Monatsthema: Gott schafft Neues, indem er herausfordert…
Predigtthema: … zu einer schenkenden Lebensweise
Bibelstelle: 2.Korinther 8, 1-15
Verfasser: Eckhard Löffler
Vorbemerkungen:
Der Text eignet sich auch für Erntedank- aber auch Christfestpredigten (Kirchl. Predigtreihe, 2. Christtag).
Beim Apostelkonzil (Apg 15) waren die durch Paulus gegründeten, heidenchristlichen Gemeinden als vollgültige und gleichberechtigte Gemeinden anerkannt worden (Apg 15, 22ff). Sie respektierten die Weisungen der „Urgemeinde“ in Jerusalem, waren also nur überwiegend selbständig.
Die äußere Not der Jerusalemer Geschwister berührte alle Filialgemeinden, allerdings war die Sammlung in Korinth stecken geblieben, sicher auch wegen des Konfliktes mit PAULUS
Autonome Gemeinden, die nur ihre eigenen Erkenntnisse und Beschlüsse anerkennen, verzichten auf Korrektur und leiden Schaden.
Erklärungen und Tipps:
V 1f Paulus hatte einen Ruf nach Mazedonien erlebt (Apg 16, 9ff). In Mazedonien lagen die wohl ärmsten Gemeinden Philippi, Thessalonich und Beröa. Die Sammlung unter den Nicht-Mazedoniern lief nicht von allein. Ausgerechnet die wohlhabenden Korinther zeigten sich am wenigsten gebefreudig.
Es ging PAULUS aber nicht um die menschliche Leistung des Opferns, um Korinther anzustacheln. Das bisher unerwartet hohe Ergebnis der Sammlung war „geschenkte Gnade Gottes“. Die Befreiung von Selbstsucht und Geiz ist Geschenk, nicht Ergebnis eigener Überzeugung.
Die mazedonische Armut war wörtl. „tiefgehend, abgrundtief“. Bekennende Christen waren unbeliebt und verachtet, konnten keine Traumberufe ergreifen, wurden deutlich benachteiligt. Trotz (oder auch durch?) Drangsal entstand ein „Überfluss von Freude“, siehe auch 1. Thess 1, 6f.
GEBEN wird in Rö 12, 8 als besondere Gnadengabe aufgezählt.
Im 2. Thess.-brief fehlen Hinweise auf die augenfälligen Charismata wie Zungenreden.
Nur freudige Herzen sind frei von sich selbst. Deshalb die Anteilnahme in Mazedonien über die „Bezirksgrenzen“ hinweg.
Korinther waren satt und registrierten den Hunger der Jerusalemer (deshalb?) kaum.
Hier waren auffällige Gaben gefragt, wie Rede- und Überzeugungskunst, besondere Erkenntnisse, Neues (wie in Athen Apg 17, 21). Die Korinther hatten NEHMERqualitäten. Gaben ohne besondere Außenwirkung wie GEBEN, opfern, helfen wurden geringer geschätzt.
Mazedonische „abgrundtiefe Armut“ hat sich „in Reichtum ergossen“. Gottes Geist ermuntert und befreit zum Geben (siehe Lk 19, 8, Zachäus).
Zur Frage nach Arm und Reich gehört die letztlich gültige Währung. (1)
„… gegeben im Reichtum ihrer schlichten Güte“. Keine Berechnung der Eindruck machenden Außenwirkungen, keine ängstliche Sorge um den eigenen Kontostand, nur einfältige Gewissheit: Der Herr wird auch uns weiterhelfen.
V 3f „Nach“ und sogar „ÜBER Vermögen“ wurde gegeben. In Mazedonien war keine gekonnten, drängenden Opferaufrufe nötig. Die Korinther mussten ermuntert werden, die Mazedonier BATEN selbst um die (wörtl.) „Gunst, teilnehmen zu dürfen am Dienst für die Heiligen“. Die GEBER wurden Bittsteller.
In Korinth rangierte das HABEN vor dem GEBEN.
Jerusalem war keine Führergemeinde, sondern Muttergemeinde.
V 5 Nicht Begeisterung für Paulus sondern Hingabe an den Herrn! „Sich selbst haben sie zuerst dem Herrn gegeben“ – ihre Herzen und Leben inkl. Einkommen und Bankkonten hatten sie dem Herrn übergeben, der für sie sorgte. (2)
Oft verhindert Besitz (Haben wollen) die „Ganzhingabe“.
V 6 „zureden“, besser ermuntern, ermutigen. Das Verb parakalleo bedeutet auch trösten. Kein Ärger, keine Ungeduld bei Paulus wegen der schleppenden Sammlung in Korinth.
„Wohltat“ bedeutet auch Liebesdienst, Gnadenwerk. Zum Geben befreit einen die Gnade Gottes.
Titus hatte das Projekt begonnen, er wird hier wieder offiziell beauftragt. Im finanziellen Bereich muss auch gerade in der Gemeinde Klarheit herrschen. (3)
V 7f Die korinthische Gemeinde in der Weltstadt litt nicht unter Geldnot. Aber Paulus erwähnt nicht ihren äußeren Wohlstand sondern den INNEREN Besitz an Gaben. Von dort aus entwickelt sich das „Geben-Müssen“ zu einer Gnadengabe, einem Geschenk. Liebe stellt sich auch nicht auf Kommando ein, im Gegenteil: Befehlstöne eignen sich, die Liebe einzuschränken.
Die augenfälligen Geistesgaben (1. Ko 12-14) werden hier gar nicht mehr aufgezählt. Zum Geben-Wollen und -Können befreit Gottes Geist, wobei die LIEBE als Triebfeder Herzen und Geldbeutel öffnet.
Interessanterweise spricht Paulus, wenn er Finanzen im Blick hat, nicht vom OPFER, wie in Gemeinden heute üblich. Er schreibt schlicht vom GEBEN und sieht im Geben-KÖNNEN eine GNADE.
Zur „Prüfung“ (V8b): Wenn aus der reichen Gemeinde nur ein Mini-Spendentröpflein käme, würde die übrige Christenheit über das Maß der LIEBE in Korinth nachdenken.
Paulus kennt keine drängenden Opferaufrufe. (4)
V 9 Das beste Beispiel für Liebe ist Jesus Christus. „Um euretwillen“ gab er seine himmlische Stellung auf und wurde unser Knecht bis zum Tod am Kreuz. Diese, seine Liebe ermöglichte den Reichtum der Gotteskinder, allerdings in der ewig gültigen Währung, die keine Inflation kennt.
Den Trübsalen steht eine „über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit“ gegenüber (2. Ko 4, 17f).
V 10-12 Ein persönlicher Rat, keine Forderung, kein Zwang. WOLLEN ist wichtiger als TUN. Das zweite kann auch „zähneknirschend und ungern geleistet werden, das Wollen motiviert zum Tun. (5) Ein Tun ohne Wollen geschieht letztlich unfreiwillig und zielt nur auf gute Eindrücke nach außen.
Andererseits wäre auch ein Wollen ohne Tun sinn- und zwecklos.
Niemand soll überfordert werden. Die Liebe gibt das Maß für das GEBEN an, und zeigt an, ob wir wirklich alles selbst brauchen, was wir besitzen. So hat auch die arme Witwe zwei Scherflein übrig (Lk 21, 1-4), die selbst gut hätte brauchen können. Jesus: „Diese arme Witwe hat mehr als sie alle eingelegt.“ (Lk 21, 3). Unser Haben darf als Maß für unser Geben gelten. Paulus peilt nicht eine hohe Gabe aus Korinth an, die dort widerwillig „geopfert“ würde oder sich gar existenzgefährdend auswirken könnte.
Gott erwartet keine Gaben über unser Wollen, unser Vermögen und unsere Vorstellungen hinaus. Das praktiziert nur er selbst: „Dem aber, der überschwänglich tun kann über alles hinaus, was wir bitten oder verstehen… (Eph 3, 20). „Der Herr sieht das Herz an“ (1. Sam 16, 7).
V 13f Einzelne Korinther meinten wohl, selbst darben zu müssen, um der Jerusalemer Gemeinde die „Fettlebe“ zu ermöglichen.
Beim Abendmahl in Korinth wurde schon deutlich, dass die soziale Bandbreite übergroß war (1. Ko 11, 17.21). Paulus legt u. a. deshalb Wert auf AUSGLEICH auch über die Grenzen der eigenen Gemeinde hinweg. Der Ausgleich kann geistlich und/oder leiblich sein. Beides gibt ja der Herr.
Allgemein können Gemeinden von Kontakten mit anderen Gemeinden profitieren: Ideen, Impulse, Ermutigung, Korrektur(!), usw. Isolation führt leicht zur Verarmung.
„Jetzt“, bzw. „im gegenwärtigen Zeitpunkt“ helfen die Korinther den Jerusalemern. Vielleicht könnte es auch einmal umgekehrt sein.
V 15 Der Mannah-Bericht (2. Mo 16) war sicher bekannt. Gott selbst schuf hier den Ausgleich zwischen unterschiedlich großen Mengen dieses Lebensmittels (2. Mo 16, 18).
Gliederungsvorschlag (nach Dr. H. Krimmer)
Liebe gibt gern
1. Die Liebe gibt freudig
2. Die Liebe gibt freiwillig
3. Die Liebe gibt reichlich
Gedanken und Beispiele zum Erntedank:
1. Danken hängt im Deutschen tatsächlich mit DENKEN zusammen. GEDANKENlosigkeit unter Gotteskindern erzeugt DANKlosigkeit. Es gibt auch schädliches Denken und Danken, wenn der Mensch um sich selbst kreist.
2. Wilhelm Busch, Essen, hatte als junger Pfarrer und geborener Stadtmensch einmal bei der Predigtvorbereitung das Erntedankfest vergessen. Ein Besucher sprach ihn nach der Predigt darauf an. Wilhelm Busch: „Das haben die in der Stadt hier sicher gar nicht bemerkt. Die kaufen doch alles ein.“ Der Mann: „Schade, dass Sie auch so gedankenlos sind wie die meisten Großstädter. Umso deutlicher hätten Sie heute darüber reden müssen!“
3. Beispiel zu Psalm 145, 15f.: Seehundfütterung in der Wilhelma. „Aller Augen…“.
4. Ein ungarischer Pfarrer erzählt von einer Krankenhausbegegnung: „Neben mir lag ein junger Mann. Er war vom Pferd gefallen. Sein Bein war kompliziert gebrochen und er hatte starke Schmerzen. Als sein Bein wieder ausgerichtet war und in Gips gepackt wurde, versprach er: „50 große Altarkerzen für die Gottesdienste, wenn ich dieses Bein wieder richtig gebrauchen kann!“ Nach Tagen spazierte er zufrieden im Gehgips und informierte: „Herr Pfarrer, ich habe ein Gelübde gemacht: 10 Kerzen für den Altar, wenn alles wieder heil wird.“ Der Arzt konnte den Gips bald abmachen und die Mutter holte den Jungen ab: „Mutti, ich habe hier versprochen, eine große Altarkerze zu spenden, wenn alles gut geht.“ Zu Hause sagte er „Gott sei Dank!“ Er war wieder ganz der Alte – und vergaß die Kerze.
5. Der „arme Kornbauer“ Lk 12, 16ff. Vor der Habgier sollte man sich FÜRCHTEN wie vor der Vogelgrippe oder einem tollwütigen Fuchs!: Lk 12, 15.
6. Texte: Psalmen, z.B. 103, 145 u.a. (Konkordanz: Brot, Speise, Hunger)
7. Einzelnen Bauern hängt das Image an, ihren Ernteertrag eher klein zu reden. Oft sind die Kartoffeln tatsächlich so klein, dass man sie nicht verkaufen kann, sondern damit nur noch die Schweine füttert.
Nach einer besonders guten Kartoffelernte meinte der Gemeindeleiter: „Viel Grund zum Danken!“ Der Bauer: „Ja schon! – aber dieses Mal keine kleinen Kartoffeln. Und womit füttere ich jetzt meine Schweine?“
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Fußnoten
(1) siehe die Berichte vom letztlich armen Mann und dem reichen Lazarus (Lk 16, 19ff), vom armen Jüngling (Mk 10) und dem armen Kornbauern (Lk 12, 16ff).
(2) GEBEN wird oft am „Zehnten“ gemessen, einer Regel aus dem AT (1. Mo 14, 20; 28, 22; Mal 3, 10). Schon Jakob gab den Zehnten zurück „von allem, was DU mir gibst“. Gott wird wohl einmal nicht danach fragen, wie viele Prozente wir ihm überließen, sondern was wir ihm NICHT anvertraut haben.
(3) Deshalb ist in Gemeinden beim Opferzählen und aller Geldverwaltung das 4 Augen-Prinzip hilfreich.
(4) Heute ist dieser Aspekt leider einzelnen Gemeindeleitern und Missionswerken nicht mehr geläufig…
(5) Dora Rappard: „Mein Wille gehört meinem Gott, ich traue auf Jesus allein“.