Monatsthema: Ganzes Christsein
Predigttext: 1.Johannes 2,7-11
Die Erarbeitung dieser Predigt erfordert etliche Stunden an Vorbereitung. Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe deshalb Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht euer eigenständiges Erarbeiten des Bibeltextes. Bei der Vorbereitung dieser Predigt suchen wir nach dem, was der Herr über den Predigttext durch uns sagen will, denn wir verkündigen nur die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufs Herz gelegt wird. Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!
1. Sehen, was dasteht
Verschiedene Bibelübersetzungen um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 1984 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Neue Genfer Übersetzung / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung).
1.1 Allgemeine Hinweise zum Predigttext
Hilfen zur Auslegung finden sich in den Kommentaren von Heiko Krimmer (Edition C Bd. 21) und von Werner de Boor (Wuppertaler Studienbibel). Weitere Informationen bietet auch der Predigttipp von Eckhard Löffler vom 21.05.2006 unter www.studienbibel.de.
1.2 Hilfen zum Verständnis des Predigttextes
Johannes geht es in seinem Brief darum, der durch falsche Lehren gefährdeten Gemeinde Hilfen an die Hand zu geben, wie sie ihren Glauben prüfen können. Schlussendlich sehen wir im 1.Johannesbrief drei große Prüfkriterien oder Tests, die Johannes auf verschiedene Weise vorstellt. Johannes nennt den Bekenntnistest, also die Frage, was bekennt die Gemeinde über Jesus. Er gibt den moralischen Test, der sich darauf konzentriert, wie die Gemeinde mit den Geboten Gottes umgeht. Und der dritte Test dreht sich um die Frage, welche Rolle die Liebe im Leben der Gemeinde spielt. Und hier geht es Johannes ganz besonders um die Liebe der Geschwister untereinander.
Dieser letzte Test wird in unserem heutigen Predigttext vorgestellt. Es geht um die Frage der Liebe. Johannes stellt das Liebesgebot in einen ganz interessanten Zusammenhang. Er nennt es sowohl ein altes, wie auch ein neues Gebot. Johannes lädt uns hier gewissermaßen zu einem biblischen Exkurs ein. Wir können zeigen, dass das Liebesgebot schon ganz tief im Alten Testament verwurzelt ist, aber dass es durch Jesus auf eine ganz neue Verwirklichungsebene gestellt wurde. Wir sollten uns in der Predigt Zeit nehmen, zu schauen, wie Jesus, das wahre Licht, selbst das Liebesgebot gelebt hat.
Auch in diesen Versen spricht Johannes in sehr deutlichen Kategorien. Er macht klar, dass Hass unter Glaubensgeschwister nicht sein darf. Ein solcher Hass widerspricht dem Wesen Gottes zutiefst und ist nicht mit einem Leben in seinem Licht vereinbar. Gerade in dieser Klarheit und Schärfe liegt eine große Herausforderung in diesem Abschnitt. Johannes stößt uns wieder sehr deutlich darauf, dass wir alle von Gottes Gnade abhängig sind und dass wir uns als Christen auf dem Weg der Heiligung befinden und keineswegs schon am Ziel der Vollkommenheit angekommen sind.
2. Verstehen, worum es geht
2.1 Hinweise für situative Überlegungen
Johannes spricht auch mit diesen Versen ein ganz aktuelles Thema an. In der Gemeinde Jesu stehen wir immer wieder ganz konkret vor der Frage, wie wir die Liebe leben können. Und hier geht es nicht nur um die Liebe zu Menschen, die Jesus noch nicht kennen. Es geht immer wieder zuerst um die Frage: Wie leben wir als Glaubensgeschwister in Liebe miteinander? Und für dieses Thema brauchen wir die Klarheit des Evangeliums. Viele unserer Hörer, wie auch wir, werden wahrscheinlich ganz konkrete Konflikte vor Augen haben, auch solche, in denen wir nicht unbedingt direkt beteilig sind. Aber wir müssen darauf achten, so zu predigen, dass jeder in seiner persönlichen Verantwortung angesprochen ist. Wenn es um die Geschwisterliebe geht, hat jeder einzelne einen konkreten Auftrag und dieser Auftrag ist nicht, mit dem Finger auf jemand anderes zu zeigen und von ihm eine Aktion zu erwarten. Wir sollten unsere Hörer und auch uns nicht in der komfortablen: „Ich habe ja mit niemand ein Problem“- Position lassen, vielmehr sollten wir uns herausfordern mit der Frage: Tust du alles, was in deiner Macht steht, um die Geschwisterliebe in der Gemeinde zu fördern?
2.2 Hinweise für homiletische Überlegungen
Eine große Herausforderung besteht in der Predigt darin, das klare Schwarz-Weiß-Schema von Johannes mit den vielen Graustufen, die wir in unserem Alltag erleben zusammenbringen. Dabei kann es nicht darum gehen, die Schärfe aus den Worten von Johannes herauszunehmen. Vielmehr sollten wir unseren Hörern deutlich machen, dass das Leben in der Nachfolge Jesu radikale Konsequenzen nach sich zieht. Jesus möchte von uns als seinen Nachfolgern, dass wir ganz im Licht leben. Und wo wir das nicht tun, sondern lieblos mit unseren Glaubensgeschwistern umgehen, ist das Sünde, für die wir Buße tun müssen. Wir sind ganz leicht dabei, liebloses Verhalten zu verharmlosen und zu entschuldigen. Johannes tut das in unseren Versen ganz und gar nicht, sondern zeigt uns, dass es immer wieder darum geht, ob unser Leben das Licht Gottes widerspiegelt oder die Finsternis dieser Welt. Kommt in unserem Leben die Liebe unseres Herrn zum Ausdruck, oder nicht? Sind unsere Gemeinden Orte, an denen die Liebe Jesu sichtbar wird oder nicht? Schlussendlich müssen wir beim Thema der Geschwisterliebe auch immer wieder deutlich machen, dass unser Zeugnis vor der Welt an der Geschwisterliebe hängt (Joh 13,34f).
Wir müssen die Dimension des Themas klar zeigen, sollten aber zugleich ermutigend und motivierend predigen. Als Christen leben wir aus der Kraft Jesu heraus. Er möchte uns durch seinen Heiligen Geist befähigen so zu lieben, wie er liebt und wir dürfen diese Kraft in Anspruch nehmen. Und wo wir als Geschwister im Blick auf die Liebe untereinander schuldig werden, dürfen wir die Vergebung unseres Herrn in Anspruch nehmen und uns auch gegenseitig Vergebung gewähren und so seine Liebe sichtbar machen.
Beim Thema Nächstenliebe neigen wir leicht dazu, die Liebe zu Nichtchristen in den Blick zu nehmen. Das ist zweifellos ein wichtiges biblisches Thema, aber es ist nicht das Thema unseres Abschnittes und deshalb sollten wir uns bei diesen Versen auf die Liebe unter Nachfolgern Jesu konzentrieren.
3. Sagen, wo es hingeht
Zur Predigtvorbereitung kann Bibelarbeit von Winrich Scheffbuch hilfreich sein, die sich bei Sermon Online findet (www.sermon-online.de).
3.1 Predigtziel – warum halte ich diese Predigt?
Die Hörer sollen ermahnt und ermutigt werden, ganz praktisch in Liebe mit ihren Glaubensgeschwistern zu leben.
3.2 Predigtthema – was sage ich in dieser Predigt?
Der Liebestest
3.3 Predigtentfaltung – wie sage ich es in dieser Predigt?
1. Liebe – das neue, alte Gebot (V.7-8)
2. Hass beweist Finsternis (V.9+11)
3. Licht lehrt lieben (V.10)
3.4 Predigtveranschaulichungen – wie verdeutliche ich es in dieser Predigt?
• Als ich einmal in meinen Ferien mit meiner Mutter unter den alten Buchen im Garten in Hülben saß, schüttete ich ihr mein Herz aus: „Mama, ich hab’s doch so schwer. Da ist so ein alter Kollege, der… och, dieser verknöcherte, alte Mann.“ Und ich erwartete, dass meine Mutter sagte: Ach, mein armer Sohn! Aber nichts davon, sondern sie erklärte mir – ich fiel beinahe vom Stuhl, als sie es sagte -: „Da will ich den Heiland recht bitten, dass du den auch lieb haben kannst.“ Ich fuhr auf: „Mama, du kannst den Heiland bitten, dass ich schweigen kann und demütig bin…“ Versteht ihr! Den anderen ertragen, ja! Aber gleich lieb haben, das ist ein bisschen zu viel. Und ich kann euch nur erzählen, wie es mir ergangen ist: Vielleicht acht Wochen später sehe ich in einer Versammlung zwei Reihen vor mir den alten Dr. Sowieso sitzen. Auf einmal muss ich denken: „Er ist doch ein recht einsamer Mann. Die meisten seiner Freunde sind tot. Und wie viel hat er im Leben geleistet!“ Dann überkam mich ein herzliches Erbarmen. Eine ganz große Liebe zog in mein Herz. Ich kann sie gar nicht erklären. Als die Versammlung zu Ende war, stand er auf, wir sahen uns, und er kam auf mich zu. Ich merkte, dass es bei ihm genauso war. Er begrüßte mich und sagte: „Ach Bruder Busch, ich habe neulich gedacht, du bist noch so jung, und ich habe so viele Bücher. Du fängst erst an. Komm doch morgen mal und such‘ dir bei mir ein paar schöne Bücher aus.“ Von da an begann unsere Freundschaft. Als er pensioniert wurde, saß er jeden Sonntag in meinem Gottesdienst. Und er wünschte, dass ich ihn nach seinem Tod beerdige. Theologisch vertrat er eine ganz andere Richtung, so dass es ein Erstaunen gab, als der junge Pfarrer Busch – ich war noch keine 30 Jahre alt – diese Beerdigung hielt. Aber ich hatte ihn lieb gewonnen. Ich kann dies nicht anders erklären, als dass meine Mutter es erbetet hat. (Wilhelm Busch, 1897-1966)
• Nur mit dem Haufen da! Es war in Amerika in der guten alten Zeit, als eine Grundschullehrerin zu Beginn der Religionsstunde ihre Klasse fragte: „Wer von euch möchte später einmal in den Himmel kommen?” Alle Kinder der Klasse streckten den Arm. Nur Charlie nicht. Da wandte sich die Lehrerin erstaunt an ihn: „Nun Charlie, möchtest du nicht?” Der Junge antwortete: „Natürlich will ich in den Himmel kommen, aber doch nicht mit dem Haufen da!” Es gibt kein Christsein ohne Gemeinde. Sowenig ein Blatt ohne den Baum und seine Wurzeln leben kann, sowenig kann ein Mensch im Glauben ohne die Verwurzelung in der Gemeinde Jesu leben. Manchmal gleicht die örtliche Gemeinde tatsächlich einem kümmerlichen Haufen. Und doch ist dort unser Platz, unsere Aufgabe und unsere Bewahrung. Denn Jesus ist nur in der Gemeinde. Der Weg zu Gott führt über Jesus und seinen Leib, die Gemeinde. Die kleine, menschliche Gemeinde hat eine große, göttliche Verheißung: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es ist eures Vaters Wohlgefallen, euch das Reich zu geben” (Lukas 12,32) In der Bibel wird der Plan Gottes deutlich: eine Gemeinde aus allen Völkern und Zeiten. Gott geht es um sein großes Reich, dass es Gestalt gewinnt, aufgebaut, durchgebracht und vollendet wird. Und uns darf es nicht nur um unsere persönliche Seligkeit gehen. Wir verkürzen das Evangelium, wenn wir es auf die Fragen nach unserem persönlichen Heil begrenzen. Jesu kostbares Eigentum ist seine Gemeinde. Er liebt sie wie seine Braut, er hütet sie wie seinen Schatz, er pflegt sie wie sein ein und alles. Und wir wollen von der Selbstliebe zur Jesusliebe und zur Gemeindeliebe hinwachsen. Jeder einzelne Mensch ist Gott wichtig, und er liebt jeden einzelnen persönlich. Aber sein Ziel ist die Gemeinde aus vielen einzelnen Menschen. „Nur mit dem Haufen da” gibt es einen Weg in das Leben und in die Ewigkeit.
• In einer seiner Auslegungen gebraucht Samuel Keller (1856-1924), der große Evangelist, einmal den Ausdruck „Leuchtturm Christen“. Er meint damit solche Glieder der Gemeinde, die eine weitgespannte Tätigkeit entfalten und ihr Licht in die Ferne senden; aber am Fuß des Leuchtturmes ist es kalt und dunkel. In die Familien, in den engsten Kreis der Brüder und Schwestern fällt kaum ein Strahl der Liebe. Man hat vor lauter Beschäftigung mit den Fernsten keine Zeit für den Nächsten.
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(Tobias Schurr)