PREDIGTTEXT: 1.Mose 15,7-21
JAHRESTHEMA: „ICh war fremd“: Gottes Geschichte ist voller „Migrationshintergründe“
Die Erarbeitung dieser Predigt erfordert etliche Stunden an Vorbereitung. Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe deshalb Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht euer eigenständiges Erarbeiten des Bibeltextes. Bei der Vorbereitung dieser Predigt suchen wir nach dem, was der Herr über den Predigttext durch uns sagen will, denn wir verkündigen nur die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufs Herz gelegt wird. Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!
1. SEHEN, WAS DASTEHT
Verschiedene Bibelübersetzungen um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 1984 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Neue Genfer Übersetzung / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung).
1.1 ALLGEMEINE HINWEISE ZUM PREDIGTTEXT
Hilfreiches Basiswissen findet sich z. B. in „Das Alte Testament“ erklärt und ausgelegt von John Walvoord und Roy Zuck (Hänssler-Verlag). Und natürlich in diversen Studienbibeln, von denen man als Verkündiger verschiedene haben sollte.
1.2 HILFEN ZUM VERSTäNDNIS DES PREDIGTTEXTES
Hilfen zur Auslegung bieten z.B.
* Wuppertaler Studienbibel
* Kommentarreihe von Warren W. Wiersbe (Sei gehorsam – entdecke und lerne, wie man im Glauben lebt) Studien das Alten Testamentes 1Mose 12-25
* Hilfreiche Querverweise in die ganze Bibel bietet die Thompson Studienbibel.
* Hilfreiche Infos zum Text liefert hier die MacArthur Studienbibel (gibt es als pdf zum Downloaden auch auf www.sermon-online.de).
Anmerkung:
Der vierte Sonntag im Monat steht dieses Jahr unter unserem Jahresthema „Ich war fremd“. Wir wollen uns aus verschiedenen Richtungen dem Thema „Fremdlingsschaft“, „Flüchtling-Sein“ nähern.
Bemerkenswert ist, dass das Thema „Fremdlingschaft“ geradezu konstitutiv ist für das Selbstverständnis des Volkes Israel und dann später auch für das Selbstverständnis der Gemeinde Jesu.
Adam und Eva waren nach dem Sündenfall und dem „Rauswurf“ aus dem Garten Eden Fremd in der Gottfernen Welt.
Abraham war fremd im Land, das Gott ihm zu geben versprochen hatte. Das war kein Unfall, sondern Gottes Wille: Erst den Nachkommen soll dieses Land wirklich gehören.
Israel war lange Zeit fremd unter der Herrschaft Ägypten, dann die Fremdlingschaft in der babylonischen Gefangenschaft und nicht zuletzt die Zerstreuung Israels in den letzten 2000 Jahren.
Hebr. 11,13: Diese alle sind im Glauben gestorben und haben die Verheißungen nicht erlangt, sondern sahen sie von fern und begrüßten sie und bekannten, dass sie Fremde und ohne Bürgerrecht auf der Erde seien. 14 Denn die, die solches sagen, zeigen deutlich, dass sie ein Vaterland suchen. 15 Und wenn sie an jenes gedacht hätten, von dem sie ausgezogen waren, so hätten sie Zeit gehabt, zurückzukehren. 16 Jetzt aber trachten sie nach einem besseren, das ist nach einem himmlischen. Darum schämt sich Gott ihrer nicht, ihr Gott genannt zu werden, denn er hat ihnen eine Stadt bereitet.
Und doch war Israel nicht Heimatlos: Die Heimat fand Israel immer wieder in der Verheißung des Landes, und in Gott selbst: „Fürchte dich nicht, Abraham; ich bin dir ein Schild, ich werde deinen Lohn sehr groß machen.“ (1. Mos 15,1)
Dieses Heimatverständnis zieht sich bis ins Neue Testament hinein und markiert die Verortung unserer Heimat als Nachfolger Jesu:
Phil 3, 20 Denn unser Bürgerrecht ist in <den> Himmeln, von woher wir auch <den> Herrn Jesus Christus als Retter erwarten, 21 der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichgestalt mit seinem Leib der Herrlichkeit, nach der wirksamen Kraft, mit der er vermag, auch alle Dinge sich zu unterwerfen.
Für uns ist nun bedeutsam, dass sich aus dem „Fremdlingsein“ Israels und aus unserem eigenen „Fremdsein“ in dieser Welt zwei Dinge ableiten:
– Unser Verhalten in dieser Welt:
1. Ptr 2,11
Geliebte, ich ermahne <euch> als Beisassen und Fremdlinge, dass ihr euch der fleischlichen Begierden, die gegen die Seele streiten, enthaltet, 12 und führt euren Wandel unter den Nationen gut, damit sie, worin sie gegen euch als Übeltäter reden, aus den guten Werken, die sie anschauen, Gott verherrlichen am Tage der Heimsuchung!
– Unser Verhalten gegenüber Fremden:
3. Mos 19,33f
Und wenn ein Fremder bei dir – in eurem Land – als Fremder wohnt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken. 34 Wie ein Einheimischer unter euch soll euch der Fremde sein, der bei euch als Fremder wohnt; du sollst ihn lieben wie dich selbst. Denn Fremde seid ihr im Land Ägypten gewesen. Ich bin der HERR, euer Gott.
2. VERSTEHEN, WORUM ES GEHT
Ich schlage vor, als Predigttext aus 1. Mos 15 die Verse 7 – 21 zu wählen, damit der Zusammenhang klar wird.
2.1 HINWEISE FüR SITUATIVE ÜBERLEGUNGEN
Abraham sehnt sich nach der verheißenen Heimat, nach dem verheißenen Nachkommen, nach der Erfüllung der Verheißung Gottes überhaupt. Mitten in den Zweifel, ob Gott seine Verheißung wahrmacht, bekommt er ein neues, bekräftigendes Versprechen Gottes (1. Mos 15, 4f) und einen neuen Bund ( V. 9ff).
Allerdings nicht ohne eine nochmalige Bestätigung, dass das Fremdsein zu Abrahams Existenz und der seiner Nachkommen, des Volkes Israel, ganz und gar dazugehört.
Die Heimat finden Abraham und wir nicht zuerst in der erlebten Besitzergreifung des Landes, sondern in der geglaubten Ergreifung der Verheißung und im Leben in dem von Gott selbst geschlossenen Bund. (vgl. Röm 4, 17-21!!)
2.2 HINWEISE FüR HERMENEUTISCHE ÜBERLEGUNGEN
Die Art und Weise, wie der Bund geschlossen wurde, mutet uns seltsam an: Die Vertragspartner, die den Bund schließen wollten, opferten mehrere Tiere und teilten die Opfertiere so, dass die Teile jeweils einander gegenüber lagen. Dann gingen die Vertragspartner zwischen den Opfertieren hindurch und erklärte dabei, dass sie das gleiche Schicksal erwarten würde wie diese Tiere, wenn sie ihr Wort brechen würden.
Jer. 34,18
Und ich will die Männer, die meinen Bund übertreten haben, die die Worte des Bundes nicht gehalten, den sie vor mir geschlossen haben, wie das Kalb machen, das sie entzwei geschnitten und zwischen dessen Stücken sie hindurchgegangen sind
Eigenartig ist nur: Eigentlich müssten beide „Vertragsparteien“ miteinander zwischen den zerteilten Tieren hindurchgehen. Gott lässt noch auf sich warten. Abraham versucht verzweifelt, die Vögel, die den Bund Gottes „kaputt“ machen wollen, zu verscheuchen. Kämpft er mit Zweifeln und Anfechtungen, die uns auch oft den Bund mit Gott kaputtreden wollen?
Dieser Kampf ist anstrengend und Abraham schläft vor Müdigkeit und Niedergeschlagenheit ein. Und Gott geht – in Form des rauchenden Ofens und der Feuerfackel (Gottes Gegenwart wird öfter in der Bibel durch Feuer und Wolke beschrieben) – durch die Opferstücke hindurch. Der Bund wird von Gott allein geschlossen, der Bündnispartner „Mensch“ fehlt dabei. Das ist ein deutlicher Hinweis auf den Neuen Bund, der auch nur einseitig, von Gott her, geschlossen wurde.
2.3 HINWEISE FüR HOMILETISCHE ÜBERLEGUNGEN
a) Die Diskrepanz zwischen Heimat bei Gott und Fremdsein in dieser Welt sollte aufgezeigt werden.
b) Dabei ist Fremdsein nicht Unfall, sondern Programm.
c) In diesem Fremdsein sind wir aber nicht allein gelassen, sondern unter Gottes Schutz und Fürsorge. (V. 14b)
d) Glaube heißt, sich immer wieder neu zu entscheiden, den Verheißungen Gottes (Heimat, Fürsorge) mehr zu glauben als dem momentan Erlebten. Ist unser Glaube situationsbezogen (das kann uns oft irre machen – wie den Abraham an unserer Stelle) oder verheißungsbezogen (das macht uns still und geborgen in Jesus, dem Bundesgaranten Gottes). Wir müssen die Grundsatzentscheidung treffen: Glaube ich, was ich sehe, oder glaube ich, was ich von Gott höre!
3. SAGEN, WO ES HINGEHT
3.1 PREDIGTZIEL – WARUM HALTE ICH DIESE PREDIGT?
Ich möchte überzeugter Fremdling in dieser Welt sein, aber ganz in der himmlischen Heimat, die Gott verheißt, zur Ruhe kommen.
3.2 PREDIGTTHEMA – WAS SAGE ICH IN DIESER PREDIGT?
Heimat bei Gott trotz Fremdsein in der Welt.
Aa) Wo erleben wir Fremdlingschaft in dieser Welt? Konkrete Beispiele nennen aus der eigenen Erfahrung.
Ab) Wo fällt mir dieses Fremd-Sein schwer?
Ac) Bitte unterscheiden: Fremd-Sein, weil wir zwar in der Welt sind, aber nicht von der Welt (das ist gut). Oder Fremd-Sein, weil wir nicht gewillt sind in der Welt zu sein (das wäre schlecht, denn wir entfernen uns von den Menschen, die Jesus erreichen will).
Ba) Was bedeutet die verheißene Heimat bei Gott für uns.
Bb) Welche Konsequenz ergibt sich für mein Leben, für meinen Lebensstil, für meine Prioritäten, dass mein „Bürgerrecht im Himmel“ ist? (vgl. 1. Ptr. 2,11ff)
Bc) Was ist für mich bestimmende Realität: Heimat bei Gott oder Fremd-Sein in der Welt?
Ca) Finden Menschen, die bei uns als Fremdling leben, diese Heimat, die wir auch als Fremde in dieser Welt bei Gott gefunden haben in Jesus? (vgl. 3. Mos 19,33ff)
3.3 MÖGLICHE PREDIGTGLIEDERUNG
1) Ich gehöre nicht dazu (zur Welt)
2) Ich gehöre dazu (zur himmlischen Heimat)
3) Er gehört zu mir (Der einseitige Bund Gottes mit mir)
4) Sie gehören zu uns (Fremde bei uns)
3.4 PREDIGTVERANSCHAULICHUNGEN – WIE VERDEUTLICHE ICH ES IN DIESER PREDIGT?
Ihre Hände faltend, wiederholte die im Sterben liegende Anna die Bibelstelle, an welcher sich ihr Herz in stiller Freude erquickt hatte: „Denselben werde ich mir sehen, und meine Augen werden ihn schauen und kein Fremder.“ (Hob 19,27) „Käthe“, fuhr die Kranke fort, während ihr die Tränen in die Augen traten, „wenn du wüsstest, welche Seligkeit mir dieser Text den ganzen Morgen über gebracht hat und welchen balsamischen Trost, während ich so große Schmerzen litt! Ich befinde mich im Tal der Todesschatten. Bald wird es mit mir aus sein, ich weiß es; aber mein Erlöser lebt. Er kennt mich persönlich, nimmt sich meiner auch in diesen Stunden an, ich bin bei ihm kein Fremder. Während so viele meiner Bekannten und Freunde von früher jetzt meine Gesellschaft meiden, als wäre ich ihnen ein Fremder, hat auch mein jetziger, elender Zustand mich meinem Heiland und Erlöser doch nicht entfremdet. Er bleibt mir treu in allen Lagen des Lebens, selbst wenn mich alle Menschen verlassen. Ich kann alles verlieren, auch mein Leben; wenn ich nur bis zuletzt selbst glaube und bestimmt weiß, dass mein Erlöser lebt, dann wird er sich meiner an jenem herrlichen Tag der Auferstehung annehmen, als sei ich ihm kein Fremder. Dann werden meine jetzt so müden und trüben Augen im Verklärungsglanz erstrahlen und seine Schönheit, Herrlichkeit und Vollkommenheit bewundern. Dann wird für mich alles Erdenleid vergessen sein; nicht mehr als ein Fremdling im Leben werde ich mir vorkommen, sondern als Hausgenosse Gottes für alles Ewigkeit.“
(Natürlich sollte diese kleine Geschichte in „heutigem Deutsch“ erzählt werden)
Amschel Mayer Rothschild (1743-1812) soll zu seiner Zeit der reichste Mann der Welt gewesen sein. Aber er lebte und starb in einem unfertigen Haus. Der Dachsims seines Hauses war bewusst unfertig geblieben. Damit wollte er bezeugen, dass er sich als ein Fremdling und Wanderer auf dieser Erde verstand. Rothschild war orthodoxer Jude, und nach dem Talmud muss das Haus eines Juden an irgendeiner Stelle unfertig bleiben.
C. H. Spurgeon:
Wenn ich nach Mentone gehe und mich vorübergehend auf französischem Gebiet befinde, kümmere ich mich um die französische Politik nicht. Ich weiß, wer der Präsident der Republik ist, aber die Namen der großen Männer, die ihm zur Seite stehen, weiß ich nicht und wünsche ich auch nicht zu wissen. Wenn ich etwas über Politik hören will, so interessiert mich nur das, was in meinem Vaterland vor sich geht. So ihr Christen, ist euer Vaterland und euer Bürgerrecht im Himmel. Was die Dinge hienieden anbetrifft, so habt ihr nur soweit Interesse dafür, soweit sie sich auf das Reich Gottes und auf das Wohl eurer Mitmenschen beziehen; aber ihr seid keine Parteigänger. Warum solltet ihr auch? Ihr seid Fremdlinge und Gäste, und darum haltet euch fern von dem Parteigezänke, von den Sorgen und von anderen weltlichen Dingen, mit denen sich die Kinder dieser Welt nur allzu sehr beschäftigen.
Am 26. Juli 53 war ein erster Aufstandsversuch unter Fidel Castro gegen das korrupte Batista-Regime gescheitert. Seit seiner Rückkehr aus dem Asyl im Dezember 1956 führte Castro einen Guerillakrieg gegen die Regierung, die sich dem zunehmenden Druck am 1. Januar 1959, gestern vor 40 Jahren, durch Flucht ins Ausland entzog. In deren Gefolge entschieden sich etwa eine Million Kubaner für den Gang ins amerikanische Exil. Der Großteil dieser Flüchtlinge bezeichnet sich auch heute noch als »Exilkubaner«. Sie pflegen Brauchtum und Sprache, so dass die Rückkehr in ihre »Heimat« jederzeit möglich ist. Die Annahme der amerikanischen Staatsbürgerschaft ist für sie undenkbar.
Wenn Christen sagen, ihre Heimat sei im Himmel, und sie seien Fremdlinge auf der Erde, dann sollte man das auch an ihrem Verhalten erkennen. Zum »Brauchtum« der Christen gehörte stets das Abstandhalten vom Bösen und die Hinwendung zu den Schwächeren; weiter, dass man im fremden Land die Flagge der Heimat zeigt, wenn dies auch manche Nackenschläge einbringt. Und die »Sprache« der Heimat sollen sie auch wie die Exilkubaner beibehalten. Christen müssen »anhalten am Gebet« und einander die Heimat lieb und wert machen.
Nur wenn Christen »Brauchtum« und »Sprache« pflegen, werden sie die Hoffnung auf die Heimkehr aufrecht erhalten. Und wenn sie dabei den »Einheimischen« nicht arrogant, sondern mit Respekt und Liebe und dem Gefühl, geduldet zu sein begegnen, werden sie auch diese auf die himmlische Heimat neugierig machen.
Ein Staatspräsident machte in einem fremden Lande einen offiziellen Besuch. Als alle Feierlichkeiten abgewickelt waren, lud er seine Landsleute, die hier im Ausland lebten, zu einer Party ein. Dabei hielt er eine große Rede. Der Inhalt war: „Ihr hier im Ausland vertretet gewissermaßen als Botschafter unsere Heimat. Ihr müsst euch dessen bewusst sein und darum besonders tüchtig, vorbildlich, ehrlich und sauber leben.“ Keinen Augenblick kam der Präsident auf den Gedanken zu sagen: „Weil ihr Fremdlinge seid, könnt ihr hier gar nichts leisten!“ Im Gegenteil! „Weil ihr Fremdlinge seid“, sagt er „werdet ihr besonders tüchtig sein in allem!“