Jahresthema: Leben im Horizont der Ewigkeit
Predigtthema: Ein offener Zugang
Predigttext: Hebräer 10,19-25
Verfasser: Thomas Richter
Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht das eigenständige Erarbeiten des Bibeltextes und das Weitergeben der vom Herrn aus dem Predigttext von euch persönlich gehörten Botschaft Gottes: „So sind wir nun Gesandte an Christi Statt“ (2Kor 5,20a). Deshalb suchen wir in der Vorbereitung der Predigt nach dem, was der Herr durch das Wort des Predigttextes sagen will. Es geht dabei um seine Botschaft und wir sind seine Botschafter. Dabei hören wir zwar auch auf andere Botschafter, z.B. durch die Hinweise der Predigthilfe, verkündigen aber die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufgetragen wird: „Aus der Fülle des Herzens redet der Mund“ (Mt 12,34b). Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!
1. TEXT- UND PREDIGTHILFSMITTEL
Verschiedene Bibelübersetzungen um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 1984 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Neue Genfer Übersetzung / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung).
Hilfen zur Auslegung und Anwendung des Predigttextes (Hebr 10,19-25) bieten z.B.
* Arnold G. Fruchtenbaum. Der Hebräerbrief: Eine Auslegung aus messianisch-jüdischer Perspektive. Christlicher Mediendienst (S. 184-189 – empfehlenswert).
* Fritz Laubach. Der Brief an die Hebräer. Wuppertaler Studienbibel NT. R. Brockhaus (S. 204-210 – empfehlenswert).
* Sören Ruager. Hebräerbrief. NT Edition C-Bibelkommentar 22. Hänssler (S. 188-193).
* Jim M. Flanigan. Hebräerbrief. Was die Bibel lehrt 13. Christliche Verlagsgesellschaft (S. 299-308).
* Eduard Riggenbach. Der Brief an die Hebräer. Kommentar zum NT Bd. 14. (unter http://bitflow.dyndns.org/german/TheodorZahn/Kommentar_Zum_Neuen_Testament_Band_14_Buecher_58_1913.pdf; S. 310-323).
Zur Beschäftigung mit dem Predigttext hilft das Anhören (im Sinne von Apg 17,11b) der Predigten von Winrich Scheffbuch vom 27.11.1977 mit dem Titel „Predigt über Hebräer 10,19-25“, vom 24.11.1998 mit dem Titel „Das Bekenntnis der Hoffnung“ (Hebr 10,19-39) und von Alexander Strauch vom 31.10.2009 mit dem Titel „Allgäuer Glaubenskonferenz 2009 – Teil 2/4: Liebe fördern, durch Studium der Liebe und Gebet um mehr Liebe“ (Hebr 10,24f). Diese Predigten findet ihr unter www.sermon-online.de, wenn ihr unter „erweiterte Suche“ die Felder „Bibelstelle“ [Hebräer 10] und „Autor“ [Scheffbuch, Winrich bzw. Strauch, Alexander] ausfüllt.
Beachtenswerte Anmerkungen und Parallelstellen zum Predigttext bietet auch die MacArthur Studienbibel (http://bitflow.dyndns.org/german/JohnMacArthurStudienbibel/58-Der_Brief_An_Die_Hebraeer.pdf; zum Predigttext: S. 1836 bzw. zur Einführung in den Hebr: S. 1816-1818 – empfehlenswert).
Für die Textlesung bietet die „Neue Genfer Übersetzung“ eine gut verständliche, lesbare und zuverlässige Übersetzung unseres Predigttextes (http://www.ngue.info/online/lesen).
2. TEXT- UND PREDIGTZUSAMMENHANG
Nach dem „Übergang“ ins neue Jahr ist unser Predigtanlass nun der zweite Sonntag im „neuen“ Jahr. Abgeleitet aus der Jahreslosung (Hebr 13,14) haben wir in diesem Jahr das Generalthema: „Leben im Horizont der Ewigkeit“. Im Rahmen der Verkündigung wollen wir die Konsequenzen unserer „ewigen“ Erlösung für unser „irdisches“ Leben an Hand des Predigttextes (Hebr 10,19-25) unter dem Thema „Ein offener Zugang“ aufzeigen. Im Januar zeigen wir auf, was durch das Opfer Jesus geschehen ist und es somit einen offenen Übergang – Zugang – Ausgang – Eingang gibt. Bitte knüpft an den vorangegangen Predigttext kurz an, damit wir den „Roten Faden“ des Heiligen Geistes auch aufnehmen können und die „ewige“ Relevanz des Opfers Jesu im Hinblick auf den Glauben, die Hoffnung und die Liebe für unseren Alltag aufzeigen können. So ergibt sich eine Gemeinsamkeit im Ziel, Takt und Blick, indem wir entsprechend dem Predigttext
* nacheinander schauen
* miteinander gehen
* beieinander bleiben
So öffnet uns der Predigttext die Perspektive nach oben (V. 19-22), außen (V. 23) und innen (V. 24f). Richtet sich unser Bekenntnis an den Herrn, dann geschieht Anbetung. Richtet sich unser Bekenntnis an Menschen, dann geschieht Evangelisation bzw. Gemeinschaftspflege. „Allein geht man ein“!
Zum Nachdenken (Saturnin Wasserzug):
„Dein Wissen ist so viel wert, wie du es lebst
„Was unter dem Blute Jesu ist, rühre du nicht an“
„Lasst uns so leben, dass wir Christus in die Augen schauen dürfen“
„Wir lernen durch Menschen, die an unserem Geduldsfaden ziehen“
Unter dem Predigtthema „Das Wunder der offenen Tür“ erläutert Landesbischof i.R. Theo Sorg zu unsrem Predigttext: » Der biblische Text […] spricht ebenfalls von einem Wunder der offenen Tür. Er beschreibt uns, was es heißt, freien Zugang zu Gottes Reich zu haben, und er zeigt an, welche Konsequenzen sich für uns daraus ergeben. Es ist ein schwer zu verstehender Text, der in einer uns fremden Sprachgestalt einhergeht und der an eine Vorstellungswelt anknüpft, die uns nicht ohne weiteres zugänglich ist. Hinter den Worten dieses Abschnitts steht das Wissen um eine verschlossene Tür, steht das Leiden unter der Erfahrung, dass die Tür zwischen Gott und uns Menschen ins Schloss gefallen ist. Es gibt von uns aus keine Verbindung mehr zu Gott. Die Gottesferne ist unser Schicksal geworden. Sünde nennt die Bibel diesen. Zustand, den wir Menschen aus eigenen Kräften nicht ändern können, so wenig wie wir die Mauer zwischen Ost und West durch eigene Kraftanstrengungen aufbrechen konnten. Die Sündenfallgeschichte auf den ersten Blättern der Bibel steht exemplarisch für dieses Geschehen: Eine Mauer wurde errichtet, eine Tür fiel ins Schloss – durch unsere menschliche Schuld. Aber nun ist eine Wende geschehen, eine grundlegende Wende. Eine Bewegung hat eingesetzt, so gewaltig und unwiderstehlich, dass Mauern und Riegel ihr nicht länger Widerstand leisten konnten. Davon spricht unser Text. Er redet von dem Wunder der offenen Tür, von der Möglichkeit des freien Zugangs zu Gott. Worin besteht nun dieses Wunder?
A. In einer durch Christus geschaffenen neuen Lage
»Weil wir denn nun … durch das Blut Jesu die Freiheit haben zum Eingang in das Heiligtum, den er uns aufgetan hat als neuen und lebendigen Weg durch den Vorhang …, so lasst uns hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen in vollkommenem Glauben«. Was hier der Verfasser des Hebräerbriefes schreibt, ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit. In die Nähe Gottes kommen, ihm unter die Augen treten, das konnte in der Zeit des Alten Testaments, auf die der Hebräerbrief verweist, kein Mensch. Nur einmal im Jahr, am großen Versöhnungstag, durfte der Hohepriester durch den Vorhang in das Allerheiligste des Tempels eintreten, um Gott ein Opfer darzubringen. Ansonsten war der Weg zu ihm durch die Mauer unserer Schuld versperrt. Aber nun sagt uns der Hebräerbrief, dass sich diese Lage des Eingeschlossen- und Ausgesperrtseins grundlegend verändert hat: »So haben wir denn nun … durch das Blut Jesu die Freiheit zum Eingang in das Heiligtum«, also hin zu Gott. Nicht wir Menschen sind es, die diesen Durchbruch der Mauer geschafft haben. Das ist dort geschehen, wo am Kreuz seines Sohnes Gott selbst unsere Schuld getilgt hat. Dort ist der Vorhang zerrissen, dort wurde die Mauer abgebrochen, die uns von Gott getrennt hat. Nun ist eine neue Lage entstanden. Ein freier Durchgang durch die Mauer ist möglich geworden, die Tür zu Gott steht offen – durch den Tod Jesu an seinem Kreuz. Das ist die gute Nachricht, die uns heute […] erreichen und froh machen will. Das dürfen wir annehmen als Gottes gute Vorgabe für unser Leben: Vergebung der Schuld, Frieden mit Gott, eine neue Lebensperspektive unter Gottes Augen. Wir dürfen uns als Glaubende auf diese neue Lage einstellen, wir dürfen, wie es der Hebräertext sagt, »hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen« und dürfen teilnehmen an dem, was Jesus Christus für uns erlitten und erstritten hat. »Eingang in das Heiligtum«, das bedeutet für uns heute das Hören auf Gottes Wort, wo immer es verkündigt, ausgelegt und gelesen wird, im Gottesdienst der versammelten Gemeinde, im kleinen Hausbibelkreis oder im persönlichen Umgang mit der Bibel. »Eingang in das Heiligtum«, das ist das Teilhaben an Brot und Wein am Tisch des Herrn, ist das Reden mit ihm im Gebet, sei es einsam in der Stille oder in einer Gemeinschaft von Betern. Das, liebe Gemeinde, ist die durch Christus geschaffene neue Lage, das Wunder der geöffneten Tür, die Möglichkeit des freien Zugangs zu Gott. Nun wird aber jede Vorgabe, die Gott uns gibt, in unsern Händen zu einer Aufgabe. Die durch Christus geschaffene neue Lage will uns zu einem neuen Verhalten führen.
B. Ein durch Christus ermöglichtes neues Verhalten
Jede Gabe, die uns angeboten wird, will angenommen sein. Wenn wir unsern Kindern am Heiligen Abend Geschenke überreichen, warten wir darauf, dass sie diese ausprobieren und einsetzen: Die Skiausrüstung will angeschnallt werden, die Eisenbahn soll laufen, und von Büchern hat man nur etwas, wenn man sie liest. So ist es auch bei den Gaben Gottes. Auch sie wollen umgesetzt werden. Wenn wir sie nur achtlos auf die Seite legen, bringen sie uns nichts. Darum soll aus der neuen Lage, die Gott geschaffen hat, bei uns ein neues Verhalten wachsen. Der Zugang, der durch Christus geöffnet wurde, will begangen sein. Wie das geschehen kann, zeigt uns der Abschnitt aus dem Hebräerbrief, indem er uns verschiedene Anregungen gibt.
* Festhalten an dem Bekenntnis der Hoffnung!
Die durch Christus geschaffene Lage ist für uns Christen kein ungefährdeter Besitz. Es sind nicht nur die eigenen Zweifel am Glauben oder die äußeren Angriffe auf ihn, die uns zu schaffen machen können. Nicht weniger gefährlich sind Resignation, Müdigkeit, Gewöhnung und Routine. Ich weiß nicht, ob es etwas Gefährlicheres für eine christliche Gemeinde gibt, als wenn sie sich an die guten Gaben Gottes gewöhnt und das Staunen über seine Güte zurücktritt. Darum braucht es das immer neue Festhalten an dem Bekenntnis, dass Jesus Christus der Herr ist und dass er sich aus dieser Welt nicht abgemeldet, sondern in der Welt angemeldet hat. So will uns die[ses Wort] neu motivieren, an Christus als den kommenden Herrn zu glauben und mit ihm zu rechnen, an jedem neuen Tag. Die Hoffnung der Christen richtet sich nicht auf ein unbekanntes Es, auch nicht auf Weltereignisse, die man vorher berechnen könnte, sondern sie macht sich fest an dem Herrn, der als der Gekreuzigte und Auferstandene auch der Wiederkommende ist. Aus diesem Bekenntnis der Hoffnung wächst Kraft und Zuversicht, die Gegenwart mitzugestalten und das hier und heute Notwendige zu tun.
* Aufeinander achthaben!
Das ist die zweite Komponente im neuen Verhalten der Christen. Wer sich zu Christus zählt, trägt Verantwortung für seine Mitmenschen. Darum ruft der Verfasser des Hebräerbriefes dazu auf, dass wir uns umeinander kümmern und füreinander sorgen. »Habt aufeinander acht«, das heißt: Seht nach denen, die müde werden und abhängen! Kümmert euch um Menschen, die Schwierigkeiten haben, einen Sinn in ihrem Dasein zu finden! Überlegt euch, was ihr für Alleinstehende und Alleinerziehende tun könnt! Schaut nach den Menschen, die aus irgendeinem Grund an den Rand unserer Gesellschaft gedrängt werden! Wendet euch denen zu, die jetzt als Übersiedler […] zu uns kommen, ladet sie […] in eure Familien ein und zeigt ihnen dadurch etwas von der Menschenfreundlichkeit Jesu. Aufeinander achthaben, das bedeutet Besuch und Gespräch, das meint Zuwendung und Begleitung, das verlangt auch die Bereitschaft zum Teilen und zum Opfern. Nur dadurch kann das Netzwerk der Gemeinschaft unter uns verstärkt und die Anonymität durchbrochen werden, die heute wie eine Mauer um uns steht. Schließlich verwirklicht sich das durch Christus ermöglichte neue Verhalten an einer dritten Stelle:
* Der Gemeinde treu bleiben!
»… nicht verlassen unsere Versammlungen, wie einige zu tun pflegen, sondern einander ermahnen.« Die Gemeinde nicht verlassen. Dem Gottesdienst nicht fernbleiben. Der Briefschreiber spricht hier von »einigen«, die das damals offenbar getan haben. Bei uns sind es leider nicht nur einige, es sind viele, ja, es ist die Mehrzahl der Mitglieder unserer Kirche, die den Gottesdienst nicht besuchen und die in der Gemeinde nur selten zu sehen sind. Wir sind traurig darüber, und wir leiden darunter. Denn wir wissen: Wer sich aus der Gemeinde und vom Gottesdienst zurückzieht, ist dabei, sich die Wurzeln seines inneren Lebens abzuschneiden. Weil Christus verheißen hat, dass er gegenwärtig ist, wo die Gemeinde sich in seinem Namen versammelt, können wir auf den Gottesdienst und auf die Angebote der Gemeinde nicht verzichten. Es gibt nun einmal kein Christenleben ohne Gemeinschaft. Nach der andern Seite hin will unser Predigttext zugleich darauf hinweisen, dass wir uns unablässig Gedanken machen müssen, wie Gottesdienste und Gemeindekreise gestaltet sein sollen, damit sie ansprechend und einladend wirken, damit sie Heimat bieten und Menschen sich bei uns angenommen fühlen. Den Gottesdienst nicht verlassen, der Gemeinde die Treue halten, das gehört zum Lebensstil der Christenmenschen. So sehen die Schritte aus, mit denen der Hebräerbrief das neue Verhalten beschreibt, das Christus uns ermöglicht: Festhalten an der Hoffnung, aufeinander achthaben, der Gemeinde und dem Gottesdienst treu bleiben. Und das soll geschehen, »weil ihr seht, dass sich der Tag naht.« […]. An jenem Tag, also mit dem Kommen seines Sohnes in diese Welt, hat Gott für uns alle die Tür zum. Leben aufgetan. Die Mauer der Gottesferne ist durchbrochen. Wir leben von dem Wunder der offenen Tür. »Ihr seht, dass sich der Tag naht«, der »letzte Tag«, an dem wir alle darüber Rechenschaft geben müssen, was dieses Wunder der offenen Tür für unser Leben bedeutet hat. Christen leben immer im. Advent. Sie ehren ihren Herrn durch ein neues Verhalten, weil er für sie eine neue Lage geschaffen hat« (auszugsweise entnommen aus einer Predigt zu Hebr 10,19-25 aus Theo Sorg. Im Wort geht Christus durch das Land. Stuttgart: Verlag Junge Gemeinde, 1990. S. 172-177).
3. PREDIGTGLIEDERUNG
Ein offener Zugang – durch Jesus
a) Glaube: Ungehindert „eintreten“ (V. 19-22)
b) Hoffnung: Unbeirrbar „festhalten“ (V. 23)
c) Liebe: Unaufhörlich „dabeibleiben“ (V. 24f)
oder nach Gottfried Voigt
Durch Jesus steht und der Himmel offen. Darum sollen wir
a) unbefangen hinzutreten
b) zuversichtlich bekennen
c) fest beisammenbleiben
oder nach Wilhelm Wagner
a) Wir haben einen unmittelbaren Zugang
b) Wir haben ein klares Bekenntnis
c) Wir haben eine verbindliche Gemeinschaft
oder nach Volker Teich
a) Lasst uns zu ihm gehen!
b) Lasst uns Jesus Christus bekennen!
c) Lasst uns aufeinander achthaben!
oder nach Hermann Traub
a) Jesus hält an uns fest,
b) deshalb halten wir am Jesus-Bekenntnis fest
c) und wir lassen einander nicht los