1.Korinther

Predigthilfe vom 27. November 2022 – 1. Korinther 9, 24-27

Jahresthema: Wert(e)voll leben. Die Auswirkungen des Heiligen Geistes in unserem Leben.

Predigtthema: Wert(e)voll leben: Selbstbeherrschung – mehr als nur Disziplin 

Gottesdienst Einleitung:  Heb 12,1-3 Vorschläge zur Textlesung 

Die Erarbeitung dieser Predigt erfordert etliche Stunden an Vorbereitung. Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe deshalb Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht euer eigenständiges Erarbeiten des Bibeltextes. Bei der Vorbereitung dieser Predigt suchen wir nach dem, was der Herr über den Predigttext durch uns sagen will, denn wir verkündigen nur die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufs Herz gelegt wird. Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!  

1. Sehen, was dasteht 

Verschiedene Bibelübersetzungen, um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 1984 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Neue Genfer Übersetzung / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung). 

1.1 Allgemeine Hinweise zum Jahresthema  

Einleitung zum Jahresthema „Wert(e)voll leben“!  

Das Ziel: Mit dem Jahresthema wollen wir anhand der Frucht des Geistes (Gal 5,22) auf die christlich-biblischen Werte und Tugenden aufmerksam machen. Das Wortspiel „wert(e)voll leben“ zeigt auf, dass es sich lohnt christliche Werte auszuleben. Werte machen ein Leben wertvoll, sie sind sinngebend und achten die Würde des Menschen als Ebenbild Gottes. Darum wollen wir auf die Auswirkung des Heiligen Geistes eingehen, der diese biblischen Grundwerte im Leben eines Christen verwirklichen will.  

Der Anlass: Durch den Wertewandel und -pluralismus unserer Zeit werden christliche Werte zunehmend hinterfragt. Überzeugte Christen, die eine moralische Vorstellung vertreten oder leben, werden belächelt und als altmodisch oder unzeitgemäß verschrien. Diese Diskrepanz christlicher und gesellschaftlicher Normen stellt gläubige Christen (in der Gemeinde, Familie, Erziehung und am Arbeitsplatz) vor große Herausforderungen.  

Als Gemeinde Jesu können wir uns daher weder einer Wertediskussion noch einer biblischen Werteverkündigung entziehen.  

Die Chance: Das Thema hat eine gesellschaftliche Relevanz. Christliche Werte wie Verlässlichkeit, Treue, Wahrhaftigkeit, Disziplin, Fleiß, Selbstbeherrschung usw. werden durchaus im Alltag und der Gesellschaft geschätzt. Durch gelebte christliche Werte können wir Zeugnis und Licht in der Welt sein.  

Auch für die Gemeinde- und Familienarbeit hat dieses Thema Relevanz. Wir können nicht mehr davon ausgehen, dass biblische Werte in Elternhäusern weitergegeben werden oder dort bekannt sind. Darum müssen biblisch-christliche Werte wieder neu verkündigt, erklärt und begründet werden. Dabei muss die Wertevermittlung in Beziehung zur Liebe und zum Willen Gottes gestellt werden, dass daraus nicht nur eine Moralpredigt wird. Aber es ist Gottes ausdrücklicher Wille, dass wir in Christus tugendhaft leben. 

„Im übrigen, ihr Brüder, alles, was wahrhaftig, was ehrbar, was gerecht, was rein, was liebenswert, was wohllautend, was irgendeine Tugend oder etwas Lobenswertes ist, darauf seid bedacht!“  
Phil 4,8; vgl. Röm 12,1ff 

Was sind WERTE? 
Der Begriff „Werte“ stammt etymologisch aus dem Germanischen „werþa“ = „Wert, kostbar“. Weiter ist der Begriff verwandt mit germanisch „werþan“ = „werden“ (entstehen). Im Friesischen bedeutet „werþa“ = „würdig“. In der Bibel wird auch der Begriff „Tugend“ gebraucht, was soviel bedeutet wie „vorbildlich“, gute (sittliche) Charaktereigenschaft, anständig, redlich oder sittenhaft.“  

Werte bestimmen die soziale Kompetenz, die Charakterbildung und die Persönlichkeit. 

Als Christen sind wir davon überzeugt, dass die Bibel universelle, zeitlose, kulturell- und generationenübergreifende Werte/Tugenden vermittelt, die sich in der Menschheitsgeschichte bewährt haben. Christliche Werte haben Völker zivilisiert und humanisiert und prägten staatliche Grundgesetze und Gesellschaftsordnungen. Die christlichen Werte und Tugenden tragen in sich einen menschenwürdigen Charakter. 

Neben einer christlichen Wertebildung durch Verkündigung oder Erziehung ist es aber vor allem der Heilige Geist, der das Herz des Gläubigen verändert, der ihm diese Werte zueignet und nachhaltig dazu befähigt, diese auch in der Kraft des Geistes auszuleben.  

Das Jahresthema will dazu beitragen, dass wir die Tugenden dessen verkündigen, der uns aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen hat… (1Pet 2,9ff).   

Ausgehend von Gal 5,22 werden die jeweiligen Werte/Tugenden anhand ausgewählter Bibeltexte (Predigttexte) erklärt. Unter einem extra Punkt (s. 2.2. findet ihr eine zusätzliche Definition aus einem Online-Lexikon, einen Anti-Wert und ergänzende Erklärungen über den jeweiligen Wert/Tugend. Diese helfen das Thema unter weiteren Gesichtspunkten zu vertiefen. 

1.2 Hilfen zum Verständnis des Predigttextes 

Aebi, E „Kurze Einführung in die Bibel“, Bibellesebund 
Krimmer Heiko, Edition C Bibelkommentar NT, „1.Korinther“, Band 11, Hänssler Verlag. 
Wiersbe, Warren.W, „Kommentar NT Römer bis Thessalonicher“ Band II, CLV. 
Henry, Matthew., Apostelgeschichte bis Offenbarung, 2. Auflage., Waldems: 3L Verlag. 
MacDonald, W., Kommentar zum Neuen Testament, 7. Auflage., Bielefeld: CLV. 

1.3 Anmerkungen zum Verständnis des Predigttextes 

Die letzte Tugend, die uns in Gal 5,22 aufgezählt wird, ist „Selbstbeherrschung“ bzw. „Enthaltsamkeit“. Wie bei allen anderen Tugenden zuvor auch, handelt es sich um eine Christusähnlichkeit, die der Geist Gottes den Christen zueignen möchte.  

Selbstbeherrschung ist vielleicht eine der Tugenden, bei der es am offensichtlichsten wird, wenn wir sie nicht üben oder von der Unbeherrschtheit getrieben werden.  

Wortbedeutung: Selbstbeherrschung (Gal 5,22; 2Pet 1,6; Apg 24,25) 

Das Wort bedeutet „seiner selbst mächtig“ sein, sich „selbst beherrschen“, „enthaltsam sein“, oder wie es die engl. Übersetzung wiedergibt: „Self-control“.  

Es bezeichnet eine Person, die Macht oder Herrschaft über sich selbst hat und ausübt (körperlich und geistig) und sich in seiner Denkweise, seinen Gefühlen, Worten, Gesten und Handlungen kontrollieren kann. Auch im Sinne von Ausdauer, Standhaftigkeit, Beständigkeit. 

Enthaltsamkeit wird vor allem in der Bibel in Verbindung gesetzt mit: 
a. geschlechtlichen und sexualethischen Begehrlichkeiten 1Kor 7,9; Apg 24,25 
b. einem allg. disziplinierten Lebenswandel (Beispiel Athlet) 1Kor 9,25; 2 Pet 1,6 

Fazit: Selbstbeherrschung ist ein Charakterzug, der die eigenen Wünsche (besonders die sinnlichen Begierden) entschlossen lenken und steuern kann.  

Das Gegenteil ist Zügellosigkeit, Unenthaltsamkeit, Maßlosigkeit, Gier, Unbeherrschtheit 
c. Zügellosigkeit war der Vorwurf Jesu an die Pharisäer Mt 23,25 
dUnenthaltsamkeit ist das Kennzeichen der Menschen in der letzten Zeit 2Tim 3,3 

Der Mensch neigt durch die sündhafte Natur zum Kontrollverlust seiner selbst. Er kann sich selbst nicht beherrschen (1Kor 7,5; Eph 2,1-3; Jak 3,2). Er ist nicht frei, solang er nicht durch Christi Blut befreit und von Gottes Geist beherrscht wird. Die Tugend der Selbstbeherrschung ist daher gottgewirkte Frucht im Leben des Gläubigen – unter der Voraussetzung, dass der Christ sich beherrschen lässt.  

Siehe auch: 2.2 Weitere Hinweise zum Wert Selbstkontrolle/Selbstbeherrschung   

Kommen wir zu unserem Predigttext aus 1Kor 9,24-27: 
In 1Kor 9,1-23 muss Paulus sich gegenüber einzelnen Korinthern verteidigen, die seine Autorität als Apostel hinterfragt und seine Lebensweise kritisiert haben. Paulus betont seine Freiheit in Christus: Gott so zu dienen, wie es ihm die Heilige Schrift erlaubt. Dabei würde ihm viel mehr zustehen, als was er bisher in Anspruch nimmt (z.B. gut leben V.4; Ehe und Familie V.5; andere Arbeitstätigkeit V.6; finanzielle Unterstützung der Gemeinden V.9). Doch Paulus hat auf das alles verzichtet, obwohl er Anrecht darauf hätte V.12-13.  

Der Kontext zeigt seine Einstellung der Enthaltsamkeit. Bewusst hat er auf Persönliches verzichtet. Nicht aus einem mosaischen gesetzlichen Zwang heraus, sondern weil ihm das Evangelium der Gnade so viel „wert“ war. Getrieben vom Geist Gottes tut er freiwillig und kostenfrei seinen Dienst, macht sich zum Knecht für andere, nimmt sich der Schwachen an und stellt seine Interessen zurück. Mit anderen Worten: Paulus  

  •  bleibt hinter dem mosaischen Recht zurück V.9 
  •  verzichtet auf seinen Anspruch V.12 
  •  lebt das „Gesetz“ und „Recht Christi“ V.21 

Motivation und Ziel seines Verzichtes war sein missionarisches Herz, unter allen Umständen Menschen mit dem Evangelium zu erreichen. „Alles“ (V.23) Tun war um des Evangeliums willen. 

-> So ein missionarischer Lebenswandel erfordert Selbstbeherrschung und persönlicher Verzicht. Er sieht die Bedürfnisse des anderen und stellt die eigenen hinten an – ein Charakterzug, wie wir ihn auch von Jesus Christus kennen. 

Paulus gebraucht zwei Bilder aus dem Sport für Enthaltsamkeit:  
9,24-25 Wettlauf  
9,26-27 Boxkampf  

  1. Wissen, warum ich laufe – die Zielstrebigkeit des Christenlebens  

9,24 Paulus nutzt einen sportlichen Wettkampf als Anschauungsbeispiel für Selbstdisziplin. Korinth war die Stadt der Isthmischen Spiele. Der Lauf in der Rennbahn (Stadion) war ein Kurzstreckenlauf, der alle Kraft und Konzentration braucht, um als einer von vielen Läufern zu gewinnen. Paulus gebraucht so einen Lauf öfter als Bild für die Nachfolge Jesu (Röm 9,16; Gal 2,2; 5,7; Phil 2,16; 2Thess 3,1).  

-> Es gibt viele Christusnachfolger, aber wenige erreichen das Ziel als Gewinner.  

  • Haben sie vielleicht nicht das Ziel, wirklich gewinnen zu wollen?  
  • Hauptsache dabei sein, ist zu wenig für die Rennbahn des Glaubens. 
  • Haben sie vielleicht zu wenig trainiert, zu wenig sich bemüht? 

-> Selbstbeherrschung verliert nicht das Ziel aus den Augen und ist bereit große Anstrengung auf sich zu nehmen. 

  1. Wissen, wie ich laufe – die Bereitschaft zur Enthaltsamkeit  

9,25 Jeder weiß, wie Athleten sich mit großer Anstrengung auf den Wettlauf vorbereiten. Dabei trainieren sie ihren Körper mit eiserner Disziplin, um ihn zu beherrschen, passen ihre Nahrung an und kontrollieren ihre Fitness. Sie priorisieren ihr Alltagsleben und verzichten auf alles, was sie daran hindert den Lauf zu gewinnen. Gerade in Hebr 12,1f lesen wir von der disziplinierten Ausdauer, das Ziel zu erreichen und die Auseinandersetzungen dabei (Anstrengung, Mühe) nicht zu scheuen. Es ist der Kampf mit: 

  • der eigenen Schwäche und Sünde, die es abzulegen gilt 
  • anderen Interessen oder Hindernissen, denen wir uns entledigen müssen.  

Das muss nicht immer eine Sünde sein, aber es sind Dinge, die uns behindern und abhalten, Jesus zu folgen und ganz für ihn zu leben.  

Profisportler wenden ihre ganze Zeit, Kraft und Selbstbeherrschung für einen kurzen Moment des irdischen Erfolges auf. Doch wie schnell sind sogar Goldmedaillengewinner vergessen. So vergänglich (sterblich, verfallend) wie ein Menschenleben ist, so vergänglich ist auch irdischer Siegesruhm, Berühmtheit, Reichtum und Erfolg. 

Christen dagegen laufen, um einen himmlischen und ewigen Siegeskranz zu gewinnen.  
Der Lorbeer- oder Holunderkranz, den die Sieger der sportlichen Wettkämpfe erhalten haben, wird zu einem Bild für den ewigen Lohn und Anerkennung bei Gott.  
Diese unvergängliche Krone steht für:  

  • Mühsal, Schmerz und weltlichen Spott (Mt 27,29; Mk 15,17; Joh 19,5)  
  • Sieger und Gewinn (1Kor 9,25)
  • Treue Pflichterfüllung (1Pet 5,4)
  • Ehre und Lohn (Phil 4,1; 1Thess 2,19)
  • Gnade und Anerkennung (2Tim 4,8)
  • Ausdauer und Überwindung (Jak 1,12; Off 2,10)
  • Gottesverehrung (Off 4,10)
  1. Wissen, für wen ich laufe – der Kampf mit der sündhaften Natur 

9,26a Paulus läuft nicht ziellos, nicht grundlos, nicht hoffnungslos und schon gar nicht umsonst. Er kennt das Ziel, den Grund und hat eine feste Hoffnung – darum läuft er und ist bereit alle Strapazen auf sich zu nehmen.  

9,26b Das zweite Bild von Paulus gleicht einem Schattenboxer, der so tut als würde er gegen jemanden kämpfen, aber dessen Fäuste nur in die Luft fliegen. 

Paulus ist sich gewiss, dass Christen ihren Lauf vollenden, das Ziel treffen und ihre Mühe und Kampf Realität sind.  

9,27 Paulus wird konkret. Der Kampf richtet sich nicht gegen Feinde, nicht gegen Umstände, sondern gegen seinen eigenen Körper. Körper oder Leib steht hier für den Sitz der fleischlichen Neigung. Dabei ist er bereit seinen Leib in „Zucht“ zu nehmen, ein blaues Auge zu verpassen, um ihn zu kontrollieren. Doch diese Selbstbeherrschung ist keine Leibeskasteiung oder Leibesfeindlichkeit, sondern meint die Beherrschung oder Versklavung des Leibes. Wie im Bild des Sportlers, muss der Leib gegen Verweichlichung und Trägheit hart trainiert werden, damit er das tut, was der Sportler damit erreichen will. Nicht das Fleisch pflegen bis zur Erregung von Begierden (Röm 13,14), damit ich am Ende tue, was mein Leib begehrt, sondern den Leib mit seinen Gliedern als ein Werkzeug dem Willen Gottes unterstellen, dass ich tue was Gott wohlgefällt (Röm 6,12-13). Paulus läuft für JESUS, um mit seinem Leben andere Menschen für Gottes Ziel zu erreichen. 

Paulus möchte dabei als Verkündiger des Evangeliums nicht verwerflich (unbrauchbar, disqualifiziert, untüchtig) werden. Sein Kampf richtet sich somit nicht gegen den Ungehorsam oder die Unbeherrschtheit der Korinther, sondern gegen die Möglichkeit selbst ungehorsam und unbeherrscht zu werden. Paulus wird zum Vorbild, weil er hier nicht selbstsicher auftritt, sondern zugibt, dass er selbst mit Selbstbeherrschung zu kämpfen hat. Damit öffnet er den Weg, dass seine Zuhörer ebenso ehrlich werden, ihre Schwachheiten zugeben und ermutigt werden neu mit vollem Einsatz und Enthaltsamkeit den Christenlauf zu vollenden.  

2. Verstehen, worum es geht 

2.1 Hinweise für hermeneutische Überlegungen (Auslegung) 

Vier kurze Hinweise für die Auslegung des Textes.  

  1. Es besteht die Gefahr der Übertreibung in der Auslegung. Paulus gebraucht ein Bild aus der antiken Sportwelt und will damit nur wenige Hauptgedanken vermitteln. Eine detaillierte Auslegung kann zu Fehlinterpretationen führen. Beispielhafte Beschreibungen (wie hart Sportler trainieren) können die Hauptgedanken verständlich ausmalen, aber wir sollten nicht jedes Detail geistlich auslegen.  
    a. Es geht um Zielstrebigkeit des Christenlebens  
    b. Es geht um die Bereitschaft zur Enthaltsamkeit  
    c. Es geht um den Kampf mit der sündhaften Natur 
  1. Es besteht ein Unterschied zwischen gesunder Selbstbeherrschung und asketischer Leibesfeindlichkeit. Paulus warnt vor:
    – Einer Selbstdisziplin, die den Leib zwar trainiert, aber die Kraft und Furcht Gottes ersetzt – sie ist nutzlos (1Tim 4,8). 
    – Einer physischen Bestrafung des Leibes (Körperverletzung), um damit Gott zu gefallen – sie ist wertlos (Kol 2,23). 
  1. Selbstbeherrschung ist mehr als Selbstdisziplin. Selbstbeherrschung als reine Körper-Disziplin zu verstehen, greift zu kurz. Das „Selbst“ besteht aus Leib, Seele und Geist. Gott will uns ausrüsten, um unsere ganze Persönlichkeit mit seinem Denken, Fühlen und Wollen unter den Gehorsam und Willen Christi zu stellen. Darum ist Selbstbeherrschung eine von Gott geschenkte Fähigkeit, seine ganze Persönlichkeit entsprechend dem Willen Gottes zu mäßigen. 
  1. Selbstbeherrschung ist auch zu unterscheiden von psychologischen Methoden. Mentales und Autogenes Training wie wir es in der Sportpsychologie kennen oder Entspannungstechniken verschwimmen zunehmend in mystische Meditationsübungen der Selbstsuggestion. Sie wirken aus seelischer Kraft heraus und können im letzteren sogar okkult werden.  

Fazit: Die biblische Selbstbeherrschung in Gal 5,22 hat ihre Kraftquelle im Geist Gottes, so wie es Paulus in Gal 5,16 betont: Wandelt im Geist, so werdet ihr die Lust des Fleisches nicht vollbringen. 

2.2 Weitere Hinweise zum Wert Selbstbeherrschung/Selbstdisziplin/Enthaltsamkeit

Quellen: https://www.values-academy.de/disziplin/ 

Wortformen: Selbstdisziplin, Selbstbeherrschung 
Selbstkontrolle, Fassung, Haltung, Disziplin, Langmut, 
Verwandt: Disziplin, Verpflichtung, Einordnung, Unterordnung, Gewissen, Ethos, Selbststeuerung, Selbstkontrolle, Selbstbeherrschung, Pflichtbewusstsein 

Steigerung von Selbstbeherrschung: Askese 

Ähnlich zu Disziplin: Verantwortungsbewusstsein, Wertmaßstäbe, Moral, Haltung, Kampfgeist, Selbstvertrauen 

Wortherkunft: lateinisch „disciplina“ = „Lehre, Zucht, (systemische) Ordnung“; wiederum abgeleitet aus „discipulus“ = „Schüler, Lehrling, Unterricht, Wissenschaft“. 

Definition:     
1.a) das Einhalten von bestimmten Vorschriften, vorgeschriebenen Verhaltensregeln o.Ä.; Sich einfügen in die Ordnung einer Gruppe, einer Gemeinschaft 
1.b) das Beherrschen des eigenen Willens, der eigenen Gefühle und Neigungen, um etwas zu erreichen 
2. Wissenschaftszweig; Teilbereich, Unterabteilung einer Wissenschaft 
3. Teilbereich, Unterabteilung des Sports; Sportart 

Beschreibung: Disziplin ist das konsequente Einordnen (Hingabe) in systemische Aspekte, um Ziele zu erreichen. Disziplin kann deutlich gesteigert werden, wenn das zu erreichende Ziel sowie der daraus resultierende Erfolg visualisiert wird. Disziplin fördert die Moral und wirkt sich somit positiv auf das allgemeine Wohlbefinden aus. 

Eine durchgängig angewendete Disziplin bezeichnen wir als „Selbststeuerungskompetenz“ und im Kontext von „Wertvorstellungen“ unterscheiden wir zwischen der „intrinsischen“ und der „extrinsischen“ Disziplin. 
Intrinsische Disziplin: Die aus dem inneren Selbst motivierte Disziplin durch eigene Richtlinien, Regeln (um Ziele zu erreichen). 
Extrinsische Disziplin: Das Einfordern von Disziplin durch eine Autorität (Personen, Überzeugungen, Gott).  

2.3 Hinweise für homiletische Überlegungen (Anwendung) 

Selbstbeherrschung praktisch nachgefragt: 

  1. Auf was bin ich bereit zu verzichten, um meinen missionarischen Auftrag zu erfüllen und Menschen mit dem Evangelium zu erreichen (1Kor 9,23)? 
  • Begegnungsängste zu Menschen anderer Kulturen oder Milieus überwinden 
  • finanziellen und zeitlichen Einsatz 
  1. Wie oft stehen mir Bequemlichkeit und mangelnde Selbstbeherrschung im Weg, um meine Zeit für missionarische Begegnungen zu nutzen und wo könnte ich mich mehr aufraffen, 
  •  um meine Zeit für Jesus zu nutzen?  
  •  Gastfreundschaft zu üben und Menschen einzuladen? 
  •  mich anderen Menschen annehmen und sie besuchen? 
  1. Wo lasse ich mich persönlich gehen und übe keine Mäßigung? 
  •  Im sexuellen Bereich (Begierde, Unzucht, Pornografie, Selbstbefriedigung, nicht warten können bis zur Ehe, sexuell enthaltsam Leben)  
  •  Im ungesunden Umgang mit dem Leib (übermäßiges Essen, Trinken, Alkohol etc.)  
  •  In emotionalen Zorn- und Wutausbrüchen (verbal ausfällig, schreien, drohen, Aggressivität, Gewaltbereitschaft)  
  •  In meiner Gedankenwelt (schlecht über Andere denken, intime Sehnsüchte austräumen, Gier und Neid, Undankbarkeit usw.) 
  1. Je nach Bereich fällt es mir leichter oder schwerer, Selbstbeherrschung zu üben. Es gibt oft individuelle Stärken und Schwächen. 
  • Wo liegen meine Schwächen und wo meine Stärken in Bezug auf Enthaltsamkeit? 
  • Kann ich Ziele, Vorhaben und Aufgaben erfüllen oder mich einfügen?  
  • Habe ich Ausdauer und Geduld, eine Sache auch bis zum Ende zu durchlaufen? 
  • Brauche ich vielleicht Hilfe von anderen, um meine Unenthaltsamkeit zu überwinden? 
  1. Wie selbstbeherrscht führe ich mein geistliches Glaubensleben?  
  • Pflege ich regelmäßig meine Beziehung zu Jesus (Bibel lesen und Gebetszeiten)? 
  • Wie verlässlich oder sporadisch ist mein Gemeindeleben? 
  • Welche geistlichen Ziele des Glaubens verfolge ich konkret und was bin ich bereit dafür zu tun bzw. zu lassen?  

Wie komme ich zur Enthaltsamkeit: Anders als in der Psychologie geht es nicht um ein seelisches Training, sondern um eine geistliche Übung in der Heiligung. 
Dies geschieht durch:  

  • Übung in der Hingabe an JESUS und ein Leben nach dem Geist Gottes (Gal 5,16)  
  • Übung der Sinne mit der Beschäftigung von Gottes Wort (Heb 5,14; Röm 12,1ff)
  • Übung, sich von Gott korrigieren zu lassen (Buße nach Niederlagen) (Heb 12,11)
  • Übung in der Gottesfurcht zum Gehorsam (Rechenschaftspflicht) (1Tim 4,7)
  • Übung in der Gnade und Abhängigkeit von Jesus zu leben (2Kor 9,8; 12,9)

3. Sagen, wo es hingeht 

3.1 Predigtziel – warum halte ich diese Predigt? 

Die Zuhörer sollen zuerst mal wahrnehmen, wie sie ihr persönliches Christenleben sehen.  

  • Welche geistlichen Ziele, Pläne und Anliegen haben die Zuhörer eigentlich. Warum „laufen“ sie als Christen über diese Welt? 
  • Welche Anstrengungen und Mühen um Jesu Willen erleben die Zuhörer gerade? 
  • Sind sie bereit sich, um des Evangeliums Willen auf persönliche Rechte, Vorzüge oder auch Neigungen und Begierden zu verzichten? 
  • Welche Konflikte und Schwächen nehmen sie bei sich selbst in der Nachfolge Jesu wahr? 

Das alles setzt eine Ehrlichkeit zu sich selbst voraus, welche die eigenen Ziele, Schwächen und Neigungen zuerst einmal zugibt.  
Von diesem Standpunkt aus soll der Bibeltext zu einem zielstrebigen Christenleben ermutigen, das bereit ist, durch Selbstbeherrschung sich bewusst im Alltag auf das Christsein zu konzentrieren. Nicht nur 1x am Sonntag im Gottesdienst oder 1x an einem Hauskreisabend.  

3.2 Predigtthema – was sage ich in dieser Predigt? 

Nur in der Abhängigkeit zu JESUS können wir den Kampf des Glaubens aufnehmen.  

Gottes Wort überführt uns zur Selbstprüfung und möchte uns helfen, uns, wo nötig, in Gedanken, Gefühlen, verbalen Äußerungen oder Verhaltensweisen zu mäßigen.  

Dazu braucht es Mut, 

  1. Enthaltsamkeit anzusprechen und zu verkündigen  
  2. Enthaltsamkeit selbst leben zu wollen
  3. Enthaltsamkeit von Gott zu erbeten 
    Und zuletzt – nämlich da, wo ich meine Enthaltsamkeit verloren habe
  4. meine Unenthaltsamkeit zu bekennen, um Vergebung zu bitten und umzukehren. 

3.3 Predigtentfaltung – wie sage ich es in dieser Predigt? 

  1. Wissen, warum ich laufe – die Zielstrebigkeit des Christenlebens  
  2. Wissen, wie ich laufe – die Bereitschaft zur Enthaltsamkeit  
  3. Wissen, für wen ich laufe – der Kampf mit der sündhaften Natur 

Selbstbeherrschung: Die Freiheit von sich selbst 

  1. Freiheit zum Verzicht 
  2. Freiheit zur ganzen Zuwendung
  3. Freiheit zum Sieg  

3.4 Predigtveranschaulichungen – wie verdeutliche ich es in dieser Predigt? 

Zitate 
“In unserer Zeit besteht keine Gefahr eines Übermaßes an Disziplin, Pflichtgefühl und Gemeinschaftsdienst. Heute herrscht weit eher ein Mangel an der Fähigkeit, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen, sondern sich zugunsten von anderen zurückzustellen.” 
Richard von Weizsäcker (1920); deutscher Politiker (CDU) und 6. Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. 

Ein seltsamer Läufer 
Stellen Sie sich mal vor, wir gehen eines Morgens zu einem Wettrennen. Nur mit dem Notwendigsten bekleidete Läufer stellen sich an den Start. Alle sind startbereit. Als wir plötzlich noch einen Mann zur Startlinie kommen sehen. Aber – so seltsam es klingt – er trägt die volle Bekleidung. Er hat einen Anzug an, einen schweren Mantel, Stiefel und eine schwere Wollmütze. In seinen Händen hält er seine eingepackten Butterbrote und einen Regenschirm, seine Taschen sind vollgestopft mit Medikamenten. 
Jedermann ist überrascht, dass eine solche Person versuchen will, den Lauf zu gewinnen. Schließlich kommen wir ihm näher, um ihn selbst danach zu fragen. „Natürlich laufe ich mit“, sagt er. „Was ist falsch an meiner Kleidung? Ist etwas verkehrt an einem Mantel, einer Mütze oder an Medikamenten? Das Rennen ist schließlich lang, die Strecke tückisch und ich könnte ja auch krank werden. Ich werde auf alles vorbereitet sein, was mir begegnet.“ 
Wir können ihm nicht sagen, was er trägt sei Sünde. Aber wir wissen, dass er das Wettrennen niemals gewinnen wird. Warum nicht? Weil er mit zu viel Ballast beschwert ist. 
So fordert die Selbstbeherrschung nicht nur, dass wir die Sünde meiden, sondern verlangt auch die Disziplin auf gute Dinge zu verzichten, um unser Bestes für Gott zu tun. Selbstbeherrschung bedeutet Mäßigkeit und Zurückhaltung in legitimen Dingen und völlige Beseitigung der Dinge, die unser geistliches Leben niederreißen und zerstören. 

(Klaus Eberwein)