Predigtthema: Barmherzigkeit erleben
Predigttext: Lukas 6,36
Die Erarbeitung dieser Predigt erfordert etliche Stunden an Vorbereitung. Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe deshalb Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht euer eigenständiges Erarbeiten des Bibeltextes. Bei der Vorbereitung dieser Predigt suchen wir nach dem, was der Herr über den Predigttext durch uns sagen will, denn wir verkündigen nur die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufs Herz gelegt wird. Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!
- Sehen, was dasteht
Verschiedene Bibelübersetzungen um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 1984 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Neue Genfer Übersetzung / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung).
1.1 Allgemeine Hinweise zum Predigttext
In dieser Predigt geht es bekannterweise um die Jahreslosung. Ein Vers, der uns alle für das Jahr 2021 begleiten wird. Die Predigt bildet daher eine Art Startschuss für die Gemeinde ins neue Jahr. Nicht nur aus dem Grund, dass Neujahr ist, sondern auch deshalb, weil das Jahresthema des Textplanes des Christusbundes auf das Miteinander ausgerichtet ist.
Es ist daher eine gute Möglichkeit für uns alle den Blick auf die Barmherzigkeit Gottes auszurichten, denn dieselbe Barmherzigkeit sind auch wir einander schuldig.
Die Herausforderung des Verses liegt darin, dass wir normalerweise den Kontext nicht im Blick haben. Daher ist es gut, wenn wir uns in der Vorbereitung und gegebenenfalls auch in der Predigt selbst ein paar Augenblicke Zeit nehmen, um besagten Kontext für uns aufzuschließen und das Wichtigste aus unserem Studium dann auch an die Zuhörer weiterzugeben.
Zum Kontext:
Es ist noch nicht lange her, dass Jesus seine Jünger in die Nachfolge berief. Nachdem er in der Wüste versucht wurde (4,1-13) und in Nazareth predigte und sich selbst als den Messias zu erkennen gab (4,16-30), berief er die ersten Jünger (5,1-11). In den anschließenden Versen nach der Berufung der Jünger tat Jesus viele „messianische“ Wunder, die letztlich die Aufmerksamkeit der Pharisäer auf ihn zogen. Jesus stellte sich einigen Fragen der religiösen Führer von damals, aber dennoch lag sein Fokus in dieser Zeit auf dem hilfesuchenden Volk Israel.
Ab Kapitel 6,20 lesen wir eine Bergpredigt, die derjenigen aus dem Matthäusevangelium Kapitel 5-7 ähnelt. Ob es sich hier um dieselbe Predigt handelt und Lukas nur ein paar Ausschnitte aufschrieb, oder ob Jesus als Wanderprediger noch eine derartige Predigt hielt, die Matthäus nicht aufschrieb, bleibt unbeantwortet. Wichtig ist jedoch zu beachten, dass es sich um eine Predigt direkt an die Jünger handelt.
Wir lesen in Lukas 6,20:
„Und er hob seine Augen auf über seine Jünger und sprach:“
Bei den Worten Jesu handelt es sich also nicht um allgemeine Verhaltensrichtlinien für Jedermann, sondern um explizite Worte an Menschen, die Jesus in seine Nachfolge berufen hat. – An Jünger.
Und eben in dieser Textpassage kommt unser Vers vor aus Lukas 6,36. Vers 36 bildet dabei einen Abschluss aus einem Abschnitt, in dem es um die Liebe zu Menschen geht, die es nicht gut mit uns meinen.
Jesus stellt dabei ein Beispiel auf für Gnade und Barmherzigkeit. Er redet in Vers 35 von seinem Vater, der gütig ist, selbst gegen Undankbare und Böse. Und wenn Gott gütig ist, soll uns das als Triebfeder dienen, ebenfalls Barmherzigkeit walten zu lassen auch denen gegenüber, die vielleicht diese Barmherzigkeit nicht verdienen. – Man kann es auch Feindesliebe nennen.
1.2 Hilfen zum Verständnis des Predigttextes
Hilfen zur Auslegung bieten z.B.
* CV- Kommentar zum Lukasevangelium
* MacDonald Kommentar zum Neuen Testament
* Edition C Kommentar zum Lukasevangelium
1.3 Anmerkungen zum Verständnis des Predigttextes
Zunächst muss definiert werden was Barmherzigkeit ist:
Wikipedia: „Eine barmherzige Person öffnet ihr Herz fremder Not und nimmt sich ihrer mildtätig an.“
Das trifft ganz gut den Kern der Sache. Sich jemandes annehmen, der in Not ist und dem von außen geholfen werden muss, spiegelt absolut das Wesen Gottes wider.
Unser Vers geht los mit einem „Darum“. Solche Worte sind immer Schlüsselworte, die auf etwas hinweisen möchten. Wie oben bereits angesprochen nimmt Jesus die Güte des Vaters als Muster für unsere Barmherzigkeit.
Weil Gott „bösen“ Menschen gegenüber so gütig ist, können/sollen auch wir selbiges Verhalten aufweisen. Natürlich können wir das nicht im selben Maß, geschweige denn aus eigener Motivation heraus tun.
Gott erwies seine Liebe den bösen Menschen gegenüber auf die Weise, dass er Jesus schickte, um für unsere Sünden zu sterben. Dabei schaffte Gott den Ausweg für den Menschen aus der Sünde heraus. Etwas Größeres und Herrlicheres ist nicht mehr geschehen. Ein größerer Liebesbeweis wird auch nicht mehr geschehen (Joh 15,13).
Gott stellt sich als der absolut Liebende hin und bietet seine Güte, die Vergebung der Sünden den bösen Menschen an. Jeder Mensch ist vor Gott böse und muss sich daher bei diesem Vers angesprochen fühlen. Jedoch besteht durch Jesus und sein Opfer nun eine Möglichkeit zur Sündenvergebung. Diese Sündenvergebung wiederum befähigt Christen zur Barmherzigkeit.
Albrecht Wandel beschrieb es folgendermaßen:
“Barmherzigsein widerspricht der menschlichen Art, wie sie in 1.Mo.8,21 beschrieben ist. Durch das neue Leben haben Kinder Gottes die barmherzige Art des Vaters erhalten. Sie sollen diese Barmherzigkeit leben, damit die Menschen erkennen: Ganz der Vater! Hier redet Jesus in Lukas das erste Mal vom Vater: Die Jünger erfahren also, dass sie Kinder Gottes sind. Die „Gabe der barmherzigen Liebe“ hat jeder wiedergeborene Christ.
Weil Christen die absolute Liebe des Vaters am eigenen Leib zu spüren bekommen haben, durch die Vergebung ihrer Sünden, können sie also ebenfalls barmherzig ihren Mitmenschen gegenüber sein.
Jesus geht dabei noch einen Schritt weiter, denn er stellt dieses Verhalten in Vers 36 nicht als Option dar, sondern er redet im Imperativ. Das bedeutet, dass wir von Jesus selbst dazu angehalten werden, barmherzig zu sein! Wir sollen barmherzig sein!
Dieses Wort, das Lukas für barmherzig verwendet, kommt nur dreimal vor im NT.
- zweimal in Lukas 6,36 und dann noch in Jakobus 5,11
In beiden Versen wird Gott als der Barmherzige beschrieben. Die Wurzel des Wortes, die ebenfalls Gott als den Barmherzigen darstellt, kommt etwas häufiger vor.
- Röm 9,15+12,1; 2.Kor 1,3; Phil 2,1; Kol 3,12; Hebr 10,28
Wie schon erwähnt stellen die Verse Gott als den absolut und alleinig Barmherzigen dar.
Barmherzigkeit ist daher etwas Göttliches und ist nicht in erster Linie bei den Menschen zu suchen oder zu finden.
Worüber sollte sich ein Mensch denn erbarmen können, wenn er nicht Gott als Maßstab hat, bei dem er sehen kann, was Erbarmen bedeutet?
Wie kann ein Mensch einem anderen Menschen Erbarmen erweisen, wenn er nicht am eigenen Leib erlebt hat was es bedeutet.
Daher ist es ein großer Bestandteil des Verses, und es muss auch ein großer Bestandteil der Predigt sein, auf Gottes Barmherzigkeit hinzuweisen. Sie zu erklären und sie anzuwenden auf uns, der wir böse sind aber dennoch Erbarmen erfahren können.
Denn erst wenn wir verstanden haben, wie Gott seine Barmherzigkeit uns Menschen zugänglich gemacht hat, können wir unseren Mitmenschen, seien sie außerhalb oder innerhalb der Gemeinde, ebenfalls Barmherzigkeit gegenüber erweisen.
Hilfreiche Bibelstellen hierfür sind:
- Römer 3,13-31
- Römer 5,8
- Kor 5,14-21
- Jak 5,8-11
- Hebr 12,1+2
Ein letzter Gedanke, der hier noch anzumerken ist:
Gott ist laut Vers 35 gütig gegenüber den Undankbaren (nur noch in 2.Tim 3,2) und Bösen (1.Joh 3,12). Genauer betrachtet sind das Eigenschaften, die einen gottlosen Menschen beschreiben. Aufgrund dessen, dass Gott diesen Menschen gegenüber barmherzig ist, weil er die Menschen liebt (Joh 3,16), muss es auch unser Anliegen sein, Menschen außerhalb der Gemeinde barmherzig zu sein. Dabei ist es unser Hauptauftrag, die Liebe Gottes zu den Menschen zu tragen (2.Kor 5,14). Wir brauchen hierfür den Blick unseres Herrn für unseren Nächsten. Wir müssen dabei erkennen, dass die Menschen ohne Gott keine Möglichkeit haben das ewige Leben zu erreichen. Daher ist es pure Barmherzigkeit, wenn wir uns als Werkzeuge gebrauchen lassen, damit Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit kommen (1.Tim 2,4).
Denn wie oben bereits definiert, ist es barmherzig, Menschen in ihrer Not zu begegnen. Wie barmherzig ist es also, jemandem in der größten Not seines Lebens, in der Sünde und Verlorenheit, mit der Liebe Gottes und seiner Vergebung zu begegnen?
- Verstehen, worum es geht
2.1 Hinweise für homiletische Überlegungen (Anwendung)
Da die Jahreslosung unter anderem unser Miteinander prägen soll, ist es gut, wenn man die Zuhörer auffordert sich zu überlegen, welche Beziehungen in unserem Leben denn ohne Barmherzigkeit verlaufen.
Welche Aktionen sind von mir lieblos oder gar in voller Absicht böse meinen Mitmenschen gegenüber?
Wie reagiere ich auf falsche Anschuldigungen? Beharre ich stets auf mein Recht oder kann ich jemandem vergeben, auch wenn dieser es nicht verdient hat?
Wie hat Jesus reagiert auf all die ungerechtfertigten Anschuldigungen?
- Römer 12,19
- Hebr 10,13 (Mt 22,44)
- Kor 5,21
Lasst uns die Kraft für die Barmherzigkeit unseren Mitmenschen gegenüber aus Gott holen, denn getrennt von ihm können wir sowieso nichts hervorbringen (Joh 15,5).
- Wo muss ich in meinem Alltag meinem Ehepartner/Kindern/Arbeitskollegen/ Gemeindemitgliedern/Geschwistern/Ältesten/Eltern gegenüber barmherzig sein?
- Wo muss ich mehr auf Jesus schauen und so handeln wie er?
- Was macht Gottes Barmherzigkeit mit mir?
- Habe ich seine Barmherzigkeit denn schon erfahren?
- Was wäre denn, wenn Gott nicht barmherzig wäre?
- Gebe ich Gottes Barmherzigkeit an Menschen außerhalb der Gemeinde weiter?
- Bin ich selbst barmherzig ihnen gegenüber und zeige ihnen den Weg Gottes?
- Treibt mich die Liebe Gottes dahin barmherzig zu sein?
- Sagen, wo es hingeht
3.1 Predigtentfaltung – wie sage ich es in dieser Predigt?
- a) Gott ist barmherzig!
- b) Bin ich barmherzig?
oder:
Barmherzigkeit:
- a) Gott mir gegenüber
- b) Ich Christen gegenüber
- c) Ich der Welt gegenüber
oder:
- a) Gott ist barmherzig, weil…
- b) Ich bin barmherzig, weil…
(Valentin Töws)