Predigtthema: Glaubenszeuge Simson: Ein schwacher Starker wird berufen (Thema laut Textplan)
Die Erarbeitung dieser Predigt erfordert etliche Stunden an Vorbereitung. Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe deshalb Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht euer eigenständiges Erarbeiten des Bibeltextes. Bei der Vorbereitung dieser Predigt suchen wir nach dem, was der Herr über den Predigttext durch uns sagen will, denn wir verkündigen nur die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufs Herz gelegt wird. Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!
1. Sehen, was dasteht
Verschiedene Bibelübersetzungen, um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 1984 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Neue Genfer Übersetzung / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung).
1.1 Allgemeine Hinweise zum Predigttext
Kontext: Das spannende an Richter 13 ist u.a., dass es zwar um Simsons Berufung geht, Simson selbst im Text aber noch gar keine Rolle spielt (mit Ausnahme von Vers 24-25). Im Fokus stehen seine Eltern.
Schwierigkeit: Wie in allen vorangegangenen Erzähltexten des Richterbuchs liegt eine Schwierigkeit für die Bearbeitung des Textes darin, dass er vor allem eine Begebenheit erzählt, ohne dabei ausdrücklich zu werten. Wie die Handlungen der Akteure einzuschätzen sind, entwickelt sich stärker aus der Erarbeitung des Kontextes.
1.2 Hilfen zum Verständnis des Predigttextes
Hilfen zur Auslegung bieten z.B.
- Keil/Delitzsch, Biblischer Kommentar über das Alte Testament, Band 3 (online verfügbar unter https://www.sermon-online.com/de/contents/15233)
- Timothy Keller, Judges for you (auf Englisch)
- Paul Lawrence, Der große Atlas zur Welt der Bibel, hg. V. Alan Millard und Heinrich von Siebenthal, Brunnen-Verlag 2007, zu Gideon: S. 58/59 (oder andere Lexika/Atlanten, um sich mit der geografischen Situation vertraut zu machen)
1.3 Anmerkungen zum Verständnis des Predigttextes
Die Anmerkungen und Wortbezüge richten sich nach dem Text der revidierten Elberfelder Bibel in der Textfassung 2020.
Struktur des Textes
Der Predigttext kann in fünf Erzählabschnitte unterteilt werden:
13,1-5: Nach dem einleitenden Satz über den Abfall des Volkes Israel erfolgt die Ankündigung der Geburt durch den Engel des Herrn gegenüber Manoahs Frau.
13,6-14: Bericht der Frau, Wunsch nach zweiter Begegnung bei Manoah und zweite Begegnung mit dem Engel
13,15-23: Vertiefung des Gesprächs mit dem Engel, Wundertaten und Weggang des Engels
13,24-25: Geburt von Simson und erste Beschreibung
Anmerkungen zu den Versen
13,1-5: Der Text wird durch den bereits mehrfach wiederholten Satz im Richterbuch eingeleitet, dass Israel mit seinen bösen Taten fortfuhr. Gott reagiert darauf mit der Unterdrückung Israels durch die Philister. Nun ist ein Unterschied zu allen bisherigen Ereignissen im Richterbuch wahrzunehmen: Erstmal erfolgt vonseiten Israels kein Hilfeschrei mehr. Es wirkt, als hätte sich Israel mittlerweile mit der Situation abgefunden.
Es ist Gott allein, der die Initiative zur Rettung ergreift (auch wenn man bereits zu Beginn der Simson-Erzählung bedenken sollte, dass es eine umfassende Rettung Israels mit einer anschließenden Ruhezeit dieses Mal nicht gibt).
Die Ankündigung der Geburt muss für die – nicht mit Namen genannte – Frau eine wunderbare Nachricht gewesen sein, da sie unter dem damals(!) gängigen Stigma der Unfruchtbarkeit litt. Um so mehr verwundert es, wie nüchtern sie im folgenden Abschnitt bleibt. Simson ist der einzige Richter, dessen Berufung ergeht, bevor er überhaupt gezeugt wurde. Die Anweisungen an die Frau sind klar und schlicht. (Die Bestimmungen für Nasiräer finden sich in Numeri 6,1-21.) Auffällig ist, dass zwar die Haare erwähnt, aber nicht unmittelbar in Verbindung mit Simsons Stärke gebracht werden.
13,6-14: Die Frau geht nun zu Manoah und berichtet von der Begegnung und der Ankündigung. Wie bereits erwähnt, wirkt diese Handlung zutiefst nüchtern. Zwei Sachverhalte fallen auf:
- Die Frau lässt bestimmte Informationen weg. Sie erwähnt nicht die Haare und nicht die Berufung zum Retter Israels. Ohne hier zu viel hineinzulegen, wirft das die Frage auf, wie hier mit der Weitergabe wichtiger Informationen umgegangen wird. Denn im Verlauf werden diese Informationen auch vom Engel kein zweites Mal erwähnt. Vorausschauend auf Kap. 16 sieht man zwar, dass Simson irgendwoher vom Verbot des Haarescherens wusste. Aber sein Vorgehen in den nächsten Kapiteln ist mehr von persönlichen Rachegelüsten geprägt als von einem Kampf für Israel. Das wirft zumindest die Frage auf, ob die Eltern ihm jemals von seiner Bestimmung als Retter erzählt haben.
- Anstatt seine Freude über die Nachkommenschaft auszudrücken, geht es Manoah vor allem darum, dass auch er den Engel sehen will. Vertraut er seiner Frau nicht? Oder ist es die Sehnsucht nach der übernatürlichen Begegnung, statt dem Vertrauen auf das übermittelte Wort? Oder gehört er zu denen, die es ganz genau wissen müssen und exakte Vorschriften brauchen, weil sie mit Gestaltungsfreiheit nicht umgehen können? Jedenfalls wirft das Verhalten Manoahs Fragen auf (die allerdings der Text selbst nicht beantwortet).
Wie schon an anderen Stellen im Richterbuch (z.B. Gideon) geht Gott allerdings auf die Bitte ein und der Engel kommt erneut. Allerdings wieder zur Frau, nicht zu Manoah. Dieser muss sich bei der Begegnung nochmals versichern, ob er auch wirklich die entsprechende Person ist (erneutes Misstrauen gegenüber der Frau?). Bemerkenswert ist, dass der Engel zwar nochmal erscheint, dass er aber keinerlei neue Informationen bringt. Er wiederholt bereits gesagtes und macht deutlich, dass doch eigentlich schon alles gesagt wurde. Allerdings werden die bereits von der Frau verschwiegenen Informationen vom Engel nicht wiederholt. Das verstärkt die Frage, worüber Simson dann später informiert wurde, denn Manoah hat die verschwiegenen Informationen (rein vom Text her) nie erhalten.
Die Frage nach der Lebensweise und dem Tun des Jungen verstärkt den Eindruck, dass Manoah zu denen gehört, die ganz genaue Anweisungen brauchen. Allerdings erhält er dazu keine konkreteren Informationen, sondern muss sich mit dem bereits Gesagten zufriedengeben.
13,15-23: Statt sich mit dem ergangenen Wort zufriedenzugeben, versucht Manoah weitere Register zu ziehen.
- Wer die Einladung zum Essen annahm, verpflichtete sich damit dem Gastgeber gegenüber. Wie es aussieht, versucht Manoah, durch die Essenseinladung eine Art Verfügungsgewalt zu erhalten, nach dem Motto ‚Ich lade dich ein, du gibst mir, was ich gerne hätte.“
- In der damaligen Zeit ging man davon aus, dass der Name etwas über den Charakter aussagt. Manoah versucht, durch das Wissen über den Namen mehr über die Person zu erfahren. Wer mehr über jemanden weiß, erfährt vielleicht auch, welche Register er ziehen muss, damit das Gegenüber tut, was man möchte.
Der Engel zieht gegenüber Manoah eine klare Grenze. Er schlägt die Einladung aus, mit dem deutlichen Hinweis, dass er ohnehin nichts essen würde. Stattdessen sollen sie sich an den wenden, dem allein Ehre gebührt. Den Namen gibt er nicht preis und verweist klar darauf, dass die Menschen ihn nicht fassen könnten. Der Engel weist damit auf einen klaren Unterschied und eine Grenze zwischen göttlichem und menschlichem, zwischen Gott und Mensch hin. Gott lässt sich durch nichts in die Verfügungsgewalt des Menschen bringen. Im wundersamen Abschied des Engels können sie dann aber etwas von Gottes Größe (Auffahren in der Flamme des Altars) und Gnade (kein Gericht über den Menschen) sehen.
2. Verstehen, worum es geht
2.1 Hinweise für hermeneutische Überlegungen (Auslegung)
(1) Textart: Es handelt sich um einen Erzähltext! Das heißt: der Text selbst gibt für uns keine Anweisungen i.S.v. tu das, lass jenes, folge Gideon in seinem Handeln o.ä.
(2) Textart und Kontext: Der Text selbst bewertet Handlungen nicht. Der Leser ist gefordert, durch Berücksichtigung des Kontextes und eine Einbettung des Abschnittes in die ganze Bibel zu überlegen, wie etwas zu beurteilen ist.
2.2 Hinweise für situative Überlegungen (Predigtanlass)
Der Predigtanlass ist eine klassische im Gottesdienst am Sonntag. Der Prediger muss also die konkrete Gemeindesituation vor Augen haben. Richter 13 ist ein eher unbekannter Text. Die Geschichten über Simson selbst sind oft sehr bekannt, die Geburtsankündigung weniger. Es bietet sich daher an, den Text in einer gut verständlichen, zum flüssigen Vorlesen (und Zuhören) geeigneten Übersetzung wie z.B. der BasisBibel vorzulesen.
3. Sagen, wo es hingeht
3.1 Predigtziel – warum halte ich diese Predigt?
In dieser Predigt können zwei Hauptaspekte aufgezeigt werden: 1.) Wie gehen wir mit der Weitergabe göttlicher Informationen um? 2.) Bei Gott geht es in erster Linie um eine Beziehung, nicht um ein Regelwerk.
3.2 Predigtthema – was sage ich in dieser Predigt?
Ein alternatives Predigtthema (anders als im Textplan) könnte lauten:
„Eine Schwangerschaft mit vielen Fragezeichen“
3.3 Predigtentfaltung – wie sage ich es in dieser Predigt?
Der letzte Predigttext aus dem Buch Richter behandelte Gideon. In der Woche gleich vor dieser Predigt ging es um des Jahresthema. Es ist daher keine vorhergehende Predigt unmittelbar zu berücksichtigen.
1. Simsons Mutter und die Information (13,1-7)
Es ist auffällig, dass gerade Simson, der schon vor seiner Geburt berufen wird, ein Richter wird, der vor allem für sich selbst kämpft. Hatte er gar nicht gehört, dass er Retter eines Volkes sein soll? Denn gerade das ist eine Information, die seine Mutter nicht weitergibt. Anhand des Vergleichs zwischen den Informationen des Engels am Anfang und der (mangelhaften) Weitergabe der Informationen an Manoah kann die Frage entfaltet werden, wie wir mit der Weitergabe von Informationen umgehen. Wie machen wir anderen Menschen – vor allem den nachfolgenden Generationen – den Glauben, die Geschichte Gottes mit dieser Welt, das Evangelium, die Idee der Gemeinde etc. lieb? Es wird ja schnell geschimpft, dass ‚die jungen Leute‘ heute gar nichts mehr wissen. Aber wir müssen uns anhand dieses Textes auch bewusst machen: Zu einer Generation, die nichts weiß, gehört auch eine Generation, die nichts erzählt. Die Predigt kann dafür werben, dass wir fröhlich und motivierend, nicht druckvoll mit Zeigefinger, sondern einladend erzählen, was uns bewegt. Was Gott uns gelehrt hat, was Gott in unserem Leben getan hat.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, wo, wie und warum wir manchmal selbst entscheiden, was wir weitergeben, und was nicht. Erzählt die Mutter vielleicht aus Sorge um das Wohl des lang ersehnten Sohns nichts von der Rettung Israels? Und kann es uns auch passieren, dass wir manchmal nach unseren Vorlieben aussortieren? Das, was zu unserer Sichtweise passt, geben wir weiter? Auch das, was weder uns noch anderen Schaden bringen kann. Die ungemütlichen oder herausfordernden Botschaften lassen wir weg?
2. Simsons Vater und die Frage nach Gottes Regelwerk (13,8-18)
Manoah möchte es höchstpersönlich und ganz genau wissen. Aus welchem Grund auch immer kann er der Überlieferung seiner Frau keinen Glauben schenken. Vom Engel möchte er genau wissen, wie die „Lebensweise des Jungen“ sein soll (sicherlich muss man ihm zugutehalten, dass er mehr gewusst hätte, wenn die Frau alles gesagt hätte), obwohl ja klar war, wie ein Nasiräer lebt. Als er keine genauen Anweisungen erhält, versucht er, sich den Engel verfügbar zu machen (s.o.).
In diesem Punkt kann die Frage gestellt werden, wie es uns mit manchen ‚Freiheiten‘ geht. Das Neue Testament gibt uns kein genau geregeltes Lebensgesetz mehr. Manchmal haben wir Schwierigkeiten damit und hätten lieber eine Liste, wo wir schwarz auf weiß lesen, was Sache ist. Das hälfe uns, gut und böse zu unterscheiden, besonders wüssten wir dann immer, ob wir auf der richtigen Seite stehen.
Solche Listen bergen aber die Gefahr, dass wir uns Gott verpflichten wollen (so, wie Manoah es mit dem Engel versucht). Denn wenn ich mich nach der Liste richte und auf der guten Seite stehe, dann muss Gott mir doch auch Gutes geben.
3. Gottes Größe und Gnade (13,15-23)
Im Glauben geht es nicht um die Konformität zu einem göttlichen Regelwerk. Es geht zunächst darum, anzuerkennen, dass er ein ganz anderer ist, völlig vom Menschen unterschieden und nicht in unserer Verfügungsgewalt stehend. Das wird deutlich an den Antworten und dem Verhalten des Engels.
Gleichzeitig ist er der, der die Beziehung zum Menschen sucht – schließlich beruft er Simson, sondern hatte durch die Berufungsgeschichte auch mit seinen Eltern etwas vor – und gnädig handelt – ohne den Menschen zu zerstören, wenn er es nicht immer gleich versteht. Statt ihnen Regeln für die Erziehung des Jungen zu geben, gibt der Engel durch wundersames Handeln bei gleichzeitiger Gnade einen kleinen Einblick in Gottes Charakter. Wenn Gott also die Beziehung zum Menschen sucht, dann geht es nicht darum, ein Regelwerk zu lernen, sondern den Charakter Gottes kennenzulernen und unser Denken und Handeln von seinem Charakter prägen zu lassen. (s.u. 3.4)
3.4 Predigtveranschaulichungen – wie verdeutliche ich es in dieser Predigt?
Punkt 1:
Zitat eines unbekannten Verfassers, passend dazu, was passiert, wenn nichts mehr erzählt wird: „Die erste Generation hat den Glauben im Herzen, die zweite Generation hat den Glauben im Kopf, die dritte Generation hat den Glauben im Regal.“
Punkt 2:
In Röm 12,2 heißt es eben nicht: Werdet verwandelt durch das neue Regelwerk Gottes. Sondern „werdet verwandelt durch die Erneuerung eures Sinnes, dass ihr prüft, was der Wille Gottes ist“.
(Henrik Homrighausen)