Monatsthema: Gott schafft Neues, indem er…
Predigtthema: … die Berufung bestätigt
Bibelstelle: Johannes 21, 1-23
Verfasser: Eckhard Löffler
Vorbemerkung
Mit Joh. 20, 31 endet wohl die erste Fassung des Buches. Johannes hat aber noch einen wichtigen Nachtrag angefügt. Keine einzige Version des Johannes-Evangeliums existiert ohne Kapitel 21.
Bausteine
Teil 1
V 1-6 Auf den Herrn kommt es an
V 6-8 Der Herr füllt das Netz
V 9ff Der Herr dient zuerst uns, nicht umgekehrt
V 1 Der Herr lädt zu sich ein.
„Jesus offenbarte sich“. Bevor Menschen den guten Hirten entdecken, hat er sie längst gefunden. Nun werden die Jünger zu Zeugen seiner Auferstehung (Apg 10, 41), zu Aposteln (apostolos = Augenzeuge und Gesandter). „Die Begegnung mit dem Auferstandenen wird zur BERUFUNG“ (Dr. G. Maier) (Apg 4, 20).
Tiberias am See Genezareth war wenige Jahre vorher vom Landesfürsten Herodes gegründet und dem Kaiser Tiberius gewidmet worden.
V 2f Ausgerechnet Simon Petrus wird als erster genannt, der trotz Versagens (Jo 18, 17.25-27) wieder zu den Anführern der Jünger gehörte. (1)
Thomas, der scheinbar unsicherste Kandidat, war (Jo 20, 24ff) wieder überzeugt und gewonnen worden. (2)
V 3 Bis zum nächsten Auftrag seines Herrn fischt Petrus. Er wagt wieder Schritte.
Am See Genezareth wird bis heute NACHTS gefischt (Lk 5, 5).
V 4 Die Jünger haben diesen Platz später ihren Mitchristen gezeigt, die ihn natürlich nicht vergaßen. Eine Gedächtnisstätte existiert dort bis heute.
V 5f Brot ist vorhanden (V 9), nur der Fisch fehlte. Ohne Jesus bleiben die Fischer unversorgt. Von sich aus haben sie nichts zu bieten.
Auf Jesus hören und ihm gehorchen bringt Frucht, hier „Meeresfrüchte“.
V 7f Johannes war der erste Mann am leeren Grab gewesen. Nun weist er Petrus darauf hin: Es ist der Herr!
Und dieses Mal will Petrus zuerst bei ihm sein.
V 9ff Fisch und Brot – Zeichen der Versorgung durch den Herrn (6, 9ff). (3)
Petrus steigt als Erster ins Boot, d. h. was Jesus sagt, setzt er sofort um.
Die 153 Fische waren gezählt worden. (4) Einige Ausleger meinen, dass es damals 153 bekannte Fischsorten gab. Für die späteren Menschenfischer könnte das auf die Universalität des Missionsauftrags hinweisen: „hin in alle Welt“.
Andere bemerken, dass mit Jesus die „Fülle“ gekommen ist (2, 6; 4, 14; 6, 13; 10, 10) und bald die „Fülle der Heiden zum Heil gelangt ist“ (Rö 11, 25).
Teil 2
Beispiel der Seelsorge Jesu, die aufdeckt, ohne zu verletzen und wieder einsetzt, ohne vergebene Vergangenheit nachzutragen.
V 15-19 Die öffentliche Wiederherstellung des Petrus. Schon vorher fanden Treffen zwischen Jesus und Petrus statt (Lk 24, 34; 1. Ko 15, 5), denn Petrus hatte viel von sich gehalten (Mt 26, 33.35; Mk 14, 29.31). Entsprechend hatte Jesus speziell ihm seine spektakuläre Verleugnung vorhergesagt (Mt 26, 31.24; Mk 14, 27.30; Lk 22, 34; Jo 13, 38). Allerdings hatte Petrus Lk 7, 47 samt Beispiel 7, 41ff miterlebt und -gehört.
V 20-23 Verleugnung und Rehabilitierung erfolgen jeweils dreifach. Hat Jesus Interesse an Versagern?
Jesus fragt Petrus mit unterschiedlichen Worten nach seiner Jesusliebe:
V 15: Mit „diese“ sind wohl die übrigen Jünger gemeint, über die Petrus sich stolz erhoben hatte (s.o.).
Für „lieben“ steht hier agapao. Agape ist die selbstlose, hingebungsvolle, unverdiente Liebe, die auf das Wohl des anderen abzielt und auch Gottes Liebe beschreibt (Rö 5, 8).
V 16: Wieder agapao, die Zuspitzung „mehr als diese“ fehlt.
V 17: Nicht agapao, sondern phileo (gut Freund sein, lieb haben, gern haben).
Man könnte in der Wortwahl Jesu eine Abschwächung vermuten.
Jedenfalls werden in V 16 und 17 die drei Fragen in ihrer Aussage gleichgesetzt.
Petrus antwortet jeweils mit phileo. Wagt er nicht, das große Wort Agape auf seine Stellung zu Jesus anzuwenden? Wagt er nicht, seine mit Jesu Liebe zu vergleichen?
Seine Zustimmung beruht nun nicht mehr auf seinen Fähigkeiten, sondern auf Jesus selbst.
Jesus benutzt den „alten“ Namen Simon und unterstreicht die menschliche Abstammung, die Menschlichkeit. Titel und Ämter sind hier nicht gefragt, sondern einzig und allein der Mensch in seiner Stellung zum Herrn (5).
Dem Bekenntnis folgt Jesu Auftrag: „Weide (boske) meine Lämmer“ (V 15), „Hüte (poimaine) meine Schafe“ (V 16), „Weide (boske) meine Schafe“ (V 17c).
Entsprechend den früheren Ankündigungen nimmt Jesus ihn jetzt in den Dienst (6+7).
Lämmer/Schafe brauchen Versorgung und Schutz. Jesus Christus selbst bleibt dabei der „gute Hirte“ (Jo 10, 11), der „große Hirte“ (Hebr 13, 20-21), „Oberhirte“ (1. Petr 5, 4). Petrus, die Jünger und andere sind Unterhirten, die Verantwortung für die Herde Gottes bekommen haben (8).
Jesus ist König, Priester und Prophet (nach G. Maier): Beauftragung durch den König, Zuspruch der Vergebung als Priester, prophetische Voraussage.
V 18 Gürten = reisefertig machen. Hände ausstrecken ist mehrdeutig: a) Hilfsbedürftigkeit (Schlatter), b) Ausstrecken der Hände, um das Querholz des Kreuzes zu tragen (Bengel), c) Hände nach vorn zur Fesselanlegung. Statt eigene Wege zu gehen, wird Petrus suchen und bitten müssen, sich göttlicher Führung anvertrauen, die allerdings ans Kreuz führen kann. „Mission = Passion“ (Leidenschaftliche Hingabe + Leiden).
„Ein anderer“ = der Herr wird dich reisefertig machen und führen.
V 19 Das Johannes-Evangelium wurde kurz nach dem Märtyrertod des Petrus geschrieben. Jesus prophezeite.
Zusage Offb 2, 10: „Sei getreu bis in den Tod, so …“
Nachfolge der Jesusleute geschieht nicht auf werbewirksamen Prozessionen, sondern auf dem Weg ans Kreuz (9). Jesu Kreuzesweg verstehen heißt ihn selber gehen.
V 20 Der Jünger Johannes folgte Jesus: Jünger = mathetès. Mathe (Rechnen) ist die Wissenschaft der folgerichtigen Ergebnisse, d.h. ein Jünger ist nach seiner Bekehrung folgerichtig einer, der Jesus richtig folgen will.
V 21 Weshalb die Petrus-Frage nach dem Johannes? Freundesliebe oder Eifersucht? (10)
Johannes (+ ca. 100 nChr) überlebte Petrus (+ ca. 64 nChr).
„Bis ich komme“ beschreibt nicht eine Wiederkunft z. Zt. des Petrus, sondern siehe
V 22f Kein Datum. Jesus meint wahrscheinlich Pfingsten, sein Kommen im Geist.
Eine Textspitze bleibt: Folge DU mir nach! – denn getrennt von Jesus kann nichts Gutes wachsen (Jo 15, 5).
Gliederungsvorschlag
Der Auferstandene offenbart sich seinen Jüngern und bestätigt ihre Berufung
1. Seine Nachfolger sind ihm wichtig
– Er sucht Kontakt
– Er füllt die Netze
– Er dient, bevor er sich dienen lässt
– Er lädt ein
2. Seine Liebe bleibt
– Liebe räumt auf
– Liebe baut auf
– Liebe richtet aus und beruft
Fußnoten
(1) Jesusnachfolger, auch verantwortliche Leiter, kennen das Versagen, aber auch die Vergebung.
(2) Seine Missionstätigkeit erstreckte sich bis Indien. Gemeinden von Thomaschristen existieren dort.
(3) Berühmte Mosaiken zeigen die zwei Lebensmittel, z.B. in Tabgha, der Kirche der Brotvermehrung.
(4) Vielleicht u. a. eine Eigenart der Fischer und Angler bis heute. Großartige Fangergebnisse werden festgehalten, heute auch fotografisch.
(5) De Boor schreibt: „Petrus hat in großer, ichhafter Selbsttäuschung gelebt. … Wird er starke Worte der Beteuerung sagen und seinen Gefühlen Ausdruck geben? Nein, Petrus sieht weg von sich selbst, ganz allein auf seinen Herrn. ,Herr, alles weißt du‘. … Aber dann erkennst du auch, dass ich dich lieb habe´.“
(6) De Boor: „Man hat oft gesagt, hier wird Petrus aufs neue in sein Amt eingesetzt. Aber damit treffen wir die ganze Wirklichkeit noch nicht. … Was ,Hirtendienst‘ ist, das hat Jesus in seiner großen Hirtenrede in Kap. 10 gesagt. Es wird in diesem Augenblick lebendig vor Petrus stehen. Der gemietete Knecht mag sich damit begnügen, die Funktion seines Amtes auszuführen. Der gute Hirte aber setzt seine Seele ein für seine Schafe und schont sein Leben nicht, wenn der Wolf kommt.“ (vgl. Apg 20, 28-32)
(7) „Ihr werdet euch alle ärgern, denn es steht geschrieben: ,Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe werden zerstreut werden‘.“ (Mk 14, 27) und „Und wenn du einst zurückgekehrt bist, so stärke deine Brüder!“ (Lk 22, 32),
(8) Dass Petrus seine Verantwortung ernst genommen hat, zeigt der erste Petrusbrief … (1. Petr 5, 1-4).
(9) Altes Kirchenlied + BWV 481 (1736): „Lasset uns … mit Jesu ziehen, … leiden…, sterben.“
(10) Bengel, Gnomon I: „Es kommt uns nicht so schwer an, uns dem göttlichen Willen zu überlassen, als den Vorwitz zu verleugnen, der sich so sehr um andere kümmert, besonders wenn sie uns fast oder gar gleichgestellt sind.“