Matthäus

Predigthilfe vom 16.3.2008 – Matthäus 21, 1-11

Monatsthema: Leben vom Kreuz des Herrn
Predigtthema: Mit Erwartungen leben

Bibelstelle: Matthäus 21, 1-11

Verfasser: Eckhard Löffler

Vorbemerkung
Zum Zeitpunkt: Nachdem die Salbung (Jo 12, 1-11) auf einen Sabbat fiel, war der „nächste Tag“ tatsächlich der PalmSONNTAG (Jo 12, 12).
Mit Jesus lief tatsächlich Vieles ganz anders, als es die Menschen, auch die Jünger, dachten. Noch nach der DRITTEN Leidensankündigung (Mt 20, 17-19) waren die Jünger dreifach blind: „Sie aber begriffen nichts davon, und der Sinn der Rede war ihnen verborgen, und sie verstanden nicht, was damit gesagt war.“ (Lk 18, 34).
Die Jünger bieten weder Rückhalt noch Trost, schlafen in Gethsemane ein und versagen am Kreuz völlig.
Der erhoffte Auftritt eines neuen Königs, der Israel mit Macht erlösen könnte (Lk 24, 21), blieb aus. Das Gegenteil bahnte sich leider an.
Die Auferweckung des Lazarus war gerade geschehen und hatte sich herumgesprochen (Jo 12, 9). Betfage liegt neben Betanien am Ostrand des Ölbergs, eigentlich Vororte von Jerusalem. Nach der Auferweckung des Lazarus wusste man dort umgehend Bescheid: Wo Gottes Gesandter Ja sagt, kann nicht einmal eine Leiche (Lazarus) Nein sagen.
Letztlich wird diese Tatsache nach Offb 20, 12 weltumfassend sogar die Menschheit aller Zeiten überraschen.
Gottes Macht wollten Menschen aber immer gern in IHREM Sinn erfahren.
Den Kreuzesweg verstehen bedeutet allerdings die Bereitschaft, ihn auch selber zu gehen. (1)
Große Fragen müssen persönlich immer neu beantwortet werden: Warum musste Jesus sterben? Wieso muss er für das Heil der ganzen Welt sterben?
Ein falscher Messianismus hatte sich breitgemacht. In Qumran warteten die Mönche sogar auf 2 Messiasse:
Einen priesterlichen und einen königlichen. Jesus geriet auch in den Sog dieser Erwartungen. Die Zeloten (Eiferer) warteten auf den „starken Mann“, der Israel endlich befreien könnte. Herodes und die Hohenpriester sorgten sich deshalb gleichzeitig „mächtig“ um ihre Macht.

Der erwartete Friedenskönig kommt nicht auf dem Schlachtross daher, sondern auf einem jungen Esel, in Sach 9, 9 vorausgesagt. Die Friedenszeit beginnt nicht mit Kriegswagen und –rossen. Der König kommt als Diakon (griech. dia = durch; konis = Staub).
Jesus geht einen „Umweg“ auf seinem Weg in die oberste Etage der übrig bleibenden Weltmacht, überraschend ohnmächtig – ohne sichtbare Macht. Sein Reich ist nicht von dieser Welt: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden darum kämpfen, dass ich den Juden nicht überantwortet würde; nun aber ist mein Reich nicht von dieser Welt.“ (Jo 18, 36).
Offensichtlich ist: 1. Jesus will die Schrift (Sach 9, 9) erfüllen; 2. deutet der junge, ungerittene Esel auf die Neue Schöpfung hin; 3. ist der Esel Symbol für Armut und Demut.
Jesu Jünger sollten lernen von dem, der Petrus informierte: „Ich habe dafür gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre.“ (Lk 22, 32). Trotz allen Verfehlungen hält Jesus zu ihnen. Zum Herrn gehören heißt, dass er allein über seine Leute verfügt, nicht umgekehrt.

Palmsonntag und Karfreitag zeigen unser Versagen und seinen Sieg. Gerade in unseren Schwächen gilt sein Sieg. Er gibt niemanden auf, auch keinen, der sich abgewandt hat in der Hoffnung, dass jeder den Palmsonntagsruf ehrlich selbst übernimmt: „Hosianna! Gelobt sei, der da kommt…“.

Der Palmsonntag bietet äußerlichen Jubel trotz innerer Leere.

Texterklärungen:
V 1 Betfage („Haus der Feigen“) war ein kleiner Ort neben Betanien. Nach dem Aufstieg aus der Jordanebene durch den Wadi Kelt und die „Blutsteige“ (s. Gleichnis v. barmherzigen Samariter Jo 10, 30ff) kam Jesus vor den Ölbergsattel, der den wohl berühmtesten Blick auf Jerusalem zulässt.
Der Ölberg spielte schon lange eine wichtige Rolle in Israel:
– David weinte wegen Absalom (2. Sam 15, 30)
– Nach Hes 11, 23 zog die „Herrlichkeit des Herrn“ von Jerusalem auf den Ölberg
– Sacharja erwartete hier die Wiederkunft des Herrn am Ende der Zeiten (Sach 14, 4)
– Der Abhang Richtung Jerusalem ist besät durch jüdische Gräber. Menschen, die bei der Wiederkunft des Messias direkt dabei sein wollten.
– Sultan Suleiman ließ das nahe liegende Stadttor zumauern, um den Einzug eines Messias zu verhindern. Islamisten wurden direkt davor beerdigt, um einem eventuell kommenden Messias durch dessen zwangsläufigen Marsch über diesen Friedhof Unreinheit zu vermitteln.
– Jesus fuhr vom Ölberg zum Himmel auf (Apg 1, 12).

Der Herr „sandte“ seine Jünger wie in Lk 10 oder Mt 28, 18, wobei im Altertum der Sendende seinem Gesandten Autorität verlieh, so als ob er den Auftrag selbst ausführen würde (Beispiel 2. Sam 10, 2ff, aber auch 2. Ko 5, 20).
Der Grundsatz galt: „Ein Gesandter ist gleich dem Sendenden.“

Die Zweierschaft der Jünger gibt ihren Worten größere Vertrauenswürdigkeit (5. Mo 19, 15; Mt 18, 16; auch 2. Ko 13, 1).

V 2f Der Sohn Gottes sieht tiefer und mehr, als übliche Sehstärke das könnte (Jo 4, 18 u. ä.). Sein Blick ist aber nicht der richterlich-aburteilend, sondern der liebevoll-wissend. (2)
Junge Esel bleiben zuerst beim Muttertier. Kräftige Tiere werden schon früh zur Arbeit herangezogen. Jesus weiß aber schon vom Einverständnis des/der Besitzer.

V 4f Sach 9, 9 ist der Schlüsselvers. Jesus wird ihn erfüllen. Seine Mission ist die für den Messias vorhergesagte (Mt 1, 22) („geschehen, DAMIT ERFÜLLT würde…“ Mt 1, 22; 2,15.23; 4, 14; 8, 17; 12, 17: 13, 35 usw.).

V 5 verbindet Jes 62, 1 mit Sach 9, 9.
„Sagt der Tochter Zion“, d. h., auch das Volk Israel soll Gottes ganzes Wort hören – bis heute.
Vers 5 wirkte elektrisierend auf das Volk in Jerusalem, das den Messias dringend erwartete.

Gott kommt nicht mit Gewalt und Feldgeschrei. Das hatte Israel schon zu oft erlebt.
Gott kommt nicht auf Paraderössern wie ein überlegener Feldherr. (siehe oben)
Sein Triumphbogen ist das Kreuz.
Sanftmut und Demut sind die „Stärken“ des Herrn Jesus Christus.
Seine Sanftmut ist aber nicht die Friedfertigkeit eines geduldigen Bürgers. Petrus (Mt 4, 10) und den Tempelhändlern (Jo 2,15). konnte er hart begegnen, wenn es um die Sache Gottes ging. Im AT wird sogar Moses später als „sehr demütig, sanftmütig“ (4. Mo 12, 3) eingestuft, nachdem er früher einen Gegner seines Gottesvolks getötet hatte (2. Mo 2, 11f).
Jesus hat sich für Gottes Ehre immer stark gemacht und ausgedrückt, aber seinen eigenen Weg nach unten, ans Kreuz, bejaht und nie aus den Augen verloren.

V 6 Auf Jesu Wort hin gehen – die Grundlage jeder Mission. Die Jünger begannen zu ahnen, dass die Karriere NICHT bergauf führt. Der Esel war auch nicht ihr Wunschmodell für die Einreise ihres Herrn.

V 7 Jüngerkleider kamen anstelle eines Sattels auf den Esel. D. h. sie waren seine Anhänger.
Jesus akzeptiert, wenn einer ihm „einfältig (nicht dumm!)/eindeutig“ sein Opfer bringt.

V 8 Die eindeutige Begrüßung eines Messias.
Herodes Antipas hatte aber Angst vor einem Messias, der ihm den Thron streitig machen könnte. Es verwundert, dass die herodianischen Eingreiftruppen hier nicht dazwischen fuhren. Das politische Abwägen zwischen „Meinung“ oder sogar „Willen des Volkes“ ist tägliches Brot der Regierenden bis heute. Abwarten, bis sich etwas von selbst entwickelt, gehört manchmal leider dazu.
Gottes Wort wurde vom damaligen Hohenpriester (hier zwei: Hannas + Kaiphas; die Parallelität der beiden ist interessant, hilft hier aber nicht weiter) vermischt mit politischen Verbindlichkeiten und Zwängen.

Das Volk gibt sich immer Mühe, wenn ein Volksfest in Aussicht ist.

Zweige von Palm- und Laubbäumen wurden vor dem Laubhüttenfest abgeholzt: Erinnerung an den Auszug aus Ägypten, ein Brauch beim jährlichen Passah (2. Kö 9, 13). Man dachte dabei auch auf ein Warten auf den Messias.
Das Wedeln mit Palmzweigen meinte die guten Friedenswünsche für einen neuen Herrscher.

V 9 „Hosianna“ bedeutet „Herr, hilf!“. Aus Ps 118, 25.
Im Namen Jesus (Jeschua) ist dieselbe Wurzel zu finden: Jahwe hilft, rettet.
Das Volk drückt seinen Wunsch nach HILFE aus. (3)

V 10f Ähnlich fragten die Jünger nach der Sturmstillung (Jo 4, 41): WER ist DER? – statt WIE hat der das hingekriegt.
Ob Jesus durch das damals offen durch das „Goldene Tor“ einzog, wissen wir nicht. Der islamische Sultan Suleiman ließ dieses Tor jedenfalls zumauern, um allen Messias den Weg zu versperren. Ebenso wurden zahlreiche islamische Gräber davor eingerichtet, um einem Messias den Weg über „unreine“ Friedhofsfläche zu versperren.

V 11 Auch Mehrheiten sind nicht immer weisungsberechtigt.
Jesus nannte man tatsächlich den „Nazaräer“ (Mt 2, 23).

Rat zur Predigt:
Wichtig wird sein, dass dieser König Jesus auch in unsere Herzen (wieder) einziehen kann.

Gliederungsvorschlag 1 (nach Dr. Gerhard Maier)
1. Ein unglaublicher Triumph
2. der Triumph gilt dem Richtigen!
3. Genügt es, Jesus nachzulaufen?

Gliederungsvorschlag 2:
Jesus auf Umwegen
1. ohne Macht zum Königtum
2. über das Kreuz zur Herrlichkeit
3. durch Selbstaufgabe zur Wirksamkeit in der Welt.
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Fußnoten
(1) Iwwd 318 (Die Sach ist dein…) V2+3: Du gingst o Jesu, unser Haupt, … und ziehest jeden, der da glaubt, mit dir die gleiche Bahn…
(2) Deshalb prägten Kinderlieder wie „Pass auf, kleines Auge, was du siehst… – denn der Vater in dem Himmel blickt herab auf dich. Drum pass auf…!“. Der Blick des Heilandes geht zwar bis in die Herzen, aber er ist geprägt von der Liebe und seiner Entscheidung, für uns ans Kreuz zu gehen (Kol 2, 13f).
(3) Gottes Prinzip findet sich auch im AT, z. B. 2. Kön 6.
Palmzweige sind Siegeszeichen (1. Makk 13, 51), auch Friedens- und Freiheitssymbole.
Das hebräische Hosianna bedeutet „Hilf doch!“.
Die Hallelpsalmen (Ps 111-118) waren fester Bestandteil der Passaliturgie; Ps 136 ist auch als Grosses Hallel bekannt. Ps 118 wurde auf den kommenden Messias gedeutet. Die Menge schreit (Lk 19, 37b.38) beim Einzug ausgerechnet diesen Ps 118. Pharisäer begreifen die Tragweite, aber Jesus verbietet diesen Psalmtext nicht (Lk 19, 39).