Hebräer

Predigthilfe vom 10. März 2013 – Hebräer 12, 4-11

Jahresthema: Leben im Horizont der Ewigkeit

Predigtthema: Einblick – wer führt?

Predigttext: Hebräer 12,4-11

Verfasser: Thomas Richter

Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht das eigenständige Erarbeiten des Bibeltextes und das Weitergeben der vom Herrn aus dem Predigttext von euch persönlich gehörten Botschaft Gottes: „So sind wir nun Gesandte an Christi Statt“ (2Kor 5,20a). Deshalb suchen wir in der Vorbereitung der Predigt nach dem, was der Herr durch das Wort des Predigttextes sagen will. Es geht dabei um seine Botschaft und wir sind seine Botschafter. Dabei hören wir zwar auch auf andere Botschafter, z.B. durch die Hinweise der Predigthilfe, verkündigen aber die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufgetragen wird: „Aus der Fülle des Herzens redet der Mund“ (Mt 12,34b). Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!

1. TEXT- UND PREDIGTHILFSMITTEL

Verschiedene Bibelübersetzungen um mit dem Predigttext (Hebr 12,4-11) vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 1984 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Neue Genfer Übersetzung / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung).

Hilfen zur Auslegung und Anwendung des Predigttextes (Hebr 12,4-11) bieten z.B.

* Arnold G. Fruchtenbaum. Der Hebräerbrief: Eine Auslegung aus messianisch-jüdischer Perspektive. Christlicher Mediendienst (S. 230-235).

* Fritz Laubach. Der Brief an die Hebräer. Wuppertaler Studienbibel NT. R. Brockhaus (S. 258-262).

* Sören Ruager. Hebräerbrief. NT Edition C-Bibelkommentar 22. Hänssler (S. 252-256).

* Jim M. Flanigan. Hebräerbrief. Was die Bibel lehrt 13. Christliche Verlagsgesellschaft (S. 366-372).

* Eduard Riggenbach. Der Brief an die Hebräer. Kommentar zum NT Bd. 14. (unter http://bitflow.dyndns.org/german/TheodorZahn/Kommentar_Zum_Neuen_Testament_Band_14_Buecher_58_1913.pdf; S. 392-399).

* D.Martyn Lloyd-Jones. Geistliche Krisen überwinden. 3. Aufl. Lahr: Verlag der Liebenzeller Mission, 1995 (S. 262-290 – 2 Predigten zu Hebr 12,5-11).

Beachtenswerte Anmerkungen und Parallelstellen zum Predigttext bieten auch die MacArthur Studienbibel (http://bitflow.dyndns.org/german/JohnMacArthurStudienbibel/58-Der_Brief_An_Die_Hebraeer.pdf; S. 1842) und die Predigt von Pastor Wolfgang Wegert zu Hebr 12,5f unter dem Thema „Verachte nicht die Züchtigung des Herrn“ (http://www.arche-stiftung.de/media/pdf/p060730m.pdf). Bitte beachtet auch die Anmerkungen im Predigttipp von Heiko Krimmer zu Hebr 12,1-13 vom 28.08.2005 unter www.studienbibel.de.

Für die Textlesung bietet die „Neue Genfer Übersetzung“ eine gut verständliche, lesbare und zuverlässige Übersetzung unseres Predigttextes (http://www.ngue.info/online/lesen).

2. TEXT- UND PREDIGTZUSAMMENHANG

Nachdem wir im März mit Hilfe der Glaubensväter eher zurück geblickt haben (Hebr 11), blicken wir im April in der Passionszeit nach vorne zu unserem Herrn hin (Hebr 12f). Im Rahmen unserer Gottesdienst geht es in diesem Monat primär um die Perspektive, die wir einnehmen und um die Konsequenzen, die sich daraus ergeben: Aufblick – Einblick – Weitblick – Durchblick – Ausblick – Anblick! Im Zentrum unserer Verkündigung steht in diesem Gottesdienst die Frage: Wer führt uns wirklich (Hebr 12,4-11)? Wie kommen wir mit den Führungen und Fügungen Gottes in unserem Leben zurecht?

Zum Nachdenken:

„Erziehung ist: Ganz viel Liebe und ganz viel Konsequenz“ (Quelle unbekannt).

„Ich weiß nicht immer wohin Gott mich führt, aber ich weiß, dass er mich führt“ (Quelle unbekannt).

„Verzögerung mit ihrer offensichtlichen Zerstörung jeglicher Hoffnung kann der Seele, die dem Herrn Jesus dienen soll, als Erziehung dienen. Wir leben in ruhelosen, ungeduldigen Tagen. Es bleibt uns wenig Zeit zur Vorbereitung und noch weniger für die Anbetung. Wir meinen, wir müssten aktiv, energiegeladen, enthusiastisch und menschlich effektiv sein. Und wir verstehen nicht, warum Inaktivität, Müdigkeit, Schwachheit und scheinbare Nutzlosigkeit unser Schicksal werden. Alles scheint so sinnlos und töricht, ohne Plan und Ziel […]. Lass die Dunkelheit der Verzögerung deine Seele erziehen zur Geduld der Heiligen und halte fest an den Verheißungen Gottes, denn Gott wird nicht zulassen, dass seine Verheißungen nicht eintreffen“ (V.R. Edman).

Unter dem Leitthema „Gemeinschaft vertieft sich durch Erziehung“ benennt J. Oswald Sanders unter Bezug auf Hebr 12,5-11 folgende Erziehungsarten Gottes:

* Erziehung durch Aufrütteln (Störung)

* Erziehung durch Dunkelheit

* Erziehung durch Enttäuschung

* Erziehung durch Ungereimtheiten (Ungerechtigkeit)

* Erziehung durch Verzug (Verzögerung)

(ausführlich in J. Oswald Sanders. Echte Gemeinschaft mit Gott. Lahr: Verlag der Liebenzeller Mission, 2000. S. 113-124 bzw. neu bearbeitet in J. Oswald Sanders. Von der Freude des vertrauten Umgangs mit Gott. Bielefeld: CMV, 2011. S. 101-110)

J. Oswald Sanders merkt zu Hebr 12,5-13 unter der Überschrift „Die Freude an den Erziehungsmaßnahmen Gottes“ folgendes an: „Die immer wieder auftauchende Frage nach dem Sinn von Leiden und Versuchungen im Leben eines Gotteskindes verlangt eine verständliche und befriedigende Antwort; aber es gibt keine leichte Antwort darauf. Und wenn es nicht immer eine Erklärung gibt, die die menschliche Vernunft zufrieden stellt, so gibt es doch immer eine Erklärung, die den Glauben befriedigen kann […].

Das Wesen der Strafe

Dies sind unsere Kindergartentage. Jede Situation in unserem Leben, die traurige und die fröhliche, hat unser liebender Vater zu unserem ewigen Gewinn und Wohlergehen geschaffen. »Denn unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft uns eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit …« (2Kor 4,17). Seine vorausschauende Liebe wird uns keinen zeitlichen Schmerz ersparen, wenn er dadurch zukünftige Freude und Segen mehren kann. In der Kindererziehung gelten bekanntlich drei Grundsätze:

a) Eltern können nicht zulassen, dass das Kind in jedem Fall seinen Willen durchsetzt; sie sollen aber auch nicht versuchen, den Willen des Kindes grundsätzlich zu unterdrücken, sondern es lieber dazu bringen, dass es sich glücklich und aus eigener Vernunft für das entscheidet, was die Eltern als das Beste für das Kind erkannt haben.

b) Eltern fördern eifrig jede Neigung des Kindes zu dem, was sie ihm als das Beste vor Augen halten, auch wenn dies den augenblicklichen Willen des Kindes durchkreuzt. Eltern sollen dem Kind nicht das Vorrecht vorenthalten, selbst richtige Entscheidungen zu treffen.

c) Hauptziel der Eltern soll es sein, dass das Kind eines Tages ohne elterliche Erziehung auskommt, weil seine eigene Entscheidung im Allgemeinen so richtig und wohlüberlegt ist, dass es keiner weiteren Zurechtweisung mehr bedarf.

Viel Licht fällt auf unser Leben, und manch eine verblüffende Erfahrung dürfen wir dabei machen, sobald wir diese Grundsätze auf unsere Erziehung durch Gott übertragen. Dann erkennen wir, dass alle seine Erziehungsmethoden seiner vollkommenen Weisheit entsprechen. Alle Eingriffe in unser Leben entspringen seiner Liebe und können demzufolge weder hart noch willkürlich oder unnütz sein. Die Strafen in unserem Leben stellen nichts weiter dar als ein Mittel zum Zweck. Gott pflügt nicht den Boden unserer Herzen, nur um seine Macht und Souveränität zu beweisen. Wenn er mit der Pflugschar der Leiden und Versuchungen den hart gewordenen Boden unserer Herzen durchpflügt, hat er ein sinnvolles Ziel im Sinn. Deshalb: Lass ihn pflügen, denn er braucht die Ernte. Außerdem: Jeder strafende oder zurechtweisende Eingriff Gottes ist das Vorspiel zu irgendeinem Gnadenakt. Seine selbstlose Liebe wird nicht eher ruhen, bis er uns vollendet hat und wir »in das Ebenbild seines Sohnes umgestaltet sind«.

Die Kanäle der Zurechtweisungen

Züchtigungen können uns durch eine Vielzahl verschiedener Kanäle erreichen; die drei wichtigsten davon sind:

* Unsere eigenen Fehler und Sünden: Wenn wir einsehen, dass wir unsere Not uns selbst zuzuschreiben haben, finden wir uns mehr oder weniger damit ab und akzeptieren sie. Wir können zumindest einen gewissen Zusammenhang zwischen unserer Sünde oder unserem Versagen und deren Auswirkungen erkennen, obwohl wir in unserer Kurzsichtigkeit meinen, das auferlegte Leid übersteige bei Weitern seine Ursache. Unser wachsamer himmlischer Vater lässt es zu, dass der Hieb sitzt, so dass wir unsere Herzen erforschen, die Sünde, die unser Leid verursacht hat, aufdecken, sie bekennen und ihre Wiederholung vermeiden. Wir haben als diesseitige Menschen keine Ahnung davon, wie oft Gottes züchtigende Hand uns vor dem äußersten Verderben, ja der ewigen Verdammnis, bewahrt hat.

* Die Fehler und Sünden anderer: Von allen Versuchungen und Prüfungen sind diejenigen am schwersten zu begreifen und zu akzeptieren, die durch diesen Kanal über uns hereinbrechen, weil sie uns nicht selten höchst ungerecht und unverdient erscheinen. Diese Tatsache hat schon viele dazu verleitet, sich an Christus »zu ärgern«, weil sie nicht zwischen dem, was Gottes Wille zulässt, und dem, was sein Wille den Menschen zu tun heißt, unterscheiden können. Was der andere gesagt oder getan hat, mag völlig falsch und unverantwortlich sein. Er kann es also. unmöglich auf Gottes Geheiß hin getan haben. Aber Gott lässt es dennoch zu, dass Männer und Frauen dem sündigen Weg folgen, den sie sich selbst gewählt haben. Wenn ihre Untat uns getroffen hat, so ist sie – was uns angeht – nicht mehr länger die böse Tat des anderen, sondern der von Gott zugelassene Wille für uns. Wenn ein Christ in der Gemeinschaft mit Gott lebt, gibt es nicht so etwas wie Ursachen aus zweiter Hand. Er sagt mit dem Psalmisten: »Gott macht meine Wege ohne Tadel«. Keine Versuchung, kein Leid kann ohne seine Einwilligung über die kommen, die in ihm bleiben. Wir können in jeder noch so verwirrenden Lebenslage gewiss sein, dass unser allwissender und liebender Vater sie zu unserem Besten zugelassen hat; weiß er doch genau, was wir zu tragen fähig sind; »Gott … lässt euch nicht über euer Vermögen versuchen, sondern macht, dass die Versuchung ein Ende gewinne, dass ihr’s ertragen könnt« (1Kor 10,13). Nach allem, was wir von Gott durch seine Offenbarung in Jesus Christus wissen, dürfen wir es als ein geistliches Grundgesetz annehmen, dass er es nicht zulassen wird, dass uns auch nur ein unnötiger Hieb trifft oder einen Augenblick lang sinnloser Schmerz plagt. Sobald sein Ziel erreicht ist und wir die Lektion, die er uns lehren will, begriffen haben, hat seine Züchtigung ein Ende. Wir dürfen getrost den anderen, der uns Leid verursacht hat, in seine Hände legen und sollen nicht versuchen, das Unrecht zu rächen. »Mein ist die Rache, ich will vergelten«, lauten die Worte des Herrn. Groll oder Bitterkeit machen unser Los nicht leichter, sondern wir hindern uns selbst an unserer eigenen geistlichen Entwicklung und enttäuschen unseren himmlischen Vater.

* Gottes vorausschauendes Eingreifen: In den Stunden der Bedrängnis erscheint es uns oft unverständlich, und ein murrendes »Warum« entschlüpft ungewollt unserem Munde. Aber Gott ist nicht dazu verpflichtet, sein Handeln zu erklären, mit keinem einzigen Wort verspricht er uns das. Er ist ja nicht nur ein liebender Vater, sondern auch ein souveräner Gott, und gerade hier stellt er den Glauben auf die Probe. Nach einem beispiellosen Dienst der Selbstverleugnung musste Johannes der Täufer sich damit abfinden, sein Leben im Kerker zu fristen. Er wusste, dass Jesus, den er »als das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt« verkündigt hatte, ihm nahe war, und rechnete fest mit seinem Besuch in dieser Stunde der Not. Aber Wochen vergingen, ohne dass Jesus auch nur eine Botschaft des Trostes sandte. Der Glaube Johannes des Täufers begann zu wanken. »Ist er wirklich der verheißene Messias? Wenn ja – würde er mich dann so im Stich lassen?«, muss er sich gefragt haben. Schließlich konnte er die Enttäuschung nicht länger ertragen und sandte Boten zu Jesus, in der Hoffnung, dass seine Zweifel damit zerstreut und sein früheres Vertrauen wiederhergestellt würde. Aber selbst den Botschaftern gab Jesus keine direkte Antwort auf die Frage des Johannes: »Bist du, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?« Stattdessen wirkte Jesus Wunder, die seinen messianischen Anspruch bestätigten, und hieß die Boten Johannes darüber berichten und ihm sagen: »Selig ist, der nicht Ärgernis nimmt an mir« – der mir vertraut, selbst im Gefängnis, der, ohne »warum« zu fragen, jeder Prüfung, die ich ihm in meiner Weisheit auferlege, standhält. Ein einziger Besuch Jesu würde das Gefängnis des Johannes in einen Palast umgewandelt, ein einziges Wort alle seine Zweifel zerstreut haben – aber der Besuch und das Wort kamen nicht. Stattdessen wurde dem Gefangenen eine unmissverständliche und zeitgemäße Anweisung gegeben, wie man sich inmitten von Trübsal zu freuen habe: »Selig ist, der sich nicht an mir ärgert«. Lazarus lag im Sterben. Seine besorgten Schwestern sandten Boten zu Jesus und ließen ihm sagen: »Herr, den du lieb hast, der liegt krank«. Es war ihnen nicht in den Sinn gekommen, er könnte sein Kommen hinauszögern. Aber er kam nicht. »Als Jesus hörte, dass Lazarus danieder lag«, wird uns berichtet, »blieb er noch zwei Tage an dem Ort, wo er war«. Sie sahen; wie das Leben des Lazarus langsam dahinschwand, und sie empfanden den Schmerz darüber umso mehr, als ihr geliebter Freund sie enttäuschte. Vier Tage später kam Jesus, verlor aber kein Wort über seine Verzögerung. Vorwurfsvoll empfingen ihn die Schwestern: »Herr, wärest du hier gewesen, unser Bruder wäre nicht gestorben«. Jesus antwortete darauf nicht direkt, deutete aber mit seiner Antwort darauf hin, dass er sie durch sein Fernbleiben mehr gesegnet habe, als wenn er sofort gekommen wäre. Die Bedeutung seiner Worte wurde nachher klar: Ihr Bruder wurde zu neuem Leben erweckt, und sie lernten Jesus in einem ganz neuen Lichte kennen – als die Auferstehung und das Leben. Im Herzen Davids wuchs das Verlangen, etwas zu tun, womit er seiner Liebe zu seinem Gott Ausdruck verleihen konnte. Er wollte Gott ein herrliches Haus bauen, das Gottes Hoheit würdig wäre. »Dies will ich tun«, sagte David. Aber zu seiner Bestürzung wurde sein löblicher und uneigensüchtiger Plan von Gott mit einem »Du sollst nicht« beantwortet; die Zurückweisung wurde durch ein Wort der Anerkennung gemildert: »… dennoch war es gut, dass der Wunsch in deinem Herzen war«. So bestätigt sich sein Wort immer wieder: »Was ich tue, das wisst ihr jetzt nicht; ihr werdet es aber hernach erfahren«. Auf hunderterlei Weise werden wir versucht und geprüft: durch Kummer und Schmerz, Tod und Pein, durch Enttäuschung und Frustration, durch körperliche und geistige Nöte, durch Freund und Feind. Wie können wir Ruhe finden für unsere Herzen inmitten von Gottes unerklärlicher Vorsehung? Nur derjenige findet Frieden, der aufhört zu fragen: »Ist Gott Liebe?« und stattdessen sagt: »Gott ist Liebe«. Dann betrachtet er sein Leben im Lichte dieser Überzeugung. Er hat es gelernt, dass in der Bejahung Frieden liegt. Er hat seinen Gott so gut kennen gelernt, dass nichts von dem, was er tut, wie unergründlich es ihm auch erscheinen mag, missverstanden wird oder sein Vertrauen erschüttert. Er hat es gelernt, dass ihn die reichsten Segnungen Gottes häufig in einer rauen Schale verpackt erreichen.

Die Herausforderung der göttlichen Erziehungsmaßnahmen

Es gibt drei Möglichkeiten, wie wir auf die Zuchtrute reagieren, denn sie ist oft eine echte Herausforderung:

* Wir können sie ablehnen (Hebr. 12,5), indem wir dagegen rebellieren, anstatt uns ihr zu unterwerfen; indem wir uns weigern, die offenkundige Lektion zu lernen, indem wir es ablehnen, den Grund, der den züchtigenden Hieb notwendig machte, in uns selbst zu sehen. Diese Haltung führt nur zu einem noch mehr verhärteten Herzen und zu endgültiger Niederlage. Wir wollen uns davor hüten, gegen die Hand eines liebenden himmlischen Vaters zu meutern.

* Wir können dabei verzagen (V. 5): Wenn wir nicht daran denken, dass der Eine, der uns in den Läuterungsprozess schickt, mit uns geht, um uns hindurchzutragen, könnte uns die Last unerträglich schwer erscheinen, und das macht mutlos. Wir haben das Gefühl, wir befänden uns in einem Tunnel ohne Ende. Dann hilft nur, sich noch fester auf unseren lastentragenden Gott zu stützen, der die Grenze unserer Belastbarkeit kennt. Die Härte der Prüfung ist das Maß unserer Fähigkeit, sie zu ertragen (1Kor 10,13).

* Wir sollten uns fügen (V. 9): »Und wie wir unsere leiblichen Väter zu Züchtigern gehabt und sie gescheut haben, sollten wir dann nicht viel mehr dem Vater der Geister untertan sein, auf dass wir leben?« Diese Ermahnung ist leichter gesagt als getan, und doch führt kein anderer Weg zur Befreiung und zum Sieg. Vielleicht sehen wir nicht den ganzen Weg vor uns – trotzdem können wir ruhig dem weisen Vater vertrauen. Die unterste Stufe auf dem Weg zum Sieg ist, »sich zu fügen«, weil wir wissen, dass Widerstand gegen Gottes Willen sinnlos ist. Einwilligen in die liebende Weisheit, die in Gottes Handeln mit uns liegt, ist schon eine höhere Stufe. Aber was dem Herzen Gottes am meisten Ehre und Freude bereitet und dem, der sich Gottes Erziehungsmaßnahmen aussetzt, den größten inneren Frieden verleiht, ist die Anerkennung seines Willens mit dem Wort: »So sei es, Vater, denn so scheint es aus deiner Sicht das Beste« – selbst wenn dir die Stimme vor Seufzen zu ersticken droht. Madame Guyon, eine hochbegabte und geisterfüllte Dame des französischen Hochadels, wurde mehrere Jahre lang in einem dunklen und schmutzigen Burgverlies gefangen gehalten. Sie entsagte allen früheren Gewohnheiten nicht nur notgedrungen, sondern als Antwort auf Gottes Weg mit ihr, und stand so hoch über allen Widerwärtigkeiten ihrer Gefangenschaft, dass sie imstande war, ihre Glaubenserfahrung mit folgenden Worten zu schildern: »Sogar die Steine im Fußboden meines Gefängnisses strahlten vor meinen Augen wie Rubine«, so wirklich erlebte sie die Gegenwart des Herrn […].

Das Ziel der göttlichen Erziehungswege

Strafe und Korrektur sind dem »Fleisch« nicht willkommen, und doch sind sie Gottes wertvollste Instrumente zur Vervollkommnung des menschlichen Charakters. Er arbeitet nach einem Plan – wir sollen seinem Sohn gleich sein, von dem geschrieben steht: »So hat er, obwohl er Gottes Sohn war, doch an dem, was er litt, Gehorsam gelernt« (Hebr 5,8). Wir sollten größten Wert darauf legen, aus jeder Züchtigung, die Gott uns schickt, Nutzen zu ziehen und so der Erfüllung des göttlichen Planes näher zu kommen. Unsere Schriftstelle zeigt ein vierfaches Ziel an, auf das unsere Enttäuschungen und unser Versagen, unsere Sorgen und Leiden hinsteuern sollen:

* Sie bestätigen unsere Kindschaft (V. 8): Elterliche Zurechtweisungen sind alles andere als ein Beweis von Gleichgültigkeit oder ein Mangel an Liebe. Im Gegenteil: Nur echte Liebe und tiefes Interesse bewegen Eltern, einem Kind so viel Aufmerksamkeit zu schenken und persönliche Schmerzen auf sich zu nehmen, wenn sie, sofern dies unbedingt nötig ist, zur Strafe greifen müssen. Es wirft ein klärendes Licht auf unser Leiden zu wissen, dass, »welchen der Herr lieb hat, den züchtigt er, und er straft einen jeglichen Sohn, den er aufnimmt« (Hebr 12,6).

* Züchtigungen dienen zu unserem Besten (V. 10): Gott handelt nicht unberechenbar oder launenhaft, er hegt auch gegen keines seiner Geschöpfe einen Groll. Er arbeitet im Hinblick auf unseren ewigen Gewinn, obwohl es Zeiten gibt, in denen es eher scheint, als gereiche es nur zu unserem Schaden; aber dies nur deshalb, weil wir blind sind und im Finstern leben. Ein Stück Stahl mit einem Wert von 6 Euro; das zu Nähnadeln verarbeitet wird, erhöht damit seinen Wert auf 450 Euro. Wenn das Stück aber in Messerklingen umgewandelt wird, beträgt sein Wert 39.000 Euro. In Uhrfedern verarbeitet, würde sein Wert 300.000 betragen. Worauf ist der sich immer steigernde Wert zurückzuführen? Je mehr man den Stahl behandelt und verarbeitet, wie beispielsweise durch Hämmern, Schlagen, Formen und Pressen, um so besser erträgt er das Feuer, und um so höher steigt sein Wert. »Denn unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit« (2Kor 4,17).

* Durch Leiden zur Heiligkeit (V. 10): »Teilhaber seiner Heiligkeit« – welch eine Vollendung liegt doch darin! Wenn er selbst durch Leiden vollkommen wurde, wie könnten wir anders Teilhaber seiner Heiligkeit werden? Versuchung macht uns nicht automatisch heilig, ob wir es wollen oder nicht, sondern nur die richtig aufgenommene und verstandene Versuchung wird uns heiligen. Das Feuer entfernt vom Gold auch nur die Schlacken, also das, was seinen Wert mindert; so entfernen die Feuer der Prüfung auch nur die Sünden und Beschwernisse, die unserer Heiligung entgegenstehen und unser Glück zerstören.

* Leiden bringen Ernte ein (V.11): Allzu oft kam unser himmlischer Bräutigam schon zu unserem Lebensbaum, um nach Früchten auszuschauen, und fand »nichts als Blätter«. Er sucht die Frucht nicht nur für sich, sondern »damit sie euch reichlich zugerechnet werde« (Phil. 4,17). Die Zuchtrute ist eines seiner wirksamsten Befruchtungsmittel. Wenn er sie einsetzt, dann erwachsen daraus köstliche Früchte des Glaubens, der vertraut, auch wenn er nichts sieht; des Friedens, der still bleibt inmitten der Stürme; der Langmut im Leiden, die erträgt und verzichtet, obwohl sie heftig versucht wird; und die Frucht der Liebe, die treu bleibt, auch wenn sie verlassen scheint. Wenn diese Vollendung unser aufrichtiger Wunsch ist, so können wir in das Gebet einstimmen: Pflüge weiter, Herr, durchpflüge mein ganzes Leben; damit jede Ecke goldenes Korn und herrliche Blumen hervorbringe. Ach, dass ich klagte, als deine Pflugschar ich verspürte! Aber du kennst mich; du weißt, dass ich Staub bin. Doch ich sehe Dein Heil und so fasse ich Mut. Pflüge nur weiter, Herr!“ (in Auszügen entnommen aus J. Oswald Sanders. Leben aus der Quelle: Der Weg zum geisterfüllten Christsein. 2. Aufl. Bielefeld: CMV, 2007. S. 42-51).

3. PREDIGTGLIEDERUNG

Einblick – wer führt mich?

a) Erziehung aus Liebe

b) Erziehung mit Liebe

c) Erziehung zur Liebe

(Quelle unbekannt)