Johannes

Predigthilfe vom 31. Januar 2021 – Johannes 15, 9-17

Jahresthema:Für ein gutes MITEINANDER
Predigtthema:Einander lieben
Predigttext:Joh 15,9-17
Autor:Tobias Schurr

Die Erarbeitung dieser Predigt erfordert etliche Stunden an Vorbereitung. Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe deshalb Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht euer eigenständiges Erarbeiten des Bibeltextes. Bei der Vorbereitung dieser Predigt suchen wir nach dem, was der Herr über den Predigttext durch uns sagen will, denn wir verkündigen nur die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufs Herz gelegt wird. Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!

1 Überblick über das Jahresthema 2021

Ein gutes Miteinander, wer wünscht sich das nicht? Eine Gemeinschaft, die unser Leben bereichert, belebt und stärkt, wollen wir doch alle. Gott hat uns Menschen so geschaffen, dass wir auf Gemeinschaft angelegt sind. Und obwohl wir uns nach Gemeinschaft sehnen und auch auf Gemeinschaft hin gemacht sind, erleben wir, dass menschliche Gemeinschaft sehr zerbrechlich ist und sehr leicht gestört oder sogar zerstört werden kann. Diese Herausforderung sehen wir auch im Miteinander von Christen in der Gemeinde und es ist aus diesem Grund immer wieder sehr wichtig darüber nachzudenken, wie Gemeinschaft gelingen kann, wie unser Miteinander von Gott geprägt, immer mehr wachsen kann.

In der Bibel sehen wir, dass es Gott ein großes Anliegen ist, dass seine Kinder in seinem Sinne Gemeinschaft leben und er gibt uns viele Aufforderungen, wie Miteinander gelingen kann. In unserem Jahresthema wollen wir im Jahr 2021 (jeweils am letzten Sonntag des Monats) dieses Miteinander bedenken und uns von Gott prägen lassen. Unser großer Wunsch ist es, dass unsere Gemeinden dadurch gemeinsam in ihrer Beziehung zu Jesus und auch in ihrer Beziehung zueinander wachsen. Und wir beten, dass durch die Art wie sie miteinander leben auch für andere immer mehr sichtbar wird, welcher Herr sie zusammengeführt hat.

Umrahmt wird dabei unser Jahresthema von der großen Aufforderung, die Jesus seinen Jüngern mitgibt (Joh 15) und die auch Paulus aufgreift (Röm 13,8-10), dass wir uns als Kinder Gottes untereinander lieben sollen (Januar & Dezember). Unter diesem Oberthema lassen sich schlussendlich alle anderen Themen, die wir unter dem Jahresthema behandeln, zusammenfassen. Die Liebe, die Jesus auf unvergleichliche Weise vorgelebt hat ist eine Liebe, die bereit ist, sich für den anderen hinzugeben. Eine Liebe, die ein großes Zeugnis für unseren Gott ist.

  • Diese Liebe äußert sich zunächst darin, dass wir als Kinder Gottes bereit sind, uns gegenseitig in Liebe anzunehmen (Februar), weil wir wissen, dass Christus derjenige ist, der uns in Liebe angenommen hat.
  • Weiter zeichnet sich dieses Miteinander in Liebe dadurch aus, dass Kinder Gottes bereit sind einander zu dienen (März). Auch dies hat Jesus vorgelebt und war bereit sein Leben als Lösegeld für uns zu geben.
  • Ein liebevolles Miteinander lebt auch davon, dass wir aufeinander achten und uns dazu ermuntern im Glauben wirklich dran zu bleiben (April) und in der Heiligung zu leben.
  • Für eine gute Gemeinschaft ist es zudem wichtig unnötige Konflikte zu vermeiden und sorgfältig darauf zu achten, andere nicht auf falsche Weise zu provozieren (Mai).
  • Echtes Miteinander unter Glaubensgeschwistern lebt auch davon, dass wir füreinander im Gebet einstehen (Juni), weil wir genau wissen, wie abhängig wir alle davon sind, dass unser Herr uns führt, leitet und bewahrt.
  • Zu diesem füreinander einstehen, gehört natürlich auch, dass wir als Kinder Gottes umeinander wissen, die Verbindung zueinander suchen und so als Nachfolger Jesu eine Einheit bilden (Juli).
  • Weil wir auch als Christen immer wieder untereinander schuldig werden, ist auch das Thema Vergebung ein sehr wichtiger Grundstein für ein gutes Miteinander (August). Auch hier haben wir in Jesus Christus ein großes Vorbild, was Vergebung bedeutet. Und gleichzeitig ist Jesus derjenige, der echte Vergebung erst ermöglicht, weil er für unsere Schuld am Kreuz gestorben ist.
  • Geistliches Miteinander beinhaltet auch, dass wir lernen uns in eine geistliche Gemeinschaft einzuordnen. Dazu gehört, dass wir verstehen, wie Gott sich das Miteinander unter seinen Kindern vorgestellt hat und die Bereitschaft sowohl demütig Verantwortung zu übernehmen wie auch sich auf eine gute geistliche Weise unterzuordnen (September).
  • Das Leben als Christ ist kein Sprint, sondern eher ein Langstreckenlauf, bei dem es immer mal wieder auch Durststrecken gibt. Auch hier braucht es ein gutes geistliches Miteinander, um uns immer wieder zu einem Leben in der treuen Nachfolge anzuspornen und nicht müde zu werden die Liebe Gottes in die Welt zu tragen (Oktober).
  • Geistliche Durststrecken und Herausforderungen können immer wieder auch entmutigend sein und auch hier ist es ein Geschenk Gottes, dass er uns als Glaubensgeschwister zusammengestellt hat. So können wir uns gegenseitig ermutigen die richtige Ausrichtung zu behalten und den Blick auf Jesus, auf sein Werk und auf seine Wiederkunft nicht zu verlieren (November).

Schlussendlich bleibt die Liebe, das Oberthema, das unser Miteinander zusammenhält. Wenn wir aus der Liebe Jesu leben, wenn seine Liebe unser Leben prägt, wird dies auch in einem guten Miteinander unter Glaubensgeschwistern, in der Liebe zueinander sichtbar werden. Bildlich dargestellt könnte das Thema so aussehen: Unser „Miteinander“ ist eine Frucht mit verschiedenen Beeren, die sich ergänzen und von denen jede einzelne sehr wichtig ist. Im Laufe des Jahres werden wir die einzelnen Beeren nacheinander betrachten.

Eine PowerPoint-Vorlage mit der Grafik findet ihr unter: https://christusbund.sharepoint.com/:p:/s/medien/EQTQFa12LktBqBCcQsW9qmcBi9et5hf-ZzzoObTt-zou1g?e=Xauf41

2 Erklärung zum Bibeltext (Joh.15,9-17)

2.1 Hinweise zum Textverständnis

Unser Predigttext ist der zweite Teil des Abschnittes, in dem Jesus über sich als den wahren Weinstock redet. Jesus hat in den ersten Versen des Kapitels (Vers 1-8) erklärt, dass geistliches Leben nur in der Verbindung zu ihm gelingen wird. Wer mit Jesus lebt, der wird geistliche Frucht zur Ehre Gottes bringen, wer nicht, wird geistlich unweigerlich vertrocknen.

In den folgenden Versen führt Jesus nun aus, wie die Liebe Jesu und die Liebe zu Jesus das Miteinander unter seinen Nachfolgern prägen soll.

Vers 9:
Die Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn wird in Johannes 13-17 mehrmals als Paradigma für die Beziehung zwischen Jesus und seinen Jüngern herangezogen. Auch in unserem Abschnitt dient die Liebe zwischen Vater und Sohn als Vorbild für die Liebe zwischen Jesus und den Jüngern und damit schlussendlich auch als Vorbild für die Liebe zwischen den Jüngern. Die Aufforderung: „Bleibt in meiner Liebe“ bindet unseren Abschnitt mit den Versen über Jesus als den wahren Weinstock ganz eng zusammen. Jesus nimmt uns mit dieser Aufforderung in unsere Verantwortung mit hinein. Gottes Liebe ist und bleibt ein Geschenk der Gnade und dennoch haben wir als Nachfolger Jesu den Auftrag in dieser Liebe zu bleiben und Jesus wird uns im Folgenden zeigen, was zum Bleiben in seiner Liebe dazugehört.

Vers 10:
Es ist sehr wichtig, dass wir wahrnehmen, wie selbstverständlich Jesus Gehorsam als einen Ausdruck der Liebe ansieht und auf seinen Gehorsam gegenüber dem Vater verweist. Damit zeigt Jesus, dass er unter Gehorsam mehr versteht als nur ein äußerliches Halten von frommen Pflichten. Es geht ihm um die liebevolle Zustimmung zu Gottes Ordnungen und das liebevolle Ringen darum Gott Ehre zu machen, durch ein Leben, das seinen Maßstäben entspricht. Wenn wir Joh 14,15 hinzunehmen dann sehen wir, dass die Liebe zum Gehorsam führt und gleichzeitig eben, wie Jesus in Vers 10 deutlich macht, echter Gehorsam uns in der Liebe Christi hält. Der Maßstab für diese Liebe und diesen Gehorsam ist niemand anderes als
Jesus selbst.

Vers 11:
Jesus hat seinen Jüngern schon seinen Frieden (14,27) und seine Liebe (15,10) zugesagt und fügt hier noch seine Freude dazu. Jesus widerspricht damit direkt der Annahme, dass Gehorsam eine freudlose, gezwungene Angelegenheit ist. Nein, echter geistlicher Gehorsam führt zu wahrer geistlicher Freude. Jesus hat das Ziel, dass seine Nachfolger genau diese Freude erleben dürfen, eine Freude die weit über all die unvollkommenen Freuden hinausgeht, die unsere Welt anbietet. Es ist Gottes Freude, die Jesus uns schenkt und damit unsere Freude erfüllt.

Vers 12:
Jesus wendet nun sein Augenmerk auf die Beziehung zwischen den Jüngern und unterstreicht, dass die Beziehung zwischen Jesus und den Jüngern und die Beziehung unter den Jüngern nicht voneinander zu trennen ist. Jesus baut hier eine unzertrennbare Liebeskette auf. Liebe zu Gott, ist Liebe zu Gottes Sohn. Sie äußert sich im Gehorsam gegenüber Gottes Liebesgebot und damit besonders in der Liebe zu anderen Gläubigen (vgl. 1.Joh 4,11-21 & 1.Joh 3,16).

Vers 13:
In Vers 13 nimmt uns Jesus mit hinein in seinen eigenen Liebesweg, den er auf der Erde für uns bis ans Kreuz gegangen ist. Gottes vollkommene Liebe zeigt sich darin, dass Gottes Sohn sein Leben für uns Menschen gibt. Und damit zeigt Jesus, wie hoch der Anspruch liegt, wenn er seine Jünger in Vers 12 auffordert einander so zu lieben, wie er uns geliebt hat. Hier wird absolut deutlich, dass wir diese Herausforderung niemals aus eigener Kraft leben können. Gott selbst muss uns durch seinen Geist mit dieser Liebe ausrüsten und uns befähigen, einander in seinem Sinne zu lieben, womit wir wieder beim Bild der Weinrebe sind, die ohne die Verbindung zum Weinstock nichts tun kann.

Vers 14:
Mit diesem Satz bringt Jesus auf wunderbare Weise auf den Punkt, wie nahe wir ihm sein dürfen, und dass er gleichzeitig der allmächtige Gott bleibt. Jesus ist der Herr, der uns zu seinen Freunden erklärt, der aber nicht aufhört unser Herr zu sein, und deshalb Gehorsam als Kennzeichen für die Freundschaft einfordern kann. Es ist wichtig, dass wir diese Asymmetrie verstehen. Es geht nicht um eine Freundschaft auf Augenhöhe, wie wir sie zwischen Menschen finden.

Gott bezeichnet in der Bibel Menschen als seine Freunde, z.B. Abraham (Jak 2,23), Mose (2.Mose 33,1) oder Lazarus (Joh 11,11), aber interessanterweise lesen wir in der Bibel nirgends, dass Gott sich als unser Freund bezeichnen würde. Gott ist viel mehr. Nach den Maßstäben, die für Freundschaft gelten, ist Jesus der beste, treueste und wahrste Freund, den man sich vorstellen kann. Aber darüber hinaus ist er unser Herr, der uns von ganzem Herzen liebt und dem wir Gehorsam schuldig sind.

Vers 15:
Was prägt das Verhältnis von einem Sklaven zu seinem Herrn. In unserem heutigen Denken steht hier die Gehorsamsfrage im Zentrum. Ein Sklave ist seinem Herr Gehorsam schuldig. Wenn Jesus hier Sklaverei und Freundschaft gegenüberstellt, kommt er von einer ganz anderen Seite. Auch als Jesu Freunde, vielleicht sogar gerade als Jesu Freunde sind wir zum Gehorsam verpflichtet. Jesus beschreibt den Unterschied zwischen Sklaven und Freund auf einer ganz anderen Ebene. Als Freunde Gottes schenkt uns Gott Einblick in sein Wirken. Dies sehen wir im Alten Testament bei Abraham und Mose, denen Gott besondere Einblicke in seinen Plan gegeben hat. Jesus gibt seinen Jüngern wunderbaren Einblick in Gottes Heilsplan, er schenkt, dass sie ihn selbst mehr und mehr erkennen dürfen. In Kontext unseres Predigttextes kündigt Jesus den Heiligen Geist an, den Tröster, der die Jünger in die ganze Wahrheit leiten wird (Joh 14,26, Joh 16,13) ein Vorrecht, das Nachfolger Jesu von allen Gläubigen des Alten Bundes unterscheidet (vgl. 1.Petr 1,10-12).

Vers 16:
Wir sind Freunde von Jesus! Diese Überzeugung könnte die Jünger sehr leicht stolz machen, im Blick auf die Vorzüge, die sie haben. Jesus erinnert die Jünger deshalb sogleich daran, dass sie es sich nicht verdient haben ein Freund Gottes zu sein, sondern dass Jesus sie erwählt. Außerdem macht Jesus sehr deutlich, dass mit dem Vorrecht „Freund Gottes“ zu sein eine große Verantwortung mit einhergeht. Gerade wenn Jesus von bleibender Frucht spricht, sehen wir, dass er hier sicherlich Menschen im Blick hat, die durch den Dienst der Jünger zum Glauben kommen. Die Liebe der Jünger untereinander soll also nicht dazu führen, dass sie einen geschlossenen, exklusiven Kreis führen soll. Vielmehr sollen sie eine Liebesgemeinschaft bilden, die durch Christus verbunden ist und das große Ziel hat, dass andere in diese Gemeinschaft mit Christus und damit auch mit seinen Nachfolgern hineinfinden. Doch auch dieses „Fruchtbringen“ ist keine Leistung der Jünger, sondern schlussendlich eine Gabe des himmlischen Vaters, den wir bitten dürfen und sollen (vgl. Joh 14,13f)

Vers 17:
Schließlich wiederholt Jesus noch einmal das Gebot, das er schon in Vers 12 ausgesprochen hat, was unterstreicht, wie wichtig ihm diese Aufforderung an seine Jünger ist.

2.2 Weitere Hilfen zum Verständnis des Predigttextes

Hilfen zur Auslegung bieten z.B.

  • Maier, Gerhard. Johannes Evangelium (Edition C Bibelkommentar)
  • Lüthi, Walter. Johannes – das vierte Evangelium.
  • De Boor, Werner. Das Evangelium des Johannes (Wuppertaler Studienbibel)

3 Erklärungen zum Thema (Einander Lieben)

3.1 Einander lieben – Welche Folgen hat es, wenn wir uns daran orientieren?

  • Die Aufforderung Jesu, dass Glaubensgeschwister einander lieben sollen ist in unserem Abschnitt sehr deutlich geworden und die Worte Jesu zeigen uns, dass die Liebe zu unseren Glaubensgeschwistern ganz eng mit unserer Liebe zu Gott zusammenhängt.
  • Die Liebe untereinander in der Gemeinde ist deshalb auch ein Indikator dafür, wie es um unsere Beziehung zu Gott bestellt ist.
  • Liebevolle Beziehungen zu Glaubensgeschwistern stärken unser Glaubensleben, da die Liebe Jesu uns gegenseitig dazu anspornt, andere im Glauben zu unterstützen.
  • Ein liebevolles Miteinander in der Gemeinde verhindert falsche Gruppenbildungen und schafft Offenheit gerade auch auf die zuzugehen und uns um die zu kümmern, die eher am Rande stehen oder neu zur Gemeinde hinzukommen.
  • Dort wo die Liebe Jesu unser Miteinander prägt, wird eine Sehnsucht da sein, miteinander Gottes Willen zu entdecken und zu tun und gemeinsam mit Gott Gemeinschaft zu haben.
  • In Joh 13,35 erklärt Jesus, dass die Liebe zwischen den Nachfolgern Jesu auch ein Zeugnis für die Menschen außerhalb der Gemeinde ist.

3.2 Einander lieben – Was sind die Konsequenzen, wenn wir uns nicht daran orientieren?

  • Auch hier müssen wir uns wieder vor Augen führen, wie eng in Gottes Wort unsere Liebe zu den Geschwistern und unsere Liebe zu Gott in Beziehung gesetzt wird. Wo zwischen Glaubensgeschwistern in der Gemeinde die Liebe fehlt, müssen wir immer auch hinterfragen, wie es denn um die Beziehung zu Gott bestellt ist.
  • Wo die Liebe untereinander fehlt wird sich dies auch ganz praktisch im Gemeindeleben erkennen lassen. Schlussendlich wird es dazu führen, dass Menschen in der Gemeinde vereinsamen, dass Misstrauen zwischen Glaubensgeschwistern entsteht, dass Streit eben nicht bereinigt, sondern irgendwie akzeptiert wird. Es besteht die Gefahr gegenüber den Glaubensgeschwistern gleichgültig, oder sogar hartherzig und rechthaberisch zu werden.
  • Schlussendlich wird die fehlende Liebe das ganze Gemeindeleben zu einer oberflächlichen Religiosität verkümmern lassen. Gerade die Gemeinde in Ephesus, der Jesus in Offb 2 einen Brief zukommen lässt, kann hierfür ein warnendes Beispiel sein.

3.3 Einander lieben – Worin liegen die Schwierigkeiten bei der Umsetzung?

  • Fehlende Liebe ist ein Kennzeichen unserer gefallenen Welt. In der Endzeitrede sagt Jesus voraus, dass aufgrund der Gesetzlosigkeit die Liebe in vielen erkalten wird (Mt 24,12).
  • Es sind die typischen Auswirkungen der Sünde, Egoismus, Trägheit, Neid, Lüge, … die es immer wieder schwer machen einander von Herzen zu lieben.
  • Wer bereit ist andere zu lieben macht sich selbst verletzlich, weil Liebe auch hintergangen, enttäuscht oder ausgenutzt werden kann. Doch echte Liebe kann nur mit offenen Armen gelebt werden.
  • Eine große Schwierigkeit im Blick auf das „einander lieben“ scheint mir auch darin zu bestehen, dass unsere Blickrichtung oft nicht stimmt. Wir schauen zu sehr auf unsere eigenen Fähigkeiten oder auf die Liebenswürdigkeit der anderen. In Joh 15 zeigt uns Jesus aber, dass der Blickwinkel ein anderer sein sollte. Wir sind aufgefordert seine Liebe im Blick zu haben. Die Blickrichtung muss Jesus sein, nicht die Fähigkeit oder die Liebenswürdigkeit des Mitchristen.

3.4 Einander lieben – Wie geht unsere Gesellschaft damit um?

  • Die große Herausforderung scheint mir hier darin zu bestehen, dass unter dem Wort Liebe alles Mögliche verstanden wird. Liebe wird oft mit verliebt sein, mit empfundener Attraktivität oder sexueller Anziehung gleichgesetzt.
  • Oft wird dabei davon ausgegangen, dass Liebe einem selbst etwas bringen muss, in dem Sinne, dass die eigenen Bedürfnisse dadurch gestillt werden. Wenn eine Liebesbeziehung mir nichts bringt, dann wird sie beendet. Der Charakter der Hingebung, der im biblischen Verständnis von Liebe ganz zentral ist, wird oft übersehen.
  • Gerade durch diese unterschiedliche Verwendung von Liebe, müssen wir als Nachfolger Jesu immer wieder ganz genau schauen, was Gott denn meint, wenn er von Liebe redet und wie uns diese Liebe in der Bibel und insbesondere durch Jesus vorgelebt wird.

4 Veranschaulichungen

4.1 Einander lieben – Wie hat Jesus uns „einander lieben“ vorgelebt?

Im Blick auf das Thema Liebe können wir viele Ereignisse im Leben von Jesus anführen, in denen er gezeigt hat, was Liebe bedeutet und wo er es eben seinen Jüngern vorgelebt hat.

Hier nur 2 Beispiele:

  • Als die Ehebrecherin (Joh 8) zu Jesus gebracht wird, sehen wir, wie liebevoll Jesus mit dieser Frau umgeht. Er schützt sie vor der aufgebrachten Menge. Er zeigt uns Menschen, dass wir im Blick auf die Sünde und im Gegensatz zu ihm alle in einem Boot sitzen. Jesus ist der Einzige ohne Sünde, der den ersten Stein hätte werfen können. Jesus schützt die Frau und gleichzeitig macht er ihr deutlich, dass sie in ihrem Leben Umkehr braucht. Er fordert sie auf nicht mehr zu sündigen.
  • Jesu Liebe sehen wir auch in seine Vergebungsbereitschaft Petrus gegenüber, den er in den Dienst seiner Gemeinde ruft, obwohl Petrus ihn dreimal verleugnet hat (Joh 21,15-19).

4.2 Einander lieben – Welche weiteren Beispiele finden wir in der Bibel?

  • Die Liebe von Rut zu ihrer Schwiegermutter Noemi
  • Die Liebe von Josef zu seinen Brüdern trotz ihrer Schuld (1.Mose 50,15ff)
  • Die Liebe von Paulus und Epaphroditus zur Gemeinde in Philippi (Phil 1,1-11; 3,25-30)
  • Die Liebe und Einheit der ersten Gemeinde (Apg 2,42-47; 4,32-37)
  • u.v.a.

4.3 Einander lieben – Was lehrt uns das über die Gemeinde?

  • Gemeinde Jesu lebt von Liebe. Sie ist Jesu geliebte Braut, die er sich aus Liebe erworben hat.
  • Die Gemeinde lebt in der Liebe zu ihrem Herrn und in der Liebe der Geschwister untereinander. Wie umfassend wir dies verstehen müssen sehen wir im sogenannten Hohelied der Liebe (1.Kor 13). Dort zeigt Paulus auf eindrückliche Weise, dass ohne Liebe alles andere wertlos wird. Ohne Liebe ist geistliches Miteinander nicht möglich.
  • Auch wenn es um das missionarische Zeugnis der Gemeinde geht, ist Liebe entscheidend wichtig (Joh 13,35).

5 Anwendung

5.1 Wie werden wir von Jesus ausgerüstet um „einander zu lieben“?

  • Wenn wir uns fragen, wie wir dieses Gebot Jesu leben können, dann ist es entscheidend von dem auszugehen, was Jesus in unserem Leben gewirkt hat.
    • Er hat uns zuerst geliebt. Als wir noch Sünder waren ist er für unsere Schuld gestorben. (Röm 5,8). Von dieser Liebe Gottes ist unser Leben und unser Lieben völlig abhängig (1.Joh 4,19).
    • Durch seinen Heiligen Geist wirkt Jesus geistliche Frucht in unserem Leben. (Gal 5,22) Der Heilige Geist befähigt uns in Übereinstimmung mit Gottes Willen zu leben.
    • Jesus bricht die Macht der Sünden in unserem Leben. Wir stehen nicht mehr unter der Herrschaft der Sünde (Röm 6,26-28).

5.2 Was sollen wir in unserem Leben unternehmen?

  • Die oben beschriebene Abhängigkeit von Jesus macht deutlich, wie unser Einsatz bzw. unsere Verantwortung im Blick auf die Liebe aussehen muss.
  • Wir sind von Jesus ganz klar beauftragt unsere Glaubensgeschwister zu lieben. Dort wo wir erkennen, dass diese Liebe in unserem Leben fehlt, sollten wir zu Jesus umkehren, und ihn darum bitten, dass die Liebe zu unseren Glaubensgeschwistern neu in uns wächst.
  • Gerade das Gebet für andere führt immer wieder dazu, dass die Liebe zum anderen wachsen kann.
  • Eine Hilfe kann auch sein, was Jesus von der Gemeinde in Ephesus fordert, die die erste Liebe verlassen hat: Offb 2,5 Denke nun daran, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke!

6 Sagen, wo es hingeht

6.1 Predigtsituation – wann halte ich diese Predigt?

Mit der Predigt wird die Reihe der Jahresthemenpredigten 2021 eröffnet. Durch die verschiedenen Themen unter dem Stichwort „einander“ soll die Gemeinschaft innerhalb der Gemeinde besonders in den Blick genommen und gefördert werden. Das Thema „einander lieben“ bildet die Grundlage, auf der die anderen Themen aufbauen. Gerade in der gegenwärtigen Situation, in der das Ausleben von Gemeinschaft durchaus erschwert ist, wollen wir uns von Gottes Wort herausfordern lassen, das Miteinander besonders im Blick zu behalten.

6.2 Predigtziel – warum halte ich diese Predigt?

Die Hörer sollen erkennen, wie grundlegend wir von Jesus dazu aufgefordert sind, unsere Glaubensgeschwister zu lieben. Sie sollen ermutigt werden, mit ganzer Kraft und ganzer Hingabe an Jesus nach dieser Liebe zu streben.

6.3 Predigtthema – was sage ich in dieser Predigt?

Einander lieben

6.4 Predigtentfaltung – wie sage ich es in dieser Predigt?

a) Das Vorbild echter Liebe – die Liebe zwischen Vater und Sohn

b) Die Befähigung zu echter Liebe – die Liebe Jesus in uns

c) Der Auftrag zu echter Liebe – liebt einander

7 Hilfen zum Bibelgespräch

Warm-up-Runde (Möglichkeiten)

  • Wie hast du heute/in dieser Woche/… Liebe erlebt?
  • Was würdest du sagen: „Liebe ist…“?

Fragen zur Texterarbeitung (Möglichkeiten)

  • Was ist der Schlüsselvers im Abschnitt?
  • Wie kommt das Thema im Text-Abschnitt vor?
  • Ist das Thema zentral? Ist es eher eine Nebenbemerkung?
  • Wie kommt das Thema im Evangelium/Brief/… vor?

Fragen zum Thema/zur Veranschaulichung/zur Anwendung (s.o.)

  • Einander lieben – Welche Folgen hat es, wenn wir uns daran orientieren?
  • Einander lieben – Was sind die Konsequenzen, wenn wir uns nicht daran orientieren?
  • Einander lieben – Worin liegen die Schwierigkeiten bei der Umsetzung?
  • Einander lieben – Wie geht unsere Gesellschaft damit um?

Schluss-Runde (Möglichkeiten)

  • Wo würdest du jetzt ein Ausrufezeichen setzen?
  • Mit wem musst du jetzt über was reden?
  • Was willst du jetzt Jesus sagen?
  • Was willst du ab sofort anders machen?
  • Was ist jetzt dran für dich?