Galater

Predigthilfe vom 21. Juli 2019 – Galater 6, 1-18

Predigtthema: Glauben heißt, das Gesetz des Christus zu leben

Die Erarbeitung dieser Predigt erfordert etliche Stunden an Vorbereitung. Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe deshalb Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht euer eigenständiges Erarbeiten des Bibeltextes. Bei der Vorbereitung dieser Predigt suchen wir nach dem, was der Herr über den Predigttext durch uns sagen will, denn wir verkündigen nur die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufs Herz gelegt wird. Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!

  1. Sehen, was dasteht

Verschiedene Bibelübersetzungen um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 1984 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Neue Genfer Übersetzung / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung).

1.1 Allgemeine Hinweise zum Predigttext

Wir sind am Ende der Galater-Predigtreihe. Gal 6,1-10 führt aus, wie die Frucht des Geistes aus Gal 5 konkret in der Gemeinde gelebt werden kann. Gal 6,11-18 hingegen ist der eigenhändige Briefschluss von Paulus. Die Herausforderung in der Predigt ist es, nicht nur die bekannteren ersten Verse aus Gal 6 zu behandeln und sich auch nicht nur auf die ersten 10 Verse von Galater 6 zu beschränken, sondern gleichzeitig einen Abschluss für die Predigtreihe zu gestalten. Deshalb sollten auch die letzten Verse nicht ganz vernachlässigt werden. Gal 5,26 kann als Übergang zu 6,1-10 verstanden werden. Während in Kapitel 5 die Frucht des Geistes beschrieben wird, zu der nach Vers 26 die Ruhmsucht nicht passt, wird in Kapitel 6 der konkrete Umgang mit den Geschwistern – ohne Ruhmsucht – erläutert.

In Predigttext sind keine größeren exegetischen Probleme. Im ersten Teil muss beachtet werden, um was für „Lasten“ es in erster Linie geht, damit das Wort nicht weiter ausgedehnt wird, als der Text es zulässt. Diskutiert wird in der zweiten Hälfte, ob die Aussage in Vers 11, dass Paulus selbst schreibt, auf den ganzen Brief oder nur die Abschlussverse bezogen sind. Außerdem ist umstritten, worauf sich das „Israel Gottes“ in Vers 17 bezieht. Beide Stellen sind zwar herausfordernd in der Auslegung, aber für den inhaltlichen Schwerpunkt im Predigttext nicht wichtig (näheres unten in der Textauslegung).

1.2 Hilfen zum Verständnis des Predigttextes

Hilfen zur Auslegung bieten z.B.

*   Krimmer, Heiko, Galater (Edition C), 2007: Auslegung und Anwendung

*   Mußner, Franz, Der Galaterbrief (Herders), 1974: ausführliche Auslegung

*   Ouweneel, W. J., Der Brief an die Galater, 1998: Auslegung und Anwendung

*   Stott, John, Galatians.1998: Fragen zum Text und Anwendungsideen

1.3 Anmerkungen zum Verständnis des Predigttextes

Vers 1:

Die positive Anrede als Geschwister, die immer wieder im Galaterbrief auftaucht, ist nicht zu vernachlässigen. Trotz der schwierigen Situation bei den Galatern betont Paulus gegenüber den Geschwistern dort: Ihr seid Geschwister, wir sind eine geistliche Familie. Bei dem Menschen, der von einem Fehltritt übereilt wird, geht es hier um einen Bruder aus der Gemeinde.

Das Wort „Fehltritt / Übertretung“ macht deutlich, dass die Sünde für Christen nicht mehr das Übliche ist. Die Sünde hat ihre Macht verloren, es passieren nur noch einzelne Fehltritte, Ausrutscher oder Strauchler.

Das erste Verb, meist mit „ereilen“ übersetzt, taucht sonst im Neuen Testament nicht im Passiv auf, sondern nur in aktiver Form. Als aktives Verb bedeutet es ergreifen, erfassen, betreffen. Es wird kontrovers diskutiert, wie das Verb hier zu verstehen ist (vgl. Mußner, 397). Zwei Möglichkeiten gibt es grammatikalisch: Entweder der Fehltritt als „Handelnder“ – der Mensch wird von dem Fehltritt ereilt, also die Sünde überkommt, überrascht den Christen plötzlich (so die gängige Übersetzung). Die andere Möglichkeit ist: Der Handelnde wird nicht direkt genannt – der Mensch wird bei einem Fehltritt ereilt, überrascht, also auf frischer Tat von einem anderen Menschen ertappt. Beide Übersetzungen sind gut möglich und es lässt sich nicht sicher entscheiden. Die zweite Variante scheint mir aber besser in den Kontext zu passen: Der Christ wird bei einem Fehltritt von einem anderen ertappt, dieser soll ihn dann wieder zurechtbringen.

Die Benennung als „Geistliche“ steht hier wahrscheinlich nicht für Christen allgemein im Gegensatz zu Nichtchristen wie sonst an einigen Stellen, sondern bezieht sich auf diejenigen, die dem anderen ein Geistlicher werden, weil sie ihn in seinem Fehltritt zurechtbringen und helfen. Geistliche sind hier also eher in Anschluss an 1Kor 3,1-3 als mündige Christen aufzufassen, die dem anderen helfen. Es geht hier somit nicht um wahre und falsche Christen, sondern um Geschwister, die einen Fehltritt machen. Vgl. 2Thess 3,15: „Haltet ihn nicht für einen Feind, sondern weist ihn als einen Bruder zurecht.“

„Im Geist der Sanftmut zurechtweisen“: Geist der Sanftmut knüpft an Gal 5,23 – eine Frucht des Geistes – an. Bei Geist ist hier aber wahrscheinlich nicht an den Heiligen Geist gedacht, sondern an den Geist / die Gesinnung der Sanftmut wie in 1Kor 4,21. Sanftmut ist eine zurechtbringende, nicht vernichtende, sondern suchende Einstellung. Wie Gott uns Menschen nicht einfach vernichtet, sondern sucht und uns auf den richtigen Weg bringen will, so sollen auch wir miteinander umgehen. Liebevolle Zurechtweisung kann allerdings bis zum Ausschluss gehen (1Kor 5,7). „Zurechtweisen“ wird teilweise auch als medizinischer Fachbegriff für das Einrenken eines ausgerenkten Glieds verwendet, was man gut als Bild verwenden kann.

Der abschließende Satz in Vers 1 wechselt zu der direkten Ansprache: Du, schau auf dich selbst! Bei all dem darf man seine eigene Versuchlichkeit nicht aus dem Blick behalten und soll selbst kritikfähig sein (vgl Mt 7,1-6). Christen sind zwar eine Gemeinschaft von Gerechtgesprochenen, allerdings von immer noch sündigenden Gerechten, deswegen gibt es kein Grund zu Hochmut oder Stolz (im Gegensatz zu 5,26 formuliert).

Wer darf also den Bruder zurechtbringen? 1. Er muss geistlich sein; 2. einen Geist der Sanftmut haben; 3. auf sich selbst sehen, kritikfähig sein (vgl. Ouweneel, 362). Zum Zurechtweisen des Bruders vgl. auch Jakobus 5,19f.

Vers 2:

Vers 2 hat kein einleitendes Wort (asyndetischer Anschluss) und ist somit direkt in Zusammenhang mit Vers 1 zu verstehen. Er beginnt mit „einander“ – ein weit verbreitetes Wort im Neuen Testament. Nächstenliebe sollte auf Gegenseitigkeit beruhen innerhalb der Gemeinde, Gegenseitigkeit, die wir uns oft wünschen. Bei Lasten geht es hier im Text also in erster Linie um die Sünden der Geschwister. Allerdings kann Sünde oder Fehltritte ganz unterschiedliche Formen annehmen wie Zweifel, Gewissensbisse (Römer 15,1 – die Schwachen), Frustration, Konflikte oder Ähnliches, was alles unter Lasten fällt, bei denen man sich gegenseitig zurechtbringen soll.

Was ist mit dem Gesetz des Christus gemeint, das man hierdurch erfüllt? Hier ist an Gal 5,14 zu denken, wo Paulus das ganze Gesetz in der Nächstenliebe zusammenfasst, die Christi Gesetz ist. So wie Christus am Kreuz unsere Sünden getragen hat, so üben wir das Gesetz Christi aus, wenn wir die Sünden der Geschwister mittragen, ertragen und zurechtbringen (nicht nur Mitleid haben!). Das Gesetz Christi darf hier nur teilweise als Gegensatz zum Sinai-Gesetz verstanden werden. In Lev 19,18 finden wir auch schon das Gesetz der Nächstenliebe. Aber Christus hat dieses Gebot der Nächstenliebe erfüllt und wir dürfen ihm und seinem Gesetz nacheifern. Das Sinai-Gesetz somit ist der „Weg zum Heil“, den Christus erfüllt hat. Deshalb sind wir durch Christus errettet und Christi Gesetz ist die „Frucht des Heils“ (vgl. Ouweneel, 364).

Vers 3:

Was bedeutet „wer meint, etwas zu sein“? Dieser Vers knüpft wieder an 5,26 an: Wer prahlerisch, ruhmsüchtig ist, den anderen herausfordert, der hält sich für mehr, als er ist und gilt. Der Wunsch nach Bedeutung und Wert ist zwar tief im Menschen verankert, aber Paulus ist ganz deutlich: Wer sich für etwas hält, der liegt falsch. Wer sich selbst rühmt, der täuscht sich selbst (vgl. 1Kor 4,6f). Wer sich wie die Pharisäer für gut genug hält, der geht verloren (vgl. Lk 18,9-14). Ein gutes Beispiel hierfür ist auch die Gemeinde in Laodizäa (vgl. Offb 3,17), die meint, sie brauche nichts mehr. Wer hingegen Christ werden und sein will, muss anerkennen, dass er aus sich selbst heraus nichts ist, wie der sündige Zöllner im Gleichnis Jesu. Wir stehen in der Gefahr der Selbsttäuschung. Vielleicht knüpft Paulus hier auch noch an die sogenannten „Angesehenen“ aus Galater 2,6 an, die etwas auf sich halten.

Vers 4:

Vers 4 zeigt den Ausweg aus der Selbsttäuschung in Vers 3 auf: Sich selbst hinterfragen und hinterfragen lassen. Was ist, wenn man bei der Selbstprüfung auf ein positives Ergebnis kommt wie der Reiche in Lk 18,18ff? So wie Jesus den Reichen dort überführt, so kann auch Gottes Wort uns überführen von falschem Hochmut. Wer sich einbildet, etwas zu sein, sich selbst nur mit dem anderen vergleicht, der kann dem anderen nicht wirklich helfen. Der Christ soll sich selbst prüfen, um dann dem anderen in Demut helfen zu können.

Die zweite Hälfte des Verses könnte ironisch gemeint sein: Man kann sich vor sich selbst rühmen, wenn man sich prüft, aber sobald man vor andere kommt, wird offensichtlich: Wir haben nichts zu rühmen. Es gibt zwar auch ein positives Rühmen hier auf der Erde im Herrn (2Kor 10,17), allerdings passt dazu das Rühmen „bei sich selbst“ hier nicht gut. Da das Verb „haben“ hier aber im Futur steht, scheint mir der zweite Satz zusammen mit Vers 5 nicht nur eine logische, sondern auch eine eschatologische Folge zu sein: Wir werden vor Gott Ruhm empfangen, weil er uns im Gericht freispricht. Also: Wer sich selbst prüft und eingesteht, dass er nichts wird, der erhält zwar keinen Ruhm vor anderen Menschen, aber er erhält den Ruhm für sich selbst von Gott im Endgericht.

Vers 5:

Das Wort für Last in Vers 5 ist ein anderes als noch in Vers 2. Einige Ausleger meinen deshalb, bei Last wie auch in Vers 2 ein weiteres Verständnis zu finden: Es gehe allgemein um Schwierigkeiten in der jetzigen Zeit. Mir scheint es im Kontext aber sinnvoller, die Last als Sünde und Sündenstrafe zu verstehen, da es thematisch besser passt, das Verb hier wie in Vers 4 im Futur steht (eine mögliche modale Übersetzung passt nicht so gut) und in Vers 7 und 8 es dann eindeutig um die Zukunft nach dieser Erde geht. Wie in Vers 2 noch von den Lasten und Fehltritten des anderen die Rede war, die wir gemeinsam ertragen sollen, so macht Paulus jetzt deutlich: Jeder hat seine eigene Last, seine eigenen Fehltritte, seine eigenen Sünden.

V5 ist also mit V4 eschatologisch zu verstehen: Jeder wird seine eigene Last zu tragen haben. Wir werden alle einmal vor dem Richterstuhl Gottes stehen und unsere Werke kommen zutage (Röm 2,6). Deswegen ist jeglicher Selbstruhm gegenüber anderen ausgeschlossen. Jeglicher Vergleich, ob man besser oder schlechter ist als andere, hilft nichts. Denn jeder wird für sich vor dem Richterstuhl stehen mit seiner Last und Sünde. Dort bekommen wir den „Ruhm“ nur zugerechnet, wenn uns Christi Gerechtigkeit angerechnet wird.

Vers 6:

Während in Vers 1-5 der Fokus auf der Sündenlast in der Gemeinde liegt, beginnt ab Vers 6 eine allgemeine Anweisung, Gutes gegenüber den Geschwistern zu tun.

Hier steht das eher seltene Wort „Katecheo“, von dem sich die Katechese ableitet, zweimal für „unterweisen“. Es wird unterwiesen „im Wort“. Wort war für die Urchristenheit ein feststehender Begriff, bei dem sofort klar war: Es geht um die Heilige Schrift, um die gute Botschaft, um das, was wir von Jesus, dem Wort in Person, gehört haben.

Paulus fordert die Galater nun auf, dass derjenige, der unterwiesen wird, dem Lehrer Anteil an allen Gütern geben soll. Für Anteilgeben steht das Verb „Koinoneo“, das oft für die Gemeinschaft verwendet wird. Es geht also um ein gemeinschaftliches Teilen der Güter. Das Anteilgeben an die Lehrer von Geld ist kein Gnadenbrot, sondern das Recht von ihnen (vgl. 1Kor 9,7-14), auch wenn Paulus beispielsweise in Korinth nicht von diesem Recht Gebrauch gemacht hat.

Gut möglich ist, dass Paulus in diesem Vers an die Kollekte an die Gemeinde in Jerusalem denkt (zusammen mit Gal 6,10, wo Paulus speziell für Gutes gegenüber Glaubensgenossen auffordert); vgl. Gal 2,10. Denn in Röm 15,26f ist in ähnlicher Weise davon die Rede, dass die Heiden an den geistlichen Gütern der Juden Anteil bekommen haben, und sie deshalb ihnen wiederum an ihren leiblichen Gütern Anteil geben sollen. Für die Güter steht im Griechisch ein allgemeiner Begriff „Gutes“, der nicht zwingend nur auf materielle Güter bezogen werden muss. Hier scheint es aber in erster Linie um materielle Unterstützung zu gehen.

Vers 7:

Die Formulierung „Irrt euch nicht!“ ist in seiner Bedeutung nicht auf eine spezielle Täuschung bezogen: Verharrt nicht in dieser Selbsttäuschung, dass ihr gut genug seid und einfach weiter so leben könnt – ihr alle werdet vor dem Gericht Gottes stehen (vgl. den Gebrauch in 1Kor 6,9). Die Formulierung kann auch wie in den Qumranschriften häufig allgemein ein „Stehen unter der gottfeindlichen Macht der Finsternis“ bedeuten. Die Aufforderung von Paulus ist dann: Bleibt nicht in dieser Gottesferne! Beim Verspotten Gottes geht es nicht nur um Worte des Spottes, sondern um den ganzen Lebensstil. Wer sich selbst für etwas hält, der verspottet Gott weil er sich selbst Gott ist. Das Wort für verspotten kommt von der Bedeutung: „das Nasenloch erheben, rümpfen“, ein gutes Bild dafür, dass man sich selbst über den anderen bzw. über Gott stellt.

„Denn was der Mensch sät, das wird er ernten.“ Paulus verwendet diese bis heute gebräuchliche Formulierung, die sofort die Frage aufwirft? Stimmt das? Ist die Welt nicht oft ungerecht – gehen nicht oft die Bösen gut aus (vgl. Ps 73)? Aber Paulus macht ganz klar: Gott lässt sich nicht spotten, Gott wird die Selbstgerechten, die Bösen, die Überheblichen richten. Am Ende gilt doch dieses Prinzip, Gott wird für endgültige Gerechtigkeit sorgen. Was mit dem Säen und Ernten gemeint ist, wird dann in Vers 8 erläutert.

Vers 8:

Man kann entweder auf das Fleisch säen, oder auf den Geist und enthält entsprechend ewiges Leben oder Verderben im Gericht. Mit Fleisch und Geist wird der Gegensatz von Kapitel 5,13ff aufgegriffen – Paulus stellt die Frage: Lässt du dich von deinem Fleisch oder deinem Geist bestimmen? Worauf setzt du in deinem Leben? Was für Früchte bringst du (vgl. Röm 6,20ff)? Das Bild vom Säen wird hier anders verwendet als sonst in der Bibel: Der Mensch ist der Säende – weil er sein Leben selbst gestalten darf. Die Saat ist also das Leben des Menschen. Die Frage ist nun, worauf er sät, also was für ein Leben er lebt und von wem er sich bestimmen lässt – die Frage nach dem Ackerboden, der nachher gute Frucht, das ewige Leben bringt. Ewiges Leben ist zwar ein Geschenk, aber auch ein Geschenk für die Werke des Geistes, die Gott in uns wirkt, wenn wir uns von ihm bestimmen lassen. Wenn wir auf den Geist säen und setzen, dann werden wir das ewige Leben erhalten.

Vers 9:

In Vers 9 wird deutlich, dass es beim Säen auf den Geist um Gutes tun geht. Paulus ermutigt die Galater, nicht müde darin zu werden, Gutes zu tun, also im Geist zu leben und zu wandeln. In dem Verb müde werden / entmutigen steckt die Wurzel des Bösen: Schreckt nicht vor dem Bösen zurück. Das ist der Ruf an die Verantwortlichkeit des Menschen: Lebt im Geist, tut Gutes (vgl. 2Thess 3,13)! Der äußere Mensch zerfällt zwar, aber der innere Mensch wird durch den Geist Tag für Tag erneuert (2Kor 4,16). Gott ist gut und will, dass wir Gutes tun. Das ist nicht selbstverständlich im Vergleich zu falschen Göttern – die oft egoistisch, rachsüchtig, launisch und neidisch beschrieben wurden.

Warum sollen wir Gutes tun? Weil wir dann ernten werden, weil wir im Himmel Lohn dafür erhalten werden. Den Lohn erhalten wir zu „seiner bestimmten Zeit“ – Gott legt den Tag des Gerichtes fest, dann wird geerntet (vgl. Mt 13,30). Die Rechtfertigung in Jesus soll uns nicht ins Nichtstun, sondern gerade zur äußersten Aktivität treiben. Die Bedingung wird im Konditionalsatz nochmal wiederholt: Nur, wenn ihr nicht ermattet, nicht nachlasst.  Die Rechtfertigung in Jesus soll uns nicht ins Nichtstun, sondern gerade zur äußersten Aktivität treiben.

Vers 10:

Paulus betont noch einmal: Solange ihr noch Zeit habt, solange Gott euch leben lässt und Jesus nicht wiederkommt, nutzt die Zeit! Tut Gutes! Und das gegenüber jedermann, gebt euch nicht Genug, nur weil ihr einem etwas Gutes getan habt. Diese radikale Forderung lesen wir mehrmals im Neuen Testament, ähnlich in 1Thess 5,15.

Allerdings hat Paulus zum Abschluss noch einen Zusatz: Ganz besonders sollen wir den Hausgenossen des Glaubens Gutes tun. Die Hausgenossen sind die Geschwister im Glauben (vgl. Eph 2,19; 1Petr 4,17). Warum sollen wir auf die Geschwister im Glauben? So wie man für die Familie mehr Verantwortung hat als für Außenstehende, so hat man für die geistliche Familie nochmal eine höhere Verantwortung als für Außenstehende. Wir sollen zwar alle nächsten Lieben, aber die unterschiedlichen Mandate müssen trotzdem beachtet werden.

Vers 11:

Seht her! Paulus macht darauf aufmerksam, dass er jetzt selbst mit großen Buchstaben schreibt und zusammenfasst. Hier beginnt also der Briefschluss. Zuerst stellt sich die Frage: Worauf bezieht sich dieser Hinweis, dass Paulus schreibt – auf den ganzen Brief oder nur auf die letzten Verse ab hier?

Während beispielsweise Krimmer meint, Paulus habe wahrscheinlich den ganzen Brief selbst geschrieben, weil die Zeitform im Präteritum steht, scheint es sich mir und anderen Kommentatoren nur auf den Schluss zu beziehen. Die Vergangenheitsform lässt sich gut erklären, da häufig in Briefen schon aus Sicht des Lesers geschrieben wird und damit das Briefschreiben als Vergangenheit betitelt wird. Die große Schrift ist nicht wie eine schlechte Schrift zu verstehen, sondern Großschreiben war damals wie heute Fettschreiben oder Unterstreichen – eine Betonung der Sache. Paulus fasst also nochmal zusammen und hebt die Zusammenfassung hervor: Wenn der ganze Brief groß geschrieben worden wäre, wäre das nicht sinnvoll. Außerdem wissen wir, dass Paulus gerne Briefschlüsse selbst schrieb: 1Kor 16,21, Kol 4,18, 2Thess 3,17. Hier fällt der Schlussgruß von Paulus zwar etwas länger aus, aber das ist vermutlich seiner Emotionalität geschuldet: Das Anliegen in Galatien war ihm so wichtig, dass er es nochmal auf den Punkt bringen möchte.

Vers 12:

Vers 12 bis 15 kann als kurze Zusammenfassung des Briefes verstanden werden, mit einer Pointierung die an die vorherigen Verse anknüpft: Worin können wir uns rühmen?

Einige Irrlehrer zwangen die Galater dazu, sich beschneiden zu lassen, damit sie errettet seien. Paulus zeigt nochmal auf: Sie verfolgen keine pneumatischen, sondern fleischliche Ziele. Paulus entlarvt ihre Absicht und sagt: Den Irrlehrern geht es zum einen um das Ansehen im Fleisch – also sie wollen selbst etwas sein und gut dastehen vor den Menschen, anstatt anzuerkennen, dass sie nichts sind vor den Menschen und Gottes Gnade bräuchten (6,3). Der zweite Grund, den Paulus hinter ihrer Forderung sieht, ist, dass sie Angst vor der Verfolgung haben – vermutlich geht es hier um Verfolgung der Juden, weil die Judenchristen nicht beschnitten sind. Sie haben also zwei fleischliche Gründe für ihre Forderung gegenüber den Galatern und schwächen damit das Kreuz des Christus ab – sie sind nicht bereit, sich um des Kreuzes willen verfolgen zu lassen.

Vers 13:

Paulus macht noch einmal klar: Auch die, die sich beschneiden lassen, halten nicht das ganze Gesetz. Auch sie sind Sünder vor Gott wie alle anderen, aber sie erheben den Anspruch mit der Beschneidung das Gesetz zu erfüllen und sich dadurch zu erretten. Außerdem wiederholt Paulus: Sie wollen sich euer rühmen. Das Rühmen oder auch Stolzsein/Überheblichkeit zieht sich durch das Schlusskapitel durch. Im Gegensatz zu der Frucht des Geistes wird in Gal 5,26 vor der Überheblichkeit gewarnt. Man soll nicht stolz auf sich selbst sein, sondern in Demut anerkennen, dass letztlich jeder Mensch nichts ist (6,3) und in dieser Einstellung den anderen zurechtweisen. Jeder soll sein eigenes Werk prüfen und anerkennen, dass er nur auf Gottes Gnade angewiesen ist (6,4), dann aber darin eifern, Gutes zu tun, um den Lohn zu erlangen und in Gottes Gericht rechtmäßig den „Ruhm / Stolz“ zu erlangen (6,4). Die Irrlehrer nun werden als ruhmsüchtig in Blick auf die Welt entlarvt, ihnen geht es darum, hier schon gut vor den anderen dazustehen und stolz auf sich selbst zu sein.

Vers 14:

In Vers 14 und 15 zeigt Paulus nochmal deutlich den Gegensatz zur Beschneidungsforderung – immer noch auf Grundlage des Motivs des Rühmens. Das „aber“ am Satzanfang will hier ganz klar ein gegenteiliges Leben aufzeigen. Danach kommt die besonders starke Verwerfung: „Das sei fern von mir!“ oder „Auf keinen Fall!“. Die Formulierung findet sich sonst bei Paulus immer nur als alleinstehender Satz, hier ist es einmal in den Satz integriert. Aus dieser Formulierung klingt fast ein Erschrecken des Paulus heraus: Von mir sei es fern, hoffentlich werde ich nie in solch eine Versuchung kommen, mich im Fleisch zu rühmen, auf meine guten Werke und Errungenschaften zu stützen. Die einzige Grundlage seines Rühmens soll das Kreuz Jesu Christi sein.

Was heißt es, sich des Kreuzes zu rühmen und wie funktioniert Rühmen auf eine positive Weise? Es heißt, dass man nicht auf sich selbst oder seine eigenen Taten stolz ist. Sondern anerkennt: Ich bin nichts. Aber auch als Christ hat man Grund zum Rühmen: Wir dürfen stolz sein auf einen Gott, der uns unendlich geliebt und am Kreuz seinen eigenen Sohn für uns hingegeben hat. Das Zentrum des Rühmens ist Gottes Tat und nicht des Menschen Entscheidung. Der Fokus kann sich hier ganz leicht verschieben, dass man den Blick nicht auf Gott gerichtet hat, der uns aus Gnade errettet, sondern den Blick auf unser Tun oder unsere Entscheidung lenkt. Zwar sind wir gefordert, Gutes zu tun, aber die Gnade und das Wirken hinter diesem Guten ist allein Gott zuzuschreiben.

Durch das Kreuz Jesu, ergänzt Paulus, wurde die Welt dem Paulus und Paulus der Welt gekreuzigt. Welt bezieht sich hier auf die fleischliche Welt, die Welt des Gesetzes, der Sünde und des Todes. Dieser Welt hat das Kreuz Jesu den Todesstoß versetzt. Wer in Christus im Geist lebt, der hat seine Leidenschaften und Begierden gekreuzigt (Gal 5,24). Die Welt und der Christ passen nicht mehr zusammen! Wir leben zwar noch in der Welt, aber ganz deutlich muss diese Differenz trotzdem aufgezeigt werden: Wir sind nicht mehr von der Welt!

Vers 15:

Der Abschluss der Zusammenfassung macht nochmal klar: In Christus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas. Also man muss sich nicht beschneiden lassen, aber die Beschneidung ist auch nicht teuflisch oder Ähnliches. In Christus sind wir eine neue Kreatur, ein neues Geschöpf. Wer Christ wird, zieht das reine Gewand von Jesus an (Gal 3,27) und wird dadurch zur neuen Schöpfung (2Kor 5,17).

Vers 16:

Nach der kurzen Zusammenfassung kommt Paulus zu den Schlusswünschen. Allerdings gilt dieser erste Gruß nicht allen in Galatien – Paulus macht deutlich: Der Schlussgruß gilt eigentlich nur denen, die sich an diesen Maßstab, an diese Richtlinie halten (wörtlich Kanon). Früher war der Maßstab die Welt und das Gesetz, der neue Maßstab ist die neue Schöpfung in Christus. Und nur wer diese neue Schöpfung angezogen hat, nur wer in der Frucht des Geistes lebt (vgl. Gal 5,25), dem kann Paulus zusprechen: Frieden und Barmherzigkeit euch! Allerdings formuliert Paulus hier im Futur: Wer diesem Maßstab nachfolgen wird. Damit weist er daraufhin: Die Tür ist noch offen, wenn ihr auf einem falschen Weg seid, kehrt um, folgt ab nun an dem Maßstab nach! Frieden und Barmherzigkeit sind ein üblicher Wunsch von Paulus und es ist hier sowohl als Zuspruch als auch als Wusch zu verstehen: Ihr habt Frieden mit Gott (Röm 5,1), ihr habt Frieden mit euch selbst, weil ihr euch nicht mehr selbst betrügen müsst (Gal 6,3) und ihr dürft jetzt auch im Frieden mit den Mitmenschen leben, allumfassender Schalom. Barmherzigkeit habt ihr erfahren von Gottes Gnade und ihr dürft nun auch barmherzig miteinander umgehen – keinen Selbstruhm und Überheblichkeit mehr im Umgang miteinander.

Paulus fügt dann am Ende des Verses allerdings noch hinzu: Und für das Israel Gottes gilt dies. Dieser Zusatz ist sehr umstritten. Hier leuchtet die Auslegung von Ouweneel zu den verschiedenen Interpretationen ein (Ouweneel 391f): 1. Es handelt sich nicht um das ethnische Volk Israel – der Zusatz „von Gott“ macht das unwahrscheinlich und es wäre seltsam, wenn Paulus dem ganzen Volk diesen Wunsch zuspricht. 2. Das ethnische Volk Israel, das nach der Wiederkunft Jesu zur Umkehr kommt wie in der Offenbarung beschrieben – das wäre möglich, aber die Frage: Warum sollte Paulus denen für die Zukunft hier schon etwas zusprechen? 3. Alle Christen, also das neue, wahre Israel – das wäre allerdings eine Doppelung und man würde kein „und“ dazwischen erwarten, wenn es sich um dieselbe Gruppe handelt. 4. Der Teil des ethnischen Volkes Israel, der zum Glauben an Jesus gekommen ist. Auch das ist zwar ein Stück weit eine Doppelung, da die Judenchristen ein Teil der in 16a beschrieben Gruppe sind. Allerdings ist nachvollziehbar, warum Paulus diese Gruppe besonders erwähnt: Sie stehen in der Verfolgung von Juden, sie leiden materielle Not besonders in Jerusalem, sie stehen in besonderer Gefahr vor den Irrlehrern die Beschneidung fordern. Und weil Paulus sein eigenes Volk besonders am Herzen liegt, betont er nochmal: Auch für sie gilt dieser Wunsch und Zuspruch!

Vers 17:

Nach dem ersten Segen liegt Paulus noch ein abschließender Satz am Herzen: „In Zukunft, hinfort mache mir keiner mehr Mühe! Denn ich trage die Malzeichen Jesu an meinem Leib.“ All die apostolischen Sorgen, die Sorgen eines Gemeindegründers, die Paulus über die Gemeinde in Galatien hatte – die möchte er nicht mehr haben. Er fordert sie auf: Bleibt nun in Christus, wandelt im Geist. Der Wunsch aller Gemeindeleiter: Bleibt alle ganz bei Christus und lebt in der Frucht des Geistes, dass wir keine Mühen mit euch haben. Die Begründung dafür ist allerdings etwas ungewöhnlich: Denn ich trage die Malzeichen des Herrn Jesu an meinem Leib.

Was ist mit den Malzeichen Jesu gemeint? Hierfür gibt es die verschiedensten Auslegungen, von denen ich nur einige kurz nennen möchte. Ein psychopathologischer Effekt aufgrund der mystischen Versenkung in die Passion Jesu, eine dauerhafte Schädigung nach dem Damaskuserlebnis, Narben, die er in den Verfolgungen um Jesu willen erlitten hat, ein wirkliches Malzeichen wie die Markierung eines Sklaven bei Paulus, eine körperliche Signierung, die bei der Taufe erfolgt ist oder am misshandelten Leib wird Christus präsent. Ausführlichen diskutieren kann ich dies hier nicht (vgl. dazu bei Ouweneel oder Mußner). Ich halte folgende Interpretation für sinnvoll: Die Malzeichen Jesu sind Wunden und Narben, die Paulus um Jesu willen erlitten hat (genitivus auctoris), die mit dem Leiden Jesu vergleichbar sind (genitivus qualitatis) und damit ist die theologische Interpretation verknüpft: Die Narben sind Zeichen der Leidensgemeinschaft mit Christus. Die Verbindung der Leiden Christi mit den Leiden der Gemeinde findet sich auch an anderen Stellen: 2Kor 1,5, Kol 1,24; 2Kor 4,10.

Vers 18:

Üblicher Segensgruß von Paulus: Paulus wünscht die Gnade des Herrn Jesus, weil die Gnade ein zentrales Wort des Evangeliums ist. Die Formulierung „mit eurem Geist“ ist etwas ungewöhnlich, findet sich aber ebenso in Phil 4,23 und Phlm 25. Geist steht hier für den menschlichen Geist. Zum Abschluss des Briefes betont Paulus noch einmal (sonst nicht in den Segensgrüßen enthalten!): Geschwister! Im liegt es also am Herzen, dass die Galater ihn nicht missverstehen, er sieht sie als liebe Geschwister an. Zum Abschluss schreibt Paulus ein Amen, wie beispielsweise auch in Röm 16,27, eine abschließende Bestätigung des Briefes, von dem nur der Schluss von Paulus selbst geschrieben ist.

  1. Verstehen, worum es geht

2.1 Hinweise für hermeneutische Überlegungen (Auslegung)

Der Galatertext lässt sich direkt auf heute übertragen: Wie damals ist heute die Gefahr der Selbsttäuschung groß. In vielen Gemeinden ist es nicht üblich, mit Sünden und Schuld offen umzugehen, sich gegenseitig zu helfen, sie zu tragen und sich zurechtzubringen.

Die Aussage von Paulus, dass wird „nichts“ sind, ruft bei vielen in der heutigen Zeit Protest hervor. Hier kann man aufzeigen, dass der in Deutschland verbreitete Arbeitseifer und das Effizienzdenken zwar nicht schlecht sind – auch Paulus fordert uns auf, Gutes zu tun, nicht müde zu werden, eifrig zu sein. Selbst unter Nichtchristen ist diese Ansicht verbreitet: Es geht darum, viel Gutes zu tun, anderen zu helfen (Geltungsbedürfnis). Allerdings ist die Korrektur von Paulus: Meint nicht, dass ihr durch Gutes tun einen Wert erhaltet, etwas wärt, täuscht euch nicht selbst, betrügt euch nicht selbst: Auch ihr seid nichts, Sünder vor Gott. Dieser Satz provoziert in unserer Kultur und sollte deswegen ausführlich untermauert werden Diese Spannung lässt sich durch das Kreuz – das Paulus dann als einziger Grund zum Stolzsein bezeichnet – auflösen. Durch das Kreuz Christi erhalten wir einen wirklichen Wert, den wir im Gericht zugesprochen bekommen.

2.2 Hinweise für situative Überlegungen (Predigtanlass)

Wir sind am Ende der Predigtreihe zum Galaterbrief. Eine kurze Zusammenfassung, ein Abschluss wäre sicher hilfreich. Außerdem kann ermutigt werden, ihn im Rückblick nochmal als Ganzes durchzulesen.

2.3 Hinweise für homiletische Überlegungen (Anwendung)

Es gibt vielfältige Möglichkeiten, den langen Text und die einzelnen Details anzuwenden. Ich zeige hier einige Möglichkeiten auf, in der Predigt sollte man sich allerdings auf ein Hauptthema fokussieren und dieses entfalten.

Vers 1-5:

  • Man kann mögliche Sünden in der Gemeinde aufzählen (taktlose Bemerkungen, unschöne Spitze, feige Ausreden, offenbare Verleumdung, Unbeherrschtheit, Geldgier, notorischer Lügner…) – damit einzelne sich direkt ertappt fühlen.
  • Ein einem konkret Beispiel kann durchgespielt werden, wie Sünden gemeinschaftliche Auswirkungen haben und wie man sie gemeinsam tragen kann. Ein mögliches Beispiel ist Gal 2 – wo Petrus ein Fehltritt machte und von Paulus zurechtgewiesen wurde. Vielleicht findet sich hier sogar ein Beispiel aus der jeweiligen Gemeinde, wo das in den letzten Jahren schon vorgekommen ist?
  • Beispiele aus meiner Erfahrung sind:
  • Ein pädophiler Straftäter ist Christ geworden und wird entlassen. Er hat viele Auflagen – und natürlich die Gefahr des Rückfalls. Trotzdem wurde er in die Gemeinde integriert, man hat zusammen genaue Regeln erarbeitet, die ihm helfen, nicht rückfällig zu werden und die Konsequenzen seiner vergangenen Sünden zu tragen.
  • Ein Gemeindemitglied ist sehr faul und es fällt ihm schwer, sich sonntags aufzumachen zum Gottesdienst. Trotz Zurechtweisung schafft er es nicht, regelmäßig zu kommen. Daraufhin tun sich einige zusammen und er wird jeden Sonntag von jemandem zum Gottesdienst abgeholt.
  • Man kann aufzeigen, dass das gegenseitige Tragen mehrere Dimensionen hat: Es gehört tragen, ertragen und zurechtbringen dazu.
  • Man kann sich bei der Auslegung auch am Thema der Solidarität entlanghangeln – ein selten gewordenes Wort, das aber den christlichen Umgang miteinander und das gegenseitige Tragen gut beschreibt.
  • Es braucht viel Mut, den anderen auf etwas Unangenehmes hinzuweisen, man ist sogar in der Gefahr, Freundschaften zu zerstören. Trotzdem ist es wichtig.
  • Wie gelingt es, dass man deutlich aber trotzdem freundlich zurechtweist? Vor allem durch ein realistisches Selbstbild meiner eigenen Sünde: Ich bin nichts.
  • Eine Gefahr ist: Einige denken auf eine stoische Weise: Ich will andere nicht mit meinen Lasten bedrängen, ich behalte das lieber für mich aus und ertrage es alleine. Wieso fällt es dir schwer, andere um Hilfe zu fragen?
  • Oder die Sünde wird ignoriert und nicht benannt, weil man die Gemeinschaft nicht belasten will. Dann aber ist die Sünde wie eine eiternde Wunde, die die Gemeinde nach und nach zerstört.
  • Man kann auch näher darauf eingehen: Welche Lasten sollten man in welchem Rahmen teilen und was sollte man wirklich lieber alleine tragen?
  • Wo kannst du in der nächsten Woche helfen, Lasten und Sündenlasten zu ertragen?
  • Heute hört man oft den Satz: „Ich möchte den anderen/meinen Kindern nicht zur Last fallen.“ Ist das biblisch?
  • Gefahr der Selbsttäuschung: Wo betrügst du dich selbst, täuscht dich selbst, denkst mehr von dir, als du bist? (Gedanken wie: Ohne mich würde es nicht funktionieren, Gott ist auf mich angewiesen, ich habe es doch verdient)

Vers 6-9:

  • Wie groß ist die Bereitschaft Gutes zu tun? Ein wichtiger Punkt ist die Bereitschaft zu geben – spenden, Abgabe, besonders denen, die im Wort unterweisen.
  • Wie können wir Gott verspotten? Durch Worte, durch Lebenseinstellung, durch Feigheit, durch falsche Prioritäten, durch Selbsttäuschung …
  • Vom Bild der Saat kann man gut die Frage stellen: Worauf baust du dein Leben, auf das Fleisch oder den Geist? Hier sollte dann konkret ausgeführt werden, worin sich das zeigt.
  • Theologisch muss hier bedacht werden: Welche Relevanz haben die Werke im Gericht, inwieweit wird für sie belohnt und das ewige Leben verdient? (V. 8)
  • Die Aufforderung ist: Kämpft darum, werdet nicht müde, Gutes zu tun.
  • Mögliche Fragen zur Vertiefung sind: Wodurch wirst du müde, Gutes zu tun? Was hilft dir, um darin nicht müde zu werden?
  • „Was man sät das erntet man“ – ist ein verbreitetes Sprichwort: Stimmt das? Gibt es endgültige Gerechtigkeit? Auf der Welt ja eigentlich nicht – braucht es dann nicht einen gerechten Gott? (Anknüpfung auch für Nichtchristen)

Vers 10-18:

  • Hier kann mit Paulus der Brief zusammengefasst werden: Warum gibt uns die Beschneidung keinen Wert vor Gott, während wir durch den Kreuzestod Christi diesen Wert erhalten, einen Grund erhalten, Stolz zu sein und uns zu rühmen, aber uns des Kreuzes zu rühmen?
  • Es muss in der Predigt konkretisiert werden: Wie wir die Spannung, dass wir nichts sind (Vers 3) und wir trotzdem im Geist Gutes tun sollen, für das wir ewiges Leben erhalten (Vers 8) im Kreuz Jesu aufgelöst? Siehe dazu die Texterklärung oben.
  • Vers 17: Paulus will keine Mühe mehr haben mit den Galatern; er hofft, dass sie nun auf dem richtigen Weg bleiben. Den Wunsch kennen wohl viele Gemeindeleitungen: Keine Mühe mehr mit der Gemeinde haben. Trotzdem ist Paulus natürlich bereit dafür, dass sie ihn bei weiteren Schwierigkeiten kontaktieren und Fragen stellen.
  • Vers 18: Zum Abschluss nennt Paulus die Galater nochmals Geschwister, wie auch in Gal 6,1. Dieser Rahmen der Familie, das Geschwistersein ist grundlegend für den Umgang miteinander. Worin zeigt sich in unserer Gemeinde, dass wir Geschwister sind? Merken das Außenstehende, wenn sie kommen?
  1. Sagen, wo es hingeht

3.1 Predigtziel – warum halte ich diese Predigt?

Die Predigthörer sollen erkennen, dass die Aussage: „Du bist nichts“ provoziert aber gilt, dass die Aufforderung: „Tut Gutes im Geist“ herausfordert und dass die letztendliche Bedeutung und Auflösung dieser Spannung nur im Kreuz Christi zu finden ist.

3.2 Predigtthema – was sage ich in dieser Predigt?

Glauben heißt, das Gesetz des Christus zu leben

Das Predigtthema kann von verschiedenen Wörtern her entfaltet worden. Für „Ruhm“ ist es nicht leicht, ein entsprechendes Wort im gebräuchlichen Deutsch zu finden.

Möglichkeiten sind:

Ruhm/Bedeutung/Wert: Ich bin nichts, soll Gutes tun, und hab in Christus doch alles.

Stolzsein: Auf sich selbst stolz sein ist Betrug, denn wir können nur durch den Geist Gutes tun. Auf die Liebestat Jesu am Kreuz für uns können wir wirklich stolz sein!

Bin ich etwas wert? Habe ich einen Grund, mich zu rühmen und stolz zu sein?

3.3 Predigtentfaltung – wie sage ich es in dieser Predigt?

Textgliederung:

Nach Mußner:

  • Warnung vor Ruhm gegenüber dem Bruder (5,26-6,5)
  • Mahnung zum Entgelt für empfangenen Glaubensunterricht (6,6)
  • Eschatologischer Ausblick mit Mahnung zur Helfenden Tag (6,7-10)
  • Postskript (6,11-18)

Gal 6,1-10 kann auch als Entfaltung der Früchte des Geistes verstanden werden:

  • Gal 6,1-5: Die Frucht der Sanftmut
  • Gal 6,6-10: Die Frucht der Güte/des Gutestuns

Predigtgliederung:

Bin ich etwas wert? Habe ich einen Grund, mich zu rühmen und stolz zu sein?

  1. Helft einander bei Sündenlast – im Bewusstsein, dass ihr selbst nichts seid! (Gefahr der Selbsttäuschung) (1-5)
  2. Werdet nicht müde im Gutes tun durch den Geist – dann werdet ihr einen Wert zugesprochen bekommen! (6-9)
  3. Der einzige und wahre Grund stolz zu sein: Das Kreuz Christi (10-15+Schlusswort)

Falls man nur einen Teil des Textes auswählt:

6,5-10: Was man sät erntet man – gibt es endgültige Gerechtigkeit? (kann stark evangelistisch ausgerichtet werden)

Nach Krimmer

5,26-6,5:

  • Wir sind alle Sünder
  • Doch einer ist für uns zur Sünde gemacht worden
  • Darum gibt es für uns die Gemeinschaft der Begnadigten

6,6-10:

  • Säen geschieht im Weggeben
  • Säen geschieht mit Blick auf die Ernte
  • Säen geschieht in Taten der Liebe

3.4 Predigtveranschaulichungen – wie verdeutliche ich es in dieser Predigt?

Es gibt einige mögliche Illustrationen, die teilweise schon im Text angelegt sind. Hier sind sie nur kurz genannt, in einer Predigt kann man davon auswählen und ausführlicher entfalten:

Vers 1-5:

  • Straucheln, Ausrutschen, Fehltritt
  • Zurechtbringen: ein Glied wieder einrenken, das ausgerenkt ist
  • Den Wagen wieder auf Gleise stellen (Ouweneel)
  • Die Last des anderen tragen: Bei einer Wanderung, einer ist total KO, kann seinen schweren Rucksack nicht mehr tragen – die anderen teilen es sich auf
  • Eintreten einer Gemeinschaftsstörung: Das Licht geht aus, Stromausfall, und muss wieder verbunden werden (Ouweneel)

Vers 6-10:

  • Nasenloch rümpfen, erheben, herabblicken, sich selbst über Gott stellen
  • Vom Säen und Ernten
  • „Was man sät das erntet man“ – ein verbreitetes Sprichwort: Stimmt das? Braucht es dafür nicht einen gerechten Richter?
  • Wie ein Bauer im Schweiße des Angesichts arbeitet – sollen wir nicht ermatten, nicht müde werden

Vers 11-18:

  • Hier können Illustrationen für die den Kreuzestod Jesu verwendet werden, zwei Beispiele hier:
  • Hingabe: Ein andere stirbt für mich – darauf kann ich stolz sein, weil es zeigt, wie groß mein Wert ist
  • Tausch: Ein totaler schlechter Tausch wird gemacht von zwei Händler, der eine bekommt etwas Gutes, der andere etwas Schlechtes. Am Kreuz noch stärker: Uns wird Jesu Gerechtigkeit angerechnet, während unsere Schuld ihm angerechnet wird.

(Samuel Koser)