Monatsthema: In der Korrektur des Herrn leben
Predigtthema: Abkehr
Bibelstelle: 2.Mose 32, 1-14
Verfasser: Thomas Richter
1. TEXTZUSAMMENHANG
Als Mose auf dem Gipfel des Sinai ist und die Gebote Gottes empfing, war das Volk im Tal damit beschäftigt sie zu brechen. Mose kam und kam nicht von dem Berg zurück und die Israeliten fühlten sich von Gott verlassen. Ihre Geduld ging zu Ende und so war es Zeit, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Der Hintergrund für die Handlungen Israels liegt darin, dass Israel sich nicht nur an den Herrn selbst, sondern auch an seinen Diener Mose gebunden hatte (2Mose 14,31). So wird eine empfundene Führungskrise leicht zu einer Glaubenskrise.
Die 40 Tage des Wartens werden Israel zur Anfechtung. Warum schweigt Gott so lange? Er müsste sich doch zeigen und unter uns offenbar sein (vgl. V. 1b mit Jes 30,15). Die Richtung in die wir gehen, wenn wir am Ende unserer Geduld sind, spricht Bände über unser Verhältnis zum Herrn. Ob wir näher zu ihm kommen oder uns von ihm abkehren (= Predigtthema), hängt davon ab wie gut wir ihn kennen und wie vertraut wir mit ihm sind.
Wenn wir den Eindruck haben, dass auf den Herrn kein Verlass ist, dann reift der Wunsch nach einem sichtbaren, greifbaren Gott, einem der uns vor Augen steht. Je fremder uns der Herr ist, umso attraktiver werden die Götzen, denn Götzen sind nichts anderes als menschliche Vorstellungen von einem selbstgemachten Gott.
2. TEXTANMERKUNGEN
Detaillierte Texterklärungen bietet die angegebene Literatur (= 6. Predigthilfen)
V. 1-6: „Menschliches Handeln“
Das geflügelte Wort vom „Tanz um das goldene Kalb“ verleitet uns schnell dazu zu fragen: Was sind unsere Götzen, die wir anbeten? Geläufige Beispiele sind dann z.B. das Auto, der Garten, Materialismus, die Kinder, Familie usw. Alles „Dinge“, die das Wichtigste in unserem Leben sein können und den Herrn verdrängen können.
Aber stimmt diese Anwendung? In Text geht es um eine ganz besondere Form des Götzendienstes – um den Gottesdienst (= „Fest für den Herrn“ – V. 5). Das Anliegen ist die Anbetung Gottes, aber sie erfolgt in unwürdiger Art und Weise. Im Vordergrund steht nicht zuerst die Abwendung von Jahwe (= der Gott, der da ist), sondern die falsche Anbetung, die dann in der Tat zur Abkehr wird. Hier wird der lebendige Gott den eigenen menschlichen Vorstellungen angepasst, er wird in eigene Formen gepresst und so kann der Herr nicht mehr der sein, der er ist.
Das Grundproblem hier lautet: Das Volk Gottes lässt sich nicht mehr von Gott formen, sondern formt sich Gott nach seinen Vorstellungen um und damit hört Gott auf der Herr zu sein.
Hier geschieht etwas im Volk Gottes unter dem Vorzeichen „Gottesdienst“. Es wird eine Versammlung gebildet, aber von Menschen her. Es wird eine Forderung gestellt, aber von Menschen her. Es wird eine Vorstellung entwickelt, aber von Menschen her.
Die Frage die sich stellt und die in der Predigt zu beantworten ist: „Wie ist das in unseren Gottesdiensten und Versammlungen?“ Bleibt der Herr, der er ist? Unverfügbar für uns Menschen?
Israel bringt Opfer (V. 2-4.6a), aber es sind falsche Opfer. Die Frage ist wie und wozu setzen wir die Gaben Gottes ein? Die Ringe stammen aus der „Plünderung Ägyptens“ (vgl. 3,21f; 11,2f; 12,35f) und sind die Gabe Gottes für den Bau der Stiftshütte. Hier wird deutlich: Gaben Gottes sind zum Segen gegeben, können aber zum Fluch missbraucht werden.
Israel entwickelt ein Bild von Gott, aber nach den eigenen Vorstellungen (Stier = Sinnbild von Kraft – ‚Power‘). Ihr Bild von Gott entspricht nicht seiner Offenbarung, sondern ihren Wünschen und Sehnsüchten.
Beim Götzendienst, dem Gottesdienst nach menschlichen Vorstellungen, gilt immer: Auf die Stimulierung folgt irgendwann die Strangulierung! Vgl. hierzu die Warnung aus 1Kor 10,6-8.10-13.
V. 7-10: „Göttliches Handeln“
Gott nimmt war, was in seinem Volk geschieht. Er sieht eben nicht unbeteiligt und tatenlos zu, sondern er nimmt Anteil am Ergehen seiner Kinder. Gott reagiert auf unser Verhalten, denn wir sind ihm nicht gleichgültig. So informiert Gott selbst Mose über die Abweichung von seinem Weg (V. 7), über die Abweichung von seiner Erwählung (V. 8), über die Absicht seines Handelns (V. 10). Die Entehrung Gottes bleibt nie ohne Folgen. ‚Halsstarrig‘ (wörtl. fester Nacken) steht für die fehlende Hörbereitschaft (V. 9; vgl. Hebr 5,11-14). Der Herr hebt seine Zusagen nicht auf, er steht zu seinem Wort, aber er nimmt eine Eingrenzung vor (V. 10).
V. 11-14: „Geistliches Handeln“ (siehe Ps 106,19-23)
Welche Haltung dem Volk Gottes gegenüber wird hier deutlich? Für Mose liegt in der gewaltigen Verheißung zugleich eine Versuchung. Wie soll er reagieren? Mose verweist hier weder auf sich, noch auf das Volk. Der Grund für seine Fürbitte liegt nicht in den „Werken“, sondern ausschließlich in der „Gnade“ (= im Wesen und Wort Gottes). Gott informiert und Mose argumentiert. Mit der Eigentumsfrage (es ist dein Volk – V. 11), mit der Zeugnisfrage (es geht um dein Zeugnis – V. 12), mit der Vertrauensfrage (es geht um deine Zusagen – V. 13). Da Mose konsequent von Gott her denkt und argumentiert (= theozentrisch) und nicht vom Mensch her (= anthropozentrisch), kann er auch appellieren: an Gottes Erbarmen, an Gottes Treue, an Gottes Verheißung.
V. 14 steht zwischen 4Mose 23,19 und 1Sam 15,29, denn es geht um eine Absicht und nicht um einen Beschluss – vgl. Jer 18,7f; 26,3.13; Joel 2,13; Jona 3,10. Der Herr ist kein fehlbarer Mensch, der sich reuen müsste.
Fürbitte tut Not, auch wenn „Hopfen und Malz“ verloren erscheint.
Wer braucht Fürbitte? Sünder – Volk Gottes – Gemeinde; wer am Tanz um das goldene Kalb teilnimmt.
Wer ermöglicht Fürbitte? Der Gott, der sich nicht in menschliche Formen pressen lässt, der sich beim Wort nehmen lässt.
Wer kann Fürbitte üben? Wer den Herrn ernst nimmt, in seinem Gericht und seiner Gnade.
3. TEXTSCHWERPUNKT
Es geht um das Thema „Götzendienst“ und der Vergleich- und Bezugspunkt ist der Gottesdienst. Findet unser Gottesdienst entsprechend dem Wort und Willen Gottes statt oder ist er geprägt von unseren menschlichen Erwartungen und Vorstellungen (vgl. hierzu Röm 12,1f)?
4. TEXTVERANSCHAULICHUNG
Zum Einstieg:
„Es war einmal eine Spinne, die lebte herrlich und in Freuden. Doch eines Tages hörte sie: Die Welt hat sich verändert. Die Aufgabe der Stunde heißt: Modernisieren, Altes aufgeben, auf das Wesentliche beschränken, auf Überflüssiges verzichten. Eigentlich war sie die Ruhe selbst. Doch der Vorwurf der Rückständigkeit machte sie nervös. Umgehend überprüfte sie ihr Netz, aber kein Faden war überflüssig. Ganz nervös und in hektische Aufregung versetzt, stieß sie endlich auf einen Faden, der noch nie eine Fliege eingebracht hatte. Dieser hatte noch nie seinen Wert erwiesen. Dieser schien wirklich überflüssig zu sein. Schnell biss sie den Faden ab. Aber, oh Schreck, das ganze Netz fiel in sich zusammen. Denn es war der einzige Faden nach oben, an dem alles hing“. Das Volk Gottes hat den Faden nach oben zerschnitten
Prof. Klaus Bockmühl bietet eine gute Veranschaulichung und Aktualisierung, was Götzendienst ist: „Ungehorsam ist Götzendienst, denn es ist die Herrschaft des eigenen Willens“ (vgl. hierzu z.B. 1Sam 15,23).
5. PREDIGTGLIEDERUNG
A. „Der Tanz um das goldene Kalb“ – menschliches Handeln (V. 1-6)
B. „Der Zorn wegen dem goldenen Kalb“ – göttliches Handeln (V. 7-10)
C. „Die Bitte trotz dem goldenen Kalb“ – geistliches Handeln (V. 11-14)
6. PREDIGTHILFEN
Hansjörg Bräumer. Das zweite Buch Mose: Kapitel 19-40. Wuppertaler Studienbibel. Wuppertal: R. Brockhaus, 1999. S. 315-326,
Karl Heinz Knöppel. Auf dem Weg mit Gottes Volk: Streifzüge durch das zweite Buch Mose. Neuhausen: Hänssler, 1997. S. 124-134.
Erwin W. Lutzer. Näher zu Gott: Ein Gang durch das Leben des Mose. Hamburg: C.M. Fliß, 2002. S. 132-141.
Paul Humburg. Aus der Quelle des Wortes. Bad Liebenzell: VLM, 1985. S. 64-73.