Monatsthema: Leben angesichts des Gerichtes Gottes
Predigtthema: Der Herr ist furchtbar – wie sollten wir ihn nicht fürchten
Gottesdienst Einleitung: 1Thess 5,1-11; Ps. 111,1-10; 112,1-10; (Vorschlag zur Textlesung)
Die Erarbeitung dieser Predigt erfordert etliche Stunden an Vorbereitung. Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe deshalb Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht euer eigenständiges Erarbeiten des Bibeltextes. Bei der Vorbereitung dieser Predigt suchen wir nach dem, was der Herr über den Predigttext durch uns sagen will, denn wir verkündigen nur die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufs Herz gelegt wird. Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!
1. Sehen, was dasteht
Verschiedene Bibelübersetzungen um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 1984 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Neue Genfer Übersetzung / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung).
1.1 Allgemeine Hinweise zum Predigttext
Der Prophet Joel gehört zu den kleinen und leider oft auch zu den vergessenen und ungelesenen Prophetenbüchern. Das mag daran liegen, dass Gott als der Richter über Israel und die Heidenvölker auftritt und eindrücklich den „Tag des HERRN“, als einen schrecklichen Gerichtstag ankündigt.
Hier stehen wir vor der Herausforderung, Gott in seinem umfassenden Wesen als Herr und Richter der Welt zu verkündigen, ohne die Güte und Gnade Gottes aus dem Blickfeld zu verlieren. Eine kritische Prüfung über das heutzutage eher einseitige Gottesbild eines „lieben Gottes“ kann helfen, Gott als den allmächtigen HERRN zu respektieren.
Dabei hilft es zu bedenken,
- dass Gott ein absolut heiliger und gerechter Gott ist und wir als Menschen oft ein falsches Verständnis von Gerechtigkeit und Gericht haben,
- dass Gerechtigkeit und Liebe, sowie Gericht und Gnade sich nicht widersprechen,
- dass Gott souverän ist und uns keine Rechenschaft schuldig ist über das Strafmaß, das er über die Welt ankündigt und vollzieht,
- dass die Gnade Gottes im Buch Joel nicht zu übersehen sind, sondern hell aufleuchtet (Joel 2,13.18.21-23.27; 3,1+5; 4,21).
In unserer Monatsreihe geht es um das Thema: „Leben angesichts des Gerichtes Gottes“.
Joel fasst in wenigen Kapiteln das zusammen, was die großen Propheten ausführlich beschreiben. Es geht um den kommenden „TAG des HERRN“, an dem Gott Gericht über die Welt und Völker halten wird.
Joel erkannte in der schrecklichen Heuschreckenplage und der anhaltenden Dürre seiner Zeit das ernsthafte Mahnen Gottes. Die erlebte Not wurde zum Anlass, das Volk vor noch schlimmeren Gerichtszeiten zu warnen.
Kurze Hinweise zum Buch Joel:
- Joel bedeutet „Der Herr ist Gott“.
- Die Abfassungszeit ist nicht genau bekannt. Evtl. ca. 800 v.Chr. vor den Eroberungszügen der mächtigen Völker Assyrien und Babel.
- Joel betont drei besondere Ereignisse:
- Die historische Heuschreckenplage
- Die Ausgießung des Heiligen Geistes über alle Nationen
- Der zukünftige furchtbare „Tag des Herrn“
- Hauptthema ist der „Tag des Herrn“ als Gerichtszeit Gottes
- Ziel ist es, sein Volk und die Welt auf diesen „Tag des HERRN“ vorzubereiten, indem er die Welt warnend davon in Kenntnis setzt und den Glaubenden Rettung und Wiederherstellung verheißt
- Aufbau und Einteilung des Buches (nach Warren W. Wiersbe):
- Der gegenwärtige „Tag des HERRN“ – die Heuschreckenplage
- Der bevorstehende „Tag des HERRN“ – die Invasion Assyriens
- Der letzte „Tag des HERRN“ – das Gericht am Ende der Zeit
Wie in der gesamten alttestamentlichen Prophetie werden auch hier gegenwärtige und nahe bevorstehende Ereignisse beispiel- und symbolhaft benutzt, um die Geschehnisse der letzten Zeit aufzuzeigen, wenn Jesus sichtbar wiederkommt, um Gericht über diese Welt zu halten.
Man kann daher deutlich zwei Teile unterscheiden:
- Der historische Teil Joel 1,1- 2,17
- Der prophetische Teil Joel 2,17-4,21
Ein Hinweis zur Verszählung: In mancher Bibelübersetzung gibt es nur 3 Kapitel. Die Verszählung lautet dann Joel 2,1-32 (statt bis 2,27) und Joel 3,1-21 (statt Joel 4,1-21).
Diese Erkenntnis, des kommenden Gerichtes über die Welt und der persönlichen Rechenschaft vor IHM lehrt uns, „dass der HERR zu fürchten ist“ (2Kor 5,11). Wie Amos, so ist auch das Joelbuch ein Aufruf zu Buße und Umkehr, um sich bereit zu machen „deinem Gott zu begegnen“ (Amos 4,12). Beide haben in ihrer Botschaft Gemeinsamkeiten.
1.2 Hilfen zum Verständnis des Predigttextes
Holland, Martin, Wuppertaler Studienbibel, „Der Prophet Jeol, Amos und Obadja“, AT9, Brockhaus Verlag
Wiersbe, Warren. W, „Sei erstaunt“ Studien des Alten Testamentes: Hosea, Joel, Jona, CLV
Walvoord, John F.& Zuck, Roy F. „Das Alte Testament – Erklärt und Ausgelegt. Hänssler
Aebi, E „Kurze Einführung in die Bibel“, Bibellesebund
Hilfreiche Links: Bibelarbeit über Joel 1 + Joel 2 (Winrich Scheffbuch)
Joel 1: https://www.youtube.com/playlist?list=PL0fj0tk7gUjKqniT9Q3HLbTmylq4nJmNP
BSK Serie über das Joelbuch:
Joel 2: https://www.youtube.com/watch?v=2VcwCKuZZ1A&list=PL0fj0tk7gUjKqniT9Q3HLbTmylq4nJmNP&index=2
Joel 3: https://youtu.be/sD5ChbW4zIM
Joel 4: https://youtu.be/JyM7n8EpjuE
- Anmerkungen zum Verständnis des Predigttextes
1,1-4 Hin-hören: Das Gericht Gottes ist da!
V.1 Über die Person von Joel wissen nur den Namen seines Vaters. Er ist von anderen Personen mit gleichem Namen in der Bibel zu unterscheiden. Nur in Joel 1,1 und in Apg. 2,16 finden wir einen Bezug auf ihn und seine Botschaft.
V.2 Joel holt clever seine Zuhörer ab und erlangt Aufmerksamkeit indem er ein aktuelles und Zeitgeschehen seiner Zeit aufgreift und in den geistlichen Kontext des Heilsplanes Gottes stellt. Die nationale Wirtschaftskrise im Land, ausgelöst durch eine Naturkatastrophe der Heuschreckenplage, verschafft ihm Gehör und Anlass, Gottes Botschaft an den Mann/Frau zu bringen.
->Es sind gerade solche Ereignisse, die sich später in den Geschichtsbüchern wiederfinden, die uns als Aufhänger, Sinnbild oder Brücke für unsere Predigthemen oder Beispiele Gelegenheiten geben. Ein Blick in die Zeitung, die Nachrichten oder die Werbung zeigen uns Aktuelles, den Menschen bekanntes und relevantes (Pandemie, Klimawandel, Tsunami, Wirbelstürme usw.).
V. 3 Der Aufruf, die folgende Botschaft der kommenden Generation zu vermitteln, ist ein Hinweis, dass die vorhergesagten Ereignisse über die gegenwärtige Zeit hinaus gehen und die zukünftigen Generationen betreffen.
->Auch unsere Botschaft von Jesus, der Erlösung, dem Gericht Gottes am Kreuz und dem kommenden Weltgericht ist eine zeitlose Botschaft und gilt jeder Generation. Wir wissen nicht, wann der HERR wiederkommt, wissen aber, dass es näher ist als wir denken und näher als unserer vorherigen Generation.
V.4 Die Heuschreckenplage und Dürre wird zum Bild auf die kommenden Ereignisse eines schnell heranfliegenden Heeres (evtl. die spätere assyrische Heeresmacht). Die genannten Begriffe sind nicht klar zu definieren und zeigen ggf. verschiedene Arten oder Wachstumsstadien von Heuschrecken. So gibt es ca. 28000 Arten von Heuschrecken und gerade Israel und Ägypten wird immer wieder von schlimmen Heuschreckenplagen heimgesucht, welche die ganze Ernte abfressen. Deutlich wird, dass die Verwüstung in mehreren Wellen über das Land kommt und immer schlimmer wird. Die 1. Welle waren die Nager (heb. gazam = Larven), 2. Welle waren Heuschrecken (heb. ausgewachsene Art). 3.Welle waren Raupen (heb. jelek = Raupe, die alles verschlingen) und was dann noch übrig war wurde in der 4.Welle von Grashüpfern (heb. chasil = Geschmeiß,) völlig vertilgt.
->Gottes Gericht kommt in verschiedenen Wellen oder Wehen, die aufeinander folgen und immer heftiger werden (Off 9,12; 11,14; 12,2; Hes 6,11; Jer 6,24ff; Mt 14,16; 1Thes 5,3).
->Gott gebraucht kleine winzige und schwache Werkzeuge, die aber in der Vielzahl und Masse vernichtend sein können. Ein Heer von dämonischen Heuschrecken findet sich in der Offenbarung 9,3 in Verbindung mit der 1. Wehe.
->Vereinzelt werden die vier Arten auch auf vier Weltmächte oder Heere (siehe Daniel: Assyrien, Babel, Griechenland, Rom) sinnbildlich übertragen, die das Volk in verschiedenen Epochen unterdrückten. Es ist aber eher vom wörtlichen Sinn auszugehen!
V. 5-7 Wachsamkeit ist gefragt, um Zeitgeschehen geistlich beurteilen zu können. Wie die Heuschrecken die Ernte völlig vernichtet und die Lebensgrundlage geraubt hat, so werden große Heerscharen an Soldaten das Land Israel überfallen und verwüsten. Wie es später (geht man von einer Frühdatierung aus) durch das assyrische und babylonische Heer dann kam. Gott reißt sie aus dem Rauch ihres Vergnügens, der Wein geht aus, weil die Trauben abgefressen sind, vorbei ist das Treiben, Saufen und Huren – Gott legt durch Naturereignisse das Leben still (vgl. Eph 5,15-18).
->Ob Heuschrecken oder Coronaviren, die Frage ist: Wacht der Mensch auf und begreift er, dass Gott durch solche Ereignisse redet, mahnt und die Menschheit auf das kommende Gericht vorbereitet?
->Gottes Gericht ist hör-bar und erleb-bar, wir spüren es in verschiedenen Dingen im Leben. Die gefallene Welt steht bereits unter dem Gericht Gottes (Krieg, Krankheit, Tod, Seuchen, usw.). Sie sind Folgen des Sündenfalles und bereits erlebbares Gericht Gottes. Hören wir doch hin, hören wir doch auf Gottes Wort und achten auf die Zeichen der Zeit.
1,8-12 Auf-hören: Das Gericht Gottes kommt!
V. 8-12 Heult und weint! Das Gericht ist furchtbar! Es kommt gewaltig und versetzt in Angst und Schrecken. Jungfrauen trauern und Junggesellen sterben, weil sie vom Krieg gefressen werden, wie einst in Europa nach dem 1. und 2. Weltkrieg, wo am Ende viele Frauen ihre Männer im Krieg verloren hatten, viele nach Kriegsende keine Ehemänner bekamen, weil es schlicht weg kaum mehr Männer gab. Das geistliche und religiöse Leben ist zum Erliegen gekommen. Gottesdienste haben aufgehört. Ob Joel hier prophetisch die Zerstörung des Tempels voraussagt oder einen geistlichen Tiefpunkt in der Tempelgeschichte zur jüdischen Königszeit spricht, ist unklar. Vieles spricht dafür, dass Joel auch hier einen Stillstand des Tempeldienstes als Bild und Vorausschau nimmt, dass Gottes Gericht darin besteht, dass der Tempeldienst ganz aufhören wird. All das fröhliche und lebensfrohe Treiben hatte abrupt aufgehört. Joel beschreibt, wie andere Propheten auch, dass das „ganze Land trauert“ (vgl. Jes 24,4; 33,9; Jer 12,11; Hos 4,3). Die Freude ist vergangen. Es wird aufhören, alles gottlose Leben und Treiben – und „sie merkten es nicht, bis die Sintflut kam und sie alle dahinraffte, so wird auch die Wiederkunft des Menschensohnes sein“. Mt 24,39
->Deutlich wird, dass Gottes Gericht und Verwüstung alle Bereiche des Lebens trifft. Privat, familiär, religiös, wirtschaftlich – sonderbar, dass die Könige oder Regierungen nicht erwähnt sind. Vielleicht weil sie bereits zusammengebrochen waren.
->Gottes Gericht bringt Chaos, Vernichtung und nimmt die Lebensfreude. Auch unsere Zeit mit den Corona-Maßnahmen kann hier ein Bild auf das künftige und kommende Gericht sein. Was wir heute erleben ist aber bei weitem noch kein „Tag des HERRN“. Es sind nur winzige, kleine und harmlose Viren, aber in der Masse richten sie Verheerendes an und es betrifft alle Bereiche des Lebens.
1,13-20 Um-kehren: Das Gericht Gottes (Tag des HERRN) ist nahe!
V. 13-14 Umgürtet und rüstet euch! Das Volk soll sich vorbereiten. Worauf? Auf das Gericht. Wie? Indem sie Buße tun! Die geistlichen Verantwortlichen sollen umkehren und über ihren verlorenen Zustand klagen. Einen nationalen Bußtag ausrufen und den HERRN um Rettung anrufen – wie nötig hätten auch wir so einen Tag. Statt Bußtage streichen, sollten wir sie leben und praktizieren. Alle Bewohner sind geladen, alle sollen zu Gott kommen, bevor er zu ihnen kommt. Jeder soll den HERRN um Hilfe anrufen.
->Umkehr ist eine individuelle und persönliche Entscheidung. Jeder soll zu Jesus kommen und ihn um Rettung (Hilfe und Heil) bitten. Der Hilfeschrei nach Jahwe (HERR) setzt voraus, dass erstens jemand seine Not und Verlorenheit erkannt hat und zweitens weiß, wen man um Hilfe anrufen muss. Den ersten Ruf um Rettung finden wir in 1Mo 4,16 und ist immer mit dem Gottesnamen Jahwe (HERR) verbunden, der mit JESUS Christus zu identifizieren ist.
V.15 Ach, was für ein Tag! Der „Tag des HERRN“ ist ein feststehender Begriff im AT und kommt in Joel 5x vor. Dieser Tag ist ein Tag des Zorns, der Finsternis, des Wolkendunkels (vgl. Zeph 2,2.3; Jes 13,9). Joel 2,1-11 beschreibt diesen Tag noch ausführlicher und furchtbarer. Posaunen (Shofarhörner) wurden von den Wächtern auf den Stadtmauern als Warnsignal (Kriegssirenen) vor dem herannahenden Gericht geblasen.
Dabei wird dieses Gericht umfassend radikal sein und keiner kann ihm entkommen. Es betrifft die Natur, den Menschen und die Tiere, die Himmelskörper und den Kosmos. Naturkatastrophen, militärische Kriege und Seuchen (Plagen) brechen geballt auf die Menschheit herein. Eine einmalige Gerichtszeit des HERRN – wie es noch keine gab, und nie wieder geben wird (Joel 2,2). Die Bibel nennt diese Phase in der letzten Zeit auch die Zeit der großen Drangsal (vgl. Mt 24, 21+29), der Angst Jakobs. Gemeint ist das irdische Volk Israel (Jer 30,7; Dan 12,1). Diese Gerichte werden ausführlich in der Endzeitrede in Mt 24, in Sacharija 14 und Offenbarung durch die Siegel-, Posaunen- und Schalengerichte beschrieben (vgl. Off. 7,14). Über mehrere Wellen bzw. Wehen kommt das Gericht unaufhaltsam auf unterschiedliche Weise (siehe Arten der Heuschreckenplagen) auf die Menschheit zu. Wir finden im NT mehrere Parallelstellen so z. Bsp.: Apg 2,20 als Zitat aus Joel, 1Kor 5,5 1Thess 5,2 als unerwartetes Ereignis, wie ein Dieb; 2Pet 3,10 als kosmisches Ereignis, usw.
Es mag irritierend sein, dass Gott in seinem heiligen Zorn einen schrecklichen Gerichtstag herbeiführt. Doch das Geschöpf muss einmal erkennen, dass er vor seinem Schöpfer und der höchsten Autorität Rechenschaft geben muss. Ein Tag der Abrechnung kommt, ein Tag vor dem Angesicht des Allmächtigen – den kein Mensch ertragen kann (Joel 2,11).
->Wie die Wächter auf Zions Stadtmauer das feindliche Heer sahen und Alarm bliesen, so warnten die Propheten die Menschen vor dem Gericht. Heute sollten wir als Gläubige die Menschen vor diesem schrecklichen Gott und Gericht warnen.
->Gebraucht Gott Angst und schüchtert er die Menschen ein damit sie umkehren? Angst ist eine Emotion der Bedrohung. Ein Indikator, der vor Gefahr warnt. Wenn ich auf einer Brücke stehe und in die Tiefe schaue, bekomme ich Angst. Zu Recht, weil der Absturz tödlich wäre.
->Angst vor dem Gericht Gottes ist daher berechtigt, weil die Begegnung des von Natur aus sündhaften Menschen mit dem heiligen Gott tödlich für ihn wäre. Darum fürchtete sich Adam (1Mo 3,12) oder Menoach, als er Gott sah (Ri 13,22, 3Mo 33,10).
->Es wäre gefährlich, keine Angst vor dem Gericht Gottes zu haben, wenn man nicht in Jesus gerettet ist.
Ja, Gott ist zu fürchten, denn das Gericht Gottes ist furcht-bar!
Exkurs: Furcht des Herrn
Ehrfurcht ist ein Gefühl des tiefen Respekts für jemand oder etwas; oft einer Gottheit gegenüber, empfunden als Angst. Der Ausdruck eine doppelte Bedeutung.
- Es kann eine Angst vor einer Autorität und dessen Bestrafung sein
- Es drückt einen hingebungsvollen und ehrfürchtigen Respekt gegenüber Gott aus
In beiden Fällen bezieht sich die Furcht auf Jahwe (HERR).
Im ganzen AT ist diese Ehrfurcht vor dem HERRN (Gottesfurcht) ein Thema, das sich durch alle Bücher zieht. Menschen lassen sich durch Gott ansprechen, korrigieren, verändern – solange sie Gott fürchten und auf ihn hören. Die Furcht des HERRN ist Anfang der Erkenntnis (Spr 1,7). Wer sie verachtet, verachtet Gott, reagiert nicht auf Gottes Impulse, Gottes Werk oder Reden.
Gottesfurcht ist Ausdruck einer persönlichen Gottesbeziehung, die sich in Anbetung, Hingabe und Gehorsam ausdrückt. So sehen wir z. Bsp.:
Abrahams Glaubensgehorsam, als er bereit war Isaak zu opfern (1Mo 22,12). Der Gehorsam war Ausdruck, dass Abraham Gott ernst nahm, ihm vertraute und seinen Befehl respektierte und Gott fürchtete, wenn er nicht tut, was Gott sagt.
Israel hört von Mose, was der HERR von seinem Volk fordert. „Und nun, Israel, was fordert der HERR, dein Gott, von dir, als nur, dass du den HERRN, deinen Gott, fürchtest, dass du in allen seinen Wegen wandelst und ihn liebst und dem HERRN, deinem Gott, dienst mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele, indem du die Gebote des HERRN und seine Satzungen hältst, die ich dir heute gebiete, zum Besten für dich selbst? (5Mose 10,12–13).
Hiob wird das Zeugnis ausgestellt, dass er rechtschaffen war und Gott fürchtete und darum das Böse mied (Hiob 1,1).
Jona, der zwar Gott fürchtete, aber vergessen hatte was es bedeutet und Gott ihn durch den Sturm wieder Furcht gelehrt hat (Jona 1,9).
Furcht hat mit Strafe und Rechenschaft zu tun. So sagt auch Paulus, wir sollen die Obrigkeit fürchten, denn sie trägt das Schwert (Röm 13). Aber auch mit Hingabe und Anbetung. So war die „Furcht des HERRN“ Auslöser zum Glaubenswachstum der Gemeinde (Apg 9,31), führte zum Lob und zur Anerkennung Gottes (Apg 19,17).
V. 16-20 Die hautnah erlebte Krise, die Hungersnot, die anhaltende Dürre, das Viehsterben führt zum GEBET. Not lehrt beten, Angst auch! Gott lässt diese Situationen zu, damit wir anfangen uns wieder nach Gott auszustrecken. Damit wir wie Joel aufruft, wieder anfangen
– Hin-zuhören auf das, was Gott sagt.
– Auf-zuhören das zu tun, was Gott hasst.
– Um-zukehren, um Gott zu ehren.
Nicht immer führt Gericht zur Gottesfurcht und zur Umkehr (Off 16,9+11). Darum folgt für diese Menschen des Endgericht. Nicht weil Gott den Menschen nicht retten wollte, sondern weil der Mensch sich nicht von Gott retten lassen wollte (Jes 30,15; Mt 23,37).
Die edle Gottesfurcht ist die, die uns die Gnade Gottes lehrt. Man kann eben Furcht von zwei Seiten betrachten.
Furcht und Angst -> Gericht <- Ehrfurcht und Respekt
Gott ist zu fürchten, denn er ist furcht-bar gerecht, furcht-bar heilig, furcht-bar gnädig.
Frucht und Angst vor Gott ist wegen des Endgerichtes berechtigt, denn das Gericht wird furchtbar. Ehrfurcht und Respekt vor Gott ist wegen des Gerichtes am Kreuz begründet, denn Gnade hat mich vor dem Endgereicht befreit. Die Gottesfurcht führt zur Liebe und zum freien Gehorsam (1Joh 4,18). Augustinus sagte mal: „Gottesfurcht ist Arznei, Gottesliebe Gesundheit.“
2. Verstehen, worum es geht
2.1 Hinweise für hermeneutische Überlegungen (Auslegung)
Wie in vielen anderen prophetischen Texten auch, ist es eine Herausforderung, die Aussagen in ihrem wörtlichen und/oder bildhaften Sinn zu erfassen.
- So kann die Heuschreckenplage wörtlich verstanden werden und gleichzeitig ein Bild auf eine feindliche, anrückende Heeresmacht sein.
- Der „Tag des HERRN“ ist ein fester Begriff in der Bibel, der Gottes Eingreifen, Gericht und Wiederherstellung beinhaltet. Wobei „Tag“, in der Vielzahl der Beschreibungen sich nicht auf einen 24Std/Tag beziehen kann, sondern auf eine Zeitspanne.
- Zion und Jerusalem sind wörtlich zu verstehen und meinen die irdische Stadt in Israel, gleichsam ist sie ein Bild auf die göttliche Zufluchts- und Wohnstätte.
Es ist immer zuerst der wörtliche und historische Sinn dem bildhaften vorzuziehen. Gott verdeutlicht in der Prophetie durch die reale historische und zukünftige Geschichte des Volkes Israels die geistlichen Wahrheiten.
2.2 Hinweise für situative Überlegungen (Predigtanlass)
Nutze ein gegenwärtiges Ereignis, das alle Zuhörer betrifft und wende es auf den Bibeltext an. Z. Bsp:
Leben angesichts des Klimawandels – was, wenn ein Weltuntergang zu fürchten ist?
Wir erleben gegenwärtig eine große Aufmerksamkeit auf die veränderten Naturereignisse. Der besorgniserregende Klimawandel lässt die Menschen angesichts zunehmender Naturkatastrophen und lebensbedrohlicher Veränderungen in Angst und Furcht versetzen. Die drohende Klimakatastrophe bewegt die Meschen zum Hinhören, zum Aufhören und Umkehren. Menschen fangen an umzudenken und ihre Lebensgewohnheiten nachhaltig anzupassen. Was doch Furcht auch Positives bewirken kann.
Was, wenn der Mensch angesichts des Gerichtes anfangen würde Gott wieder zu fürchten? Was würde Positives durch gelebte Gottesfurcht im persönlichen Leben aber auch in der Gesellschaft verändern können.
2.3 Hinweise für homiletische Überlegungen (Anwendung)
- Nutzen wir die gesellschaftlichen oder weltumspannenden Ereignisse, um die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu bekommen? Die Bibel spricht in unsere Zeit, in die Zeit jeder Generation.
- Erzählen wir Gottes Botschaft der nächsten Generation. Wir haben einen Auftrag, unseren Nachkommen die Geschichte und den Plan Gottes mit dieser Welt kundzutun (2Mo 10,2; 5Mo 6,7). Auch den Kindern und Kleinkindern (Joel 2,16).
- Verstehen wir die Zeichen der Zeit zu erkennen. Es braucht Nüchternheit. Die Heuschreckenplage war nicht der „Tag des Herrn“. So wenig wie eine Pandemie – aber die Folgen berühren ansatzweise alle Bereiche des Lebens, führen zum Stillstand, rauben Lebensfreude – aber wachen wir auf?
- Erkennen wir den verlorenen Zustand und die Endlichkeit der Welt und unseres Lebens. Ein Hilferuf zur Rettung setzt doch auch ein Bewusstsein des Verlorengehens voraus.
- Gott macht den Menschen nicht Angst, sondern das Gericht ist zurecht beängstigend. Gott ist zu fürchten, weil er Gott ist. Und lieber kommt jemand aus Angst vor dem Gericht zum Glauben an Gott, als dass er furchtlos und sorglos dem Gericht und der Hölle entgegen geht. Das war, was Amos anklagte (Amos 6,1).
- Wir Christen sollen Menschen warnen und Alarm schlagen vor dem Gericht Gottes. Wie eine Rettungsmannschaft, welche die Bewohner vor dem Einsturz des Wohnhauses warnt und wo möglich Rettung und Hilfe anbietet.
- Es gibt eine gesunde Gottesfurcht, die von der Gnade lebt und zum Gehorsam bewegt. Diese ist zu unterscheiden von der getriebenen Gottesfurcht, die aus der Angst vor dem Gericht lebt.
- Der Tag des Herrn, an dem der Zorn Gottes den Sohn am Kreuz für meine Schuld traf, lehrt mich Gottesfurcht. Denn diese Gnade hat mich Furcht gelehrt. Gott ist gerecht, weil er meine Sünde straft und Gott ist gnädig, weil er sich für mich gab – das lehrt mich, hinzuhören, aufzuhören und umzukehren.
3. Sagen, wo es hingeht
3.1 Predigtziel – warum halte ich diese Predigt?
Die Zuhörer sollen Gott als den allmächtigen Schöpfer und Retter erkennen. Wir wollen Menschen keine Angst vor Gott machen, aber ihnen erklären, dass Gott zu fürchten, zu ehren und zu respektieren ist. In diesem positiven Sinne ist Gott zu fürchten. Wer aber Jesus nicht als Retter sieht, der hat Gott erst recht zu fürchten, denn Gottes Gericht wird schrecklich sein. Somit wollen wir dieses furchtbare Gericht und diese furchtbare Gnade den Zuhörern vor Augen stellen.
3.2 Predigtthema – was sage ich in dieser Predigt?
Wir leben angesichts des Gerichtes Gottes. Der HERR wird einmal wieder sichtbar erscheinen. Für die Seinen als Retter, für die Feinde als Richter. Dann werden alle, Gottes furchtbare Gnade erkennen, wenn er die Seinen zu sich nimmt und vor dem Gericht bewahrt und alle anderen werden Gottes furchtbares Gericht erleben, weil sie Gott nicht fürchteten und nicht auf ihn hörten und ihm vertrauten und nicht zu ihm umkehrten.
3.3 Predigtentfaltung – wie sage ich es in dieser Predigt?
1,1-4 Hin-hören: Das Gericht Gottes ist da!
1,8-12 Auf-hören: Das Gericht Gottes kommt!
1,13-20 Um-kehren: Das Gericht Gottes ist nahe!
1.Gott ist erleb-bar – in Leid und Not
2.Gott ist furcht-bar – im Gericht
3.Gott ist wunder-bar – in seinem Kreuz
1.Furchtbar gerecht
2.Furchtbar heilig
3.Furchtbar gnädig
3.4 Predigtveranschaulichungen – wie verdeutliche ich es in dieser Predigt?
Lied: O GNADE GOTTES, WUNDERBAR
O Gnade Gottes, wunderbar
Hast du errettet mich.
Ich war verloren ganz und gar,
war blind, jetzt sehe ich.
Die Gnade hat mich Furcht gelehrt
und auch von Furcht befreit,
seitdem ich mich zu Gott bekehrt
bis hin zur Herrlichkeit.
Durch Schwierigkeiten mancher Art
wurd’ ich ja schon geführt,
doch hat die Gnade mich bewahrt,
die Ehre Gott gebührt.
Wenn wir zehntausend Jahre sind
in seiner Herrlichkeit,
mein Herz noch von der Gnade singt
wie in der ersten Zeit.
John Newton, 1779 (Amazing Grace).
Zitate:
Gottesfurcht ist Arznei, Gottesliebe Gesundheit. (Aurelius Augustinus)
Unser Thema ist Gottesfurcht, nicht Weltangst. (Peter Hahne)
Wettangst nimmt ab, wo Gottesfurcht wächst. (Peter Hahne)
Gottesfurcht ist nichts anderes als Gottesdienst. (Martin Luther)
(Klaus Eberwein)