Apostelgeschichte

Predigthilfe vom 14.6.2009 – Apostelgeschichte 16, 25-40

Monatsthema: In der Gemeinde des Herrn leben
Predigtthema: Die Auswirkungen annehmen

Bibelstelle: Apostelgeschichte 16, 25-40

Verfasser: Thomas Richter

Ein Predigttipp enthält Hilfestellungen für die Verkündigung und ersetzt deshalb nicht das eigenständige Erarbeiten des Bibeltextes und Studieren von Bibelkommentaren. Hilfen zur Auslegung und Anwendung bieten z.B. Alfred Christlieb. Der Apostel Paulus. 7. Aufl. Liebenzell: VLM, 1996. S. 167-172 (nachfolgend zu einem großen Teil in den Predigttipp eingearbeitet) und Heinz-Werner Neudorfer. Apostelgeschichte 2.Teil / Edition C Bibelkommentar 9. Neuhausen: Hänssler, 1990. S. 132-147.

1. TEXT- UND PREDIGTZUSAMMENHANG

Unser Predigttext setzt das Geschehen von Apg 16,11-24 unmittelbar fort, da nun die Erfahrungen und die Auswirkungen der dort begonnenen Gefangenschaft beschrieben werden. Widerstand, Gegenwehr und Ablehnung von und durch Menschen ist etwas, was zur Normalität der Gemeinde Gottes gehört. Aus diesem Zusammenhang her ergibt sich auch das Predigtthema für Apg 16,25-40: Die Auswirkungen annehmen.

2. TEXT- UND PREDIGTANMERKUNGEN

Zum Einstieg: „Kantate in Philippi, selbstredend nicht ein einem altehrwürdigen Gotteshaus. Die Musikfreunde dieser römischen Kunstmetropole gehen dazu auch nicht in einen Konzertsaal der städtischen Liederhalle, auch nicht in einen weißen Saal des neuen Schlosses, man pilgert dazu auch nicht in ein großes Haus des mazedonischen Staatstheaters. Dieses Kantate findet im Gefängnis statt. Diese geistliche Musik schallt aus vergitterten Fenstern, durch Zellengänge und schwedische Gardinen. Kantate im Knast, so könnte eine flott aufgemachte Boulevardzeitung diesen Bericht am Kiosk verkaufen. Und weil diese Aufführung in Philippi solch nachhaltigen Eindruck hinterließ, wurde sie immer wieder in Gefängnissen gesungen und will bis heute in Gefängnissen gesungen werden. Dazu braucht es gar keine antike Haftanstalt, kein mittelalterliches Verließ, kein modernes Stammheim. Da ist die chic eingerichtete Wohnung, in der sich Ehepartner nur noch streiten, wie ein Gefängnis. Da ist der gut bezahlte Arbeitsplatz, an dem sich Kollegen nur mit Ellenbogen begegnen, wie ein Gefängnis. Da ist das blitzsaubere Krankenzimmer, in dem der Operierte noch Wochen liegen muss, wie ein Gefängnis. Da ist die kleine Altenstube, in die einen die Kinder abgeschoben haben, wie ein Gefängnis. Weil es so viel Gefängnisse gibt, in denen wir leben und leiden, deshalb tun wir gut daran, auf diese Kantate zu hören“ (Konrad Eißler. Gott schreibt höchstpersönlich. Neukirchen-Vluyn: Aussaat, 1996. S. 59).

Hilfreich Bausteine enthält bereits der Predigttipp zu Apg 16,23-40 von Eckhard Löffler (www.wbb-online.de/pt) vom 20.11.2005 bzw. 16.07.2006. Deshalb nachfolgend nur einige knappe Ergänzungen.
Es gilt die Auswirkungen der Führung Gottes anzunehmen (= Predigtthema von Apg 16,25-40), denn Gott bestärkt in Bedrängnis (V. 25-29), bewegt zum Bekenntnis (V. 30-34) und befreit aus dem Gefängnis (V. 35-40).

A. Gott bestärkt in der Bedrängnis (V. 25-29)

Oft ist es nur ein kurzer Weg von der Zuversicht zur Verzagtheit. Hier ist die Frage zu bewegen, wie man angesichts solcher Wegführungen Gottes so freudig sein kann.

V. 25: „Um Mitternacht“ bedeutet, dass Gebet und Lob in der Not Zeit braucht, man muss sich erst hineinfinden und dabei kann es spät werden, es dauert eben. Der gr. Begriff „hymeno“ bedeutet „jemanden besingen, jemandem ein Lob singen“. Von daher ist ein Hymnus in der Bibel immer ein beschreibendes Lob. Hier wird nicht zuerst gedankt, sondern wieder in den Blick genommen wie und wer Gott ist. Ein Hymnus führt einen weg von sich selbst und der Situation und bringt das Herz und die Seele in die Gegenwart Gottes. Gerade wo die eigenen Worte fehlen, weil die eigene Situation so schrecklich ist, da findet man im Lob wieder Worte, weil es dabei ganz um den Herrn geht. Hier entdecken wir einen Grundzug biblischer Seelsorge, nämlich wie die Gegenwart Gottes in der Bedrängnis real bleibt und es deshalb nicht zur Verzagtheit kommt. Hier liegt auch die Grundlage für den Spruch: „Loben zieht nach oben“.

Die Anfechtung endet erst da, wo wir wieder vor dem Angesicht Jesu beten können. Ruhe in unseren Lebenslauf bringt, wenn wir wieder in der Leitung und Führung Gottes ruhen. Er kommt mit der Situation klar, nicht wir (vgl. Phil 4,4f). Der Herr ist nahe, gerade im und durch das Lob!

V. 26: Wenn Gott eine Tür öffnet heißt das noch nicht, dass man dann auch sogleich durchgehen soll. Grundsätzlich gilt es immer erst an der momentanen Platzanweisung zu verweilen, bis das Signal Gottes zum Aufbruch kommt.

V. 28: Ein ‚prophetisches‘ Wort, dass der Herr dann gebraucht (V. 29)

B. Gott bewegt zum Bekenntnis (V. 30-34)

V. 30f: Nicht „ihr Herren, was muss ich tun“, sondern „glaube an den Herrn“! So wird die Glaubensfrage einfach, eindeutig und wirkungsvoll beantwortet. Die Glaubensbasis liegt im Herrn selbst, die durch die Verkündigung offenbar wird (Röm 10,17).

Im Hinblick auf die Taufe ist zu beachten, dass das ‚Haus‘, das hier getauft (V. 33), vorher die Botschaft gehört hat (V. 32). Hier geht es um eine ‚menschliche‘ Reaktion (Taufe) auf die vorhergegangene ‚göttliche‘ Aktion (= Verkündigung).

„Der zum Glauben gekommene Kerkermeister zeigt uns, dass gewisse Dinge zur Erlangung der Heilsgewissheit nicht nötig sind, die von manchen irrtümlich für notwendig gehalten werden. Zuerst hatte er keine vollständige, allseitige christliche Erkenntnis. Wenn wir die Kürze seines Unterrichts erwägen, so müssen wir sagen: Seine Einführung in die christlichen Heilswahrheiten war sehr einfach. Er wusste nur zweierlei:
a) Seine Frage beweist, dass er die Notwendigkeit seiner Errettung erkannt hatte (‚Was muss ich tun, dass ich gerettet werde?‘, wörtlich). Also sein verlorener Zustand war ihm klar geworden. Diese Erkenntnis war für das Himmelreich mehr wert als alle Schriftgelehrsamkeit der stolzen Pharisäer.
b) Sodann war ihm aus dem Zeugnis des Paulus Jesus als der Retter und Heiland für solchen verlorenen Zustand bekannt geworden. Diese einfache Erkenntnis genügte, um zur klaren Heilsfreude zu gelangen. Dieses Beispiel kann solchen Seelen Mut machen, die in ihrem Mangel an christlicher Erkenntnis und gründlicher biblischer Lehre ein Hindernis für Erlangung des vollen inneren Friedens sehen. Die schlichteste Kenntnis genügt, wenn der Heilige Geist sie lebendig macht.
Ein zweites Stück, das der Kerkermeister bei der Erlangung der Heilsfreude noch nicht hatte, war eine gründliche, längere Bewährung seiner Sinnesänderung. Als er in jener Nacht das Wort des Herrn gläubig aufnahm, dachte er nicht etwa, er müsse erst eine Zeitlang ernst und treu nach Gottes Willen leben, ehe er es wagen dürfte, die Gnade in Christus anzunehmen. Er ließ sich nicht durch die Tatsache zurückschrecken, dass er noch vor wenigen Stunden die Knechte Gottes rücksichtslos behandelt hatte, auch nicht durch den Umstand, dass er soeben noch zum Selbstmörder werden wollte. Hätte er mit dem Ergreifen des Heils so lange warten wollen, bis er eine Zeitlang in eigener Kraft ein Gott wohlgefälliges Leben geführt hätte, so ist es die Frage, ob er jemals ein Christ geworden wäre. Vielmehr nahm er als Sünder, als rauher Mensch und als Selbstmörder die gute Botschaft des Heils an und erhielt dadurch die Kraft, den Willen Gottes mit Freuden zu tun und Liebe zu üben, wo er früher lieblos gewesen war“ (Christlieb, Apostel Paulus, S. 170f).

C. Gott befreit aus dem Gefängnis (V. 35-40)

Der Herr kann befreien: innerlich und äußerlich. Niemand kann die Kinder Gottes länger plagen, als er es zulässt. Wir sind nicht der Willkür irgendwelcher Menschen ausgeliefert. So hat der Herr auch wieder Wege zurück ins Leben, in den Alltag. Hiervon dürfen und sollen wir fröhlich und mutig berichten. Wir geben das weiter, was wir empfangen haben (V. 40).

Bsp.: „Das Heilige Land selbst bietet uns ein anschauliches Beispiel des Prinzips geistlicher Fülle. Israel besitzt zwei große Seen: den See Genezareth und das Tote Meer. Diese Seen versinnbildlichen eine eindrucksvolle geistliche Wahrheit. Beide werden von demselben Wasser gespeist, das vom Hermon herabfließt, dem höchsten Berg des Landes, und dennoch sind sie so verschieden wie Leben und Tod. Der See Genezareth, der dem schneebedeckten Hermon sehr nahe liegt, empfängt das Wasser direkt von der Quelle und gibt alles wieder ab, was er empfängt. Dieses lebendige Wasser strömt unaufhörlich durch den See und fließt weiter das tiefere Jordantal hinunter. Dieses Wasser ist frisch, voller Fische und ermöglicht eine reiche Vegetation entlang seinem Ufer. Das Tote Meer dagegen empfängt dasselbe Wasser, allerdings nicht direkt aus der Quelle, sondern ‚aus zweiter Hand‘: durch den See Genezareth. Das Tote Meer gibt nichts weiter von dem was es empfängt. Es befindet sich in einer tiefen Senke auf einem so tiefen Niveau – 300 Meter unter dem Meeresspiegel -, dass dort eine erdrückende Hitze herrscht. Alles empfangene Wasser verdampft. Was übrig bleibt, ist Bitterkeit, die von Jahr zu Jahr zunimmt und die das Leben im Meer und an seinen Ufern unmöglich macht. Alles ist vertrocknet, unfruchtbar, salzverkrustet, eine Wüste“ (Ralph Shallis. Kurswechsel – das Leben beginnt. 2. Aufl. Neuhausen: Hänssler, 1985. S. 47-49). Fazit: Lasst uns das vom Herrn Empfangene weitergeben und nichts zurückhalten. Nur wer ständig gibt, der wird auch wieder neu empfangen und lebendig bleiben. Bist du ein See Genezareth oder ein Totes Meer?

„Wie freundlich sorgt doch Gott für seine Knechte! Während Paulus im Gefängnis sich mit Gebet und Seelenrettung beschäftigte, sorgte Gott für seine Freilassung. Er brauchte selber nichts zu tun, um frei zu werden. Die Hauptleute sandten ohne menschliche Anregung am frühen Morgen den Befehl zur Freilassung der Apostel. Lasst uns daraus lernen, dass niemand Gottesknechte länger plagen darf, als Gott es zulässt! Wie kamen die Hauptleute dazu, ihre Meinung zu ändern? Gestern glaubten sie ja noch, man müsse diese Menschen aufs schärfste züchtigen und aufs strengste verwahren. Heute sind sie der Ansicht, man müsse sie freilassen. Sind sie durch eine Beschwerdeschrift des Paulus dazu gekommen? Hat Lydia ihnen Bescheid gesagt? Nein. Aber das starke Erdbeben der Nacht hat ihnen einige heilsame Gedanken gebracht. Die großmächtigen Herren hatten in der Nacht etwas von einer höheren Gewalt vernommen. Schon der erste Erdstoß hatte lähmendes Entsetzen geweckt. Die Angst vor Wiederholung lief; sie nicht mehr ruhen. Der nächste Stoß konnte sie das Leben kosten. Sie kamen, wie eine Lesart sagt, auf dem Markt zusammen, um wegen des Erdbebens zu beraten. Nun wussten sie ja nicht, dass sie einen Boten des allmächtigen Gottes angetastet hatten, aber gewiss wussten sie soviel, dass sie wehrlose Fremdlinge sehr roh behandelt und ohne regelrechtes Verhör verurteilt hatten. Angesichts der Ewigkeit mag der Entschluss schnell in ihnen gereift sein: Wir wollen wieder gutmachen, was wir gestern durch übergroße Schärfe verfehlt haben. Nun, das war nicht verkehrt. Aber die Erschütterung dieser Herren ging doch nicht tief genug. Oh, wie viel oberflächliche Erschütterung gibt es besonders bei schreckhaften Geschehnissen! Lasst uns nicht bei oberflächlichem ‚Wiedergutmachen‘ stehenbleiben wie diese Beamten! Ginge es doch bei uns wie bei dem Kerkermeister durch eine ganz tiefe Erschütterung und Bann durch eine völlige Erneuerung! Der Kerkermeister erlebte Größeres. Er schaute Gottes treue Fürsorge für seinen Apostel. Der Stockmeister durfte selber Paulus freilassen. Nachdem Paulus ihm die ewige Freiheit in Christus gebracht hatte, durfte er seinem geistlichen Vater die zeitliche Freiheit künden. Er erlebte, wie Gott sich um die Seinen kümmert und wie er auch mächtigen Menschen das Herz lenken kann. Solche Erfahrungen gaben ihm Kraft für die kommende Zeit, wo er ohne Paulus weiter glauben musste. Paulus lehnte indessen die heimliche Ausstoßung ab und erbat öffentliches Geleit durch die Beamten. Weshalb? War es gekränkter Stolz oder Eigenliebe? Dann hatte Paulus oft vielerlei Geleit erbitten müssen. Ach nein. Er sah darauf, was für die Hauptleute und vor allem für die junge Christenschar gut war. Ein guter Ruf, auch vor der Welt, machte dem Worte Gottes Bahn. Nicht als fliehender Verbrecher, sondern als tröstender Vater sollte Paulus die erste Station in Europa verlassen. Wohl uns, wenn wir solche Spuren an den Orten unserer Wirksamkeit zurücklassen!“ (Christlieb, Apostel Paulus, S. 171f).

3. TEXT- UND PREDIGTSCHWERPUNKT

Unsere Predigtübersicht 2009 (beim Gemeinschaftsleiter erhältlich) benennt als möglichen Schwerpunkt für die Predigt das Thema „Bekehrung und Leiden“. In der Predigt ist zu entfalten, dass selbsterfahrenes Leid anderen zum Heil werden kann. Was vordergründig sinnlos erscheint (z.B. Leid in der Gefangenschaft), wird zu einer heilvollen Erfahrung (z.B. Bekehrung durch die Gefangenschaft). Die Wegführungen Gottes sind uns oft verborgen und erscheinen verschlungen bzw. rätselhaft. Aber unter der Führung Gottes kommt es zu Begegnungen, die überraschend sind. Im Vorfeld ist uns meist verschlossen, welche Termine Gott für uns vereinbart. Wichtig ist, dass wir offen für sie sind und sie an- und wahrnehmen. Dazu ist es oft nötig, dass wie die Auswirkungen der Führung Gottes auch annehmen (= Predigtthema). In der Führung Gottes kommen wir zur Ruhe, wo
* wir loben können, weil der Herr trotzdem da ist!
* wir loben können, weil der Herr gerade darin da ist

4. PREDIGTGLIEDERUNG

Die Auswirkungen annehmen, denn Gott
A. bestärkt in der Bedrängnis (V. 25-29)
B. bewegt zum Bekenntnis (V. 30-34)
a) Glaubensfrage (V. 30)
b) Glaubensbasis (V. 31f)
c) Glaubenswirkung (V. 33f)
C. befreit aus dem Gefängnis (V. 35-40)