Matthäus

Predigthilfe vom 27.1.2008 – Matthäus 9, 36-38

Monatsthema: Leben nach der Berufung des Herrn
Predigtthema: SOS – deshalb konsequent im Gebet leben

Bibelstelle: Matthäus 9, 36-38

Verfasser: Eckhard Löffler

Vorbemerkungen
Ein typischer Missionstext? Wenn dringend Mitarbeiter in der Gemeinde gebraucht werden, oder die Äußere Mission „dran“ ist, ein gern zitierter Text. Seltsamerweise wurden kaum Predigten dazu veröffentlicht.
Luthers Überschrift „Die große Ernte“ entspricht nicht ganz dem Text.

Erklärungen und Tipps:
V 35 Galiläa war sein erster Wirkungsbereich. „Jesus GING zu …“. Er suchte selbst den Kontakt zu den Leuten. Manche Glaubenserfahrungen kann man auch nicht im Gottesdienst oder auf dem Sofa machen. Wer keine Schritte wagt und auch tut, erlebt wenig. (1)
Jesus suchte gern die Synagogen auf und lehrte. (2)

V 36 Wenn die Massen strömen, freut sich die Gemeinde. (3)
Gottes Volk, alle Gemeinden vor Ort sind unvollkommen. Beispiele noch und nöcher. In JEDER Gemeinde gibt es Anlässe zum Jammern. (4)
Jesus bringt es auf den Punkt: Ein Volk ohne Hirte.
SCHAFE (5): Ein altes Bild für Israel. Der erste Eindruck von den „versagenden Hirten“ wirft natürlich zuerst die Blicke auf die zuständigen Gemeindeleiter. Pharisäer und Schriftgelehrte hatten versagt.
Eine zweite, biblisch fundierte Erklärung (Prof. Dr. G. Maier) steht daneben: Gott selbst ist der Hirte und sein Volk ist „verschmachtet, verirrt“, ohne Verpflegung.
Gott wird im AT oft als Hirte genannt (Ps 23, 1; 80, 2; Jes 40, 11; 53, 6; Hes 34, 12ff.; Sach 13, 7; Mt 18, 12ff; Jo 16, 1ff; 1. Petr 2, 25; 5, 4; Hebr 13, 20). Wenn die WEGWEISER fehlen, sind „Schafe, die keinen Hirten haben“, übertragen also Leute ohne Gott (6), jeder Verführung und jedem Angriff in dieser Welt ausgeliefert.

Zwei Auslegungsmöglichkeiten:
1. „So wurde das jüdische Volk von Pharisäern und Schriftgelehrten in Gefahr gebracht und verraten… Pharisäer, die eigentlich Hirten hätten sein sollen, hielten die Schafe sogar davon ab, dem wahren Hirten zu folgen.“ (Walfoort-Kommentar). Seitdem waren es Leiter, die ihren Auftrag nicht ordentlich wahrgenommen haben. Beispiele bis in unsere Zeit sind vorhanden.
2. Gerhard Maier zieht eine andere Deutungsmöglichkeit vor: „Sie geht davon aus, dass Gott selbst im AT als Hirte Israels dargestellt wird und dass auch Gottes Sohn im NT als Hirte bezeichnet wird (vgl. Ps 23, 1; 80, 2; Jes 40, 11; 53, 6; Esra 34, 12ff.; Sach 13, 7; Mt 18, 12ff.; Jo 16, 1ff.; 1. Petr 2, 25; 5, 4; Hebr 13, 20). Dann sind die „Schafe, die keinen Hirten haben“, die von Gott geschiedenen Menschen Israels. Für diese Deutung spricht Jes 53, 6, das aus einem Kapitel stammt, das für Jesus besonders wichtig war, und vor allem 1. Petr 2, 25, aber auch Mt 26, 31.“

V 37 ERNTE ist ein Bildwort. Es bezeichnet 1. das Gericht Gottes (Jes 63, 3ff; Hos 6, 11; Joel 4, 13; Mt 13, 30ff; Mk 4, 29; Offb 14, 15), 2. aber auch Gottes Ertrag im positiven Sinn (Jes 5, 1ff; Mt 13, 23; 20, 1ff; Lk 10, 2; Jo 4, 35). Hier passt nur die zweite Möglichkeit und berührt die MISSION. (7)
Arbeit hat mit Anstrengung, Konzentration und Durchhalten zu tun, zielt auf ein Ergebnis. G. Maier: „Der Einsatz für Gott ist kein Spaziergang, kein Spiel, keine Selbstbefriedigung. Er ist auch Mühe und Plagerei um Gottes und seiner Ziele willen.“ Im Reich Gottes wird auch bedrängt, verfolgt und sogar gestorben.

V 38 Eine Erinnerung an die ALLEN Christen anvertraute Mission (Lk 10, 3; Apg 1, 8). KRITIK an der Mission gab es zu allen Zeiten von seiten der Welt (verständlich), aber auch aus den Reihen der Christenheit (unverständlich!). Viele Verirrungen in der Vergangenheit werden zitiert. „Im Namen Jesu“ wurde auch Gewalt angewendet. „Liebet eure Feinde“ hatte er gesagt, und „Mission“ mit dem Schwert oder ein Überstülpen von Verhaltensweisen mit kultureller und wirtschaftlicher Überlegenheit war und ist Unrecht.
Aber dies ist auch keine „Stellenanzeige“ für die Mitarbeit am Reich Gottes, auch kein Aufruf an Mitarbeiter, MEHR zu tun. Gesucht werden keine begabten Chefs und Leitertypen, sondern „Arbeiter“, die selbst anpacken, was nötig ist. Die nicht nur bereit sind, sich selbst schmutzig zu machen, sondern auch noch mit Dreck von außen beworfen werden können. Dabei geht s um eine stille Treue, die auf Ehrungen verzichten kann (1. Ko 15, 58).
Die Bilanz der Stellenzahl: ZU WENIGE für 6,7 Milliarden Menschen. Gut 1000 evangelische, deutsche Missionare sind wie ein Tropfen auf einen heißen Stein.
Aber auch in heimischen Gemeinden sind Mitarbeiter Mangelware.

Dieser Mitarbeitermangel wird nicht durch Appelle oder „Zwangsrekrutierungen“ beantwortet. (8)
Gott selbst darf und will gebeten werden. Er wird die Richtigen willig machen und sie aussenden, wörtl. „hinausschicken, hinaustreiben“. An SEINEM Segen ist tatsächlich alles gelegen. Eine Aussendung durch Gemeindeleitung oder Kirche reicht nicht, wenn der Herr der Ernte nicht den Auftrag gab.
Dann sind auch „Fehlschläge“ Gottes Sache. (9)
Die Ernte ist Gottes Sache, unsere das Gebet.
Vielleicht sind die Gebetsversammlungen die am schlechtesten besuchten Rreffen der Gemeinde, weil der Feind weiß, dass hier das Herz einer lebendigen Gemeinde schlägt.

Gliederungsvorschlag (nach Dr. Gerhard Maier)
1. Verlorene Menschen
2. So fühlt Gott – (Erbarmen)
3. Der Ruf zur Mission
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Fußnoten
(1) Gemeinden, die ihr Gottesdienstprogramm hervorragend vorbereiten und durchführen, verfolgen oft ein KOMM-Prinzip. GEMEINSAM, – nicht unbedingt persönlich, – möchte man Außenstehende durch besondere Angebote anziehen. Jesus macht eher das HINGEHEN vor.
Gemeindemitglieder und Prediger sollten HINGEHEN. Die Herzen der Gottesdienstbesucher werden selten durch eine hervorragende Predigt existentiell getroffen. Hingehen!
(2) Nach der Bar Mitzwa (12Jahre) durfte der Jude am Gottesdienst teilnehmen, Bibeltexte vorlesen und sie auslegen. Nach dem Aufbau der Synagogengottesdienste gestalten sich bis heute in Kirche und Gemeinschaft die sonntäglichen Versammlungen: Singen, Beten, Bibellesung, Auslegung, Bekanntmachungen.
Allerdings beriefen sich die Rabbinen (jüd. Schriftgelehrte) auch auf autoritative Auslegungen ihrer Vorgänger. TRADITION wurde wichtig und mittlerweile „der Schrift gleich geachtet“.
Ein gutes Beispiel ist die Katholische Kirche. Traditionen (Himmelfahrt der Maria, Unfehlbarkeit des Papstes, Heiligsprechungen, u. a.) werden NEBEN der Bibel als gleichwertig geachtet und kommen den christlichen Wünschen nach ERFAHRUNGEN entgegen. Weihwasser ist spürbar, hervorragende Kirchengebäude lassen jeden erstaunen, Prozessionen mit nur „einem Blutstropfen Christi“ (Weingarten) kommen bei Gläubig und Ungläubig an.
Das Volk will und muss abgeholt werden. Das WIE muss zu den Hauptthemen der Gemeinde gehören.
(3) Wortverkündiger können stolz sein, wenn man ihnen am Ausgang Danke sagt. Wenn sogar Verantwortliche ihnen beteuern, dass sie es „können“. Jeder hört aber nicht jedem gern zu. Die Chart-Listen in den Herzen der Zuhörer können auch vom „bibelwörtlichen“ Getroffensein ablenken.
(4) Der frühere Ministerpräsident der UdSSR Chruschtschow klagte als Nichtchrist: „Wir wären schon lange weiter, wenn nur die Menschen nicht wären.“
(5) In der Bibel wird das SCHAF oft als Bild für den der Leitung, der Pflege und des Schutzes bedürftigen Menschen gebraucht, der, sich selbst überlassen, verloren geht (2. Sam 24, 17; 1. Kö 22, 17; Jes 53, 6; Hes 34; Mt 9, 36; 10, 6; 15, 24; 26, 31). Er ist Gegenstand der göttlichen Erbarmung und Fürsorge (Ps 77, 21; 78, 52; 95, 7; 100, 3; 119, 176; Hes 34,11-16) und der Liebe Jesu, der als der GUTE HIRTE sein Leben für die Schafe lässt (Jo 10, 2-16; 21, 16f; 1. Petr 2, 25).
Schafherden befinden sich fast immer unter freiem Himmel (Dan 4, 22; 5, 21). Nachts nimmt man sie in Hürden, ummauerte, aber nicht überdachte Schutzplätze (4. Mo 32, 24; 2. Chr 32, 28; Mi 2, 12; Lk 2, 8). Zur besseren Übersicht werden bei den Hürden manchmal besondere Wachttürme oder Herdentürme errichtet (2. Chr 26, 10). Zur Bewachung der Herden bedient man sich der Hunde (Hiob 30, 1; Jes 56, 10).
Auf der Wanderung mit seiner Herde ist der Hirt für die Tiere verantwortlich, muss für deren Schaden oder Verlust sogar Ersatz leisten (2. Mo 22, 9-14). So zählt er sie morgens und abends (3. Mo 27, 32), indem er sie unter seinem Stab hindurchgehen lässt. Sein Augenmerk hat er nicht nur auf geeignete Futter- und Wasserstellen zu richten (Ps 23, 2), zu denen er die Tiere führt, sondern auch auf Gefahren, die der Herde durch Raubwild wie Löwe, Bär und Wolf (1. Sam 17, 34ff; Amos 3, 12) oder Räuber (1. Sam 25, 7) drohen. Das Nomadendasein bringt es mit sich, dass zwischen den Hirten verschiedener Herden öfter Streitigkeiten um Wasser- und Weideplätze ausbrechen (vgl. 1. Mo 26, 20). Der Hirt ernährt sich auf seiner Wanderung von der Milch der Herde und den Lebensmitteln, die er in seiner Hirtentasche bei sich führt. Als Waffe führt er neben einer Keule die Schleuder. (Zum Teil aus Lexikon zur Bibel, Rienecker)
(6) Wie würde meine Gemeinde erscheinen?
(7) Viele Missionslieder, die heute nicht mehr „in“ sind, nahmen den Auftragsgedanken auf: Alle aus „Ich will dir danken“: 302 Brüder auf zu dem Werk; 288 Seid fröhlich in der Hoffnung; 318 Die Sach ist dein; 320 Hast du Jesu Ruf vernommen; 321 Jesus, ich will gehen, sende mich; 322 Wir schämen uns der Botschaft nicht; 324 Jesus sucht Leute; 325 Stimmt zu Gottes Ehren; 327 Vom Aufgang der Sonne; 329 Wach auf, du Geist der ersten Zeugen.
(8) „Mitarbeiter xy ist leider weggezogen. Wir dachten, DU machst das jetzt mal weiter. Der Herr ist bei dir.“ Jeder Mitarbeiter sollte gewonnen, eingeführt, angeleitet und ermutigt („umbetet“) werden. Vor allem muss er die Gewissheit haben, am richtigen Platz zu sein.
(9) Nicht wenige Missionare (besonders aus muslimisch geprägten Ländern) kommen nach Jahrzehnten zurück in die Heimat mit dem Eindruck: „Kaum was bewegt und überwiegend vergeblich (1. Thess 2, 1; 3, 5) gearbeitet.“ Wären sie aus Abenteuerlust und Interesse an fremden Kulturen, eben auf eigene Faust gegangen, könnte das so sein. Aber Gott steht für die Ernte ein.
Kein Mitarbeiter kann auf längere Sicht aus eigener Kraft wirken. Die Batterien sind bald leer. Erst wenn Gott die Verantwortung übernommen hat, dürfen seine Mitarbeiter jedes Auf und Ab IHM im Gebet vermitteln und sicher sein, dass er es schon recht machen wird (Ps 37, 5.7; Mt 7, 7f; 1. Petr 5, 7).