Jahresthema: Wert(e)voll leben. Die Auswirkungen des Heiligen Geistes in unserem Leben.
Predigtthema: Wert(e)voll leben: Sanftmut – mehr als nur stillhalten
Gottesdienst Einleitung: Psalm 37,1-11; Mt 5,3-8; 11,28-30 Vorschläge zur Textlesung
Die Erarbeitung dieser Predigt erfordert etliche Stunden an Vorbereitung. Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe deshalb Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht euer eigenständiges Erarbeiten des Bibeltextes. Bei der Vorbereitung dieser Predigt suchen wir nach dem, was der Herr über den Predigttext durch uns sagen will, denn wir verkündigen nur die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufs Herz gelegt wird. Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!
1. Sehen, was dasteht
Verschiedene Bibelübersetzungen, um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 1984 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Neue Genfer Übersetzung / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung).
1.1 Allgemeine Hinweise zum Jahresthema
Einleitung zum Jahresthema „Wert(e)voll leben“!
Das Ziel: Mit dem Jahresthema wollen wir anhand der Frucht des Geistes (Gal 5,22) auf die christlich-biblischen Werte und Tugenden aufmerksam machen. Das Wortspiel „wert(e)voll leben“ zeigt auf, dass es sich lohnt christliche Werte auszuleben. Werte machen ein Leben wertvoll, sie sind sinngebend und achten die Würde des Menschen als Ebenbild Gottes.Darum wollen wir auf die Auswirkung des Heiligen Geistes eingehen, der diese biblischen Grundwerte im Leben eines Christen verwirklichen will.
Der Anlass: Durch den Wertewandel und -pluralismus unserer Zeit werden christliche Werte zunehmend hinterfragt. Überzeugte Christen, die eine moralische Vorstellung vertreten oder leben, werden belächelt und als altmodisch oder unzeitgemäß verschrien. Diese Diskrepanz christlicher und gesellschaftlicher Normen stellt gläubige Christen (in der Gemeinde, Familie, Erziehung und am Arbeitsplatz) vor große Herausforderungen.
Als Gemeinde Jesu können wir uns daher weder einer Wertediskussion noch einer biblischen Werteverkündigung entziehen.
Die Chance: Das Thema hat eine gesellschaftliche Relevanz. Christliche Werte wie Verlässlichkeit, Treue, Wahrhaftigkeit, Disziplin, Fleiß, Selbstbeherrschung usw. werden durchaus im Alltag und der Gesellschaft geschätzt. Durch gelebte christliche Werte können wir Zeugnis und Licht in der Welt sein.
Auch für die Gemeinde- und Familienarbeit hat dieses Thema Relevanz. Wir können nicht mehr davon ausgehen, dass biblische Werte in Elternhäusern weitergegeben werden oder dort bekannt sind. Darum müssen biblisch-christliche Werte wieder neu verkündigt, erklärt und begründet werden. Dabei muss die Wertevermittlung in Beziehung zur Liebe und zum Willen Gottes gestellt werden, dass daraus nicht nur eine Moralpredigt wird. Aber es ist Gottes ausdrücklicher Wille, dass wir in Christus tugendhaft leben.
„Im übrigen, ihr Brüder, alles, was wahrhaftig, was ehrbar, was gerecht, was rein, was liebenswert, was wohllautend, was irgend eine Tugend oder etwas Lobenswertes ist, darauf seid bedacht!“
Phil 4,8; vgl. Röm 12,1ff
Was sind WERTE?
Der Begriff „Werte“ stammt etymologisch aus dem Germanischen „werþa“ = „Wert, kostbar“. Weiter ist der Begriff verwandt mit germanisch „werþan“ = „werden“ (entstehen). Im Friesischen bedeutet „werþa“ = „würdig“. In der Bibel wird auch der Begriff „Tugend“ gebraucht, was soviel bedeutet wie „vorbildlich“, gute (sittliche) Charaktereigenschaft, anständig, redlich oder sittenhaft.“
Werte bestimmen die soziale Kompetenz, die Charakterbildung und die Persönlichkeit.
Als Christen sind wir davon überzeugt, dass die Bibel universelle, zeitlose, kulturell- und generationenübergreifende Werte/Tugenden vermittelt, die sich in der Menschheitsgeschichte bewährt haben. Christliche Werte haben Völker zivilisiert und humanisiert und prägten staatliche Grundgesetze und Gesellschaftsordnungen. Die christlichen Werte und Tugenden tragen in sich einen menschenwürdigen Charakter.
Neben einer christlichen Wertebildung durch Verkündigung oder Erziehung ist es aber vor allem der Heilige Geist, der das Herz des Gläubigen verändert, der ihm diese Werte zueignet und nachhaltig dazu befähigt, diese auch in der Kraft des Geistes auszuleben.
Das Jahresthema will dazu beitragen, dass wir die „Tugenden dessen verkündigen, der uns aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen hat… (1Pet 2,9ff).
Ausgehend von Gal 5,22 werden die jeweiligen Werte/Tugenden anhand ausgewählter Bibeltexte (Predigttexte) erklärt. Unter einem extra Punkt findet ihr eine zusätzliche Definition aus einem Online-Lexikon, einen Anti-Wert und ergänzende Erklärungen über den jeweiligen Wert/Tugend. Diese helfen das Thema unter weiteren Gesichtspunkten zu vertiefen.
1.2 Hilfen zum Verständnis des Predigttextes
Aebi, E „Kurze Einführung in die Bibel“, Bibellesebund
Grünzweig, Fritz, Edition C Bibelkommentar NT, „2.Timotheus“, Band 19, Hänssler Verlag.
Wiersbe, Warren.W, „Kommentar NT Römer bis Thessalonicher“ Band II, CLV.
Henry, Matthew., Apostelgeschichte bis Offenbarung, 2. Auflage., Waldems: 3L Verlag.
MacDonald, W., Kommentar zum Neuen Testament, 7. Auflage., Bielefeld: CLV.
1.3 Anmerkungen zum Verständnis des Predigttextes
Die achte Tugend, die Gottes Geist in uns bewirken möchte ist „Sanftmut“. Vielleicht eine der schwersten und schmerzhaftesten Tugenden, die Gottes uns lehren und aneignen möchte. Im Ergebnis ist sie aber heilsam und schafft tiefen Seelenfrieden.
Das Wort bedeutet: mild, sanft, demütig und bescheiden. Wird auch mit Freundlichkeit wiedergegeben.
Sanftmut ist die demütige innere Einstellung anderen gegenüber. Das Gegenteil davon ist Hochmut und Stolz.
Auch die Tugenden der Sanftmut, die der Heilige Geist in uns bewirken möchte, entspringt aus dem Wesen Gottes.
Jesus ist das Vorbild für Sanftmut und Demut Mt 11,28-30
- Es ist eine Einladung, welche die Tür weit aufmacht für beladene Menschen
- Es ist ein Joch (Last), das man mit Jesus lernt zu tragen
- Es ist eine Angelegenheit des Herzens und der inneren Einstellung
- Es ist eine verheißungsvolle und wertvolle Tugend Mt 5,3
Sanftmut soll die Charaktereigenschaft eines Christen sein Kol 3,12
- Es ist etwas, wonach der Christ sich ausstrecken soll 1Tim 6,11
- Es ist etwas, das eine tragfähige und liebevolle Gemeinschaft schafft Eph 4,2
- Es ist etwas, das nur der Geist Gottes als Frucht schenken kann Gal 5,22
- Es ist etwas, das Zorn und Streit besänftigt 1Kor 4,21
- Es ist etwas, das uns befähigt nicht uns selbst Recht zu verschaffen 1Pet 3,15
- Es ist etwas, das uns bereit macht Gottes Wort willig aufzunehmen Jak 1,21
Kommen wir zu unserem Predigttext aus 2Tim 2,23-26:
Paulus schreibt in einer sehr persönlichen Weise an Timotheus, seinen geistlichen Sohn im Glauben (2Tim 1,2). Vermutlich befindet sich Paulus im Gefängnis in Rom und steht kurz vor seiner Hinrichtung. Es sind die letzten persönlichen Schriftworte des Paulus an Timotheus, die somit nochmals ein besonderes Gewicht bekommen.
Der Textabschnitt nennt wichtige Charaktereigenschaften, die Gemeindemitarbeiter aber auch allgemein Christen befähigen in Konfliktfällen eine richtige Haltung zu bewahren.
- Sanftmut nimmt sich zurück – göttliche Demut
Paulus rät dem Timotheus, sich im Konfliktfall besonnen zu verhalten. Es geht nicht darum, sich für seinen eigenen Willen und seine Rechte zu verkämpfen. Sanftmut nimmt sich zurück.
V.23 Geh Konflikten überlegt aus dem Weg: Es kommt auch unter Christen zu heftigen und emotionalen Streitigkeiten. Eine harte, streitsüchtige und aggressive Art ist falsch. Auch sind es manche Inhalte nicht wert. Paulus empfiehlt daher einem Streitgespräch, das solche Züge entwickelt, aus dem Weg zu gehen, es im Keim zu ersticken oder gar zurückzuweisen und besser abzubrechen.
- Überleg dir, ob sich der Streit über ein gewisses Thema wirklich lohnt?
- Ist die Streitfrage aufrichtig oder will sie nur einen Konflikt befeuern?
- Geht es dabei nur um Rechthaberei, Befindlichkeiten oder Machtkämpfe?
- Manche Fragen werden vorgebracht, weil die welche sie stellen, sich klug und weise halten, sich darin profilieren oder auffallen wollen.
Sanftmut lässt sich nicht so schnell provozieren, sondern geht in göttlicher Demut solchen Streitgesprächen aus dem Weg. Das gilt allen, aber besonders Gemeindevorstehern (Tit 3,2).
Törichte Fragen: Wenn jemand eine Frage aufrichtig stellt, gibt es keine dummen Fragen.
Fragen sind dann töricht, wenn sie spitzfindig und mit Falschheit gestellt werden, um den anderen ggf. bloßzustellen oder auflaufen zu lassen. Es gibt Themen, da macht es keinen Sinn sie auszudiskutieren. Vgl.1Tim 4,7; 5,11, Tit 3,9-10.
Unverständige oder ungebildete Fragen: Gemeint sind Auseinandersetzungen über Themen, bei denen man ignorant unwissend offensichtliche Tatsachen missachtet. Man diskutiert (bewusst oder unbewusst) ohne rechten Sachverstand. Man sollte daher nicht über Themen streiten, von denen man keine Ahnung hat.
Es entsteht nur Streit: Solche Streitfragen, Wortgefechte oder theologische Schlachten, können Zank, Verbitterung und verletzte Beziehungen nachhaltig hinterlassen. Diese Art ist nicht die Jesus-Art und widerspricht dem Geist der Liebe und Sanftmut.
Sicherlich gibt es auch den Streit, der gekämpft werden muss, wenn es um die Wahrheit des Wortes Gottes geht. Aber selbst da, muss überlegt werden, ob ein ungehaltener Streit zum Ziel führt. Paulus beteiligte sich durchaus an Diskussionen, die mit guten Argumenten geführt wurden (Apg 17,17ff). Und doch ist ein Streiter Christ, der der nicht nur logisch und biblisch überzeugt, sondern am Ende auch Widrigkeiten einfach erduldet und sich zurück nimmt (2Tim 2,3).
V.24 Kämpfe nicht um deinen Willen: Als Christen sind wir Knechte (doulos) des Herrn, die sich um Gottes Willen zurücknehmen können. Schnell ist man geneigt seinem Willen freien Lauf zu lassen. Auf Angriffe zu reagieren, sich zu wehren, verbal zurückzuschlagen – was oft viel einfacher ist. Es ist leichter den Kampfwillen aufzubieten und für das eigene Recht einzustehen, als sich bewusst in Demut zurückzunehmen. Paulus argumentiert schlicht damit, dass ein Knecht des HERRN nicht streiten soll! Das Erinnert uns auch an das Jesuswort zu seinen Jüngern: Mk 10,44.
Auch wenn es hier um Christen in der Mitarbeit geht (z.B. Älteste, Mitarbeiter in der Gemeinde, Prediger, Theologen usw.), so ist Sanftmut eine innere Demutshaltung, die sich alle Christen mehr hinter die Ohren schreiben müssten. Wir sind eben Knechte des Herrn und keine Jünger, die mit Schwertern um sich schlagen (vgl. Petrus in Joh 18,10-11).
2. Sanftmut wartet auf den Herrn – göttliche Hilfe
Sanftmut ist mehr als stillhalten, einstecken und dann innerlich darüber verbittern.
Sanftmut ist ein glaubensvolles Ruhen in Gott. Warten kostet oft mehr Kraft als zurückschlagen.
Die Gefahr besteht, dass wer nur stillhält, innerlich in Verbitterung und Schwermut verfällt (Vgl. Ps 73,2f; Bsp: Jona oder Elia). Man kann in der falschen Haltung warten – aber dann wird am entweder niedergebeugt oder man wird kalt und gleichgültig. Vielmehr ist Sanftmut ein Glaube, der auf die Hilfe und das Eingreifen des Herrn wartet. Bis dahin sollen wir:
Milde sein gegen jedermann: Statt etwas jetzt zu „tun“, sagt Paulus, sollen wir etwas „sein“ – nämlich „milde sein, lehrfähig sein, geduldig sein“. Alle Tugenden des Geistes, wie auch die Sanftmut ist primär ein „Charakter des Seins“ und keine „Tat“. In dem Begriff „milde“ steckt schon das Wort „sanft“. Wir sollen verständnisvoll und milde gegenüber Menschen sein, sie nicht von oben herab oder gar schulmeisterlich behandeln. Das gilt allen Menschen gegenüber gleich ohne jeglichen Unterschied von Sympathie.
Fähig zu lehren: Neben der nötigen Erkenntnis gehört die Fähigkeiten des Lehrens, welche die Zuhörer auf eine milde und sanftmütige Art unterrichtet. Dazu gehören zwei Punkte:
- Das Wissen, das mit der Weisheit gepaart ist, damit die Erkenntnis den Zuhörern entsprechend verständlich vermittelt werden kann.
- Den Charakter, der mit der Sanftmut gepaart ist, damit der Inhalt der Botschaft von den Zuhörern willentlich und gern aufgenommen wird.
Manchmal fehlt es nicht an Wissen und Erkenntnis bei den Lehrern und Verkündigern, sondern an dem entsprechenden Charakter. Das wollen wir uns als Verkündiger von Jesus sagen lassen, dass wir mit Sanftmut lehren und selbst mit Sanftmut auf sein Wort hören (Jak 1,21).
Ertrage geduldige Böses: Es bleibt nicht aus, dass wer Christ ist und Gottes Wort verkündigt auch mit Widerspruch rechnen muss. Manche verneinen das, was du sagst oder wie du es sagst und dass gerade du es sagst. Sanftmut befähigt uns sowas zu ertragen, es anzuhören aber auch selbstkritisch zu prüfen – denn der Kritiker könnte ja auch mal recht haben. Aber mancher böswillige Angriff aus persönlicher Abneigung, Befindlichkeit oder Betroffenheit sucht nur den Streit. Sanftmut erträgt Vorwürfe, üble Nachrede oder Verleugnung – aber sie rechnet auch mit Gottes Hilfe.
3. Sanftmut führt zum Ziel – göttliche Verheißung
Schon in der dritten Seligpreisung verheißt Jesus den Sanftmütigen, dass sie das Land ererben werden (Mt 5,5). Ein verheißungsvoller Ausblick auf ein Land des Friedens und der Ruhe. Die Sanftmütigen erreichen somit die göttliche Verheißung (Ps 37,11) Gerade Psalm 37 ist eine wunderbare Anleitung, sich nicht über andere zu ärgeren, auf den Herrn zu vertrauen und seine Wege Jesus anzubefehlen und stille zu halten und auf ihn zu warten – er wird es machen. Sanftmut geht einher mit warten können bis Gott sein verheißenes Ziel erfüllt.
V.25 Sanftmut im Widerspruch: Sanftmut hält nicht nur still und schweigt, sondern kann vom Herrn beherrscht liebevoll widersprechen. Sanftmut rechnet mit der göttlichen Hilfe, dass auch der, der sich quer gegen eine Sache stellt von Gott zurechtbringen lässt. Ein mildes Wort zur Verteidigung oder Erklärung, kein Ausholen zum Gegenschlag. Nicht Zahn um Zahn, nicht Eins ums Andere draufsetzten, sondern weit hinter seinem eigenen Recht zurückzustehen und das Unrecht ein- bzw. wegzustecken. Und während ich das schreibe, widersteht mir meine innere Natur, die gegen diese Sanftmut aufbegehren möchte. Darum ist auch die Tugend der Sanftmut etwas was der Geist Gottes uns schenken muss.
Sanftmut ist die Art, die Männer und Frauen Gottes auszeichnet, die der HERR gebraucht, um sich in ihrem Leben zu verherrlichen:
- Mose, der nicht vom Zorn sich leiten ließ, als Aaron und Mirjam gegen ihn rebellierten (4Mo 12,3)
- Jesus, der nicht im Hochmut auf einem Pferd nach Jerusalem einzog, sondern demütig auf einem Esel (Mt 21,5)
- Paulus, der gegen irregegangene Korinther Sanftmütigkeit und Milde übt, er muss es tatsächlich üben (1Kor 4,21f)
- Die Frau, die mit Sanftmut ihrem ungläubigen Ehemann zur Umkehr verhilft (1Pet 3,4)
Sanftmut prahlt nicht stolz mit seinem Wissen, pocht nicht auf seine Stellung, noch geizt nach Ehre und Anerkennung.
Sanftmut schafft die Voraussetzung zur Umkehr: Eine sanftmütige Antwort schlichtet nicht nur Streit, sondern ist eine Hilfe für den anderen, seine Fehler einzugestehen und umzukehren (vgl. Spr 15,1). Schnell hat man sich in einem Streit verrannt, sich hineingesteigert – je milder die Reaktion desto einfacher die Umkehr.
Milde ist eine Hilfe für Menschen, die auf dem falschen Weg sind, wieder zurückzukommen (Gal 6,1). Je mehr man solchen Leuten Vorwürfe macht, umso schwerer wird es für sie, ihre Fehler einzugestehen (vgl. das Verhalten des Vaters gegenüber dem verlorenen Sohn Lk 15).
V. 26 Hochmut ist der Fallstrick des Teufels: Schnell verfallen wir in Rechthaberei, in unnötige Streiterei und überheben uns gegen den anderen. Im Streit können Hass, Zorn oder Mordgedanken aufkommen. Streit ist ein machtvolles Instrument des Teufels, um christliche Ehen, Familien oder Gemeinden auseinanderzutreiben. Dabei ist unser eigener Stolz der Anknüpfungspunkt, wo Satan mit seiner Art ansetzen kann. Der Stolz begehrt auf, kämpft bis aufs Blut um sein Recht, redet rücksichtslos gegen andere und versklavt unseren eigenen Willen, so dass wir tun, was wir nicht wollen (Röm 7,15ff).
Das Gegenteil von Stolz und Hochmut ist Sanftmut und Demut. Diese widerstreben einander. Hochmut ist die Tugend und Wesensart des Teufels. Darum sollten wir davon Abstand nehmen und uns die Sanftmut des HERRN durch den Geist Gottes schenken lassen (vgl. Jak 4,6ff).
2. Verstehen, worum es geht
2.1 Hinweise für hermeneutische Überlegungen (Auslegung)
Es ist ein zutiefst seelsorgerliches Thema, das auch den Umgang mit Zorn oder Zornausbrüchen beinhaltet. Viele Menschen haben Schwierigkeiten ihre Gefühle im Zaum zu halten oder brechen z.B. in Jähzorn aus. Andere leiden massiv unter Demütigungen, fallen in Depressionen, weil sie immer nur alles in sich hineinfressen. Wir selbst erleben ja oft ein Wechselbad von hochmütigen und zutiefst gebeugten Gefühlen.
Fehlende Sanftmut führt in vielen Ehen, Familien, bei Kindern und auch in Gemeinden zu viel Leid. Auch christliche Familien sind nicht ausgeschlossen von Streitigkeiten, Missbrauch verbaler Art oder physischer Gewalt. Das sollte in der Auslegung und Anwendung bedacht werden.
Es braucht Sanftmut, diese Themen anzusprechen und das Bewusstsein, dass viele persönlich sehr davon betroffen sind und darunter leiden.
2.2 Weitere Hinweise zum Wert TREUE
Quellen: https://www.values-academy.de/sanftmut/
Wortformen: Sanftheit, Warmherzigkeit, Gutmütigkeit, Milde, Güte, Zartheit, Geduld, Entgegenkommen, Friedlichkeit, Gelassenheit, Herzensgüte, Gemütsruhe, Gleichmut, Zuvorkommenheit, Einfühlungsvermögen, Freundlichkeit
Ähnlich: Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft, Aufmerksamkeit, Herzlichkeit, Gnade
Wortherkunft: Aus den Worten „sanft“, aus mittelhochdeutsch „sanft“ = „angenehm, mild“ und „Mut“, aus mittelhochdeutsch „muot“ = „Gemüt, Temperament“.
Definition: Eine ruhige, friedliche und ausgeglichene Wesensart mit wohlwollender Gesinnung.
Beschreibung: Eine Charaktereigenschaft von Personen, deren Art und Weise im Allgemeinen durch ein gewisses angenehmes und geduldiges Verhalten auffällt. Es ist weniger eine sporadische als vielmehr eine konstante Grundverhaltensform eines Charakters.
Sich Sanftmut anzueignen ist für die meisten Menschen schwer, da wir kulturell bedingt, gegenläufige Eigenschaften, wie zum Beispiel ungeduldiges Handeln, überhöhte Zielstrebigkeit besitzen und Erwartungen haben. Dadurch entsteht Unzufriedenheit, die sich durch Gereiztheit oder gar Aggressivität ausdrückt. Einer der Gründe hierfür, ist der allgemeine Leistungsdruck, welcher durch schneller werdende Entwicklungen und Konsumsucht verursacht werden kann. Sanftmut kann durch Dankbarkeit und Demut erzeugt werden.
2.3 Hinweise für homiletische Überlegungen (Anwendung)
Gottes Geist möchte uns handlungsfähig machen – das ist mehr als nur reagieren.
Jesus möchte uns Sanftmut lehren – dazu hat er uns zwei Dinge bereitgestellt:
- Im Alltag stellt er uns vor Herausforderungen, die unser Übungsfeld für Sanftmut sind.
- Er hat uns den Heiligen Geist geschenkt, der uns lehrt, mehr nach Jesu Willen zu handeln, statt nur aus Gefühlen heraus zu reagieren.
Sanftmut und Demut praktisch nachgefragt:
- Wie reagieren wir auf Wortstreitigkeiten – kann ich dem aus dem Weg gehen?
- Neige ich dazu in Konflikten aggressiv und hart zu werden – bete, dass Gottes Geist dich beherrscht!
- In welcher inneren Grundhaltung begegne ich Menschen – kann ich jedem mit Sanftmut begegnen?
- Wo reagiere ich selbst negativ auf Provokationen – wie kann ich gelassen bleiben?
- Warum hast du im Streit immer das letzte Wort – versuche mal darauf zu verzichten?
- Ertragen wir es geduldig, wenn andere schlecht über uns reden – kann ich auch mal üble Nachrede über mich ergehen lassen?
- Wie können wir dazu beitragen, in der Gemeinde eine gute Streitkultur zu schaffen, ohne dass eine ungesunde Atmosphäre entsteht?
- Versuche Zorn- und Rachegedanken durch bewussten Blick auf die Sanftmut Jesu zu unterdrücken und zu kanalisieren – bleib mit Jesus unter seinem Joch.
3. Sagen, wo es hingeht
3.1 Predigtziel – warum halte ich diese Predigt?
Unser Leben läuft nicht konfliktfrei ab – in den verschiedensten Lebensbereichen (Familie, Arbeit oder Gemeinde) kommt es zum Streit. Sanftmut ist eine Tugend, die Gott uns aneignen möchte, um gerade in Auseinandersetzungen gut und richtig handeln zu können. Es lohnt sich über Sanftmut nachzudenken.
3.2 Predigtthema – was sage ich in dieser Predigt?
Eine gute Zusammenfassung schreibt D. Martyn Lloyd Jones:
„Diejenigen, die wirklich sanftmütig sind, sind verblüfft darüber, dass Gott und andere Menschen so gut von ihnen denken und sie so gut behandeln.“
Sanftmütige Menschen sind nicht um ihre Ansprüche, um ihren Rang und um ihre Position besorgt. Ihre Sorge besteht darin, ihre Pflicht vor Gott zu erfüllen und sich immer wieder an Gott zu wenden, um von ihm Hilfe, Ausrichtung und Freude zu empfangen. Somit braucht ein sanftmütiger Mensch keine Komplimente, um für eine gute Sache seine Arbeit fortzusetzen. Er hat die Kraft dazu aus einer tiefen Verpflichtung und Hingabe an Gott und an die Wahrheit heraus.
Die Sanftmütigen sehen viel mehr auf das, was sie genießen, als auf das, was ihnen vorenthalten wird. Sie glauben eher, dass sie es besser haben, als sie es verdient hätten, als zu denken, dass jemand sie ausnutzt. Die Sanftmütigen lassen sich lieber verletzen, als dass sie jemand anderem Schmerzen zufügen. Das ist der wahre Charakter Gottes (1. Petr. 2,23). (Quelle: John M. Drescher, „Frucht des Geistes“)
3.3 Predigtentfaltung – wie sage ich es in dieser Predigt?
- Sanftmut nimmt sich zurück – göttliche Demut
- Sanftmut wartet auf den Herrn – göttliche Hilfe
- Sanftmut führt zum Ziel – göttliche Verheißung
Es geht um´s SEIN und nicht ums TUN…
- Milde sein – mit Sanftmut begegnen
- Fähig sein – mit Argumenten unterweisen
- Geduldig sein – mit Ruhe Böses ertragen
Jesus ist das Vorbild für Demut und Sanftmut Mt 11,28-30
- Es ist ein Joch (Last), das man mit Jesus lernt zu tragen
- Es ist eine Angelegenheit des Herzens und der inneren Einstellung
- Es ist eine verheißungsvolle und wertvolle Tugend
3.4 Predigtveranschaulichungen – wie verdeutliche ich es in dieser Predigt?
Sanftmut stärker als Gewalt:
Als man im Jahr 1796 in Württemberg mit Sorge den Einfall eines französischen Heeres erwartete, wollte die Tochter des Pfarrers Flattich in Münchingen die Türen durch Querhölzer versperren lassen. Als das der alte Vater sah, sprach er: „Ach, das sind Possen! Hereinlassen muss man sie und ihnen mit Freundlichkeit begegnen.“
Als nun die Soldaten nach Münchingen kamen, gingen sie alsbald auf das Pfarrhaus los. Hier aber waren die Türen sperrweit offen, und als ein Trupp hereintrat, erhob sich der ehrwürdige Greis freundlich von seinem Großvaterstuhl, legte ihnen sämtliche Schlüssel auf den Tisch und lud sie in französischer Sprache ein, sich aus dem Hause zu nehmen, was ihnen gefällig sei. Da waren die Soldaten so verblüfft, dass sie sogar das, was sie bereits vorher im Hause geplündert hatten, zu den Schlüsseln hinlegten und sich eiligst entfernten.
(Quelle: Er ist unser Leben: Beispiel- und Stoffsammlung für die Verkündigung,
Martin Haug, 1941, Beispiel 1975)
Durch Sanftmut wirst du mehr gewinnen als durch Gewalt und Ungestüm. (Jean de la Fontaine)
Sanftmut ist kontrollierte Kraft. (John Fullerton MacArthur)
Ein Christ ist ein solcher Mensch, der gar keinen Hass noch Feindschaft wider jemand weiß, keinen Zorn noch Rache in seinem Herzen hat, sondern eitel Liebe, Sanftmut und Wohltat. (Martin Luther)
(Klaus Eberwein)