Apostelgeschichte

Predigthilfe vom 29.5.2011 – Apostelgeschichte 1, 1-14

Monatsthema: Folgen der Auferstehung Jesu
Predigtthema: Glaube konkret – von der Erde in den Himmel

Bibelstelle: Apostelgeschichte 1, 1-14

Verfasser: Thomas Richter

Ein Predigttipp enthält Hilfestellungen für die Verkündigung und ersetzt deshalb nicht das eigenständige Erarbeiten des Bibeltextes und das Studieren von Bibelkommentaren.

1. TEXT- UND PREDIGTSCHWERPUNKT

Da wir an Himmelfahrt in der Regel keine Gottesdienste vor Ort feiern, wollen wir an diesem Sonntag (So, den 29.05.2011) vor Himmelfahrt (Do, den 02.06.2011) bereits einen Ausblick auf Himmelfahrt nehmen. In unserem Predigttext (Apg 1,1-14) wird der Weg Jesu noch einmal zusammenfassend beschrieben: „Von der Erde in den Himmel“ (= Predigtthema). In diesem Weg des Christus ist zugleich auch der Weg der Christen eingebettet und vorgezeichnet: „Von der Erde in den Himmel“. Das Ereignis der Himmelfahrt (40 Tage nach Ostern) bildet ein zentrales Zwischenereignis, damit auf Ostern auch Pfingsten (50 Tage nach Ostern) folgt. Von daher sollte im Rahmen unserer Verkündigung nicht nur der Akzent darauf liegen, was wir als Nachfolger Jesu nun auf der Erde zu tun haben, sondern auch darauf, wie der Christus vom Himmel her den Christen auf der Erde beisteht und ihnen nahe ist. Die Zusammenhänge von Ostern – Himmelfahrt – Pfingsten haben nicht nur eine heilsgeschichtliche Bedeutung, sondern sie enthalten auch elementare Einsichten für unser Glaubensleben, die wir im Rahmen dieser Predigt aufzeigen (vgl. hierzu z.B. die nachfolgenden Hinweise von Alfred Christlieb).

Für die Textlesung bietet die „Neue Genfer Übersetzung“ eine gut verständliche, lesbare und zuverlässige Übersetzung unseres Predigttextes (www.ngue.info).

2. TEXT- UND PREDIGTANMERKUNGEN

Hilfen zur Auslegung und Anwendung bieten z.B.
* Heinz-Werner Neudorfer. Apostelgeschichte 1.Teil – Edition C Bibelkommentar 8 (S. 12-32).
* Werner de Boor. Die Apostelgeschichte – Wuppertaler Studienbibel (S. 27-40).
* James Anderson. Apostelgeschichte. Was die Bibel lehrt 5 (S. 21-33).

Hilfreiche Anmerkungen für die Verkündigung enthalten die Predigttipps für den 05.05.2005 zu Apg 1,1-14 von Dr. Heiko Krimmer, für 24.05.2001 zu Apg 1,1-11 von Jochen König und für den 20.05.2007 zu Apg 1,1-8 von Eckhard Löffler (siehe unter www.wbb-online.de/pt). Bitte lest diese Predigttipps noch einmal gründlich durch.

Im Hinblick auf die Textstruktur gibt Armin Baum folgende Einblicke:
A) Vor der Himmelfahrt: Die letzten Worte Jesu (V. 4-8)
a) Eine Anweisung Jesu (V. 4f)
b) Ein Frage der Jünger (V. 6-8)
B) Die Himmelfahrt Jesu: Die Worte der Engel (V. 9-11)
a) Die Wegnahme Jesu (V. 9)
b) Die Erscheinung der Engel (V. 10f)
C) Nach der Himmelfahrt Jesu: Die Mitglieder der Gemeinde (V. 12-14)
a) Die Rückkehr nach Jerusalem (V. 12)
b) Der Aufenthaltsort der Apostel (V. 13)
c) Das Gebet der Familie Jesu (V. 14)

Zur Beschäftigung mit dem Predigttext hilft das Anhören (im Sinne von Apg 17,11b) der Predigten von Winrich Scheffbuch vom 18.01.2000 mit dem Titel „Ziel und Strategie der Christengemeinde“ (Apg 1,1-14), vom 28.05.1992 mit dem Titel „Alle Macht im Himmel und auf Erden“ (Apg 1,4-11), vom 28.05.1987 mit dem Titel „Aufsehen auf Jesus“ (Apg 1,4-11), vom 15.05.1980 mit dem Titel „Das angebrochene Reich Gottes“ (Apg 1,4-11) und vom 20.05.1993 mit dem Titel „Als Zeugen Jesu“ (Apg 1,6-8). Diese Predigten findet ihr unter www.sermon-online.de, wenn ihr unter „erweiterte Suche“ die Felder „Bibelstelle“ [z.B. Apostelgeschichte 1] und „Autor“ [z.B. Winrich Scheffbuch] ausfüllt.

3. PREDIGTVERANSCHAULICHUNGEN

V. 1-11:
Alfred Christlieb entdeckt „drei Gegensätze in der Himmelfahrtsgeschichte:
* Bleiben und gehen: Der Befehl des zum Himmel auffahrenden Herrn Jesus an die Seinen lautet zunächst, ‚… dass sie nicht von Jerusalem wichen, sondern warteten auf die Verheißung des Vaters‘ (V. 4). Später aber heißt es: ‚Ihr werdet meine Zeugen sein zu Jerusalem und in ganz Judäa und bis an das Ende der Erde‘ (V.8). Wir müssen uns zunächst darin üben, in der Stille zu bleiben, ‚nicht von Jerusalem zu weichen‘, bis uns Kraft und Licht von oben geschenkt wird.Woher kommt die Oberflächlichkeit und Fruchtlosigkeit so manch eines Dienstes in Gottes Reich? Man wartet nicht in Jerusalem auf die Kraft aus der Höhe, sondern läuft in fleischlichem Tatendrang los. Wie schwer mag es einer feurigen Natur, wie Petrus sie hatte, gewesen sein zu warten! Wie notwendig aber war für ihn diese Wartezeit! Andererseits lautet der Himmelfahrtsbefehl auch heute noch: ‚Seid Zeugen durch alle Lande‘! Wenn Jesus Auftrag und Kraft gegeben hat, so sollen die Jünger niemals die Mühen von weiten Wegen, die eigene natürliche Schwachheit oder den Mangel an Begabung vorschützen. Sie sollen vielmehr in kindlicher Einfalt gehen und tun, was der Heiland befohlen hat. Lasst uns die zweiHimmelfahrtsbefehle befolgen und nicht aus der Stille weichen, aber auch überall hingehen, wie Gott es will!
* Versagt und erfüllt: Ein zweiter Gegensatz in der Himmelfahrtsgeschichte lautet: ‚Ihr sollt einen dringenden Wunsch nicht erfüllt bekommen‘ (V. 6f).- ‚Ihr sollt den wichtigsten Wunsch doch erfüllt bekommen‘ (V. 8). Die Jünger kamen auf dem Himmelfahrtsberge mit der tiefsten Herzensfrage hervor: ‚Herr, wirst du auf diese Zeit wieder aufrichten das Reich Israel‘ (V. 6)? Dieser Wunsch wird abgeschlagen. Ihre schönste Hoffnung, ihr brennendstes Verlangen muss zu Grabe getragen werden, weil dieser Wunsch fleischlich ist. Die Aufrichtung eines irdischen Königreiches war jetzt nicht im göttlichen Programm. Aber – o dieser treue Jesus! – in demselben Satz, in dem er ihren dringenden Wunsch verwirft, erfüllt er den Jüngern einen andern Wunsch, der noch viel wichtiger ist. Ein Messiasreich wird jetzt auf dieser Erde nicht aufgerichtet, aber der Herr verheißt den Jüngern, dass ihr Warten ‚auf die Verheißung des Vaters‘ sich erfüllen wird: ‚Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, welcher auf euch kommen wird‘ (V. 8). 0 gesegnete Gabe, die Jesus gibt, wenn er andere Wünsche versagen muss! Was ist denn mehr wert: ein irdischer Machthaberposten oder eine Gotteskraft, die uns befähigt, Zeugen Jesu zu werden? Die Jünger mussten auf das eine verzichten, das andere aber sollten sie erhalten. So geht es auch heute noch bei den Jüngern Jesu. Weißt auch du etwas von herrlichen menschlichen Hoffnungen, die du einstens voll Begeisterung erträumtest, die du aber auf den Altar hast legen müssen? Weißt du etwas von unendlich Besserem, was dir Jesus an Stelle dessen, was er dir versagte, gegeben hat? Ja, Jesus kann heute noch Wünsche durchstreichen, aber auch erfüllen, wie es uns gut ist. Wohl dem, der mit dieser weisen Behandlung zufrieden ist!
* Nicht sehen und doch sehen: Ein dritter Gegensatz lautet: ‚Von jetzt an werdet ihr Jesus nicht mehr sehen‘ (V. 9). – ‚Ihr werdet ihn doch wiedersehen‘ (V. 11). Jesus schied von den Jüngern, nachdem er sie gesegnet hatte (Lk 24,51). Das war Trennung. Aber zwei Männer in weißen Kleidern sagten: ‚Dieser Jesus … wird kommen, wie ihr ihn gesehen habt gen Himmel fahren‘ (V. 11). Das war Wiedervereinigung. Ja, die Jünger mussten sich trennen von der sichtbaren Gegenwart Jesu. Er erschien ihnen fortan nicht mehr wie bisher. Aber sie bekamen gleichzeitig die Verheißung seiner Wiederkunft, die zweifellos erfüllt wird. Auch die heutigen Jünger müssen auf die äußere sichtbare Erscheinung Jesu verzichten. Sie glauben an ihn, ohne ihn zu schauen. Aber einst dürfen sie ihn mit ihren Augen sehen. Wenn sich die Jünger schon durch den Trost der Heilandsworte bei der Trennung von Jesus freuen konnten, wie groß wird erst die Freude des Wiedersehens sein! Wie freut sich eine Mutter, die ihren Sohn nach langer Trennung wiedersieht! Wie freuen sich Kinder, wenn der Vater heimkehrt! Aber unendliche Freude wird sein für alle Menschen, die wahrhaft an Jesus hängen, wenn er, den unsere Seele liebt, erscheinen wird. Dann gibt es keine Trennung, keine dunkle Einsamkeit mehr, dann nimmt Jesus seine Gemeinde, dass sie seine Herrlichkeit schaue und sei, wo er ist.
Ja, Heiland, wir danken dir für diese drei Gegensätze in der Geschichte von deiner Himmelfahrt. Mache uns still und mache uns marschbereit! Verwirf unsere Wünsche und erfülle sie! Lass uns im gläubigen Vertrauen auf deine sichtbare Gegenwart verzichten, und lass sie wieder erscheinen, wenn die Stunde deines Reiches kommt! Alles, wie du willst!“ (Alfred Christlieb – entnommen aus „Vollmacht von oben“).

V. 12-14:
„Die Geistesfülle damals und die Geistesarmut heute drängen uns das obige Thema [= ‚Was den Pfingstgeist hindert und fördert‘] auf:
* Uneinigkeit und Einigkeit: Das erste Hindernis für eine reichere Mitteilung des Heiligen Geistes in unserer Zeit ist die Uneinigkeit. Die Jünger ‚waren beieinander einmütig mit Beten und Flehen‘ (V. 14), als sie die Geistesgabe erhielten. Damals herrschte Einmütigkeit, heute so viel Uneinigkeit. Dieser Umstand ist ein schlimmes Hemmnis für Gottes Geist. Und allenthalben wird die Uneinigkeit noch vermehrt! Das ist Satans Werk! Meist ist Hochmut die Ursache für die Zerrissenheit. Die Auserwählten sollten in den eigenen Augen klein und niedrig werden. Dann wäre die Einigkeit leichter hergestellt. Früher hatte es unter den Jüngern auch hochmütigen Rangstreit gegeben: ‚Sie hatten miteinander auf dem Wege gehandelt, welcher der Größte wäre‘ (Mk 9,34). Das hatte natürlich ihre Einigkeit bedroht. Aber jene Haltung war überwunden. Wodurch? Die Jünger waren am Karfreitag kleiner geworden. Der führende unter ihnen, Petrus, war am tiefsten gefallen. Die andern hatten auch die Probe nicht bestanden, sondern den Herrn feige verlassen (Mk 14,50). Allen hatte Jesus vergeben. Alle lebten von der Gnade. Keiner konnte auf den andern herabsehen oder sich über ihn erheben. Die erfahrene Gnade hatte sie geeint. Nun konnten sie zusammenstehen trotz allen Verschiedenheiten unter ihnen. Lasst uns kleiner werden, dann werden wir einiger! Dann ist ein Hindernis weggenommen für das Wirken des Geistes.
* Ungeduld und Geduld: Ein zweites Hindernis für den Pfingstgeist ist die Ungeduld. Die ‚Jünger waren stets beieinander‘ (V. 14). Es war ein Beten viele Tage hindurch. Die Ungeduld – auch im Kämmerlein – ist ein Geisteshemmnis. Man wartet in unserer hastigen Zeit nicht auf Kraft von oben. Man betet wohl kurz, wartet aber nicht auf Erhörung und geht im eigenen Geist vor, ohne Salbung von oben. Man kann wie Saul nicht warten, bis ‚Samuel kommt‘ (1Sam 15,8-14). Man kann wie das abtrünnige Israel sich nicht in Geduld sich fassen, bis Mose ‚vom Berge Sinai herabkommt‘. Man macht sich ein goldenes Kalb. Man will das Reich Gottes durch das Tun der eigenen Hände sichtbar bei sich haben, anstatt Gott durch die Macht seines Geistes das bessere, beständigere Reich bauen zu lassen. Ungeduldige Leute sind geistesarme Leute. Geduld ist uns not, wenn wir geistesmächtige Leute werden wollen. ‚Als der Tag erfüllet war‘ (Apg 2,1) kam damals Pfingsten, nicht als Petrus oder Jakobus oder die andern Jünger es wünschten. Die Jünger waren zusammen geblieben, bis Gottes Tag kam. Geduld wurde gekrönt. Geduld wird heute gekrönt: Geduld im Gebet, in der Arbeit, in der Fürbitte, in der Treue, die Menschen zu suchen. Geduldige erleben Geistesfrucht.
* Ungehorsam und Gehorsam: Zuletzt ist Ungehorsam ein Geisteshindernis. ‚Gott gibt den Geist denen, die ihm gehorchen‘ (Apg 5,32). Im Gehorsam gingen die Jünger nach Jerusalem, im Gehorsam blieben sie dort (Lk 24,29), bis der Pfingstgeist kam. Heute nimmt mancher es leicht mit eigenen Wegen und bittet gar um Gottes Beistand für das Vorwärtsschreiten auf selbsterdachter Bahn. Nein, der Geist Gottes wird uns nicht gegeben, damit wir unsern eigenen Willen durchsetzen können. Geisteskraft bekommen wir durch Gehorsam, der Gottes Willen ausführt. Ich darf nicht um Geisteskraft in der Predigt oder im Gespräch bitten, wenn ich dadurch im eigenen Eifer oder Zorn diesen und jenen Menschen strafen oder zerschmettern will. Gott will ihn vielleicht trösten. Ich darf nicht um Tröstungskraft bitten für die, welche mir angenehm sind. Gott will sie vielleicht strafen und ihnen gründlicher ihr Verderben aufdecken. Aber Kraft darf ich erbitten, dass von meinem Wort und Zeugnis die Wirkung ausgehe, die Gott für nötig hält. Je gründlicher zerbrochen unser Eigenwille ist, desto mehr kann Gott uns mit der Pfingstkraft füllen. Gehorsam mehrt die Geistesgabe. Es ist beglückend, dem Leiten des Geistes zu folgen. Jeder Schritt im Gehorsam vermehrt die innere Kraft, jeder Schritt im Ungehorsam schwächt. Nach dem stillen, gehorsamen Harren in Jerusalem kamen für die Jünger Zeiten eifrigster Tätigkeit hin und her im Lande. Da hätten sie sich nicht in selbstgewählte Stille zurückziehen dürfen. Warten und Wirken – der Geist zeigt den Gehorsamen, wann für beides die Zeit da ist, und er füllt sie mit göttlicher Kraft“ (Alfred Christlieb – entnommen aus „Licht von oben – Bd. 3“).

4. PREDIGTGLIEDERUNG

Glaube konkret heißt:
a) Gemeinschaft mit Jesus – der kraftvolle Glaube (V. 1-5)
b) Gesandt von Jesus – der grenzenlose Glaube (V. 6-8)
c) Gespannt auf Jesus – der erwartungsvolle Glaube (V. 9-11)
d) Geeint durch Jesus – der gemeinsame Glaube (V. 12-14)

oder nach Wilhelm Wagner (14.07.1996):
a) Die Lage
b) Die Frage
c) Die Gabe

oder nach Wilhelm Wagner (01.07.1990):
a) Jesus informiert
b) Jesus instruiert
c) Jesus inspiriert

oder nach Theo Sorg:
a) Ein unmissverständlicher Auftrag
b) Ein unermessliches Arbeitsfeld
c) Eine unüberbietbare Verheißung