Kolosser

Predigthilfe vom 29. Mai 2022 – Kolosser 3, 12-15

Jahresthema:         Wert(e)voll leben. Die Auswirkungen des Heiligen Geistes in unserem Leben.

Predigtthema:         Wert(e)voll leben: Freundlichkeit – mehr als Nettigkeit

Predigttext:              Kolosser 3,12-15 (V.12!)

Gottesdienst Einleitung:  Psalm 136 (Vorschläge zur Textlesung)

Die Erarbeitung dieser Predigt erfordert etliche Stunden an Vorbereitung. Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe deshalb Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht euer eigenständiges Erarbeiten des Bibeltextes. Bei der Vorbereitung dieser Predigt suchen wir nach dem, was der Herr über den Predigttext durch uns sagen will, denn wir verkündigen nur die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufs Herz gelegt wird. Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!

1. Sehen, was dasteht

Verschiedene Bibelübersetzungen, um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 1984 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Neue Genfer Übersetzung / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung).

1.1 Allgemeine Hinweise zum Jahresthema

Einleitung zum Jahresthema „Wert(e)voll leben“!

Das Ziel: Mit dem Jahresthema wollen wir anhand der Frucht des Geistes (Gal 5,22) auf die christlich-biblischen Werte und Tugenden aufmerksam machen. Das Wortspiel „wert(e)voll leben“ zeigt auf, dass es sich lohnt christliche Werte auszuleben. Werte machen ein Leben wertvoll, sie sind sinngebend und achten die Würde des Menschen als Ebenbild Gottes.Darum wollen wir auf die Auswirkung des Heiligen Geistes eingehen, der diese biblischen Grundwerte im Leben eines Christen verwirklichen will.

Der Anlass: Durch den Wertewandel und -pluralismus unserer Zeit werden christliche Werte zunehmend hinterfragt. Überzeugte Christen, die eine moralische Vorstellung vertreten oder leben, werden belächelt und als altmodisch oder unzeitgemäß verschrien. Diese Diskrepanz christlicher und gesellschaftlicher Normen stellt gläubige Christen (in der Gemeinde, Familie, Erziehung und am Arbeitsplatz) vor große Herausforderungen.

Als Gemeinde Jesu können wir uns daher weder einer Wertediskussion noch einer biblischen Werteverkündigung entziehen.

Die Chance: Das Thema hat eine gesellschaftliche Relevanz. Christliche Werte wie Verlässlichkeit, Treue, Wahrhaftigkeit, Disziplin, Fleiß, Selbstbeherrschung usw. werden durchaus im Alltag und der Gesellschaft geschätzt. Durch gelebte christliche Werte können wir Zeugnis und Licht in der Welt sein.

Auch für die Gemeinde- und Familienarbeit hat dieses Thema Relevanz. Wir können nicht mehr davon ausgehen, dass biblische Werte in Elternhäusern weitergegeben werden oder dort bekannt sind. Darum müssen biblisch-christliche Werte wieder neu verkündigt, erklärt und begründet werden. Dabei muss die Wertevermittlung in Beziehung zur Liebe und zum Willen Gottes gestellt werden, dass daraus nicht nur eine Moralpredigt wird. Aber es ist Gottes ausdrücklicher Wille, dass wir in Christus tugendhaft leben.

„Im übrigen, ihr Brüder, alles, was wahrhaftig, was ehrbar, was gerecht, was rein, was liebenswert, was wohllautend, was irgend eine Tugend oder etwas Lobenswertes ist, darauf seid bedacht!“

Phil 4,8; vgl. Röm 12,1ff

Was sind WERTE?

Der Begriff „Werte“ stammt etymologisch aus dem Germanischen „werþa“ = „Wert, kostbar“. Weiter ist der Begriff verwandt mit germanisch „werþan“ = „werden“ (entstehen). Im Friesischen bedeutet „werþa“ = „würdig“. In der Bibel wird auch der Begriff „Tugend“ gebraucht, was soviel bedeutet wie „vorbildlich“, gute (sittliche) Charaktereigenschaft, anständig, redlich oder sittenhaft.“

Werte bestimmen die soziale Kompetenz, die Charakterbildung und die Persönlichkeit.

Als Christen sind wir davon überzeugt, dass die Bibel universelle, zeitlose, kulturell- und generationenübergreifende Werte/Tugenden vermittelt, die sich in der Menschheitsgeschichte bewährt haben. Christliche Werte haben Völker zivilisiert und humanisiert und prägten staatliche Grundgesetze und Gesellschaftsordnungen. Die christlichen Werte und Tugenden tragen in sich einen menschenwürdigen Charakter.

Neben einer christlichen Wertebildung durch Verkündigung oder Erziehung ist es aber vor allem der Heilige Geist, der das Herz des Gläubigen verändert, der ihm diese Werte zueignet und nachhaltig dazu befähigt, diese auch in der Kraft des Geistes auszuleben.

Das Jahresthema will dazu beitragen, dass wir die Tugenden dessen verkündigen, der uns aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen hat… (1Pet 2,9ff).  

Ausgehend von Gal 5,22 werden die jeweiligen Werte/Tugenden anhand ausgewählter Bibeltexte (Predigttexte) erklärt. Unter einem extra Punkt findet ihr eine zusätzliche Definition aus einem Online-Lexikon, einen Anti-Wert und ergänzende Erklärungen über den jeweiligen Wert/Tugend. Diese helfen das Thema unter weiteren Gesichtspunkten zu vertiefen.

1.2 Hilfen zum Verständnis des Predigttextes

Aebi, E „Kurze Einführung in die Bibel“, Bibellesebund

Krimmer, Heiko, Edition C Bibelkommentar NT, „Kolosser“, Band 16, Hänssler Verlag.

Wiersbe, Warren.W, „Kommentar NT Timotheus bis Offenbarung“ Band III, CLV.

Henry, Matthew., Apostelgeschichte bis Offenbarung, 2. Auflage., Waldems: 3L Verlag.

MacDonald, W., Kommentar zum Neuen Testament, 7. Auflage., Bielefeld: CLV.

1.3 Anmerkungen zum Verständnis des Predigttextes

Die fünfte Tugend, die Gottes Geist in uns bewirken möchte ist „Freundlichkeit“.

Manchmal wird das griechische Wort „chrestotes“ mit „Freundlichkeit“ oder auch „Güte“ übersetzt. Das Wort bedeutet: verständnisvoll, freundlich, mild, wohlwollend und freigiebig.

Vorbemerkung: Gottes Freundlichkeit zu mir

Gott ist ein Menschenliebhaber und das zeigt sich in seiner Freundlichkeit und Güte. Doch was, wenn Menschen in tiefen Nöten und Problemen stecken? Wenn sie scheinbar weder Gottes Liebe noch Freundlichkeit erfahren? Wenn Menschen verzweifeln, weil ihre Lebensträume schmerzhaft zerbrechen oder ihre Biografie leidvoll verläuft.

1. Gott ist gut und freundlich            Ps 136,1ff

Im Alten Testament besingen viele Psalmen Gottes „Freundlichkeit und Güte“ und geben Anlass zur Dankbarkeit (Ps 106,1; 107,1; 136,1). Was die Beter so bewegt ist nichts anderes als die erfahrene Güte Gottes. Wir erleben Gottes Freundlichkeit darin,

  • dass Gott unsere Gebete erhört                             Ps 69,17
  • dass Gott uns gern vergibt                                       Ps 86,5
  • dass Gott uns gnädig und treu ist                          Ps 100,5
  • dass Gott uns aus persönlicher Not errettet         Ps 109,21; Neh 1,7; Ps 68,6
  • dass Gott uns mit Nahrung versorgt                      Ps 85,13; 65,12f
  • dass Gott unsere Lebensgeschichte lenkt           Ps 52,11f; 20,7
  • dass Gott uns im Gericht zurecht bringt               Ps 119,39
  • dass Gott uns im Wort unterweist/zurechtweist  Ps 119,68; 25,8

Das ist nur eine Auswahl. Doch jeder Mensch in dieser Welt erfährt Gottes natürliche Güte und Freundlichkeit im Leben (Schönheit der Natur, das unverdiente Leben, Gottes Licht und Sonnenschein, Wärme, Gesundheit und Nahrung usw.). Somit ist jeder Mensch unabhängig von seinem Glaubensstand Empfänger der Freundlichkeit und Güte Gottes.

2. Gott ist in Jesus die Freundlichkeit in Person             Tit 3,4

Gott selbst erweist sich dem Menschen gegenüber freundlich. Nicht in Nettigkeiten, höflichen Gesten oder in bloßen und wohlwollenden Worten. Gottes Freundlichkeit zeigt sich darin, dass er dem Menschen wohlgesonnen ist. Gerade dann, wenn unsere Lebensbiografie nicht perfekt verläuft. Höhepunkt der Freundlichkeit Gottes ist, dass Gott sein Liebstes – seinen einzigen Sohn, für uns als Sühnopfer gab. InJesus Christus ist „die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Retters, erschienen!“ (Tit 3,4). Es ist kein dahergeredetes Wort, sondern ein dahingegebenes Leben. Freundlichkeit ist eine Tat, die damit beginnt, dass Gott sich auf die Suche nach dem verlorenen Menschen macht und ihm entgegen geht und nachgeht, um ihm Gutes und Freundliches zu tun. Das 1. Kommen Jesu in diese Welt beweist Gottes größte Tat der Güte (Kreuz). Das 2. Kommen Jesu in diese Welt erweist Gottes „überschwänglichen Reichtum seiner Güte“ an uns, indem wir zukünftig teilhaben werden an Gottes Reich und Herrlichkeit (Eph 2,7).

3. Gott trat unserer Feindlichkeit mit Freundlichkeit entgegen      Röm 5,7-8

Obwohl der Mensch feindselig Gott gegenüber ist, kam Gott in freundlicher Absicht! Gott ist nicht Menschenfeind, sondern Menschenfreund. Gottes Freundlichkeit wird da sichtbar, wo er selbst für unfreundliche Sünder stirbt (Röm 5,7-8).

4. Gottes Freundlichkeit ist das Zugseil seiner Liebe     Jer 31,3

Von der Gottesferne hin zur Gottesgegenwart. Mit Güte und Freundlichkeit kommt der HERR uns wohlwollend entgegen und zieht uns zu sich hin. „Mit ewiger Liebe hat er dich geliebt; darum hat er dich zu sich gezogen aus lauter Güte (Jer 31,3). So viel Freundlichkeit Gottes offenbart, dass wir (ich ganz persönlich) ihm ganz viel wert sind.

Eine Tatsache, die uns neu staunen lässt und dankbar macht, weil der HERR so gut zu uns ist. Das Volk Israel bekannte im Bußgebet einmal: „Aber du bist ein Gott der Vergebung, gnädig und barmherzig, langmütig und von großer Güte (Freundlichkeit), und du hast sie nicht verlassen.“ Neh 9,17

Kommen wir zu unserem Predigttext aus Kol 3,12f:

V. 12     Als auserwählte Kinder: Weil Christen Gottes Kinder sind, sollen sie auch Gottes Wesensart widerspiegeln. Sie sind durch Jesus Geheiligte und Geliebte und somit von der Welt abgesondert. Das meint, dass wir nicht die Maßstäbe und Verhaltensweisen der Welt übernehmen sollen (Röm 12,2). Christen sollen Gottes Ansichten übernehmen, seinem Charakter ähnlich werden.

Anziehen: Es ist das neue Kleid des neuen Menschen. Das Kleid, z.B. der Freundlichkeit, kann man tragen oder ablegen. Es ist somit nicht etwas, was wir immer anhaben. Es ist meine Verantwortung als Christ, mich im Alltag bewusst freundlich zu verhalten.

5 Farben des neuen Kleides:

  • Erbarmen = Mitleid gegenüber Menschen haben, die in Not oder Sorge sind.
  • Freundlichkeit und Güte = angenehm, mild und herzlich zu anderen sein. Eine wohlwollende Haltung mit selbstlosem Handeln. Die Bereitschaft mit jedermann/frau Freundschaft zu leben und zu pflegen.
  • Demut = sich dem anderen gegenüber respektvoll, zurückhaltend und bescheiden zu verhalten.
  • Sanftmut = gelassen, nicht schnell zum Zorn, nicht gereizt oder aufbrausend sein.
  • Langmut = geduldig, Umstände, Situationen oder auch unfreundliche Mitmenschen auszuhalten.

V.13      Wie Christus: Das Vorbild eines freundlichen Lebens ist Jesus selbst. Doch nicht nur Vorbild, sondern vielmehr wirkt Christus selbst in uns, durch den Heiligen Geist, Gottes Tugenden. Wie Gott in seiner Freundlichkeit uns ertragen und vergeben hat, so sollen auch wir andere in Freundlichkeit ertragen und vergeben (Eph 4,32).  

V.14      Das Band der Liebe: Das alte unansehnliche Hemd der Unfreundlichkeit soll abgelegt werden. Dagegen soll das neue schöne Kleid der Freundlichkeit in Liebe angezogen werden. In Liebe bedeutet, in ehrlicher und aufrichtiger Weise. Im Alltag besteht die Gefahr, dass in einer schlechten Gesellschaft Christen ihre guten Sitten verlieren (1 Kor 15,33) und sich den schroffen Gepflogenheiten und Ausdrucksweisen anpassen. Doch Christen sollen sich von Gottes Liebe prägen lassen und Freundlichkeit anziehen (Kol 3,12).

V.15      Der Friede Gottes regiere in euren Herzen: Das neue Kleid der Freundlichkeit trägt zum Frieden bei. Mit einer freundlichen Person lässt sich bekanntlich schwerer streiten. Freundlichkeit hat die Macht, verhärtete Herzen zu öffnen und zu verändern. Wenn allerdings unsere Freundlichkeit vom anderen nicht erwidert wird, scheint es ein schweres und unerträgliches Joch zu sein. Doch Jesus sagt in Matthäus 11,30 „Mein Joch ist sanft, (gut, freundlich, passend)”. Freundlichkeit tut keinem weh. Sie tut weder mir noch anderen Gewalt an. Viel mehr schafft sie eine gesunde und gute Weggemeinschaft.

In einem Leib: Freundlichkeit dient dazu, dass Herzen der Menschen bereit werden für das Evangelium und sie zur Gemeinde (Leib) Jesu hinzukommen. Auch innerhalb der Gemeinde ist Freundlichkeit der Motor, um Freundschaften unter den Geschwistern zu fördern und zu erhalten.

Und seid dankbar: Freundlichkeit löst Dankbarkeit aus. Z.B. im Alltag, wenn einer dem anderen zuvorkommend die Türe aufhält, in den Mantel hilft oder etwas Gutes tut. Das löst unweigerlich ein „Dankeschön“ aus. Dankbar zu sein, wird einfach, wenn wir uns Gottes Freundlichkeit bewusstwerden oder uns mehr im Kleid der Freundlichkeit begegnen.

2. Verstehen, worum es geht

2.1 Hinweise für hermeneutische Überlegungen (Auslegung)

Beachte die Reihenfolge! Wichtig ist in der Verkündigung, dass wir nicht nur zur moralischen Tat aufrufen. Wir sind nicht deshalb freundlich, um einen freundlichen Gott zu bekommen, sondern weil wir Gottes Freundlichkeit erfahren haben.

Petrus betont im Aufruf zum rechten Verhalten: „So legt nun ab alle Bosheit und allen Betrug und Heuchelei und Neid und alle Verleumdungen, und seid als neugeborene Kindlein begierig nach der unverfälschten Milch des Wortes, damit ihr durch sie heranwachst, wenn ihr wirklich geschmeckt habt, daß der Herr freundlich ist (1Petr 2,1–3).

Die Frucht des Geistes ist eine Auswirkung auf unseren Charakter, weil wir Kinder Gottes sind. Es ist Gottes Werk in mir – aber ich muss es zulassen, unterstützen und bereitwillig im Gehorsam einüben, auch wenn mein Fleisch dem Geist Gottes entgegenwirken will.

Dazu gehören drei wichtige theologische Aspekte:

2.2 Weitere Hinweise zum Wert FREUNDLICHKEIT

Quellen: https://www.values-academy.de/freundlichkeit/

Wortherkunft: Freundlichkeit

Aus mittelhochdeutsch „vriuntlich“ = „herzlich-wohlwollendes Verhalten“.

Freundlich: aus althochdeutsch „friuntlīh“ (11. Jh.) = „herzlich, verbindlich, wohlwollend“ und mittelhochdeutsch „vriunden“ = „zum Freund machen“.

Synonyme: freundlich, freundschaftlich

Herzlichkeit, Leutseligkeit, Gewogenheit, Liebenswürdigkeit, Warmherzigkeit, Gefälligkeit, Güte, Gutherzigkeit, Herzensgüte, Innigkeit, Sanftmut, Wohlwollen, Entgegenkommen, Liebesdienst, Zuwendung, Huldigung

Ähnlich: Umgänglichkeit, Entgegenkommen, Gutmütigkeit, Höflichkeit, Nettigkeit, Verbindlichkeit

Steigerung: Altruismus, Empathie, Zuneigung

Abgeschwächt: Höflichkeit

Beschreibung: Freundlichkeit zeichnet sich grundlegend dadurch aus, dass man im Kern seiner Geisteshaltung mit einer anderen Person so kommuniziert, als ob diese Person potenziell ein Freund ist. Dies drückt sich durch authentisch zugeneigte Gesten und eine herzliche Sprache aus. Neben einer respektvollen und offenen Haltung ist insbesondere ein wohlwollendes und liebenswürdiges Verhalten deutlich sichtbar.

Freundlichkeit ist somit auch ein Angebot, eine Freundschaft aufzubauen.

Bei bestehenden Freundschaften ist freundliches Verhalten – neben Ehrlichkeit, Offenheit und grundsätzlicher Zuneigung – ein obligatorisches Verhalten, um somit diese Freundschaft zu pflegen. Dennoch schließt Freundlichkeit nicht aus, mit der genannten Offenheit kontroverse Positionen zu diskutieren.

2.3 Hinweise für homiletische Überlegungen (Anwendung)

Folgende Gedanken können zur praktischen Anwendung hilfreich sein.

  1. Wir sind Nutznießer der Freundlichkeit

Wie oben erwähnt, können die praktischen Auswirkungen und Vorzüge aufgezählt werden, die jeder Mensch durch Gottes Freundlichkeit empfängt. Der Mensch genießt Freundlichkeit, sowohl die von Gott als auch die von Menschen.

2. Freundlichkeit und Unfreundlichkeit im Alltag erlebt

Wir nennen Beispiele, wie und wo wir Freundlichkeit positiv erleben oder wo uns Unfreundlichkeit zu schaffen macht. Sich Bewusst werden, welches Leid und welchen Schaden Unfreundlichkeit hinterlassen kann – verdeutlicht die Dringlichkeit, Freundlichkeit einzuüben.

3. Reflektion in Punkto Freundlichkeit

Ein Blick in den Spiegel hilft. Hier können Zuhörer aufgefordert werden, sich selbst zu reflektiert, wie andere Menschen (Ehepartner, Familienglieder, Mitchristen oder Arbeitskollegen) ihre Freundlichkeit wahrnehmen.

3. Sagen, wo es hingeht

3.1. Predigtziel – warum halte ich diese Predigt?

Den Zuhörern soll bewusst werden welch eine große Freundlichkeit Gott uns im Leben erweist. Höhepunkt seiner Güte ist die Menschwerdung Jesu und die unverdiente Erlösung in Christus. Vor der Christenpflicht, sich anderen gegenüber freundlich zu verhalten, muss klar sein, dass wir freundlich sein wollen, weil Gott uns ganz große Freundlichkeit bewiesen hat. Ein freundliches Wesen zeigt sich

  • in meiner Beziehung zu Gott, weil ich dankbar von Gottes Güte leben darf
  • in meinem Alltag zu Mitmenschen, weil ich mit Gott lebe und andere teilhaben lasse
  • in meiner Beziehung zu mir selbst, weil Gott es gut mit mir meint

3.2 Predigtthema – was sage ich in dieser Predigt?

  1. Freundlichkeit kann sich jeder leisten – auch du!

„Freundlichkeit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr…“ – so sagt es der Volksmund. Dabei tut Freundlichkeit weder dem anderen noch einem selbst weh. Freundlichkeit kostet uns kein Vermögen, sondern könnte sich jeder leisten und doch erscheint sie oft selten. Wer die Folgen der Unfreundlichkeit bedenkt oder sie vielleicht schon über einen längeren Zeitraum erlebt hat, der weiß Freundlichkeit zu schätzen. Freundlichkeit schafft den Rahmen für ein echtes Leben – Unfreundlichkeit zerstört das gemeinsame Leben. So hatten es Laban und Jakob erlebt, deren gegenseitiger Umgang von Unfreundlichkeit geprägt war. Versöhnung war nur möglich als Gott Laban befahl – trotz des Konfliktes – mit Jakob nicht anders zu reden als freundlich (1Mo 31,24). Freundlichkeit lohnt sich, denn am Ende hat jeder was davon.

Anregungen zur praktischen Freundlichkeit.           Versuche es einmal:

  •  mit einer freundlichen Begrüßung am frühen Morgen bei den verschlafenen Kindern, die wieder mal zu spät sind. Dem Ehepartner, der im Stress ist; dem Gemeindeglied im Gottesdienst, dem nervigen Kollegen am Arbeitsplatz.
  • mit einer freundlichen Begegnung über den Gartenzaun zum Nachbarn, dem Kassenpersonal im Laden oder bei der „Lieblingstante“ zum Kaffeekränzchen.
  • mit einem freundlichen Gespräch mit deinem Lehrer, deinem Vorgesetzten oder dir anvertrauten Mitarbeitern.
  • mit einer freundlichen Korrektur bei den aufgedrehten Kindern, die immer noch nicht ihr Zimmer aufgeräumt haben oder sich streiten.
  • mit einem freundlichen Wort zum Geburtstag oder einem anderen Anlass. Vielleicht auch einfach mal mit Freundlichkeit im Alltag, wo der Ton die Musik macht und lautstarkes Reden und Schreien doch eher hart und unfreundlich wirkt.
  • mit einer freundlichen Wohltat die dem anderen eine Freude macht. Eine kleine Aufmerksamkeit, ein Liebesdienst (Müll wegtragen, Geschirrspüler ausräumen, im Haushalt anpacken, seine Hilfe anbieten).
  • mit einem freundlichen Vergeben gegenüber denen, die dich verletzt und sich nicht entschuldigt haben. Aus lauter Güte und Milde verzeihen, ohne Gegenleistung.

All diese Dinge schaffen eine freundliche Atmosphäre, in der man sich gern aufhält. Schön, wenn unsere Familien und Gemeinden mehr davon geprägt wären.

2. Freundlichkeit wird oft vermisst – was ganz Normales?

Hat Freundlichkeit Grenzen? Ja, und zwar in einem doppelten Sinn.

a. Wenn die Höflichkeit nicht echt ist und nicht von Herzen kommt. Dann wirkt ein zu freundliches Verhalten unaufrichtig und heuchlerisch? Es wird abstoßend – was aber dennoch keinem schadet. Darum ist das kein Grund, das alte Hemd der Unfreundlichkeit anzuziehen. Lieber das Kleid der Freundlichkeit mit gespaltenem Herzen tragen und dabei um Herzensveränderung bitten, statt dem falschen Herzen nachzugeben und aufrichtig unfreundlich zu sein.

b. Auch in christlichen Gemeinden und Gemeinschaften mangelt es oft an Freundlichkeit und Respekt. Das führt oft zur gegenseitigen Enttäuschung.

Die Nachlässigkeit der Freundlichkeit gilt es nicht zu entschuldigen, aber vielleicht ist es dennoch ein göttliches Muss. Dietrich Bonhoeffer formuliert es in seinem Buch „Gemeinsames Leben“ so: „Erst die Gemeinschaft, die in große Enttäuschung hineingerät – mit all ihren unerfreulichen und bösen Erscheinungen, fängt an zu sein, was sie vor Gott sein soll… Jedes menschliche Wunschbild, das in die christliche Gemeinschaft mit eingebracht wird, hindert die echte Gemeinschaft und muss zerbrochen werden, damit die echte Gemeinschaft leben kann.“

Bonhoeffer meint zu Recht, dass wer sich ein „Wunschbild“ einer christlichen Gemeinschaft erträumt, „der fordert von Gott, von dem Andern und von sich selbst die Erfüllung. Er tritt als Fordernder in die Gemeinschaft der Christen.“ Viele Christen sind von der Gemeinde enttäuscht, weil sie ihnen zu wenig gibt. Man beklagt sich, wird unzufrieden oder beschuldigt andere, dass man den eigenen christlichen Traum von Gemeinde nicht erlebt. Vielleicht ist es gut, dass Gott unsere Erwartungen zerschlägt – denn christliche Gemeinde ist kein Selbstzweck, an dem ich Freundlichkeit und Güte von anderen einfordern darf.

Gemeinde ist vielmehr eine Gemeinschaft von Christen, die Gottes Freundlichkeit und Güte unverdient empfangen haben. Darum kommen Christen aus Dankbarkeit zusammen, für das, was der HERR an ihnen ganz Großes getan hat. Dann steht Christus und seine Freundlichkeit im Mittelpunkt.

3. Freundlichkeit die wir von Gott erleben – etwas ganz, ganz Großes!

Hier kann darauf eingegangen werden, wie Gottes Güte unser Leben bereichert und verändert und wie diese Güte Anlass zur gelebten Freundlichkeit wird.

Siehe Punkt 1.3: Gottes Freundlichkeit zu mir.

3.3 Predigtentfaltung – wie sage ich es in dieser Predigt?

1.  Freundlichkeit könnte sich jeder leisten – auch du!

2.  Freundlichkeit wird oft vermisst – etwas ganz Normales?

3.  Freundlichkeit, die wir von Gott erlebt haben – was ganz, ganz Großes!

Weiter Gliederungen:

  1. Miteinander freundlich leben               V.12
  2. Einander freundlich ertragen               V.13-14
  3. Füreinander freundlich danken           V.15
  • Das alte und unansehnliche Hemd der Unfreundlichkeit
  • Das neue und reine Kleid der Freundlichkeit
  • Freundlichkeit – weil ich es Gott wert bin
  • Freundlichkeit – weil es mich nichts kostet
  • Freundlichkeit – weil der andere es wert ist

3.4 Predigtveranschaulichungen – wie verdeutliche ich es in dieser Predigt?

Nur ein Buchstabe: Das Wort „Freundlichkeit“ wird im griechischen Urtext chrestos geschrieben, während für Christus das Wort christos steht. Nur ein Buchstabe ist anders. Es ist von daher kein großes Wunder, dass die früheren Heiden Christsein mit Freundlichkeit verwechselten, wie es sowohl damals als auch heute der Fall sein sollte. Gottes Freundlichkeit wurde in Christus veranschaulicht, vorgeführt und verkörpert. Dasselbe sollte sie in uns tun (Quelle: Christlicher Missions-Verlag e.V.).

Zitate:

„Freundlichkeit hat mehr Sünder zur Umkehr gebracht als Eifer, Redegewandtheit oder Gelehrsamkeit.“ (Frederick William Faber)

„Freundlichkeit ist eine Sprache, die Taube hören und Blinde lesen können.“

(Mark Twain 1835 – 1910)

„Freundliche Worte kosten nichts, aber bringen viel ein.“

(Blaise Pascal, französischer Mathematiker, Theologe und Philosoph, 1623-1662)

(Klaus Eberwein)