Monatsthema: In der Korrektur des Herrn leben
Predigtthema: Auskehr
Bibelstelle: 2.Mose 32, 15-35
Verfasser: Thomas Richter
Ein Predigttipp enthält Hilfestellungen zur Verkündigung und ersetzt deshalb nicht das eigenständige Erarbeiten des Bibeltextes und Studieren von Bibelkommentaren (Hinweise unter „6. Hilfen zur Auslegung und Anwendung“).
1. TEXTZUSAMMENHANG
Israel lagert am Fuße des Sinai. Große Tage lagen hinter ihnen, wunderbare Hilfe des Herrn hatten sie erfahren. Aber nun folgen Tage in den vordergründig nichts Sichtbares und Wunderbares geschieht. Als Mose auf dem Gipfel des Sinai ist und die Gebote Gottes empfing, war das Volk im Tal bereits damit beschäftigt sie zu brechen.
Die Predigttexte im März veranschaulichen uns an Hand des Volkes Israel, wie nötig eine „Bekehrung“ ist, damit man am Leben bleibt. Der Prozess der Bekehrung umfasst die Abkehr (32,1-14), Auskehr (32,15-35), Umkehr (33,1-23), Heimkehr (34,1-35,3) und Rückkehr (35,4-36,7). Die einzelnen Predigttexte sind von daher immer nur Bestandteile eines größeren Zusammenhangs (Bekehrung), den es vor Augen zu stellen gilt, damit wir auch wirklich „in der Korrektur des Herrn leben“ (= Monatsthema). Gott greift ein ins Leben. Aber entsprechend dem gegenwärtigen Standort im Prozess der Bekehrung fällt sein zurechtbringendes und korrigierendes Handeln unterschiedlich aus.
2. TEXTANMERKUNGEN
A. DIE SCHULD DES VOLKES GOTTES (V. 15-24)
Das war ein Abstieg für Mose! Aus den Höhen der Gegenwart Gottes in die menschlichen Niederungen von Sünde und Schuld (vgl. hierzu die Situation Jesu in Lk 19,41 mit 19,45ff).
Mose hat eben noch für das Volk gefleht und wird nun bei dem was er sieht von Erregung gepackt. Er zerschmettert die Tafeln und erklärt damit den Bund Gottes für zerbrochen. Damit wird dem Volk verdeutlicht, dass sie die Bundesverpflichtungen gebrochen haben. Mose verbrennt das Stierbild. Durch das Umschmelzen verliert diese menschliche Schöpfung ihre Form und Gestalt. Mose zerstampft das Gold zu Staub. Dieses Zermalen ist eine Verdeutlichung für die radikale Vernichtung, die droht und nötig ist. Mose zerstreut den Goldstaub ins Wasser (= in einen nahen Bach; siehe 5Mose 9,21) und lässt das Volk davon trinken. Das Trinken ist ein Zeichen dafür, dass sie Verantwortung für ihre Vergehen übernehmen müssen und erkennen, dass das was geschehen ist, sie bis ins Innerste hinein verunreinigt hat. Durch das Trinken übernehmen sie die Verantwortung und sagen Ja und Amen zu ihrer Tat.
Aaron weist alle Schuld von sich. Hier wird deutlich, wie wichtig ein dem Herrn verantwortliches Handeln der Leitung im Volk Gottes ist.
Worin liegt der entscheidende Unterschied zwischen Aaron und Mose?
Aaron hat sein Ohr ganz bei den Menschen, er meint zu wissen, was sie wollen und benötigen. Aber genau aus diesem Grund, kann er sich nur um die „empfundenen“ Nöte des Volkes kümmern und so gehen sie gemeinsam in die Irre. Mose dagegen kommt aus der Gegenwart des Herrn, hat sein Ohr also ganz beim Herrn und ist so immun geworden gegen die „öffentliche“ Meinung und sieht deshalb die „wahren“ Nöte des Volkes. „Himmlische Gemeinschaft macht einen Menschen stark“ (Spurgeon). In der Gegenwart beim Herrn entstand sein Verlangen dem Herrn zu gehorchen, was ihm den nötigen Mut und die Kraft gibt, sich gegen das zu stellen, „was man dachte“. Wer dem Schöpfer selbst begegnet ist, der braucht sich nicht vor den Geschöpfen zu fürchten. Aaron dagegen hat nicht die innere Festigkeit, den Wünschen des Volkes mit dem Willen Gottes entgegen zu treten. Er ist zu sehr „Diplomat“, um dem Volk das sagen zu können, was sie eigentlich hören mussten.
B. DIE KONSEQUENZEN FÜR DAS VOLK GOTTES (V. 25-29)
Warum mussten so viele getötet werden?
Wahrscheinlich, weil etliche noch nach der Rückkehr des Mose vom Berg mit der Rebellion fortfuhren. Aber bevor wir hier vorschnell von „alttestamentlicher Härte“ sprechen und dieses Gericht Gottes „neutestamentlich beerdigen“, gilt es im Kern zu erfassen was hier geschehen ist. Die Ereignisse führen uns drastisch vor Augen, welche Konsequenzen Sünde hat, denn der Lohn der Sünde ist der Tod (Röm 6,23). Hier wird uns lediglich in letzter Konsequenz vor Augen geführt, was jedem Menschen bevorsteht und was er auch verdient hat, wenn er sich nicht von Gottes Güte zur Buße leiten lässt (Röm 2,4). Im AT wird das Gericht Gottes am Sünder bereits oft im „irdischen“ Leben vollstreckt, um zu verdeutlichen was die „ewige“ Konsequenz“ unseres Handeln ist. Die Konsequenz von Sünde und Schuld ist aber immer dieselbe: Vernichtung und Verdammnis. Die Frage ist nur, wann wir mit dieser Konsequenz konfrontiert werden. Von daher ist der Text eine eindringliche Warnung auch an uns, Sünde nicht auf die „leichte Schulter“ zu nehmen, sondern Schuld aus unserem Leben „auszukehren“, damit nicht die Schuld uns bleibend aus der Gemeinschaft mit dem Herrn „auskehrt“ (= Predigtthema).
In V. 26 werden die drei zentralen Aspekte einer notwendigen Auskehr aufgezeigt: Entscheidung – Bekenntnis – Hingabe (nach Spurgeon).
Die Wendung „füllt eure Hand“ (V. 29 – oft mit ‚weiht euch‘ übersetzt) ist ein Fachausdruck für die Einsetzung zum priesterlichen Dienst (vgl. 2Mose 28,41; 29,9b). Da die Leviten hier dazu aufgefordert werden, sich die Hände selbst zu füllen, kann der Befehl wie folgt übersetzt werden: „Bevollmächtigt euch selber heute für Gott“ und bedeutet „Bleibt, was ihr heute begonnen habt“, das heißt, behaltet ein waches Auge für die Kompromisslosigkeit in der Verehrung Jahwes (nach Bräumer).
Auch gilt es wieder zu entdecken, dass dieses Gerichtshandeln den Segen bringt (V. 29b).
C. DIE CHANCE FÜR DAS VOLK GOTTES (V. 30-35)
WER BRAUCHT FÜRBITTE? Sünder – Volk Gottes – Gemeinde – jeder, wer der guten Wegweisung Gottes nicht folgt.
WER ERMÖGLICHT FÜRBITTE? Der Gott, der sich beim Wort nehmen lässt und den man beim Wort nehmen muss.
WER KANN FÜRBITTE ÜBEN? Wer den Herrn ernst nimmt, in seinem Gericht und seiner Gnade.
Nun kommt der zweite Aufstieg des Mose, er geht die „zweite Meile“ für das Volk Gottes (vgl. zu dieser Haltung auch Paulus in Röm 9,2f). Die Gnade Gottes hat in Mose eine Leidenschaft entfacht, die sich nun in seiner Fürbitte für das Volk zeigt. Dass der Same Abrahams getilgt werden soll und der Same Moses zum auserwählten Volk werden kann ist eine Versuchung Gottes. Aber Gott versucht nie wie der Satan, der im Menschen das Böse hervorlockt und uns in das Böse versklaven will. Der Herr versucht nie zum Abfall, sondern zur Standhaftigkeit, damit sein Geist uns ganz erfüllen kann (vgl. hierzu Jak 1,1f.13-15). Mose geht gestärkt und gefestigt aus dieser Versuchung hervor. Statt ein besonders „Erwählter“ zu sein, ist er sogar bereit ein stellvertretend „Gestrafter“ zu werden. Diese Haltung ist in dieser Versuchung in ihm weiter gereift (V. 32).
Aber Mose kann kein Stellvertreter für sein Volk sein, denn auch er ist vor Gott ein Schuldner (vgl. 5Mose 1,37; Ps 49,8f). Aus diesem Grund führt uns der Text weg vom Sinai und hin zu Golgatha. Dort hat Jesus stellvertretend sein Leben für die vielen gegeben (Mk 10,45; Joh 10,11), denn er ist der Einzigste, der Gott nichts schuldig geblieben ist (Hebr 2,17f; 4,15f; 7,25). An Golgatha ist das geschehen, was am Sinai noch nicht möglich war: Ein anderer bezahlt für die Sünder. Nicht nur für Israel, sondern für alle. Am Kreuz wurde Jesus unsere Bürge, er hat für alles bezahlt, was wir Gott schuldig geblieben sind. Er bezahlte für uns. Aus diesem Grund hat Gott das stellvertretende Opferangebot von Mose nicht angenommen (V. 33).
Das es ein Buch gibt, in dem die zum Leben bestimmten Personen namentlich stehen, ist im AT (Ps 69,29; 139,16; Jes 4,3; 65,6; Dan 7,10; 12,1; Mal 3,16) und NT (Phil 4,3; Offb 3,5; 13,8; 17,8; 20,12.15; 21,27; 22,29) breit bezeugt.
Das Verb „schlagen“ (V. 35) ist ein Fachausdruck für das strafende Handeln Gottes.
3. TEXTSCHWERPUNKT
Anweisungen für die Anwendung und Übertragung unseres Bibeltextes finden wir in 1Kor 10,6f+11. Was damals geschehen ist, ist auch „für uns“ geschehen, damit wir uns durch das Wort Gottes warnen lassen (vgl. Röm 15,4). Die Ereignisse betreffen zwar das Volk Israel direkt, sind aber genauso zur Warnung für neutestamentliche Gemeinde geschehen und aus diesem Grund gilt es den Grundsatz zu übertragen: Wo wir begangene Schuld nicht aus unserem Leben ‚auskehren‘ (= unter der Gnade leben), da wird uns unsere Schuld aus dem Leben ‚auskehren‘ (= im Gericht bleiben). Gott vergibt in seiner Gnade Sünden, doch erlaubt er auf Grund seiner souveränen Herrschaft der Sünde ihre schrecklichen Folgen im menschlichen Leben hervorzurufen (vgl.Gal 6,7f).
Entscheidend ist, dass wir in der Predigt zielstrebig vom Sinai zu Golgatha gelangen, denn nur dort erfüllt sich im stellvertretenden Sühnetod Jesu, was bei Mose nicht möglich war, aber bereits als zwingend notwendig angezeigt wird. Der Text ist in der Verkündigung christologisch auszulegen und anzuwenden.
4. TEXTVERANSCHAULICHUNG
„Es war während des Krieges nach einem Bombenangriff. Da sah ich bei einem Gang durch die Stadt, wie ein kleiner Junge harmlos mit einem Bombenblindgänger spielte. Meint ihr, der Junge sei besonders tapfer gewesen? O nein! Er war nu – sehr dumm und ahnungslos. An diesen Jungen muss ich immer denken, wenn ich sehe, wie wenig die Menschen unserer Tage den Zorn Gottes fürchten. Wo ist den unter uns noch Furch Gottes? Dass man Gott so harmlos nimmt, das ist nicht ein Zeichen besonderer Aufgeklärtheit und Klugheit. Es ist – Dummheit. Und mehr als das: Es ist Blindheit. Und zwar eine schuldhafte Blindheit, die sich in Zeit und Ewigkeit rächt. Wenn wir das Kreuz Christi jetzt wieder in den Mittelpunkt unserer Betrachtung stellen wollen, dann ist die aller erste Voraussetzung zum Verständnis dies, dass wir den Zorn Gottes fürchten gelernt haben. Ohne diese Voraussetzung verstehen wir gar nicht vom Kreuz“ (entnommen aus Wilhelm Busch. Spuren zum Kreuz: Christus im Alten Testament. 7. Aufl. Neukirchen-Vluyn: Aussaat- und Schriftenmissionsverlag. S. 46 oder im Internet unter: http://www.clv-server.de/pdf/255681-09.pdf [S. 94f]).
„Es liegt eine tiefe Wahrheit in den zerbrochenen Gesetzestafeln. Denn wenn Jahwe nicht mehr Israels Gott ist, helfen ihm auch die besten Ordnungen nicht mehr. Die großen Gebote haben ihre Mitte und ihren Segen darin, dass sie unverrückbar mit Gott selbst verbunden sind. Ohne ihn sind sie ein kaltes Gesetz ohne wärmende Liebe und ohne Herz. So ist es auch mit dem Bibelwort. Wenn wir die ganze Heilige Schrift im Kopf hätten und für diese Wahrheit kämpfen würden . ohne den, der „der Herr der Schrift“ ist, bliebe nur eine Hülle übrig, aus der das Leben gewichen ist. Darum sind Gott und sein Wort unteilbar! Wir können Jesus nicht ohne sein Wort haben, und wir können die Bibel nicht ohne Jesus haben“ (entnommen aus Karl Heinz Knöppel. Auf dem Weg mit Gottes Volk: Streifzüge durch das zweite Buch Mose. Neuhausen: Hänssler, 1997. S. 135f).
„Lasst mich zum Schluss ein kleines persönliches Erlebnis berichten: Vor einiger Zeit hatte ich in Ostfriesland Vorträge zu halten. Als ich mit meinem kleinen Wagen auf einer Landstraße entlang fahre, komme ich plötzlich an eine vereiste Stelle. Ehe ich gegensteuern kann, gerät der Wagen ins Schleudern, kippt um und stürzt über eine hohe Böschung in einen Moorgraben. Es sind seltsame Sekunden, ehe man sich das Genick bricht (was nur durch Gottes Bewahrung nicht geschah). In diesen Sekunden stand mir erschreckend Gottes Gericht vor der Seele. Aber im selben Augenblick aus der Vers: ‚… dass mein Bürge für mich spricht, / dies ist meine Zuversicht.‘ Wie Orgelton klang es in mir: ‚Mein Bürge!‘ Dass wie im Leben und Sterben nichts wüssten als ihn“ (entnommen aus Wilhelm Busch. Spuren zum Kreuz: Christus im Alten Testament. 7. Aufl. Neukirchen-Vluyn: Aussaat- und Schriftenmissionsverlag. S. 49 oder im Internet unter: http://www.clv-server.de/pdf/255681-09.pdf [S. 100])!
5. PREDIGTGLIEDERUNG
Zur ‚Auskehr‘ im Leben kommt es, wo wir
A. absteigen (V. 15-24)
B. umsteigen (V. 25-29)
C. aufsteigen (V. 30-35)
6. HILFEN ZUR AUSLEGUNG UND ANMWENDUNG
Hansjörg Bräumer. Das zweite Buch Mose: Kapitel 19-40. Wuppertaler Studienbibel. Wuppertal: R. Brockhaus, 1999. S. 326-336,
Paul Humburg. Aus der Quelle des Wortes. Bad Liebenzell: VLM, 1985. S. 64-73.
Charles H. Spurgeon. Heilig dem Herrn. 2. Aufl. Bielefeld: CLV, 1998. S. 11-38 (kostenloser Download im Internet unter: http://www.clv-server.de/pdf/255387.pdf).