Römerbrief: Anders leben unter Gottes Erbarmen
Predigtthema: (ursprünglicher Vorschlag): Die Berufung Gottes ist unbereubar: Israels Schuld und Wiederherstellung als Vorbilder für uns.
Die Erarbeitung dieser Predigt erfordert etliche Stunden an Vorbereitung. Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe deshalb Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht euer eigenständiges Erarbeiten des Bibeltextes. Bei der Vorbereitung dieser Predigt suchen wir nach dem, was der Herr über den Predigttext durch uns sagen will, denn wir verkündigen nur die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufs Herz gelegt wird. Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk. 10,16a)!
1 Sehen, was dasteht
Verschiedene Bibelübersetzungen, um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com.
1.1 Allgemeine Hinweise zum Predigttext
Der Predigttext für den 10. Juli ist ein recht langer Abschnitt, der aber thematische sehr eng zusammenhängt. In Kapitel 10, 18-21 unterstreicht Paulus noch einmal die Verantwortung Israels. Israel hat sich der Heil schaffenden Gerechtigkeit Gottes widersetzt und nicht auf die Botschaft des Evangeliums gehört. In Kapitel 11 wird Paulus dann zeigen, dass es einen von Gott erwählten Rest gibt, der an den Messias glaubt (11, 1-10). Paulus zeigt, dass die Ablehnung des Evangeliums durch Israel zur Bekehrung der Heiden führte (11, 11-24). Im Blick auf die Zukunft Israels unterstreicht Paulus dann, dass Gott seine Verheißung erfüllen und Israel retten wird (11, 25-32). Das Kapitel endet mit einem Lobpreis Gottes (11, 33-36).
1.2 Hilfen zum Verständnis des Predigttextes
Hilfen zur Auslegung bieten z.B.
- Krimmer, Heiko. Römerbrief (Edition C Bibelkommentar)
- Schnabel, Eckhard. Der Brief des Paulus an die Römer: Kapitel 1-5 (Historisch Theologische Auslegung)
- Lüthi, Walter. Der Römerbrief
- De Boor, Werner. Der Brief des Paulus an die Römer (Wuppertaler Studienbibel)
1.3 Anmerkungen zum Verständnis des Predigttextes
(vgl. bes. Schnabel: Der Brief des Paulus an die Römer)
Kap 10, 18-21
Nachdem Paulus in den Versen 14-17 gezeigt hat, wie das Evangelium durch Verkündigung ausgebreitet und dann im Glauben angenommen oder im Unglauben abgelehnt wird, kommt er in Vers 18 auf die Frage zurück, wie es denn um Israel steht.
Die Möglichkeit, dass Israel evtl. die Botschaft des Evangeliums nicht gehört haben könnte, ist nicht gegeben, da die Botschaft von Jesus bis an die Grenzen der damals bekannten Welt verkündigt wurde oder wird. Paulus nimmt hier die Perspektive des Missionsbefehls (Mt 28, 18-20) auf und benutzt Worte aus Psalm 19, um die Ausbreitung des Evangeliums zu beschreiben.
Israel hat die Botschaft des Evangeliums gehört, aber haben sie es nicht verstanden? Dieser Frage geht Paulus in Vers 19-21 nach. Paulus hat den Israeliten in Röm 10, 2 schon attestiert, dass sie zwar Eifer für Gott haben, aber nicht mit der richtigen Erkenntnis. Das Problem liegt nach Paulus darin, dass sie versuchten ihre eigene Gerechtigkeit aufzurichten, anstatt Gottes Gerechtigkeit für ihr Leben anzunehmen (vgl. Röm 10,2-3). Sie vertrauten auf ihr eigenes Vorrecht als Volk Gottes. Indem Gott seine Botschaft nun an die unterschiedlichsten Völker richtet und sich ein Volk aus allen Nationen zusammensammelt, will er Israel zur Eifersucht reizen. Paulus zitiert hier aus dem Lied des Mose (5.Mose 32, 21), wo Mose Gottes Reaktion auf die Untreue seines Volkes beschreibt. Gott will sein Volk eifersüchtig machen, damit es aufhört, andere Götter anzubeten und zum lebendigen Gott zurückkehrt. Genauso will er sein Volk dadurch, dass das Evangelium die Heiden erreicht zur Eifersucht reizen, dass sie endlich erkennen, sich nicht auf ihre Gerechtigkeit zu vertrauen, sondern ihre Hoffnung auf Gottes Gnade und seine Gerechtigkeit in Christus setzen.
Paulus fügt dann in Vers 20 und 21 noch ein Zitat von Jesaja an (Jes 65, 1ff), das erneut unterstreicht, wie Gott sich den Heiden offenbart, während Israel trotz Gottes gnädiger Einladung im Ungehorsam und Widerspruch gegen Gott und seine Botschaft verharrt.
Kap 11,1-10 – Ein Rest von Israel ist erwählt – allein aus Gnade
Auch in diesen zehn Versen vergleicht Paulus die aktuelle Situation seiner Zeit mit einem Ereignis im Alten Testament. Paulus geht es darum, eine ganz entscheidende Frage zu beantworten, nämlich die Frage, ob Gott Israel grundsätzlich verstoßen hat. Wenn sich Israel der Einladung Gottes so deutlich in Ungehorsam widersetzt, ist es eine naheliegende Frage, ob Gott einen Schlussstrich gezogen und sein Volk verstoßen hat.
Paulus verneint diese Frage ganz klar und verweist zunächst auf sich selbst, der als Israelit an das Evangelium glaubt. Dann führt Paulus in Vers 2 eine Verheißung Gottes an (1Sam 12, 22; Ps 94, 14), dass Gott sein Volk nie verlassen wird, ohne diese Aussage als Zitat zu kennzeichnen.
Ab dem zweiten Teil von Vers 2 lenkt Paulus unseren Blick auf die Situation des Propheten Elia, der in einer für ihn aussichtslosen Lage zu Gott rief und das Volk Israel anklagte (vgl. 1Kön 19, 10). Elia hielt sich für den einzigen, der übriggeblieben war. Die Wirklichkeit sah damals aber anders aus. Gott selbst hatte sich 7000 treue Anbeter übriggelassen.
Paulus benutzt dieses alttestamentliche Ereignis als Illustration der Situation Israels zu seiner Zeit. Auch zu seiner Zeit ist ein Rest von Israel übrig, der an die Botschaft Gottes glaubt.
Wie Paulus diese alttestamentliche Illustration anwendet, wird ab Vers 5 deutlich. Er sieht die Geschichte Elias als eine heilsgeschichtliche Vorschattung der Ereignisse seiner Zeit. Gott hat auch in dieser Zeit, in der das Evangelium von vielen in Israel abgelehnt wurde, einen Rest bewahrt. Ein Rest Israeliten, die Gott als den Vater Jesu Christi anbeten, der seinen Sohn als Retter auf die Welt gesandt hat.
Wie ist es aber zu diesem Rest gekommen? Paulus ist es sehr wichtig, dass dieser Rest durch Gottes gnädige Erwählung zustande kam. Gottes Gnade wird daran sichtbar, dass ein Rest in Israel Jesus als den Messias anbetet. Nicht die menschlichen Werke sind das entscheidende Kriterium, es ist Gottes souveräne Gnade.
Hier ist es wichtig, dass wir die Brücke zur Elia-Geschichte sehen, bei der Paulus davon spricht, dass Gott sich die 7000 übriggelassen hat. Die 7000 erfuhren nicht wegen ihren Werken Heil, sondern weil Gott sie für sich übriggelassen hat. Ein solches Gnadenhandeln Gottes erkennt Paulus auch in seiner Zeit. Gott hat geschenkt, dass ein Rest Israels zum Glauben an Jesus den Messias gekommen ist.
Sie stehen in dieser Position eben nicht dadurch, dass sie Gesetzesbestimmungen des Alten Bundes gehalten hätten, sondern weil sie auf Gottes Gnade in Jesus Christus vertrauen. Die Gnade Gottes in seinem Sohn ist die einzige Hoffnung.
In Vers 7-10 fasst Paulus nun zusammen, was dies für Israel als Ganzes bedeutet. Israel sucht Gerechtigkeit bei Gott, sie suchen die Rettung. Aber nur der Rest, der Jesus als den Retter annimmt, die Auswahl, hat diese Rettung gefunden. Für den Rest gilt, dass sie die Predigt des Evangeliums zwar hören, aber ihre Herzen verhärtet wurden. Wir sehen hier Gottes Gericht über Israel, ohne dass Gott aufhört sein Volk durch die Verkündigung des Evangeliums zur Umkehr zu rufen. In 2Kor 3, 14ff erklärt Paulus, dass diese Verstockung erst dann endet, wenn sich das Volk zu Gott wendet, das bedeutet zum Glauben an den Messias kommt. In Vers 8-10 zeigt Paulus, wie Gott sein Handeln schon im Alten Testament angekündigt hat. (5Mose 29, 3; Jes 29, 10; Ps 69, 23-24). Der Unglaube Israel zur Zeit von Paulus ist eine Konsequenz von Gottes Handeln mit Israel und gleichzeitig Teil seiner Rettungsabsicht für sein Volk. Gerade das Zitat aus Psalm 69 in den Versen 9 und 10 zeigt, wie ernst es um die Israeliten steht, die Gottes Heil in Christus ablehnen. Sie stehen unter Gottes Gericht.
Kap 11,11-24 – Die Folge der Ablehnung des Evangeliums durch Israel
Paulus greift in Vers 11 die Frage noch einmal auf, ob Gott denn sein Volk verworfen hat. Und wieder ist die Antwort von Paulus ein klares Nein. Gott nutzt den Fall Israel, um die Botschaft des Evangeliums in alle Welt zu tragen und so bekommen die Völker Anteil an der Rettung durch den Messias. In der Apostelgeschichte sehen wir, wie gerade die Vertreibung der Judenchristen aus Jerusalem dazu führte, dass das Evangelium hinausgetragen wurde und Menschen in anderen Städten zum Glauben kamen. Hier haben wir die direkte Verbindung zwischen der Ablehnung des Evangeliums durch das Volk Gottes und die Verkündigung des Evangeliums an die Heiden. Aber Gott verfolgt noch ein weiteres Ziel. Er will sein Volk zur Eifersucht reizen. Nicht in dem Sinne, dass Israel bei dem eifersüchtigen Anspruch stehen bleibt, als einziges Volk ein Anrecht auf Gottes Heil zu haben. Vielmehr soll Israel erkennen, dass Gott den Völkern Heil schenkt und das soll zu einer „positiven“ Eifersucht führen, dass die Übrigen in Israel sich auch danach sehnen, an diesem Heil Anteil zu bekommen.
Mit der Fülle oder Vollzahl am Ende von Vers 12 meint Paulus wohl die „vollständige Zahl der Juden, die sich zum Glauben an Jesus bekehren“ (vgl. Schnabel S.448). Paulus erwartet, dass viele Juden sich zu Jesus bekehren werden. Und durch seinen Dienst als Heidenapostel, will Paulus diese Eifersucht wecken, um auch Juden zu Christus zu führen.
In Vers 15 sehen wir erneut, wie stark Paulus davon ausgeht, dass es zu einer Erweckung in Israel kommt, die noch zu einer stärkeren Ausbreitung des Evangeliums durch die ganze Welt führen wird. (Es könnte auch sein, dass Paulus hier auf die letzte Zeit der Heilsgeschichte blickt, wo Israel wiederhergestellt wird und dann die Auferstehung der Toten folgt.)
Ab Vers 16 nimmt Paulus seine Leser erneut in die Heilsgeschichte mit hinein. Israel ist und bleibt Gottes auserwähltes Volk, auch wenn nur ein Rest an den Messias glaubt. Gott hat eine Zukunft mit Israel. Und Paulus zeigt in diesen Versen, wie das ganze Volk Gottes zusammengehört.
Das Erstlingsbrot könnte sich entweder auf die Erzväter Israels beziehen. Besonders Abraham ist ja nicht nur Vater Israels, sondern er wird Vater vieler Völker genannt. Oder das Erstlingsbrot meint die Judenchristen und der Teig meint das ganze Volk Gottes aus Juden und Heiden, die an Jesus glauben.
Auch das Bild von der Wurzel und dem Zweig unterstreicht, dass das ganze Volk Gottes heilig ist. Mit der Wurzel sind hier sehr wahrscheinlich die Patriarchen gemeint, die Gott erwählt hat. Aus dieser Wurzel ist Gottes Volk erwachsen.
Wir sehen ab Vers 17 deutlich, dass dieses Volk Gottes (der Baum) für Paulus aus Juden und Heiden besteht. Dass entscheidende Kriterium ist der Glaube an den Retter Gottes. Die Heidenchristen sind fremde Zweige, die in diesen Ölbaum eingepfropft wurden und nun ganz Anteil an diesem Baum haben. Die Juden dagegen, die den Messias ablehnen, sind die natürliche Zweige (also diejenigen, die von ihrer Abstammung her zu Israel gehören), die aufgrund ihres Unglaubens aus dem Ölbaum, also aus dem Volk Gottes herausgebrochen wurden.
Deshalb ermahnt Paulus die Heidenchristen sich nicht gegen Israel zu erheben, sondern sich bewusst zu machen, dass sie allein aus Gnade durch Glauben Teil des Ölbaumes sein dürfen. Diese Abhängigkeit von Gottes Gnade, soll im Glauben und mit Gottesfurcht gelebt werden. Das entscheidende Kriterium ist der Glaube, das lebendige Vertrauen auf den Messias. Hochmut wäre völlig fehl am Platz und ein Hinweis darauf, dass kein echter Glaube da ist. Unglaube führt unweigerlich zur Trennung vom Volk Gottes. Für die Juden, die bisher den Messias ablehnen, ist der Weg zu Umkehr aber weiterhin offen. Die ausgebrochenen, natürlichen Zweige können durch Glauben wieder in den Ölbaum eingepfropft werden.
Kap 11,25-32 – Der Erfüllung der Verheißung und die Rettung Israels
Bevor Paulus das Kapitel mit einem Lobpreis Gottes abschließt, blickt er noch auf die Zukunft Israels und öffnet den Christen in Rom einen Blick in Gottes Heilsplan. Gott hat Juden wie Heiden zum Heil bestimmt, und auch wenn es so aussehen könnte, hat Gott das Volk Israel nicht verworfen, sondern will es retten. Paulus verweist auf Jes 59, 20-21 und Jes 27, 9 als alttestamentlichen Beleg seiner Aussage. Gott rettet Israel und die Völker, wobei das Neue des „Geheimnisses“ ist, dass Gott zuerst die Heiden und dann Israel anschließend rettet. Paulus informiert die Heidenchristen in Rom über diese Wahrheit, um sie davor zu bewahren, überheblich im Blick auf die ungläubigen Juden zu werden. Paulus möchte, dass die Gemeinde ihren Platz in der Heilsgeschichte kennt.
Paulus erklärt nun das Geheimnis genauer. Ein Teil Israels ist verstockt, bis die von Gott gesetzte Vollzahl der Heiden mit dem Evangelium erreicht und gerettet ist. Dann wird diese Verstockung enden.
Was bedeutet nun der Anfang von Vers 26? Viele Ausleger gehen davon aus, dass Paulus hier sagen will, dass nach dieser Verstockungszeit ganz Israel gerettet wird. Wenn Paulus das meint, dann ist aber sehr klar, dass diese Rettung nur durch bewusste Umkehr zu Jesus dem Messias geschehen wird, und nicht durch einen Sonderweg Israels, denn nur in Jesus Christus gibt es Rettung aus der Sklaverei der Sünde.
Eine andere Deutung ist, dass Paulus mit Vers 26a beschreibt, auf welche Weise Israel gerettet wird, nämlich „mitten aus seiner Verhärtung heraus, die Israel teilweise widerfahren ist, sodass gegenwärtig nur ein Überrest Anteil hat am messianischen Heil, und mitten aus dem Eingang der Völker in die Heilsgemeinde heraus, deren Missionierung und Bekehrung zum Glauben an den Messias Jesus sich bis zu dem von Gott festgelegten endzeitlichen Maß fortsetzen wird“ (Schnabel, S. 500).
Was unter „ganz Israel“ zu verstehen ist, wird auch sehr unterschiedlich gedeutet. Was wir bei der Deutung unbedingt festhalten müssen ist, dass es für Israel keinen Sonderweg des Heils gibt. Das hat Paulus in seiner Argumentation deutlich gemacht. Am plausibelsten Erscheinen mir zwei Erklärungen:
Ganz Israel bezieht sich auf den gläubigen Rest in Israel und die Übrigen, die im Moment noch verhärteten Israeliten, die sich zum Glauben an Jesus bekehren werden. Oder ganz Israel meint das ganze Volk Gottes aus Juden und Heiden, die zum Glauben an Jesus gekommen sind. Es besteht aus der Fülle der Völker und aus der Fülle Israels.
Wie immer man ganz Israel auch deutet, das Zitat aus dem Propheten Jesaja zeigt, dass alles von diesem einen Retter abhängt, durch die Gott die Sünde seines Volkes trägt. Jesus ist dieser Retter, der unsere Schuld ein für alle Mal getragen hat. Auch im Blick auf dieses Zitat sind sich die Ausleger uneins, ob Paulus hier die Wiederkunft Jesu im Blick hat, oder ob er die Worte Jesajas als Verheißung des ersten Kommens des Messias sieht.
In Vers 28-32 kommt noch einmal zum Ausdruck, wie sehr Gott auch um die Israeliten ringt, die im Blick auf das Evangelium noch verstockt sind. Durch ihre Ablehnung der guten Nachricht erweisen sie sich als Feinde des Evangeliums und doch gilt ihnen Gottes einladende Liebe, der nicht aufhört, seine Botschaft immer wieder zu Gehör zu bringen. Und erneut zeigt Paulus den Zusammenhang zwischen der Ablehnung des Evangeliums durch Israels und der Verkündigung des Evangeliums an die Heiden.
Doch ganz grundlegend bleibt bestehen, dass Israel Gottes erwähltes Volk ist, das Gott sich nach seinem souveränen Willen erwählt hat. Gott liebt sein Volk, er wird ihm treu sein, weil er zu seinen Verheißungen steht, die er Abraham, Isaak und Jakob gegeben hat. Mit Vers 32 fasst Paulus den wunderbaren Heilsweg Gottes noch einmal zusammen. Alle Menschen, Juden wie Heiden stehen unter ihrem Ungehorsam und den Folgen dieses Ungehorsams. Das ist die Geschichte der Menschheit. Die Menschen gehen ihren eigenen Weg, mit allen Konsequenzen und sie sind verantwortlich vor Gott, für das, was sie tun. Doch Gottes Erbarmen ist größer. In seiner Barmherzigkeit hat er seinen Sohn für die Schuld der Menschen gegeben und sich damit über Juden und Heiden erbarmt. Jesus Christus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Er ist der einzige Weg zum Vater.
Kap 11,33-36 – Lobpreis von Gottes Gerechtigkeit und Retterliebe
Diese Botschaft der Rettung von Heiden und Juden, Gottes wunderbarer Heilsplan, füllt das Herz von Paulus mit einer tiefen Dankbarkeit und Freude und mit einem großen Staunen über Gottes Wege. Paulus schließt unseren Abschnitt mit einem wunderbaren Lobpreis, der uns Gottes Größe und Souveränität vor Augen stellt. Wir Menschen können aus uns heraus Gottes Wege nicht in ihrer Tiefe erfassen. Wir sind davon abhängig, dass Gott uns seine Wege offenbart. Er, der lebendige Gott ist das Zentrum des Universums. Ihm gehört alle Ehre.
2 Hilfen zum Textverständnis
2.1 Hinweise für hermeneutische Überlegungen
Paulus schreibt diese Verse in einer Situation, in der die Frage, wie das Verhältnis von Juden, Judenchristen und Heidenchristen ist, sehr brennend war. Paulus schreibt in einer Zeit, in der der Tempel noch stand und Jerusalem noch das Zentrum des Judentums bildete.
Das große Anliegen, das Paulus im Römerbrief verfolgt ist es, deutlich zu machen, wie herrlich die Rettungsbotschaft von Jesus ist, und dass alle Menschen Jesus als ihren Retter brauchen. Gott erbarmt sich über Juden und Heiden und will, dass alle Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.
Paulus ist es sehr wichtig zu zeigen, dass die Heidenchristen aus der Ablehnung des Evangeliums durch viele Juden nicht schließen können, dass Gott sein Volk verworfen hat. Vielmehr öffnet Paulus eine heilsgeschichtliche Perspektive, die zeigt, wie eng die Ablehnung des Evangeliums durch Israel und die Rettung Heiden verknüpft ist. Und Paulus zeigt, wie Gott die Rettung der Heiden dazu benutzt, um sein Volk Israel zur Umkehr zu reizen. Gott steht zu seinem Volk und seinen Verheißungen.
2.2 Hinweise für homiletische Überlegungen (Anwendung)
Wir haben diesen Sonntag einen sehr langen Predigttext. Dennoch halte ich es für wichtig, den ganzen Abschnitt zu lesen (eventuell in Abschnitten), damit die Argumentation von Paulus gehört und nachvollzogen werden kann.
In der Predigt sollte Gottes Treue, sein Ringen um sein Volk und gleichzeitig die Alternativlosigkeit des Evangeliums deutlich werden. Wir, als Heidenchristen, sollten neu begreifen, was für ein Vorrecht es ist, dass Gott uns in sein Volk hineingestellt hat. Das ist ein gewaltiges Gnadengeschenk, das uns immer wieder neu dankbar und demütig machen sollte.
Vom Lobpreis des Paulus ausgehend müssen auch wir sehen, dass wir Gottes Pläne in ihrer Tiefe nur teilweise erfassen können. Gott hat uns das Entscheidende offenbart, aber bei Detailaussagen, gerade auch, was die Zukunft angeht, müssen wir manches offenlassen.
3 Sagen, wo es hingeht
3.1 Predigtziel – warum halte ich diese Predigt?
Die Hörer sollen erkennen, wie groß Gottes Retterliebe ist. Er will uns Menschen retten und hat alles dafür getan, dass sowohl Juden wie auch Heiden das Evangelium annehmen. Die Hörer sollen neu über Gottes Gnade im Blick auf uns Heiden staunen, und auch über die Treue Gottes zum Volk Israel.
Schließlich sollen die Hörer in ihrem Vertrauen auf das Evangelium gestärkt werden. Alle Menschen brauchen Jesus den Retter und wir als Christen sind auch heute beauftragt, diese Botschaft treu weiterzusagen und Menschen zur Umkehr zu rufen.
3.2 Predigtthema – was sage ich in dieser Predigt?
Gott ist unser treuer Retter: Sein Heilsplan für Israel und die Nationen
3.3 Predigtentfaltung – wie sage ich es in dieser Predigt?
1. Israels Reaktion auf das Evangelium: Verstockung aber ein gläubiger Rest (10, 18-11, 10)
2. Gott rettet die Heiden und will Israel eifersüchtig machen (11, 11-24)
3. Gott erfüllt seine Verheißung und rettet Israel (11, 25-32)
4. Gottes Heilsplan ist unvorstellbar herrlich (11, 33-36)
(Tobias Schurr)