (Vers 33-37)?
2.2 Hinweise für situative Überlegungen (Predigtanlass)
Wir predigen den Text eine Woche nach Pfingsten. Von Pfingsten ausgehend können wir anknüpfen an den Schatz, den wir im Heiligen Geist bekommen haben. Durch den Heiligen Geist können wir erkennen und verstehen, wer Jesus ist. Und durch den Heiligen Geist, der in unserem Herzen Jesus repräsentiert, werden wir verändert, sodass auch unser Reden und Handeln verändert wird.
Je nachdem, ob ihr in euren Gemeinden und Kreisen Online-Angebote oder schon wieder vorsichtige Gottesdienste habt, müsst ihr mit verschiedenen Zuhörergruppen rechnen. (Das lässt sich beim Schreiben der Predigthilfe noch schwer abschätzen, wie das in einem Monat ist.) Da seid ihr herausgefordert, wenn ihr diesen Text in einer Predigt verkündigt, euch wie Jesus damals in der Situation zu fragen: Wer hört mir alles zu, auf wen sollte ich eingehen?
Corona wird vermutlich nach wie vor ein aktuelles Thema sein, es wird über Lockerungen etc. diskutiert werden. Hier kann man beispielsweise anknüpfen, indem man deutlich macht: Unsere Hoffnung für das Leben und das Sterben liegt in Jesus. Bei Gott gelten auch Kontaktbeschränkungen: Wir dürfen ihm nicht nahekommen, weil wir krank und sündig sind. Aber in Jesus will er uns alles vergeben, deshalb gibt es nichts Wichtigeres, als zu ihm zu kommen (Vers 30-31).
2.3 Hinweise für homiletische Überlegungen (Anwendung)
Bei diesem Text gibt es vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Ich möchte nur ein paar Ideen geben und Anwendungsmöglichkeiten aufzeigen:
Vers 22: Die Heilung des Besessenen, Tauben und Stummen steht symbolisch dafür, dass Jesus die entscheidenden Probleme in unserem Leben lösen kann. Jesus kann uns aus der Macht des Teufels befreien, er kann unsere Schuld vergeben. Bringt alles zu ihm.
Vers 23: Kommen wir noch ins Staunen wie das Volk, wenn wir sehen, was Jesus getan hat und immer noch tut? Staunst du über das, was Jesus getan hat und fragst dich, ob er vielleicht der Retter ist? Bei genialen Bauwerken oder genialen Musikstücken fragt man sich manchmal: Wer hat das gemacht? Noch viel mehr sollten wir doch bei Jesu Taten ins Staunen kommen!
Vers 24: Frühe christliche Ausleger waren von diesem Vorwurf zutiefst betroffen und verletzt. Trifft es uns noch, wenn andere unseren Herrn lästern und gegen ihn reden? Sind wir auch bereit, liebevoll und deutlich zu argumentieren, wenn es andere hilft?
Geht es vielleicht einem der Zuhörer so, dass er sich fragt: Wer ist dieser Jesus? Dann können wir ihn einladen, sich zu entscheiden: Entweder er ist der Retter (Vers 23), oder er ist vom Teufel (Vers 24). Wir können ihn einladen, sich auf die Argumente von Jesus einzulassen und ehrlich selbstkritisch über seine Haltung nachzudenken. Woran lag es, dass die Pharisäer nicht glaubten? Jesus hat es super gut erklärt, aber sie wollten es anscheinend nicht erkennen. Bist du ehrlich mit dir selbst und offen dafür, dich hinterfragen zu lassen?
Vers 25-29: Wir können die Argumente auf heute übertragen und Zuhörer, die Jesus nicht glauben, vor die Herausforderung stellen: Ist das, was sie glauben, überhaupt begründbar und logisch? Gleichzeitig können wir hier den Christen gute Argumente an die Hand geben, wie sie mit Bekannten über Jesus reden können. Wir können auch deutlich machen: Wir dürfen gute Rhetorik verwenden wie Jesus hier (Bilder, rhetorische Fragen). Das ist nicht manipulativ, solange es uns darum geht, den anderen von sinnvollen Inhalten zu überzeugen.
Vers 30: Hier bietet es sich an, ganz klar zur Entscheidung aufzurufen: Zu welcher Seite gehörst du? Ein Aspekt ist auch: Wer zu Jesus gehört, ist automatisch einer, der mit ihm sammelt, also ein Zeuge von ihm! Sind wir Mitsammler?
Vers 31-32: Wichtig ist den ersten Satz von Vers 31 hervorzuheben: Gott vergibt alle Sünde und Lästerung (mit der einen Ausnahme). Ihr müsst euch keine Sorgen machen, dass ihr zu schlecht für ihn seid, zu viele Sünden begangen habt, das Leben zu sehr an die Wand gefahren habt. Wir müssen nicht wie die Pharisäer damals überlegen und diskutieren, was nun vergeben wird und was nicht. Gott vergibt alles. Nur bei einem müssen wir eine Warnung aussprechen: Wenn wir gegen den Heiligen Geist lästern, das heißt, uns langfristig vor dem Heiligen Geist verschließen, der uns Gott nahebringen will, dann wird Gott uns nicht vergeben!
Vers 33-35: In diesen Versen fordert Jesus die Pharisäer heraus. Sie halten sich für Gottgläubige, aber Jesus sagt, dass ihr Reden und Handeln zeigt, dass es gerade nicht so ist. Wir dürfen unsere Zuhörer herausfordern: Erkennt man an unsren Früchten, besonders an unserem Reden, das Jesus in unserem Herzen ist? Viele Noch-Nicht-Christen versuchen wie die Pharisäer, Jesus aufzuzeigen, dass seine Früchte und sein Handeln falsch sind. Aber Jesus widerlegt das hier und kehrt es um: Prüft doch mal euch selbst, was sind denn eure Früchte?
Vers 36-37:
Die wichtige Rolle von Worte, die uns nach Jesu Worten sogar rechtfertigen (wenn auch nur indirekt), kann hervorgehoben werden. Heutzutage wird oft das Reden als nicht so wichtig angesehen. Schlecht über andere reden ist fast schon normal. Jesus sagt hier: Unsere Worte sind wichtig. An unseren Worten, die wir im Glauben reden, merkt man, ob wir zu Jesus gehören.
- Sagen, wo es hingeht
3.1 Predigtziel – warum halte ich diese Predigt?
Wir können den Text aus zwei Blickwinkeln betrachten, aus denen sich zwei Ziele ergeben:
- Wie geht Jesus in dem Abschnitt vor, um die Ungläubigen (die Pharisäer wie das Volk) zu gewinnen? So sollten wir in der Predigt vorgehen, wenn wir textgemäß predigen.
- Was kann ich an dem Umgang Jesu mit seinen Gegnern für meinen Umgang mit Noch-Nicht-Christen lernen? Wir können hier in die Sicht der Jünger in der Geschichte eintauchen, die dabeistanden und von Jesus lernten, wie er vorgeht.
Daraus ergeben sich die beiden Ziele:
- Der Nichtchrist soll erkennen, dass alle Gründe dafürsprechen, Jesus als den Retter anzunehmen. Jesus bietet ihm die Vergebung an, egal was er schon für Mist in seinem Leben getan hat. Aber er selbst muss jetzt eine Entscheidung treffen.
- Der Christ soll erkennen, dass Jesus sich liebevoll auf die Gegner einlässt und auf ihre Weise (hier das Argumentieren) versucht, sie zu überzeugen und zu gewinnen. Gleichzeitig wird der Christ herausgefordert, sich zu prüfen: Halte ich mich nur für gläubig, wie es bei den Pharisäern der Fall war und wie Jesus es ihnen aufzeigt, oder ist mein Herz vom Heiligen Geist erfüllt?
3.2 Predigtentfaltung – wie sage ich es in dieser Predigt?
Thema: Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich (nach Vers 30)
- Die Frage: Wer ist Jesus? Ist er vom Gott oder vom Teufel? (Vers 22-24)
- Die einzige logische Antwort: Jesus ist von Gott gesandt! (Vers 25-29)
- Die Entscheidung: Wo gehörst du dazu? (Vers 30)
- Die Hoffnung: In Jesus kann dir alles vergeben werden, wenn du dich nicht vor dem Heiligen Geist verschließt! (Vers 31-32)
- Die Warnung: An euren Worten merkt man, ob ich in eurem Herzen wohne (Vers 33-37)
oder nach Maier, C-Edition:
Thema: Für oder gegen Jesus? Jesu Vollmacht über die Dämonen
- Menschen, die zu Jesus Vertrauen haben
- Unter schwerster Anklage
- Jesu Hilfestellung für seine Ankläger
Thema: Unvergebbare Sünde:
- In unseren Worten liegt die Macht, zu verletzen oder zu helfen
- Worte, die nicht vergeben werden können: bei Menschen oft der Fall, bei Gott nur einen einzigen Fall
Nach Carson:
- Umstände und Anklage
- Jesu Antwort
- Das zerteilte Königreich
- Das Haus des starken Mannes
- Lästerung des Heiligen Geistes
- Natur und Früchte
3.3 Predigtveranschaulichungen – wie verdeutliche ich es in dieser Predigt?
Einige Bilder sind hier von Jesus direkt im Text angelegt, die man näher ausführen kann:
- Das Reich/das Haus, das mit sich selbst uneins ist – da findet man auch heute viele Beispiele.
- Das Haus eines Starken, in das man versucht einzudringen.
- Die Frucht, an dem man den guten oder schlechten Baum erkennt.
- Der gute und der böse Schatz im Herzen.
Gute Bilder von Wright:
Zu Vers 25: „Wenn ich ein versuche, ein Haus zu bauen, werde ich wahrscheinlich nicht gleichzeitig einen anderen Bauunternehmer beauftragen, Teile des Hauses wieder einzureißen.“ (Wright, 172)
Zu Vers 31: „Sobald man erklärt, dass die einzig noch verbliebene Wasserflasche vergiftet ist, verdammt man sich zum Tod durch Verdursten.“ (Wright, 173)
Die dritte Strophe von dem Lied „Jesus ist kommen“ ist eine gute Beschreibung des Bildes in Vers 29:
„Jesus ist kommen, der starke Erlöser,
bricht dem gewappneten Starken ins Haus,
sprenget des Feindes befestigte Schlösser,
führt die Gefangenen siegend heraus.
Fühlst du den Stärkeren, Satan, du Böser?
Jesus ist kommen, der starke Erlöser.“
(Samuel Koser)