Jahresthema: Bilder der Gemeinde
Predigtthema: Brief Christi
Die Erarbeitung dieser Predigt erfordert etliche Stunden an Vorbereitung. Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe deshalb Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht euer eigenständiges Erarbeiten des Bibeltextes. Bei der Vorbereitung dieser Predigt suchen wir nach dem, was der Herr über den Predigttext durch uns sagen will, denn wir verkündigen nur die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufs Herz gelegt wird. Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!
1. Sehen, was dasteht
Verschiedene Bibelübersetzungen, um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 1984 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Neue Genfer Übersetzung / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung).
1.1 Allgemeine Hinweise zum Predigttext
Paulus ist der geistliche Vater der Gemeinde in Korinth – aber die Beziehung zur Gemeinde ist eine schwierige. Manche Spannungen konnten durch den 1.Korintherbrief und weitere Briefe von Paulus an die Korinther ausgeräumt werden – aber einige Probleme bestehen weiterhin und veranlassen Paulus den 2.Korintherbrief zu schreiben. In der Gemeinde in Korinth gibt es eine Gruppierung die immer noch Paulus‘ Status als rechtmäßiger Apostel anzweifelt – während gleichzeitig falsche Apostel in der Gemeinde aktiv sind. Im 2.Korintherbrief verteidigt er jetzt seine Autorität als wahrer Apostel, weil das geistliche Leben der Gemeinde in Korinth gefährdet ist. Einer der wichtigsten Beweise für das authentische Apostelamt von Paulus ist das Kernstück unseres heutigen Textes: die Gemeinde in Korinth selbst – ein Brief Christi.
1.2 Hilfen zum Verständnis des Predigttextes
Hilfen zur Auslegung bieten z.B.
- Heiko Krimmer, 1. & 2. Korintherbrief, hg. von Gerhard Maier, Bd. 2, Edition C Bibelkommentar Neues Testament (Holzgerlingen: Hänssler, 2007), 74-76.
- William MacDonald, Kommentar zum Neuen Testament, 7. Auflage (Bielefeld: Christliche Literatur-Verbreitung, 2018), 791–792.
Beachtenswerte Anmerkungen zum Predigttext bietet z.B. die MacArthur Studienbibel (S. 1678)
1.3 Anmerkungen zum Verständnis des Predigttextes
V. 1: Ein wichtiges Thema in der Gemeinde in Korinth waren Empfehlungsbriefe. Diese waren in der Antike durchaus gebräuchlich, etwa bei Wanderrednern oder Philosophen, um deren Vertrauenswürdigkeit oder Qualifikationen zu beglaubigen. Auch in den Gemeinden der ersten Christen waren solche Schreiben verbreitet, damit sich Gemeinden auch bei unbekannten auswärtigen Christen oder Predigern über deren gute Absichten und christlichen Lebenswandel sicher sein konnten (Apg 15,23; 18,27). Auch in den Briefen von Paulus selbst finden wir solche Empfehlungen (Röm 16,1; Phil 2,19; Kol 4,7-9). Paulus hat kein Problem mit Empfehlungsschreiben an sich – sein Problem besteht darin, dass die Korinther auf solche Schreiben mehr Wert legen als auf das offenbarte Wirken Gottes im Wirken der Apostel. Paulus ist eben kein gewöhnlicher Wanderprediger oder Gemeindemitarbeiter. Er ist ein Apostel Gottes – und die kann nur Gott einsetzen und bestätigen, niemand sonst. Die „falschen Apostel“ haben menschliche Empfehlungsschreiben vielleicht nötig – aber eben nur, weil sie falsch sind. Ein weiteres Problem der Korinther: Anscheinend haben die falschen Apostel von ihnen auch Empfehlungsschreiben erhalten (oder zumindest eingefordert). Anscheinend maßen sich manche in der Gemeinde sogar an selbst Apostel beglaubigen zu können.
V. 2: Die Situation ist eigentlich tragisch-ironisch. Die Korinther schauen für eine Bestätigung von Paulus‘ Apostelamt auf ihn und seine Person – und übersehen dabei den eigentlichen Beweis seines authentischen Amtes. Nämlich sie selbst: „Ihr seid unser Brief“. Die Gemeinde, die in Korinth entstanden ist, die Zeichen, Taten und Wunder die unter ihnen geschehen sind (2Kor 12,12) sind alles was es an Beweis benötigen könnte. „In unser Herz geschrieben“ sind die Christen in Korinth. So eng verbunden fühlt sich Paulus mit der Gemeinde, deren geistlicher Vater er ist. „Geschrieben“ – das Verb steht im Passiv. Diese enge Verbindung zur Gemeinde kommt nicht aus Paulus selbst, sondern von jemand anderem: von Christus. Sein Dienst als Apostel ist die Folge seines Heils in Christus, alles, was er tut, geschieht durch den Heiligen Geist. Dass die Korinther in seinem Herzen sind, ist das Werk Gottes. In seinem Dienst als Apostel spielt Paulus nur die Nebenrolle. Die Hauptrolle spielt Jesus. „erkannt und gelesen von allen Menschen“ – Paulus Liebe und Dankbarkeit für die Korinther ist kein Geheimnis. Stolz erzählt er von ihnen in den Gemeinden, in denen er dient (2Kor 9,1-2), aber nicht stolz darüber was er getan hat, sondern was Gott hier tut. „Von allen Menschen“ ist vielleicht nicht unbedingt wortwörtlich gemeint – allerdings stehen die Apostel Gottes unter einer besonderen Beobachtung von dieser und der jenseitigen Welt, die über das gewöhnliche Maß hinausgeht (1Kor 4,9). Wie es ein Kommentator mal zusammengefasst hat: „Paulus‘ Beglaubigung sind Personen und kein Papier“ – ein guter Mitarbeiter im Reich Gottes machen nicht seine Titel und Zertifikate aus, sondern sein Herz fürs Leben anderer.
V. 3: „dass ihr ein Brief Christi seid“ – Die Korinther sind ein Brief Jesu. Nicht nur „geschrieben“ durch Jesus, sondern auch ein Brief in dem Christus selbst gegenwärtig ist – zum Zeugnis für die Welt. Ihr ganzes Leben wurde von Christus „umgeschrieben“ – mit anderen Worten: Ihr ganzes Leben wurde ohne ihr eigenes Zutun verändert, allein durch die Schöpfungskraft Christi. Und dieser Brief ist geschrieben – und damit schon vervollständigt. Gleichzeitig ist Gott durch seinen Geist immer noch aktiv in ihnen, das ist das Paradoxe des christlichen Lebens. In einem Sinne ist das Heilshandeln Gottes schon abgeschlossen während gleichzeitig die Korinther erst noch in dieses neue Leben hineinwachsen müssen. Immer wieder aufs Neue müssen sie dazu aufgerufen werden anzunehmen, was ihnen in Jesus Christus eigentlich schon gehört.
„Geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes“ – Tinte wird oberflächlich auf ein Material aufgetragen, aber der Geist Gottes wirkt bis ins tiefste Innere eines Menschen, lässt keinen Bereich eines Lebens außen vor (Gott gibt sich nicht mit „Tattoos“ zufrieden). Wenn man will, kann man hier auch einen Gegensatz ziehen: Die Korinther verlassen sich lieber auf leblose, tote Tinte als auf das Wirken des lebendigen Gottes – ein Kontrast der an den Götzendienst Israels erinnert. Die Anforderung der Korinther das Gottes Apostel sich durch Empfehlungsschreiben ausweisen sollen, ist im Kern Götzendienst, weil hier andere Dinge über Gott gestellt werden.
Briefe zur damaligen Zeit wurden auf Papyrus geschrieben. Dass sich Paulus hier auf Steintafeln bezieht, ist also eine leichte Wendung in der Metapher – begründet aber dadurch, dass er nun auf das Gesetz von Mose Bezug nehmen will. Das Volk Israel hatte Gottes Wort auf Steintafeln erhalten – ursprünglich waren die 10 Gebote Gottes gesprochenes Wort (Ex 20,1), aber die Israeliten wollten lieber Mose als Mittler zwischen sich und Gott als dessen Worte direkt zu hören (Ex 20,19). Erst danach gab Gott ihnen die auf Steintafeln geschriebenen Gesetze. Von Anfang an wird damit deutlich, dass die Gebote in Form von Steintafeln eine Distanz zwischen Gott und seinem Volk ausdrücken. Diese Steintafeln konnten Gottes Willen transportieren – aber das rebellische Herz des Volkes Israel nicht verändern. Sowohl Briefe als auch Steintafeln sind für Paulus Kommunikationsmittel, die in diesem Kontext eine ferne und schwache Beziehung anzeigen. Das Gegenteil ist Gottes direktes Wirken durch seinen Geist – er wirkt direkt in den Herzen der Korinther und verändert diese von innen. Von dieser Stelle wird oft auf Hesekiel 36,26 verwiesen – der Theologe D.A. Carson verweist hier aber auf einen wichtigen Unterschied: „In Hesekiel sind die fleischernen Herzen das Ergebnis von Gottes Heilshandeln. Paulus spricht im Gegensatz von fleischernen Herzen als Ort der menschlichen Gefallen an denen Gott sein Heilshandeln durchführt“. Der Gegensatz von Fleisch und Geist, wie er sich bei Paulus‘ Darstellung der Auswirkungen des Evangeliums so oft findet, ist also auch an dieser Stelle präsent. Die Herzen der Korinther sind fleischern – damit ist nicht warm und liebevoll gemeint (im Gegensatz zu steinern) sondern fleischern im Sinne von irdisch, von der Sünde und Rebellion korrumpiert. Und genau hier arbeitet der Geist Gottes, indem er seine Worte in diese Herzen schreibt und sie so verwandelt.
2. Verstehen, worum es geht
2.1 Hinweise für hermeneutische Überlegungen (Auslegung)
Paulus schreibt an Christen mit einer lebendigen (wenngleich auch fehlerhaften) Jesusbeziehung. Heilsgeschichtlich gibt es also keine Weichenstellungen, die unser Verständnis des Textes entscheidend beeinflussen können. Lediglich beim Apostelamt sollte man sich bewusst sein, dass gottgesandte Apostel wie Paulus heute nicht mehr in dieser Form existieren können (im Sinne davon, dass sie für ihre Verkündigung beanspruchen können, dass diese Gottes Wort ist) – die Worte jedes Menschen müssen an der Bibel geprüft werden.
2.2 Hinweise für homiletische Überlegungen (Anwendung)
Gibt es Stellen, an denen wir menschliche Qualifikationen oder Errungenschaften über geistliches Leben stellen? Wie beurteilen wir wann ein Kreis, Dienst oder Gemeinde erfolgreich ist? Alles muss sich daran messen, ob es Leben verändert – nicht, ob dabei schöne Bilder oder beeindruckende Statistiken entstehen.
3. Sagen, wo es hingeht
Zur Predigtvorbereitung hilft das Anhören (im Sinne von Apg 17,11b) der Predigt von Winfried Scheffbuch vom 08.09.1984 mit dem Titel „Ein Liebesbrief mit Klecksen“.
3.1 Predigtziel – warum halte ich diese Predigt?
Diese Predigt soll neu deutlich machen, was Gemeinde eigentlich ist – und dafür eine neue Perspektive schenken. Gemeinde ist ein lebendiger Brief Jesu – geschrieben und gesendet von ihm. Ein lebendiger Brief, der eben nicht statisch und leblos ist sondern ein Ort, an dem Christus immer noch aktiv ist und wirkt.
3.2 Predigtthema – was sage ich in dieser Predigt?
Gemeinde allein nach menschlichen Maßstäben zu beurteilen, läuft ins Leere. Sie ist das Werk Jesu, zum Zeugnis für die ganze Welt und nicht geprägt von leblosen Dingen, sondern vom lebendigen Wirken des Geistes.
3.3 Predigtentfaltung – wie sage ich es in dieser Predigt?
a) Der göttliche Brief (V.1)
b) Der offene Brief (V.2)
c) Der lebendige Brief (V.3)
3.4 Predigtveranschaulichungen – wie verdeutliche ich es in dieser Predigt?
Glückliche Großeltern freuen sich über ihre Enkelkinder und teilen dies auch gerne mit ihrem Umfeld (ob dies das will oder nicht). Was ist die Motivation dahinter? Ist es ein Angeben? Halten sie ihre Enkel für die besten der Welt? Dieses Verhalten mag auf manche befremdlich oder störend wirken – was dahinter steckt ist aber einfach ein reiner Ausdruck der Freude. Diese Freude ist so groß, sie kann gar nicht anders, als nach außen zu dringen. Genauso geht es Paulus mit der Gemeinde in Korinth. Die Liebe zu ihr ist so groß, sie muss einfach nach außen.
(Lukas Streeb)