Monatsthema: Leben vom Kreuz des Herrn
Predigtthema: Unter dem Kreuz leben
Bibelstelle: Matthäus 27, 32-56
Verfasser: Eckhard Löffler
Vorbemerkungen
Kar-Freitag (althochdeutsch „kara“ = Klage, Kummer, Trauer).
Das Kreuz Jesu war offensichtlich sein Ende, aber nicht das ZIEL.
Das Kreuz ist anziehend und abstoßend zugleich. Ein Symbol des Todes und des Lebens. Paulus: „Das Kreuz ist eine Torheit (griech: skandalon), für uns aber eine Kraft Gottes!“ (1. Ko 1, 18).
Ein Vorschlag: Der Text ist lang, deshalb auf die wesentlichen Stellen konzentrieren.
Erklärungen und Tipps:
V 32 Nicht das ganze Kreuz (1) musste vom Delinquenten getragen werden, sondern der Querbalken. Der Pfosten stand schon vor Ort.
Kyrene ist eine Stadt in Libyen, Nordafrika. Etwa 25% der Einwohner waren jüdisch. Simon von Kyrene gehörte wahrscheinlich zu den ersten Anhängern Jesu. (2)
Jesus lässt sich hier nicht von Simon doubeln, wie gleich nach der Kreuzigung kolportiert wurde: Der Gottessohn sei nicht selbst am Kreuz gestorben, sondern sein Doppelgänger. (Deutungsversuch im 1. Jahrhundert).
V 33 Golgatha (= hebr. gulgoleth = Schädelstätte) war der ideale Platz nahe dem herodianischen Palast, aber außerhalb der Stadtgrenzen. Jede Berührung mit Toten verursachte nach 4. Mo 19, 14ff Verunreinigung.
Das heute gezeigte „englische Gartengrab“ ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht das ursprüngliche Golgatha, zeigt aber die damalige Begräbnisform.
Eher ist heute anzunehmen, dass die Anhänger Jesu nach seiner Kreuzigung diesen Ort nicht vergessen konnten, sondern weitergesagt, weitervererbt haben. Die Grabeskirche ist wohl der Ort, an dem Jesus begraben wurde.
V 34 „Wein mit Galle vermischt“ – war ein Betäubungsmittel. (3)
V 35f Gekreuzigt sein – bedeutet HILFLOSIGKEIT in höchster Potenz. Tatenlos zusehen müssen. Soldaten schachern um „Second Hand-Kleider“ (Jo 19, 24), Bekannte sind unter den Schaulustigen, Hilfsbedürftige (Jo 19, 27), die „siegreiche“ Gruppe der Hohenpriester und Pharisäer, – wo waren die Jünger?
VERLASSEN auch von Gott! 5. Mo 21, 23: „Verflucht ist, wer am Holz hängt.“ Jesus trägt den Fluch, den uns der Sündenfall eingebrockt hat, den wir täglich wiederholen. Sünde heißt Zielverfehlung d. h. mit Herzen, Mund und Händen nicht tun, was Gott vorschlägt.
Jesus zieht diesen notwendigen Zorn des gerechten Gottes auf sich. Das verdiente Gerichtsurteil über unser Leben übernimmt er. Der BLITZABLEITER Gottes (Jes 53, 4ff). (4)
„Verlassen sein“ bedrückt Menschen auch heute noch bis hin zu Suizidplänen: War alles umsonst? Wozu bin ich noch da? Niemand schaut nach mir.
V 37 INRI = lateinisch: „Jesus aus Nazareth, König von Israel“. Die Schuld des Delinquenten wurde über dem Gekreuzigten veröffentlicht. Die Römer verstanden den Titel politisch, die Hohenpriester als nationalistische Provokation. Dabei reicht die Funktion Jesu als „König aller Könige“ (1. Tim 6, 15; Offb 17, 14; 19, 16) weltweit.
Nach Jo 19, 21 führt die römische Formulierung zu einem jüdischen Vetoversuch. Pilatus ließ sich aber nicht nach religiösen Beurteilungen leiten: „Was ich geschrieben habe…“.
Die fehlende Trennung von Kirche und Staat war in der Geschichte oft problematisch, nicht nur in christlich geprägten Ländern. (5)
V 38 „Räuber“ waren damals Aktivisten der Zeloten (Mk 15, 7; Lk 23, 19 und Erklärungen unten zu V54).
In der Mitte sollte der Vorgesetzte Barrabas hängen. Jesus hängt mitten unter aktiven Mitläufern.
Wie viele gab/gibt es bis heute davon? „Herr, bin ich´s?“ (Mt 26, 22).
Er IST der Herr: „Ich bin das A und das O, spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.“ (Offb 1, 8).
Nach der Schrift wird Jesus aber (Jes 53, 12) „den Übeltätern gleichgerechnet“. ER übernimmt nicht nur unsere Sünde, – er WIRD zur Sünde (siehe Erklärung unten V46ff).
V 39-44 Diese Kreuzesüberschrift und dieses Ende: „Das kann ja wohl nicht wahr sein!“ – ist DER Vorbehalt vom Sündenfall (1. Mo 3, 1; 4. Mo 21, 8) bis heute. Er bestimmt die Zurückhaltung gegenüber der Botschaft vom Kreuz. Köpfeschütteln ist die Körpersprache von Leuten, die damit nicht gleich ihr Desinteresse am Leben ausdrücken wollen, aber die Antwort Gottes (noch) nicht verstehen können. Das Nichtverstehen blieb bis heute.
V 45 Für Jesus wird es dunkel, aber im Blick auf den Rest der Menschheit noch viel deutlicher.
Menschen sagen zwar gern „Im Dunkeln ist gut munkeln.“ (6) , wissen aber, dass Finsternis Orientierungslosigkeit bedeutet.
Die Dunkelheit steht für MEINE und deine Schuld!
V 46-50 Noch am Kreuz wird Jesus falsch verstanden. Sein hebräischer Gebetsruf „Eli, Eli…“, ein Zitat aus Ps 22, 1, wird mit der Wiederkunft des Elias verbunden, der als Vorläufer des Messias kommen sollte.
„Das heißt:“, eine Übersetzung ins Griechische.
Sünde = Zielverfehlung = von Gott verlassen sein (wollen?). Jetzt „büßt“ Jesus für Sünden, die er nie begang: Für die Gottferne aller Menschen. Er WURDE zur Sünde. (Jes 53, 5f; 2. Ko 5, 19ff) und nahm konsequent die Trennung von Gott in Kauf.
So will in dieser Welt kein Held, kein „Verdienter“ sterben. (6)
Jesus erleidet die Todesängste. (7)
V 51 Der Vorhang im Tempel (2. Mo 26, 31ff; 2. Chr 3, 14) trennte die Menschen vom Allerheiligsten (siehe „Hohepriester“ und „Versöhnungstag“ im Bibellexikon). Nun steht nichts mehr zwischen Gott und uns Menschen. Ab sofort ist bei Gott „Tag der offenen Tür“. Gemeinschaft mit dem Schöpfer und Heiland der Welt ist die neue Wirklichkeit, deutlich beschrieben in Hebr 10, 19-23.
V 52f Gottes große Taten werden manchmal von außergewöhnlichen Ereignissen begleitet (2. Mo 19, 18; 1. Kö 19, 11; Mt 24, 7), die einzelne Menschen immer auch nach Gott fragen ließen.
Felsen zerreißen kann ihr Schöpfer (1. Mo 16, 31f; Ps 106, 17).
Gräber öffnen sich: Jesu Tod hat den Tod getötet. Karfreitag ist der Tag, an dem der Tod starb. Auferstehung und neues Leben werden zur neuen Realität. Der Tod ist entmachtet und wahr wurden Hos 13, 14 und Jes 25, 8.
Das erste Signal für die weltweite Totenerweckung ist unübersehbar. Es kracht schon im Gebälk und knistert in den Fugen der alten Welt. Das Reich Gottes ist nicht mehr aufzuhalten.
Jesu Auferstehung wird hier schon angekündigt, wird kein Einzelereignis bleiben.
V 54 Die Römer gehörten zur verhassten Besatzungsmacht, wurden von Zeloten und anderen militanten Judenvertretern bis aufs Messer bekämpft. Allerdings im „Fall Jesus“ hat man sich der römischen Gerichtsbarkeit bedient. Am allerwenigsten konnte man aber mit dem Bekenntnis eines römischen Hauptmanns und seiner Soldaten(!) rechnen. Heiden gehen unter dem Kreuz die Augen auf! Die Tür zur Heidenmission wird hier weit aufgestoßen: „Heile du mich, Herr, … Jer 17, 14.
Später verhilft der römische Hauptmann Kornelius (Apg 10) Petrus zu Fortschritten im Glauben.
Am Kreuz standen Viele, Gaffer aber auch religiöse Führer, Frauen und Freunde Jesu. Wenige haben verstanden, was wirklich passierte: Gott hilft, Gott rettet – durch Jesus, den Gekreuzigten.
Gliederungsvorschlag 1 (Dr. Gerhard Maier)
1. Jesus bleibt das Letzte nicht erspart
2. Jesus gerät am Kreuz in tiefste Versuchung
3. Jesus stirbt in Treue zu Gott
Gliederungsvorschlag 2 nach Ralf Kraust, Pfr. in der bad. Landeskirche
1. Warum hat Gott Jesus verlassen?
2. Jesus will uns von unserer Schuld befreien
3. Jesus starb am Kreuz als Zeichen für den Sieg über den körperlichen Tod
Gliederungsvorschlag 3 nach Dirk Walz, Pfr. in Bernstadt/Ulm
1. Vom Nichtverstehen und Kopfschütteln (39-42)
2. Der Blick ins Allerheiligste Gottes (V46-51)
3. Ostern, noch unter dem Kreuz (V52f)
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Fußnoten
(1) KREUZE gehören zu Millionen von Zeichen, Ornamenten, Symbolen. Kein anderes Zeichen wurde so geliebt und bekämpft. Eine Halskettenindustrie lebt davon. Gegen Kreuze in bayrischen Schulräumen wurde prozessiert.
Dem früheren Bundeskanzler Schröder wurde ein größeres Kreuz für die Kapelle des neuen Berliner Bundestages geschenkt. Er ließ es in die Abstellkammer bringen.
Eigentlich war das Kreuz nicht aber immer DAS Kennzeichen der Christen. Die ersten Gemeinden kannten Fisch, Arche, Schiff und Anker. Als 312 n. Chr. der römische Kaiser Konstantin aber wider Erwarten an der Ponte Milvio (Tiberbrücke) siegte, nachdem ihm ein Kreuzzeichen am Himmel erschienen war und er den Satz gehört hatte: „In diesem Zeichen wirst du siegen!“ wurde das Kreuz als Zeichen staatlich übernommen und durchgesetzt. Die Vermengung von biblischen Wahrheiten mit Zielen des Staates brachte später viel Unglück, z. B. durch die Kreuzzüge.
Das Kreuz wurde durch viele Missverständnisse und Auseinandersetzungen so leider auch zum Streitobjekt und war/ist nicht mehr für alle das eindeutige Zeichen der Liebe Gottes.
(2) Man fand 1942 im Kidrontal ein Grab mit der Aufschrift „Alexander, des Sohnes Simons von Kyrene“. Wahrscheinlich war dieser Simon stadtbekannt.
(3) Nach dem Talmud war dieser Trank vorgeschrieben: „Dem, der hinausging, um hingerichtet zu werden, gab man ein Stückchen Weihrauch in einem Becher mit Wein, um ihm das Bewusstsein zu nehmen.“ (nach Dr. G. Maier, Bibelkommentar Band 2).
(4) Vom Perserkönig Cyrus (Kores) wird erzählt, dass er auf einem seiner Eroberungszüge einen Fürsten mit Frau und Kindern gefangen nahm. Als man sie Cyrus vorführte, fragte dieser den Fürsten: „Was gibst du mir, wenn ich dir deine Freiheit zurück gebe?“ „Die Hälfte meines Reiches“ war die Antwort. „Und wenn ich auch deine Kinder frei lasse?“ „Mein ganzes Reich!“ „Und was gibst du, wenn ich auch deine Frau frei lasse?“ „Mich selbst!“
Carus gefiel dieses Wort so sehr, dass er die ganze Familie ohne Lösegeld frei gab.
Auf der Heimreise fragte der Fürst seine Frau, ob sie be¬obachtet habe, was für ein edler und schöner Mann Cyrus sei. Darauf erwi¬derte sie: „Nein, ich sah nur den, der bereit war. sich selbst als Lösegeld für meine Freiheit zu geben.“
Könnten nicht alle Gotteskinder ebenso lernen, nur Augen für Jesus zu haben, der nicht nur willig war. sich für uns zu opfern, sondern es auch tat? (aus Axel Kühner, Überlebensgeschichten für jeden Tag, 26. März)
(5) Extrem waren die sog. Kreuzzüge, extrem sind aber auch heute z. B. die islamistischen Verquickungen mit der jeweiligen Staatsmacht.
(6) Steuerhinterzieher im größeren Rahmen werden im Einzelfall sogar öffentlich angeprangert. Aber auch die Detektive und Kritiker sind vor Gott nicht schuldenfrei.
Achim Blackstein, CINA-Predigten: „ Als es auch in Deutschland eine Sonnenfinsternis gab, wurde alles stiller. Bienen setzten sich still auf ihre Blüten und flogen nicht mehr weiter, Vögel hörten auf zu singen. Der Himmel wurde dunkel“.
(7) Mit jedem unverschuldet vom Tod bedrohten „Tatort“-Schauspieler leiden Hunderttausende vor ihrem Fernseher mit. Mütter verlassen vor dem Ende den Fernsehraum. Hier ist es gerade umgekehrt: Einer leidet für Milliarden!
Weitere Beispiele:
„Rette sich, wer kann!“ erinnert an Hochwasserkatastrophen, brennende Häuser und Schiffsuntergänge. Auch wenn es einen zweiten Ausgang gibt: Das Volk rennt in der Regel dahin, wohin alle rennen. Verstopft die Zugänge, quält und zertrampelt sich gegenseitig „ohne Rücksicht auf Verluste“. Stau. Jeder behindert jeden. Man nennt diese Praxis Selbsterhaltungstrieb.
Jesus hat einen extrem gegensätzlichen Ausgang zum vermeintlichen „Drang zum Leben“ geschaffen, allerdings auf SEINE KOSTEN! DER Ausgang.
Wer auf das Wort des Gekreuzigten und Auferstandenen hört, wird gerettet
(Jo 3, 36; 1. Jo 5, 12; 2. Jo 9).