Esra

Predigthilfe vom 3. Januar 2021 – Esra 1-2

Predigtthema:         Gott lenkt die Geschichte -und schenkt dem Volk ein Zuhause

Die Erarbeitung dieser Predigt erfordert etliche Stunden an Vorbereitung. Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe deshalb Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht euer eigenständiges Erarbeiten des Bibeltextes. Bei der Vorbereitung dieser Predigt suchen wir nach dem, was der Herr über den Predigttext durch uns sagen will, denn wir verkündigen nur die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufs Herz gelegt wird. Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!

  1. Sehen, was dasteht

Verschiedene Bibelübersetzungen um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 1984 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Neue Genfer Übersetzung / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung).

1.1 Allgemeine Hinweise zum Predigttext

Wir starten an diesem Sonntag in die Predigtreihe zu Esra. Zum Start der Predigtreihe ist es wichtig, sich als Prediger mit den Einleitungsfragen zu Esra zu beschäftigen (auch wenn sicher nicht alles davon nachher für eine Predigt geeignet ist). Die historische Einordnung ist aber gerade auch für den Predigthörer sehr hilfreich. Alle Einleitungsfragen behandele ich unter 1.2.

Da wir einen langen Predigttext haben (Esra 1-2), kann dieser nur in Auszügen behandelt werden. Ein Schwerpunkt lässt sich am besten auf Kapitel 1 legen, möglicherweise kann man von Esra 2 die Verse 1-2 und den Schlussvers lesen.

Die exegetischen Hauptfragen, die zu klären sind, sind in diesen zwei Kapiteln zum einen: Wer ist Scheschbazar? Die gleiche Person wie Serubbabel, sein Onkel oder eine andere Person, die ähnliche Aufgaben wie Serubbabel hatte?

Zum anderen: Wie sind die Unterschiede bei der Auflistung in Esra 2 und Nehemia 7 zu erklären? Beide Fragen werden unter 1.3, der biblisch-theologischen Auslegung, behandelt.

1.2 Einleitung zum Buch Esra

Im Januar und Februar beschäftigen wir uns in der Predigtreihe mit dem Buch Esra. Bevor ich mit der ersten Predigthilfe zu Esra starte, möchte ich die Einleitungsfragen zum Buch darstellen. Als Grundlage dafür nehme ich vor allem die Einleitung von Helmuth Egelkraut zum Alten Testament, aber auch die Einleitungen in unten aufgeführten Kommentaren. Die Ergebnisse der Einleitungsfragen sollten dann beim Predigen und Auslegen entsprechend berücksichtigt werden. Der Schwerpunkt liegt natürlich auf den Einleitungsfragen zum Buch Esra, aber da Esra und Nehemia höchstwahrscheinlich ursprünglich ein Werk waren, lassen sich die Fragen zu Nehemia nicht ganz trennen.

Text und Versionen: Was ist das „Buch Esra“?

  1. Esra und Nehemia waren ursprünglich ein Werk

Gegen diese These könnte man anführen, dass Neh 1,1 mit einer typischen Buchüberschrift anfängt: „Dies ist die Geschichte Nehemias, des Sohn Hachaljas.“ Es gibt allerdings einige Gründe, die für die Einheit der beiden Bücher sprechen, die von den meisten angenommen wird:

  • Inhaltlich: Die sogenannten Memoiren Esras, die in Esra 7-10 beginnen, werden in Neh 8-10 zu Ende geführt.
  • Im Masoretischen Text, der Hauptquelle für die hebräischen Schriften im Alten Testament, werden die beiden Bücher als eines angesehen. Zum einen fehlt dort die Schlussmasora am Ende von Esra, die normalerweise am Ende eines Buches gesetzt wird. Zum anderen wurde dort immer der Mittelvers des Buches markiert, der entsprechend in Neh 3,22 ist.
  • Sowohl bei Josephus als auch im Talmud wird nur ein Buch Esra benannt, wo vermutlich Nehemia dazu gehörte.
  • In den frühsten hebräischen und griechischen Schriften werden die beiden Bücher als eines behandelt.

Warum ist das Esra-Werk dann heute zerteilt?

Der erste Beleg für eine Zweiteilung von Esra-Nehemia findet sich bei Origenes. In der Vulgata, der lateinischen Übersetzung, die im Mittelalter die meist verwendete Bibel war, sind beide aufgeteilt. Die Gründe für die Aufteilung sind nicht ganz klar, vermutlich hat die erneute Überschrift in Neh 1,1 zu der Aufteilung geführt. Vielleicht hat auch einfach die Größe der Schriftrolle die Teilung des langen Buches notwendig gemacht, wie beispielsweise auch bei 1. und 2. Könige und 1. und 2. Samuel. Allerdings entstand so eine etwas seltsame Trennung, da Neh 8-10 wiederum von Esra handelt.

Das ist zu beachten, auch wenn unsere Predigtreihe nur über das Buch Esra geht – die Esra-Geschichte fängt nicht in Esra 1 an, sondern erst in Esra 7, und geht in Neh noch weiter. Wir behandeln also das Teilbuch Esra des gesamten Werkes, nicht aber die Person Esra als Ganzes.

  1. Das Esra-Werk knüpft an die Chroniken an, ist aber nicht als ein Werk zu sehen

Einige Ausleger gehen einen Schritt weiter und sagen, dass es ein chronistisches Geschichtswerk gab: Die Chroniken, Esra und Nehemia. Es gibt einen klaren inhaltlichen Zusammenhang: Die letzten Verse in 2Chr 36,22-23 ähneln Esra 1,1-4, beide handeln von dem Kyrus-Edikt. Außerdem gibt es den 3.Esra, der Teile davon zusammenführt (siehe unten). Allerdings gibt es keine weiteren Hinweise, die für ein gemeinsames Werk sprechen (auch wenn gut möglich ist, dass Esra auch bei den Chroniken als Autor beteiligt war), deshalb ist aus meiner Sicht nur von einer Anknüpfung auszugehen, die die inhaltlichen Zusammenhänge ausreichend erklären: Der Autor des Esra-Werkes wollte aufzeigen, dass die Geschichte der Chroniken fortgeführt wird.

  • In keinen frühen Schriften werden die Chroniken und Esra+Nehemia als ein Werk betrachtet.
  • Im Gegenteil: Sie sind sogar meist anders angeordnet im Kanon. In der deutschen Bibel folgen Esra und Neh zwar direkt auf 1+2Chr, was inhaltlich Sinn ergibt. Im hebräischen Kanon hingegen sind Neh und Esra (meist) vor den Chroniken, da sie den „Schriften“ zugeordnet sind.
  1. Die Bezeichnungen für das Buch Esra

Aufpassen muss man etwas bei den Bezeichnungen für das Buch Esra. Zum einen ist teilweise von Esra, teilweise von Esdra (griechische Form des Namens, die auch in der Vulgata beibehalten wurde) die Rede – damit ist aber das Gleiche gemeint. Zum anderen gibt es noch weitere Bücher, die Esra betitelt werden und teilweise unterschiedlich nummeriert sind:

In der Vulgata wird unser Buch Esra 1. Esra genannt, unser Buch Nehemia 2. Esra, in der Septuaginta hingegen wird Esra+Nehmia als Esra II bezeichnet. Das 3. Buch Esra im Anhang der Vulgata ist Esra 1 in der Septuaginta. Dieses Buch ist relativ alt und wir zu den Apokryphen gezählt. In deutschen Bibeln, die die Apokryphen enthalten, fehlt es meist, in englischen Bibeln hingegen ist es meist bei den Apokryphen mit eingereiht. Das 3. Buch Esra besteht aus 2Chr 35-36; aus Esra (wo die Reihenfolge der Kapitel 1-4 vertauscht ist und zwei Geschichten eingefügt sind, die in unserem Buch Esra fehlen), sowie aus Neh 7,73-8,12. Der Ursprung von 3. Esra ist nicht ganz geklärt, möglicherweise wollte jemand schon sehr früh die zerteilte Esra-Geschichte zusammenführen.

Zusätzlich gibt es im Anhang der Vulgata noch ein 4. Esra-Buch, das apokalyptisch ist, Visionen enthält und vermutlich erst ca. 100 n. Chr. entstanden ist. Außerdem gibt es noch eine Esra-Apokalypse, die nicht mit dem 4. Buch Esra identisch ist, die im Westen nie eine Rolle spielte, aber die bis heute in der äthiopischen Bibel enthalten ist.

Es ist wichtig zur Unterscheidung die unterschiedlichen Esra-Bücher im Hinterkopf zu haben. Trotzdem ist wichtig zu betonen: Es ist ganz klar, dass Esra und Nehemia als kanonische Schriften anzusehen sind; die anderen Bücher mit dem Titel Esra hingegen nicht.

Verfasser und Abfassungszeit: Von wem und wann ist Esra geschrieben?

  1. Der Autor des Werks Esra/Nehemia verwendet verschiedene Quellen

Ganz eindeutig gibt es im Werk Esr/Neh verschiedene Quellen, die aufgegriffen werden. Zwei sind die Hauptquellen, die sogenannten „Esra-Memoiren“ und „Nehemia-Memoiren“. Dass es jeweils Memoiren sind, die von Esra und Nehemia geschrieben sind, wird vor allem durch die teilweise verwendete 1. Person deutlich (z.B. Esr 8,1ff, 9,1ff). Die Nehemia-Memoiren werden hier nicht näher diskutiert, da es vor allem um das Buch Esra geht, aber meist werden Neh 1-7 und Teile von Neh 11-13 dazu gezählt. Die Esra-Memoiren sind Esra 7-10 und werden fortgeführt in Neh 8 (vielleicht bis Kapitel 10).

Also im Buch Esra haben wir Kapitel 7-10, die deutlich auf Esra zurückgehen und wohl von ihm direkt aufgeschrieben wurde.

Außerdem gibt es mehrere Briefe und Erlasse, auf die der Autor sich beruft. Das wird zum einen inhaltlich deutlich, zum anderen gibt es im Buch Esra aramäische Abschnitte, in denen die Sprache von Hebräisch zu Aramäisch wechselt – was sonst im Alten Testament nur in Daniel in einem längeren Abschnitt vorkommt. Esra 7,12-26 ist ein Erlass der Königs Artaxerxes, der vermutlich wörtlich aufgenommen wurde, da für den Abschnitt zum Aramäischen gewechselt wird – was damals eine der verwendeten Reichssprachen des Königs war. Außerdem ist der Abschnitt 4,8-6,18 aramäisch (in 4,7 wird sogar eingeleitet, dass jetzt ein aramäischer Brief kommt). In diesen drei Kapitel werden mehrere Briefe und Nachrichten von Königen, Esra und den Widersachern der Israeliten aufgenommen.

Außerdem wird in Esra 1,1-4/Esra 6,3-5 das Kyrusedikt noch zitiert. Gut möglich ist auch, dass die Tempelgeräte-Liste in Esra 1 oder die Rückkehrer-Liste in Esra 2 schon eine vorherige Quelle war, da der Autor – der ja mindestens 100 Jahre später war (Zeitablauf siehe unten) – die Namen sonst sicher nicht mehr alle zusammenbekommen hätte.

Zusammenfassend kann man also sagen: Esra 7-10 geht auf eine Aufschrift Esras selbst zurück. In Esra 7,12-26 und 4,18-6,18 wird auf verschiedene Quellen Bezug genommen, die nicht ins Hebräische übersetzt wurden. Außerdem ist möglich, dass Esra 1,1-4, 1,9-11 und Esra 2 auf Dokumente davor zurückgehen.

  1. Der endgültige Verfasser des Werks Esra/Nehemia ist nicht sicher festzustellen, gut möglich ist, dass es Esra war

Da Esra und Nehemia als ein Werk zu sehen sind, muss beim Verfasser der beiden Bücher nach einer Person gesucht werden. Klar ist, dass der endgültige Verfasser Schriften sowohl von Esra als auch von Nehemia und weitere Quellen aufnahm – sodass er selbst gar nicht mehr so viel schrieb. Im Buch selbst findest sich kein direkter Hinweis auf den Verfasser. Im Talmud (Talmud B. Bat 15a) wird später das Werk Esra/Nehemia (und auch die Chroniken) Esra als Verfasser zugeschrieben, genauso wird aber Nehemia erwähnt, der das Werk abschloss. Welche Rolle genau ihnen dabei genau zukam, bleibt unklar. Gut möglich ist also, dass Esra selbst das Werk Esra/Nehemia verfasste und die verschiedenen Schriften zusammenführte, ganz sicher ist es aber nicht.

  1. Esra/Nehemia wurde ca. 400 v. Chr. geschrieben

Zur Datierung von Esra und Nehemia im nächsten Abschnitt zum geschichtlichen Hintergrund genauer. Die Ereignisse in den Büchern gehen bis kurz vor 400, deshalb kann es frühestens um ca. 400 v. Chr. geschrieben worden sein. Plausible Gründe, dass das Werk erst eindeutig später geschrieben wurde, gibt es nicht.

Geschichtlicher Hintergrund: Wann und in welcher Umgebung spielen die Geschichte in Esra (und Nehemia)?

  1. Das Buch Esra handelt in Esra 1-6 von 539-515 v. Chr. und in 7-10 vom Jahr 458 v. Chr.

Der erste Teil von Esra 1-6 ist relativ einfach einzuordnen: Von dem Kyrus-Erlass 538 v. Chr. und der Rückkehr (Esra 1-4,5) bis zur Fertigstellung des Tempels 516/515 v. Chr (Esra 5-6). Haggai war 520 als Prophet tätig, Sacharja 519, beide werden in 5,1 erwähnt (vgl. Hag 1,1, und Sach 1,1.) Nur Esra 4,6-23 spielt in späterer Zeit, in 4,5 sagt der Verfasser, dass die Widerstände der damaligen Zeit, die in 4,1-5 geschildert wurden, noch lange anhielten. In 4,6-23 werden dann Briefwechsel mit dem König Ahasveros aus dem 5. Jahrhundert angeführt als Beleg dafür, dass die Widerstände gegen Tempel und Mauer (4,12) andauerten.

Der zweite Teil von Esra, die 1. Esra-Memoiren, ist nicht ganz so leicht einzuordnen und umstritten. Esra 7,7 ist der entscheidende Vers: Im siebten Jahr von König Artahsasta. Die klassische Auslegung ist, dass sich der Vers auf Artaxerxes I bezieht, dann wäre das 7. Jahr 458 v. Chr. Manche meinen, dass es sich auf Artaxerxes II bezieht, dann wäre Esra erst nach Nehemia nach Jerusalem gekommen, im Jahr 397 v. Chr. Diese „Spätdatierung“ passt aber nicht dazu, dass in Nehemia die Geschichte geschildert wird, als hätten Esra und Nehemia gemeinsam in Jerusalem gewirkt. Manche gehen von einer „mittleren Datierung aus“, allerdings müssen sie dazu von einem Schreibfehler in Esr 7,7 ausgehen – für den es keinerlei Textbeleg in Handschriften gibt -, dass dort nicht von 7 Jahren, sondern von 17 die Rede ist, dann wären Esra und Nehemia gleichzeitig nach Jerusalem gekommen. Deshalb halte ich beide neueren Datierungsversuche nicht für sinnvoll und es ist davon auszugehen, dass Esra tatsächlich im Jahr 458 v. Chr. nach Jerusalem kam und Esra 7-10 in diesem Jahr spielen. In Esr 9,9 ist zwar schon von einem „Schutzwall“ die Rede, der sich aber dann vermutlich nicht auf die Mauer bezieht, die erst unter Nehemia gebaut wurde, sondern auf einen kleineren Wall, der zum Schutz schon früher gebaut wurde. Zwischen Esra 7-10 und Neh 1-7 sind somit 13 Jahre vergangen (Neh 1,1- 445 v. Chr.), in denen nichts weiter aufgebaut wurde. Gut möglich ist, dass Esra nochmal zurückgereist ist zum König Artaxerxes, was auch erklären könnte, warum er in Neh 1-7 nicht auftaucht, sondern erst wieder in Neh 8, im Jahr 443 v. Chr.

  1. Der geschichtliche Hintergrund zum Buch Esra

586 v. Chr. hatte Israel seine Selbständigkeit verloren bei der dritten Wegführung nach Babylon und der endgültigen Zerstörung Jerusalems.

Der Perserkönig Kyrus II (559-530 v. Chr.) arbeitete zuerst mit Babylonien zusammen, erweiterte sein Reich und wurde größer und stärker. Als die Unzufriedenheit im babylonischen Reich immer größer wurde, wendete er sich 539 v. Chr. gegen Babylon und eroberte es, sodass ein riesiges Reich unter Kyrus II entstand. Während die Babylonier durch rigorose Politik und Unterdrückung den Frieden in ihrem Reich gehalten hatten, war der Ansatz des Perserreiches ein liberaler. Die Folge davon war, dass Völkern – wie den Juden – erlaubt wurde, in ihr Gebiet zurückzukehren. Dieser Erlass, der die Rückkehr der Juden ermöglichte, geschah im Jahr 538 v. Chr. (Esr 1,1). Er liegt in Esr 6,3-5 in aramäischer Form vor, was vermutlich die Originalform war. Esra 1-2 berichtet von dieser ersten Rückkehr nach Jerusalem unter Jeschua und Serubbabel. In Esra 3 wird berichtet, dass wieder erste Brandopfer gelegt wurden und Bemühungen stattfanden, den Tempel wiederaufzubauen. Diese wurden aber durch samaritanische Widerstände zunichte gemacht (4,1-8).

Unter Kambyses (529-522 v. Chr.) wurde durch seinen Ägyptenfeldzug der Westteil des Reiches gesichert, sodass von nun an Israeliten noch leichter zurück nach Jerusalem reisen konnten. So wurde zu der Zeit von Darius I (522-486 v. Chr.) der Tempel wiederaufgebaut, nachdem auch Haggai und Sacharja dazu aufgefordert hatten (Esra 5-6). In Esra 4,6f wird von den Königen Ahasveros und Artahsasta berichtet, unter denen es auch Widerstand gegen den Aufbau gab. Ahaveros ist vermutlich Xerxes I (486-465 v. Chr.), Artahsasta dann Artaxerxes (465-424 v. Chr.), unter dem auch die erste Rückkehr Esras (7,1) stattfand und unter dem die Kapitel 7-10 spielen.

Theologische Bedeutung: Welche Relevanz hat das Buch Esra?

(zusammengefasst von Klaus von Orde)

  • Das „zweite große neue Heilsereignis“ nach dem Auszug aus Ägypten. Rückkehr ins verheißene Land und Wiederaufbau sind ein neues Kapitel der Heilsgeschichte Gottes mit Israel.
  • In der Religionsgeschichte spricht man seit der Rückkehr vom Judentum und nicht mehr von Israel. Zum einen, weil nur das Südreich (vor allem Juda, Benjamin und im Südreich lebende Leviten) aus dem Exil zurückkam. Zum anderen, weil sich der Glaube nachhaltig verändert hat.
  • Für das Verständnis des neutestamentlichen Judentums sind Esra (und Nehemia) zentral: Die politische Bedeutung der Priesterschaft oder die besondere Ausprägung der Gesetzesfrömmigkeit lassen sich nur von Esra her richtig bestimmen.

Gliederung des Buches Esra:

(Die Gliederung entspricht dann auch den Predigten)

a) Esra 1-6: Die erste Rückkehr Israels unter Serubbabel und Jeschua

  1. Esra 1-2: Die erste Rückkehr und Verzeichnis der Rückkehrer
  2. Esra 3: Wiederaufnahme der Opfer und Beginn des Tempelbaus
  3. Esra 4-6,13: Der Tempelbau und Widerstände
  4. Esra 6,14-22: Tempeleinweihung und Passahfest

b) Esra 7-10: Die zweite Rückkehr Israels unter Esra und seine Reform

  1. Esra 7: Die Rückkehr Esras wird mit einem Schutzbrief des Königs erlaubt
  2. Esra 8: Die Ankunft in Jerusalem und der Neuanfang dort
  3. Esra 9-10: Esra spricht die Mischehen-Problematik an und es kommt zur Aufhebung und Reform

1.3 Hilfen zum Verständnis des Predigttextes

Hilfen zur Auslegung bieten z.B.

  • Klaus vom Orde, Die Bücher Esra und Nehemia, Wuppertaler Studienbibel
  • Antonius H.J. Gunneweg, Esra
  • G. M. Williamson, Esra. Nehemiah, Word Biblical Commentary
  • J. Clines, Ezra. Nehemiah. Esther, The New Century Bible Commentary
  • Charley Fensham, The Books of Ezra and Nehemiah

1.4 Anmerkungen zum Verständnis des Predigttextes

Kapitel 1:

Vers 1: Einleitung (der Vers ist fast identisch mit 2Chr 36,22)

Wann war das erste Jahr des Königs Kyrus?

  • Eigentlich wäre es das Jahr 558 v. Chr. Allerdings geht es hier ganz klar um das erste Jahr des Königs Kyrus nach der Eroberung Babylons, da davor ein Erlass von Kyrus den Israeliten nicht geholfen hätte. Somit sind wir im Jahr 538 v. Chr., ein Jahr, nachdem Kyrus das Großreich Babylon besiegte. Esra beginnt hier mit der historischen Einordnung.

Welches Wort des Herrn durch Jeremia wird hier erfüllt?

  • Als zweites ordnet Esra den Text in die Schrift ein. Auf welchen Vers sich Esra (und genauso 2Chr 36,22) hier beziehen, ist nicht ganz klar. Jer 25,11-12, Jer 27,11 und Jer 29,10 sprechen davon, dass Babylon nach 70 Jahren zerstört wird und Israel wieder heimgeführt wird. (70 Jahre können sich entweder auf die erste Wegführung bis zur Heimführung beziehen: 605-538 v. Chr, oder auf die Zerstörung des Tempels bei der 3. Wegführung und den Wiederaufbau des Tempels: 586-515 v. Chr.) Explizit von Kyrus und dem Auftrag zum Tempel-Wiederaufbau ist allerdings nur in Jesaja die Rede: Jes 44,28 und 45,1, bildlich auch in Jes 41,2.25. Vermutlich hatte Esra beides im Ohr, ihm war aber die Heimführung nach 70 Jahren wichtiger, weshalb er Jeremia anführt. Durch diese Startverse wird ein neuer Hoffnungsklang angestimmt: Gottes Prophezeiungen erfüllen sich nach scheinbar endloser Zeit.

Was heißt es, dass Gott den Geist von Kyrus erweckt, wie kann er so etwas tun?

  • Das Wort erwecken kommen auch in Esra 1,5 vor, wo Gott die Israeliten erweckt. Es bedeutet: jemandem aus dem Schlaf erwecken, aufstören/in Bewegung bringen, erregen, aufstacheln. Gott wirkt, indem er „schläfrige“ Menschen (hier natürlich übertragen gemeint) in Bewegung bringt und sie etwas machen lässt, um seine Pläne zu erfüllen. Mit Geist ist parallel zum Herzen in der Bibel hier einfach das Aktionszentrum und der Mensch als Ganzes gemeint: Gott gab ihm die Gedanken und die Entscheidung ins Herz. Es wird deutlich: Gott lenkt die Geschichte und verwendet den König als sein Werkzeug.

Vers 2-4: Das Kyrusedikt

Wie sind die Unterschiede zu den Formen des Kyrus-Erlasses in 2Chr 36,23 und Esra ,3-5 zu erklären?

  • In 2Chr 36,23 taucht eine Kurzform des Erlasses auf, in dem es nur heißt: Nach Befehl Gottes lässt Kyrus die Israeliten zurückziehen, um den Tempel wiederaufzubauen (entspricht inhaltlich Vers 2 und 3a hier in Esra 1). In Esra 6,3-5 (auf aramäisch – siehe Einleitung) fehlen hingegen die einleitenden Worte, die klare Beauftragung und Begründung durch Gottes Anweisung und die Finanzierung geschieht durch den Königshof und nicht auf Anordnung durch alle umliegenden Menschen. Dafür wird in Esra 6,3-5 ausführlicher geschildert, wie der Tempel gebaut werden soll. Wie sind diese Unterschiede zu erklären? Die Antworten fallen unterschiedlich aus in den Kommentaren: Es könnte ein größeres Edikt gewesen sein, aus dem verschiedene Teile zitiert werden. Esra 6,3-5 könnte das ursprüngliche Edikt sein, weil es auf aramäisch ist, und die anderen wären dann paraphrasierende Übersetzungen, die teilweise neue Inhalte aufnehmen. Die zusätzliche Gottesbezeichnung als Himmelsgott und die Begründung durch Gott könnte zwar gut als jüdische Ergänzung beim Übersetzen angesehen werden, allerdings ist die Anordnung der Finanzierung durch umliegende Völker in Vers 4 nicht damit zu erklären – diese Anordnung muss direkt von Kyrus gekommen sein, sonst wären die Bewohner von Israel dem wohl auf keinen Fall nachgekommen. Meine Tendenz ist deshalb, davon auszugehen, dass es ein längeres Edikt war, das Kyrus erlassen hat und aus dem verschiedene Teile herausgegriffen werden. Die Formulierungen, die in Esra 1 so klingen, als sei es von Juden verfasst worden, lassen sich auch gut anders erklären (siehe nächste Frage). In Esra 6,4 heißt es, dass die Kosten vom Haus des Königs getragen werden. In Esra 1,4 hingegen, dass die umliegenden Völker beisteuern sollen. Auch das ist am besten ergänzend zu sehen: Kyrus ließ einen Teil der Kosten übernehmen auf seine Kosten, einen anderen Teil sollten die umliegenden Völker beisteuern.

War Kyrus gläubig, wenn er sich als Werkzeug Gottes sieht und ihn Himmelsgott nennt?

  • Kyrus selbst sieht sich als Werkzeug Gottes und begründet das Edikt mit einer Beauftragung durch Gott. Das wirft die Frage auf: Wie hat Gott zu ihm geredet, war Kyrus gläubig? Zuerst ist festzustellen: So eine Begründung war zur damaligen Zeit nicht unüblich. Kyrus schrieb oft anderen Göttern eine gewisse Macht zu – so wird beispielsweise die Machtübernahme Babylons von Kyrus als ein Werk des Gottes Marduk der Babylonier beschrieben (vom Orde, 39). Also es war nicht unüblich, einen Sieg über ein Volk oder eine Beauftragung eines Volkes dem Gott dieses anderen Volkes zuzuschreiben. Außerdem gibt es mehrere Beispielschriften aus der Umwelt, die zeigen, dass es damals üblich war, Petitionen/Anfragen an den König zu stellen (Williamson, 15). Möglicherweise hattes es auch von den Juden offizielle Anfragen gegeben, ob man wieder zurückreisen dürfte – und wenn Kyrus an diese Anfragen anknüpft, könnte das auch die Bezeichnung Himmelsgott erklären. Es bleibt natürlich etwas spekulativ, wie genau Gott Kyrus als Werkzeug gebraucht hat und zu ihm gesprochen hat, aber die Texte aus der Umwelt zeigen, dass solche Formulierungen üblich waren und nicht heißen, dass Kyrus gläubig war oder nur den Gott Israels als Gott ansah.

Die Bezeichnung als Himmelsgott taucht in Esra und Nehemia häufig auf (Esr 5,11; 6,9; 7,12.21.23; Neh 1,4f; 2.4.20) und ist wohl eine geläufige Bezeichnung Gottes gerade im Exil und von anderen Völkern gewesen. Während andere Völker anhand ihrer Standbilder zeigen konnten: Das ist unser Gott, hatte Israel keine solche Standbilder und das könnte die Bezeichnung als Himmelsgott erklären. Dass Kyrus damit dem israelitischen Gott einen Vorrang vor allen anderen Göttern einräumt, scheint mir der Text nicht herzugeben.

Wer gehört zu seinem Volk, wer zog alles hinauf?

  • Kyrus sagt: Jeder von euch, der zu seinem Volk gehört – wer ist damit alles gemeint? Die Geschichte des gesamten Nordreiches hatte sich mittlerweile verloren. Nachdem diese 722 v. Chr. von Assyrien besiegt wurde, wurden sie zum großen Teil deportiert oder mit anderen Völkern vermischt. Somit geht es hier nur noch um die Israeliten des ursprünglichen Südreichs Juda, also die Leute aus dem Stamm Juda, aus dem kleineren Stamm Israeliten und die Leviten, die im Südreich gewohnt haben (Esra 1,5).

Wer wohnte in Israel noch und warum sollen sie den Israeliten helfen?

  • Zum einen war die Unterschicht im Land zurückgeblieben, als sie von Babylon besiegt worden sind. Nur die Oberschicht, geschickte Handwerker, Bauarbeiter und Kriegsleute wurden weggeführt (2Kön 24,10-16). Zum anderen hatte es in Israel Fremdbesiedelungsmaßnahmen gegeben, dass andere Völker dort angesiedelt wurden. In Esra 4,2 lesen wir von den Menschen aus anderen Völkern, die angesiedelt worden sind unter Asarhaddon (680-669 v. Chr.), allerdings war das noch unter assyrischer Herrschaft, bevor das Südreich eingenommen wurde.

Ähnlich wie beim Auszug aus Ägypten von den Nachbarn materielle Unterstützung mitgegeben werden „musste“, werden hier die dort wohnenden Nachbarn aufgefordert, den Israeliten beim Tempelaufbau zu helfen. Möglich ist, dass es sich vor allem auf die zurückgebliebenen Israeliten bezieht, möglicherweise sind aber auch ausländische Nachbarn gemeint, die sich teilweise auch vermischt hatten. Nicht ganz klar ist die Umsetzung: Vermutlich war es kein Zwang, dass es abgegeben werden musste, sondern es wurde dazu aufgerufen, die Rückkehrer zu unterstützen.

Wer sind die Übriggebliebenen?

  • Die Übriggeblieben oder auch der Heilige Rest wird in der Bibel immer wieder für die verwendet, die noch an ihn glauben, die ihm treu geblieben sind und die durchstanden haben (z.B. Jer 23,3). Hier wird es für alle verwendet, die das Schwert und das Exil überstanden haben und die immer noch dem Herrn treu sind und Israel wieder aufbauen wollen. Sie verstanden sich mittlerweile als die Übriggebliebenen.

Vers 5-6: Die Umsetzung des Edikts: Rückkehr und Unterstützung durch die Nachbarn

Warum musste Gott den Geist derer erwecken, die zurück nach Israel gingen?

  • Interessant ist, dass Gott den Geist der Rückkehrer auch erwecken mussten. Anscheinend hatten sich viele der Israeliten in Babylon niedergelassen, die meisten hatten sich wohl gefühlt und wollten nicht mehr zurück. Gott hat sie erweckt, motiviert und es ihnen aufs Herz gelegt, dass doch einige zurückgekehrt sind, um den Tempel aufzubauen (das musste Gott immer wieder tun – auch beim Tempelaufbau Hag 1,14). Anscheinend sind zuerst viele der Familienoberhäupter losgezogen, möglicherweise kamen Familien teilweise erst später nach. Der Grund für den Rückgang war explizit der, den Tempel aufzubauen. Das ist interessant, da es ja noch fast 25 Jahre dauerte, bis nach dem Auftreten von Haggai und Sacharja der Tempel dann wirklich fertig aufgebaut wurde. Ganz klar ist: Dieser Rückführung spielt eine große Rolle für Israel, es ist wie ein neuer, besserer Exodus – mit Unterstützung des Königs.

Wurden die Völker teilweise zur Abgabe gezwungen oder was ist mit der Formulierung gemeint?

  • Deutlich wird hier: Auch die Aufforderung zur Hilfe durch die neuen Nachbarn wurde umgesetzt. Die Formulierung: „alle, die um sie her wohnten“ spricht dafür, dass es nicht nur zurückgebliebene Juden waren, die mithalfen, sondern teilweise wirklich auch Leute von anderen Völkern.

Die zweite Hälfte des Satzes wirft eine Frage auf: „abgesehen von allen freiwilligen Gaben.“ Heißt das, dass die Nachbarn zu dieser Hilfe gezwungen wurden, dass aber andere freiwillig geschehen sind? Der Kontext legt das nicht da, da sowohl der erste Teil des Verses als auch die Aufforderung in Vers 4 nicht nach einem Zwang, sondern nach einem Aufruf nach Hilfe klingt. Deshalb ist der Vers besser so zu verstehen: „Sie griffen ihnen mit […] unter die Arme, abgesehen von den freiwilligen Gaben für den Tempel.“ (So auch Klaus vom Orde, Williamson.) Zusätzlich zu den freiwilligen Gaben für den Tempel gab es noch die Geschenke und die Hilfe direkt an die Zurückgekommenen.

Vers 7-11: Die Umsetzung des Edikts: Die Rückführung der Tempelgeräte

Wie lief die Rückführung der Tempelgeräte?

  • Die Tempelgeräte waren von Nebukadnezar mitgenommen worden. Das Ganze ließ er über seinen Schatzmeister Mitredat regeln. Vermutlich hat dieser die Schätze aufgeführt und gezählt und sie dann Scheschbazar gegeben – gemeinsam erstellten sie die genaue Liste, damit ja nichts vergessen wird.

Wer ist Scheschbazar, der Fürst Judas?

  • Eine nicht ganz leicht zu beantwortende Frage ist: Wer ist dieser Scheschbazar, der Fürst von Juda, von dem hier die Rede ist? Die Rückführung geschah unter Serubbabel und Jeschua (siehe Kapitel 2), auch beim Aufbau wird Scheschbazar fast nicht erwähnt. Von Scheschbazar ist hier in 1,8.11 die Rede, wo er für die Übergabe der Geräte zuständig war. Außerdem wird er in 5,14.16, wo es heißt, dass er als Verwalter eingesetzt wurde vom König und dass er den Grundstein für den Tempel legte.

In Kommentaren werden verschiedene Lösungen vorgeschlagen: 1. Scheschbazar ist die gleiche Person wie Serubbabel, nur ein anderer Name. 2. Scheschbazar ist die gleiche Person wie Schenazzar (1Chr 3,18), der ein Onkel Serubbabels war. 3. Scheschbazar war wirklich eine eigenständige Person. Bei dritter Erklärung gibt es wiederum verschiedene Theorien, teilweise wird von zwei Gruppen bei der Rückführung ausgegangen, eine unter Scheschbazar, eine unter Jeschua und Serubbabel. Teilweise wird Scheschbazar zwar der gleichen Gruppe wie Serubbabel zugeordnet, aber mit einer anderen Funktion – er war eingesetzter Kommissar vom König Kyrus für die Rückgabe und Rückführung.

Erstere Lösung klingt auf den ersten Blick einleuchtend: Beide werden Verwalter genannt (Serubbabel in Hag 1,1), beide waren am Aufbau des Tempels beteiligt, beide hatten irgendwie eine Führungsrolle bei der Rückführung unter Kyrus. Außerdem waren verschiedene Namen damals nicht unüblich – wie beispielsweise Daniel, der in Babylonien zu Beltschazar wurde. Allerdings sprechen doch gewichtige und meiner Meinung nach überzeugende Argumente gegen diese Lösung: Zum einen sind sowohl Serubbael als auch Scheschbazar ganz klar babylonische Namen, also ein zweiter jüdischer Name ist keine Erklärung. Scheschbazar wird nirgends der Königsfamilie zugeordnet wie Serubbabel. Und es leuchtet einfach nicht ein, weshalb Esra zwischen den Namen hin- und her wechseln sollte, wenn es genau die gleiche Person ist. Gerade in Esra 5 scheint der Text von zwei Personen auszugehen – Serubbabel, der am Anfang erwähnt wird, zu dem Tattenai kommt, und dann von dem unbekannten Scheschbazar, nach dem Tattenai fragt.

Zweitere Lösung ist mittlerweile in den meisten Kommentaren abgelehnt: Scheschbazar und Schenazzar leiten sich von zwei unterschiedlichen babylonischen Wörtern ab. Auch wenn sie auf den ersten Blick ähnlich klingen, sind es einfach zwei verschiedene Namen (vgl. Williamson, 5) und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass es die gleiche Person ist.

Deshalb tendiere ich zu dritter Option: Es sind zwei verschiedene Personen mit unterschiedlichen Befugnissen. Möglicherweise sind sie wirklich mit zwei unterschiedlichen Gruppen nach Jerusalem gekommen – es ist davon auszugehen, dass nicht alle auf einmal gemeinsam dorthin reisten. Aber vor allem scheinen es mir zwei Personen zu sein, die verschiedene Aufgaben hatten. Scheschbazar war für die Tempelgeräte zuständig, war wohl eine gewisse Zeit lang von Kyrus als Verwalter eingesetzt und wurde in dem Zusammenhang Fürst Judas genannt und hat bei der Grundlegung des Tempels mit angefangen. Serubbabel hingegen hat beim Tempelbau eine größere Rolle gespielt, mit ihm ist vermutlich eine größere Gruppe zurückgezogen, weil er als einer der Chefs der Rückführung in Esr 2,2 genannt wird (Scheschbazar nicht), außerdem war Serubbabel ganz eindeutig aus der königlichen Linie.

Von welchen Geräten ist hier die Rede? Was meint in Vers 10 von der zweiten Art?

  • Mehrere Wörter in der Liste sind unsicher, sowohl das hebräische Wort für „Becken“ und für „Messer“ als auch die Formulierung „von zweiter Art/Wahl“ findet sich sonst nicht in der Bibel. Gut möglich ist, dass die Liste auf Aramäisch gemacht wurde bei der Übergabe der Geräte, sodass bei der Übersetzung manche ungewöhnlichen Wörter beibehalten wurden. Deutlich ist nur, es wurden einige verschiedene Geräte zurückgebracht – andere wichtige aus der Zeit vor dem Exil fehlten aber sicher.

Warum ist die Summe der Geräte deutlich höher als die Zahlen davor zusammen?

  • Es fällt auf, dass die Summe in Vers 11 von 5400 deutlich höher ist als die Summe der Zahlen in den Versen 9-10. Da sie so weit auseinanderliegen, muss man davon ausgehen, dass nur ein Teil der Liste übersetzt/zitiert wurde, aber die komplette Summe genannt wird. Warum das der Fall ist, bleibt spekulativ und unklar.

Kapitel 2:

Warum gibt es die Liste von Esra 2 in Nehemia 7 noch einmal?

  • Bei dieser Frage muss man berücksichtigen, dass Esra-Nehemia ursprünglich ein Buch war (siehe Einleitung), weshalb die Frage aufkommt: Warum taucht die fast identische Liste zweimal im Buch auf? Vermutlich hat es einen literarischen Wert: Zum einen zu Beginn, direkt nach der Rückführung wird die Liste der Rückführer genannt. Ein zweites Mal wird sie dann am Ende der Sicherung der Stadt (Neh 7,1-4) aufgeführt, sozusagen als endgültige Konstituierung der wahren Gemeinde, derer, die von Israel abstimmen. Nehemia verweist auch darauf, dass er die Liste, die bei der ersten Rückkehr erstellt wurde, gefunden hat und sich darauf bezieht (Neh 7,5).

Wie sind die Unterschiede der Listen in Esra 2 und Nehemia 7 zu erklären?

  • Da Nehemia sich explizit auf die erste Liste bezieht, verwundern die vielen Unterschiede, die in beiden Listen auftauchen. Eine ausführliche und gute Darstellung der Unterschiede findet sich auf:

https://www.bibelkommentare.de/index.php?page=qa&answer_id=635 (27.11.2020 abgerufen)

19 Mal unterscheiden sich die angeführten Zahlen, fast in der Hälfte der Fälle. Außerdem sind die Orts- und Familiennamen teilweise nicht identisch. An einzelnen Stellen ist die Zahl auch in Esra 2 textkritisch unsicher, beispielsweise in Vers 12, wo es mehrere Textvarianten gibt mit verschiedenen Zahlen (1222, 2322,1322, 2622, 3322).

Zwei Erklärungsversuche gibt es für die Unterschiede:

  1. Nehemia hat die Liste ja erst 100 Jahre später geschrieben – er könnte möglicherweise bei einigen Familien Kenntnisse gehabt haben, dass später noch mehr von der Sippe nachgezogen sind und deswegen die Zahlen erhöht haben. Allerdings passt dazu nicht, dass auch 6 Mal Nehemia eine kleinere Zahl notiert als Esra. Möglicherweise hat er dort manche abgezogen, die früh oder unterwegs verstorben sind? Gegen diese Theorie spricht aber, dass es oft eine Differenz einer runden Zahl ist, beispielweise 300, 100, 1100, 10 – und warum häufig genau ganz gerade Zahlen dazu gekommen sein sollen, ist nicht erklärlich.
  2. Es könnten Abschreibfehler sein, die sich in den Jahrhunderten der Überlieferung eingeschlichen haben. Gerade die Zahlen, bei denen es im Tausender oder Hunderter einen Dreher gibt, ließen sich dadurch gut erklären. Gegen diese Theorie spricht aber gerade die Häufigkeit der Unterschiede – einzelne Abschreibfehler ließen sich gut erklären, so viele innerhalb eines Textes, den doch auch Abschreiber gut vergleichen konnten, leuchten hingegen nicht ein.

Man muss wohl festhalten, dass der Ursprung der Unterschiede nicht ganz geklärt werden kann nach heutigem Erkenntnisstand. Am wahrscheinlichsten scheint mir eine Mischung aus beiden Theorien: Nehemia hat manche Zahlen verändert aufgrund seines Wissens, dazu kamen einige Abschreibfehler beim Überliefern.

Wie ist die Liste gegliedert und aufgebaut?

  • Es findet sich eine ziemlich klare Struktur in der Auflistung der Heimkehrer: Es geht um die Identifikation, wer alles zu Israel gehört – aufgrund des Familiennamens oder ursprünglichen Ortes – und von wem die Abstammung nicht gesichert ist.
  1. In Vers 2 werden die 12 Anführer genannt, unter denen ein großer Teil der Leute vermutlich nach Israel kam.
  2. Von Vers 3-35 werden die Laien aufgezählt.

2.1 In Vers 3-19 werden die Sippennamen von Personen genannt, vermutlich bekannte Namen noch aus vorexilischer Zeit.

2.2 In Vers 20-28 werden Personengruppen nach bekannten Ortsnamen aufgezählt.

2.3 In Vers 29-35 ist bei einigen Worten nicht ganz klar, ob es Ortsnamen oder Familiennamen sind – es scheint aber beides vorzukommen.

3. Von Vers 36-42 werden alle Priester und Leviten aufgezählt. Sänger und Torwächter werden gesondert angeführt.

4. Von Vers 43-58 werden alle Knechte und Sklaven aufgeführt, die aber mittlerweile ein gewisses Recht hatte, zu Israel dazu zu gehören

4.1 In Vers 43-54 geht es um Gegebene, Knechte, die zum Dienst am Tempel von anderen Völkern geschenkt wurden.

4.2 In Vers 55-58 geht es speziell um Knechte, die auf Salomo zurückgehen.

5. Von Vers 59-63 geht es um Vertreter von Sippen, auch Priestern, die ihren israelitischen Ursprung nicht nachweisen konnten.

6. Von Vers 64-65 wir die Zusammenfassung der Personen gemacht.

7. Von Vers 66-67 wird das bewegliche Habe aufgezählt.

8. Von Vers 68-69 noch eine Spendenliste.

Von wann ist diese Liste?

  • Es fällt auf, dass eine Datierung fehlt, wann die Liste erstellt wurde, wie es sonst häufig zu Beginn von Listen gemacht wurde. Dies könnte daran liegen, dass nicht alle direkt auf einmal nach Israel gezogen sind. Gut vorstellbar ist, dass teilweise Familien erst nachgezogen sind, manche später erst dorthin gereist sind und die Liste eine gewisse Zeitspanne von Heimkehrern umschließt.

Vers 1: Einleitender Vers

Von welcher Provinz ist in Vers 1 die Rede?

  • In einigen deutschen Übersetzungen ist von der Provinz Juda die Rede. Im Text heißt es aber eigentlich nur: „Einwohner der Provinz“, weshalb Juda in manchen Übersetzungen kursiv gedruckt ist. Aus Neh 11,3 ergänzen manche einfach Juda als Provinz. Es gibt eine gute Erklärung für das Fehlen des Namens der Provinz. Die Provinz Juda als eigenständige Provinz mit Statthalter gab es vermutlich zur damaligen Zeit noch nicht, sondern entstand erst unter Nehemia. Somit gehörten die Rückkehrer zur größeren Provinz Samaria – zu denen sie aber eigentlich nicht gehören wollten (vgl. auch die ganzen Streitigkeiten in Esra und Nehemia mit den umliegenden Gruppen). Deshalb durfte man vermutlich den Namen Provinz Juda noch nicht benutzen, wollte aber den Namen Provinz Samaria nicht benutzen – somit wurde nur von der Provinz gesprochen.

Vers 2: Das Leitungsgremium

Wie viele Personen waren im Leitungsgremium der Heimkehrer?

  • Auf den ersten Blick scheint die Antwort eindeutig: 11 Personen werden hier genannt. Aber der Vergleich mit Nehemia und 3Esra zeigt: In beiden anderen Listen werden 12 Personen genannt, zusätzlich noch einer namens Nahamani. Möglich wäre, dass der zwölfte Name in Esra von Abschreibern irgendwann vergessen wurde, weil der Name sehr ähnlich zu der anderen Person Nehemja klingt. Ganz sicher ist das nicht, aber da die 12-er-Zahl insgesamt besser ins Bild passt, tendiere ich dazu, dass ich von 12 Leitern bei der Rückkehr ausgehe und hier in der Liste der heutigen Bibel einer fehlt.

Wer waren Serubbabel und Jeschua, die beiden Leiter der Truppe?

  • An erster Stelle werden Serubbabel und Jeschua genannt, die auch danach noch öfters im Buch auftauchen. Sie sind die beiden, die die königliche und priesterliche Linie fortführen. Das passt auch zu Sacharja 4, wo von den beiden Ölbäumen, den beiden Gesalbten die Rede ist – und auch ausdrücklich Serubbabel erwähnt wird. Es war den Israeliten sehr wichtig, dass diese beiden Linien getreu fortgeführt werden, um am Ende den Messias zu erkennen, der aus dieser Linie kommen muss.

Wer war Serubbabel? Serubbabel war wohl der politische Anführer. An mehreren Stellen in Esra wird er Sohn Schealtiels genannt (z.B. Esr 3,2), in 1Chr 3,17-19 hingegen Sohn Pedajas, der ein Bruder Schealtiels war. Am besten ist dieser Unterschied durch die Leviratsrehe zu erklären: Vielleicht ist Schealtiel früh gestorben, Pedaja hat seine Frau geheiratet und Kinder geboren, die dann aber Schealtiel zugerechnet wurden. Ganz klar wird in den genannten Listen aber: Serubbabel war ein Enkel des vorletzten Königs aus der davidischen Dynastie (vgl. 1Chr 3). Rechtmäßiger Vertreter, politisch verantwortlich für den ersten Abschnitt des Aufbaus.

Wer war Jeschua? Jeschua oder auch Josua war der direkte Sohn des Hohepriesters, der zur Zeit der Wegführung nach Babel Hohepriester war – Jozadak (Esra 3,2; 1Chronik 5,41). Damit war er legitimer Hohepriester aus der priesterlichen Linie.

Vers 3-35: Liste der heimgekehrten Laien

Vers 36-42: Liste der heimgekehrten Priester, Leviten und am Tempel Arbeitenden

Sind die heimgekehrten Priesterfamilien in Vers 36-39 bekannt?

  • Unter David wurden die Priesterfamilien festgelegt und eingeteilt. Auch dort finden wir Jedaja, Immer und Harim (1Chr 24,7-13). Jeschua war wohl eine Seitenlinie vom Hause Jedajas, so wie es hier auch bezeichnet wird. Paschhur war auch ein Nachkomme Jedajas und vermutlich ebenso eine Seitenlinie von ihm (1Chr 9,12).

Warum sind es so wenige Leviten?

  • Zuerst muss die Frage geklärt werden: Wer waren die Leviten? Zum Stamm Levi gehörten natürlich genauso die Priester, ebenso die Tempelsänger und Torhüter. Leviten wurden vermutlich diejenigen genannt, die keine der speziellen Aufgaben als Priester im Tempel, als Tempelsänger oder Torhüter hatten. Die Leviten waren eher für die Reinigung, den äußeren Dienst um den Tempel herum zuständig. Ganz klar ist ihre Aufgabe nicht, aber vermutlich hatten sie alle anderen allgemeinen Aufgaben am Tempel, die nicht speziell den Untergruppen zufielen. Während über 4000 Priester dabei waren, gab es nur 74 Leviten. Das erklärt auch das Fehlen der Leviten später unter Esra (Esra 8,15-19).

Vers 43-58: Liste der heimgekehrten Sklaven

Wer waren die Tempelsklaven?

  • Die Tempelsklaven waren vermutlich Sklaven aus anderen Völkern, Geschenkte oder Kriegsgefangene, die zu niedrigen Arbeiten wie Holz holen oder Wasser tragen am Tempel verwendet wurden. In Esra 8,20 ist auch von diesen Tempelsklaven die Rede. Es fällt bei den Namen auf, dass es großteils ausländische Namen sind, teilweise syrischen, ägyptischen, edomitischen oder ugaritischen Ursprungs. Das bestätigt die These, dass es Arbeiter/Sklaven von anderen Völkern waren ähnlich wie schon die Gibeoniter unter Josua (Jos 9).

Wer waren die Knechte Salomos?

  • Vermutlich ist hier von Nachkommen der Völker die Rede, die unter Salomo fronpflichtig wurden (1Kön 9,20f), Sklaven und Arbeiter, die nicht am Tempel, sonst allgemein im Volk eingesetzt wurden.

Vers 59-63: Liste der heimgekehrten Problemfälle mit ungeklärter Herkunft

Warum war die Herkunft der Heimkehrer so wichtig?

  • In Vers 59-63 werden diejenigen aufgeführt, bei denen nicht geklärt werden konnte, ob ihr Name israelitischen Ursprungs ist. Deshalb wurde stattdessen ihr Familiennamen und der Wohnort im persischen Reich angegeben. Besonders bei den Priestern war die Herkunft wichtig: Gott hatte nur einem Volk (für Hohepriester nochmal eine spezielle Sippe) diese Aufgabe gegeben und man wollte sich sicher sein, hier keinen Fehler zu machen. Auch sonst war die Reinhaltung wichtig, um sich nicht mit anderen Religionen zu vermischen (was später bei Esra und Nehemia noch eine Rolle spielt). Es gab zwar die Möglichkeit, Israel beizutreten und diesen Gott anzunehmen. Andere Völker aber hatten meist andere Götzen und Kulturen, deswegen wollten man auf jeden Fall eine Vermischung vermeiden. Manche der hier aufgeführten Familiennamen findet sich durchaus auch schon früher im AT, teilweise auch in Priesterlisten. Scheinbar war aber trotz des bekannten Familiennamens nicht klar, ob das ihre Abstammung ist.

Wer ist der Tirschata in Vers 63?

  • In Neh 8,9 und 10,2 wird Nehemia als Tirschata bezeichnet. Vermutlich ist es eine Bezeichnung für Statthalter oder eine Art Würdetitel wie Exzellenz. Wahrscheinlich war der Tirschata hier Serubbabel als politischer Würdenträger.

Was sind die Urim und Thummim und warum konnten sie nicht geworfen werden?

  • Der Tirschata legte fest, dass diese Familien vom Priesterdienst ausgeschlossen werden sollten, bis man einen Priester für die Urim und Thummim zur Verfügung habe. Die Urim und Thummim waren Lossteine, mit denen eine Antwort Gottes erfragt werden konnte (2Mos 28,30; 3Mos 8,8; 4Mos 27,21; 1Sam 14,41; 1Sam28,6). Über diese Steine sollte also erfragt werden, ob die Familien wirklich aus Israel stammten. Warum war das noch nicht möglich – einen Priester gab es doch eigentlich mit Jeschua? Vermutlich konnten die Urim und Thummim nur benutzt werden von einem amtierenden Hohepriester. Dazu musste der Tempel erst aufgebaut werden, die Priesterkleidung hergestellt werden, in deren Brusttasche sich normalerweise die Urim und Thummim befanden und dann erst hätten sie verwendet werden können. Ob es irgendwann dazu kam, bleibt hier unklar.

Vers 64-65: Gesamtsumme der Personen

Warum passt die Gesamtsumme nicht zu den vorher genannten Zahlen?

  • Wenn man die vorherigen Verse zusammenzählt, kommt man auf 29818. Als Gesamtsumme wird hier nun aber 42360 angegeben. Interessant ist, dass diese Gesamtsumme sowohl in Esra 2, als auch in Neh 7 und 3Esr identisch ist – auch wenn die einzelnen Zahlen davor teilweise variieren.

Letztlich ist es spekulativ, aber es gibt verschiedene Erklärungsversuche: Vielleicht wurden bei der Einzelaufzählung nur Erwachsene über 12 gezählt und die unter 12-jährigen nur bei der Gesamtsumme mitgezählt. Vielleicht wurde das einfache Volk, das in Israel geblieben war, bei der Gesamtsumme mitgezählt, aber unter den Heimkehrern natürlich nicht. Vielleicht wurden auch die Frauen teilweise nicht mitgezählt bei den oberen Zahlen, weil ihre Männer zuerst vorzogen nach Israel und die Frauen und Kinder später erst nachholten. Eine Entscheidung kann man hier meiner Meinung nach nicht treffen, es gibt mehrere mögliche Erklärungen. Jeder der genannten Erklärungen hat auch einen Haken: Eigentlich hat doch die Liste davor gerade den Grund, die Gesamtsumme der Bevölkerung festzustellen. Wie entstand also diese Summe, gab es noch eine zweite Zählung, eine weitere Liste, die nicht aufgeführt wird?

Warum werden die Sklaven hier bei der Gesamtsumme ausgenommen, während sie doch davor mitgezählt wurden?

  • Sklaven und Sklavinnen sowie Sänger und Sängerinnen (nur solche, die Sklaven waren) zählten nicht zur Gemeinde. Vermutlich gab es unterschiedliche Anerkennungsstufen bei Sklaven. Die in den Versen davor aufgezählten gehörten mittlerweile irgendwie zur Gemeinde und zu Israel dazu, weil sie lange genug dabei waren. Die nun aufgeführten hingegen hatten noch keine Anerkennung als Israeliten und wurden deswegen bei der Gesamtzählung der Gemeinde nicht mitgezählt.

Vers 66-67: Das mitgebrachte bewegliche Habe

Warum wurde kein Kleinvieh wie Ziegen oder Schafe mitgebracht?

  • Die lange Reise zurück nach Jerusalem erklärt gut, warum nur wenig Kleinvieh, sondern vor allem Reittiere mitgebracht wurden, damit man auf dem Reitvieh schnell zurück nach Israel kam.

Vers 68-70: Die freiwillige Spende für das Haus Gottes

Wer gab die freiwilligen Spenden?

  • Einige Familienhäupter spendeten freiwillig, damit das Haus Gottes aufgebaut werden konnte – zusätzlich zu der Unterstützung durch den König und durch die dort wohnenden Nachbarn. In Neh 7,69 in der parallelen Liste wird zusätzlich erwähnt, dass der Tirschata spendet, was sich vermutlich dort auf Nehemia bezieht, der eine Sonderspende machte und sich dort ergänzte.
  1. Verstehen, worum es geht

Hier geht es darum, die Auslegung aus Punkt 1 nun angemessen auf den heutigen Hörer zu übertragen.

2.1 Hinweise für hermeneutische Überlegungen (Auslegung)

Wir befinden uns in Esra in der Zeit des Alten Bundes, der mit Israel geschlossen wurde in einer ganz speziellen Zeit, der Rückführung aus dem Exil. Hier ist die Bedeutung für den damaligen Israeliten und den Leser des Werkes zu beachten, für den die Rückführung wie ein zweiter Exodus, ein neues großes Heilsereignis dargestellt wird. Für den heutigen Hörer sind die Hintergründe und die Besonderheit dieses Ereignis erst herauszuarbeiten. Das Heilsereignis der Rückkehr aus dem Exil ist aber ein Vorausbild auf das Heilsereignis im Neuen Testament, wo Gott durch Jesus alle Menschen aus dem Exil der Welt zurückruft zu sich. Allerdings ist diese Übertragung zu machen, im Neuen Testament findet sich kein Aufruf an alle Christen, zum irdischen Israel zu pilgern oder zu ziehen.

Die genaue Aufzählung der Tempelgeräte und die Liste der Heimgekehrten zur Analyse der Abstammung sind für den heutigen Hörer nicht mehr direkt relevant. Es gilt zu zeigen, warum das für den Verlauf der Geschichte elementar war.

2.2 Hinweise für situative Überlegungen (Predigtanlass)

Wir starten in eine neue Predigtreihe zum ersten Sonntag des Jahres. Hier sollten einführende Grundlagen zum Buch Esra aufgezeigt werden und mit den Grundlinien Lust und Freude auf das Buch gemacht werden. Passend zum neuen Jahr kann hier vom Neustart in das Buch Esra und vom Neustart der Heimkehrer in Jerusalem gesprochen werden. Was können wir für den Neustart in dieses Jahr aus dem Bibeltext lernen?

Da Esra 1 und 2 insgesamt sehr lange sind, empfiehlt es sich in der Predigt nur Esra 1 zu lesen. Von Esra 2 können möglicherweise die ersten beiden und der letzte Vers gelesen werden, die Liste kann auch kurz zusammengefasst werden.

2.3 Hinweise für homiletische Überlegungen (Anwendung)

Ideen und Anstöße für Anwendungen:

Vers 1:

  • Historische Einordnung und Schrifteinordnung: Gottes Wort erfüllt sich nach scheinbar endloser Zeit, es lohnt immer zu warten. Manchmal müssen wir auch ewig warten auf die nächste Ankunft Jesu (Rückblick auf Weihnachten) oder auf andere Verheißungen Gottes. Aber Gott erfüllt!
  • Gott lenkt und leitet die Geschichte und kann „erwecken“ (auch Vers 6). Genauso lenkt Gott auch die Geschichte heute und kann Politiker gebrauchen und selbst Corona gebrauchen.
  • Übertragen: Gott ermöglicht den verheißenen Neustart, raus aus dem Exil, zurück in sein Land. Genauso ermöglicht er uns den Neustart mit ihm durch seinen Sohn Jesus, die Rückkehr zu ihm.

Vers 2-6:

  • Die Übriggeblieben machten sich auf: Einige aus dem Volk machten sich auf – andere blieben zurück.
  • Sind wir wie diejenigen, die in Babylonien bleiben, denen das Risiko zu groß war? Haben wir die Haltung: „Nur für Gott gebe ich nicht alles auf, was ich hier aufgebaut habe.“
  • Wie frei sind wir für Gott? Was ist unser wunder Punkt, unsere Sünde, woran unser Herz hängt, der uns davon abhält, ihm zu dienen? Welchen Dienst hat er mir schon lange aufs Herz gelegt, den ich noch nicht wahrnehme?
  • Gott erweckt, motiviert und legt aufs Herz: Er kann uns dazu bringen, das Richtige zu tun.
  • Gott versorgt die Heimkehrer – er versorgt diejenigen, die nach seinem Gebot leben.

Vers 7-11:

  • Gott versorgt die Heimkehrer auch mit geistlicher Grundlage – sie bekommen die Tempelgeräte zurück, was den Dienst am Tempel wieder ermöglicht. Gott versorgt auch uns geistlich, wenn wir auf ihn hören.
  1. Sagen, wo es hingeht

3.1 Predigtthema – was sage ich in dieser Predigt?

Gott lenkt die Geschichte und schenkt ein Zuhause.

Gott ermöglicht das Ende des Exils und erweckt den Geist zur Heimkehr zu ihm.

Mit Gott zurück nach Hause

Aufbruch in die Zukunft und ein neues Jahr – wer kommt mit?

3.2 Predigtentfaltung – wie sage ich es in dieser Predigt?

Textgliederung:

Kapitel 1:

Vers 1: historische Einordnung und Schrifteinordnung

Vers 2-4: Kyrus-Erlass: Heimkehr und Unterstützung zum Aufbau

Vers 5-6: Umsetzung des Erlasses

Vers 7-11: Rückbringung der Tempelgeräte

Kapitel 2: Die Rückkehrer-Liste

Mögliche Predigtgliederungen:

Gott lenkt die Geschichte und schenkt dem Volk ein zuhause

  1. Die verworrene Situation der Israeliten im Exil (historische Einordnung – Vers 1)
  2. Gott hat alles im Griff und bringt nach Hause (Vers 2-11)

Aufbruch in die Zukunft und ein neues Jahr (orientiert an einer Predigt von Wolfgang Nestvogel)

  1. Gott ist souverän (Vers 1-2)
  2. Wer zieht mit? (Vers 3-5; Kapitel 2)
  3. Versorgung ist inbegriffen (Vers 6-11)

3.3 Predigtveranschaulichungen – wie verdeutliche ich es in dieser Predigt?

Man kann persönlich erzählen:

Wenn man nach einer langen Reise, einem langen Urlaub oder einer Freizeit wieder zurück nach Hause kommt – ein sehr schönes Gefühl. Gleichzeitig fällt es manchmal schwer, wieder nach Hause zu gehen, weil man sich im neuen Umfeld so gut eingelebt hat.

Prognosen in die Zukunft sind oft schwierig bei Menschen: Wetterbericht noch am ehesten. Aber was ist in 10, 30 oder 50 Jahren? Wie siehts mit Corona in Zukunft aus? Wer wird die nächste Wahl gewinnen?

Die Zukunft ist oft sicher und ungewiss.

Bekannter Werbeslogan: Wir geben ihrer Zukunft ein sicheres Zuhause.

  • Ganz anders bei Gott, bei ihm ist die die Zukunft sicher und gewiss, was er vorhersagt, passiert genau so!

Die Enkel verstehen nicht mehr, wovon die Großeltern berichten – beim 2. Weltkrieg – und ähnlich dort vermutlich bei der Heimkehr nach Babylon nach 70 Jahren.

(Samuel Koser)