Predigtthema: Ein innergöttliches Gespräch
Die Erarbeitung dieser Predigt erfordert etliche Stunden an Vorbereitung. Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe deshalb Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht euer eigenständiges Erarbeiten des Bibeltextes. Bei der Vorbereitung dieser Predigt suchen wir nach dem, was der Herr über den Predigttext durch uns sagen will, denn wir verkündigen nur die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufs Herz gelegt wird. Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!
1. Sehen, was dasteht
Verschiedene Bibelübersetzungen, um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 1984 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Neue Genfer Übersetzung / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung).
1.1 Allgemeine Hinweise zum Predigttext
Mit Johannes 17 haben wir an diesem Sonntag ein ganz besonderes Kapitel, mit dem wir uns beschäftigen dürfen. Dieses Kapitel wird oft auch das „Hohepriesterliches Gebet“ genannt, weil Jesus, der wahre Hohepriester (Hebr 4,14-16), als Mittler zwischen Gott und den Menschen auftritt (1Tim 2,5). Jesus betet stellvertretend für seine Jünger für alle, die ihm nachfolgen. Es ist das einzige längere Gebet Jesu, das Gott uns in der Bibel wörtlich mitteilt (das Zweitlängste ist sein Gebet im Garten Gethsemane kurz danach).
Die Beschäftigung mit diesem Kapitel in der Predigt oder im Bibelkreis stellt uns vor zwei Herausforderungen:
- Man muss sich überlegen, ob man das Kapitel (26 Verse) als Gebet Jesu in seiner Gesamtheit betrachten will – dann bleibt es bei einer eher oberflächlichen Betrachtung. Dennoch ist es hilfreich, ein solches Gebet als Ganzes zu betrachten. Eine andere Möglichkeit ist, sich nur mit kleineren Abschnitten/Ausschnitten des Kapitels zu beschäftigen. Dabei kann man entweder einen thematischen Schwerpunkt setzen, zum Beispiel: die Einheit, um die Jesus bittet; die Sendung Jesu in die Welt, in die wir hineingenommen werden; die innergöttliche Beziehung zwischen Sohn und Vater. Oder man konzentriert sich auf einzelne Verse aus dem Kapitel. Gerhard Maier schlägt beispielsweise in seinem Kommentar (C-Edition) vor, nur die Verse 20-26 unter der Fragestellung zu behandeln: Worum bittet Jesus?
- Im Gebet klingen die unterschiedlichsten theologischen Themen und theologischen Fachbegriffe an. Um das Gebet als Ganzes zu behandeln, ist es daher notwendig, diese im Kontext des Kapitels genauer zu untersuchen und in einer heute verständlichen Weise zu vermitteln. Themen, um die es im Gebet unter anderem häufig geht, sind: Was gehört Gott, was gehört Jesus und was gehört der Welt? Was bedeutet die Einheit, von der Jesus redet? Wie verhält sich Jesus zu Gott in der Dreieinigkeit, wenn er mit dem Vater redet? Was ist die Mission, in die wir hineingenommen werden? Was meint Jesus mit Heiligung und Verherrlichung, von denen er oft spricht? Und warum legt Jesus so viel Wert auf auf den „Namen“ Gottes, von dem er häufig spricht? In der Predigthilfe versuche ich, die zentralen Fragen des Textes kurz zu erläutern.
1.2 Hilfen zum Verständnis des Predigttextes
Hilfen zur Auslegung bieten z.B. (vor allem aus den drei Kommentaren schöpft auch diese Predigthilfe)
- Carson, D.A.: The Gospel According to John.
- Maier, Gerhard: Johannes (Edition C).
- Schlatter, Adolf: Das Evangelium nach Johannes.
1.3 Anmerkungen zum Verständnis des Predigttextes
Vom Johannesevangelium sind sehr frühe Abschriften gefunden worden. Während das älteste gefundene Fragment (Papyrus 52) Teile von Johannes 18 enthält und aus der Zeit um 125 n. Chr. stammt, haben wir von Johannes 17 erste Abschriften aus der Zeit um 200 n. Chr. (Papyrus 66 und 75). Also gut 100 Jahre nach dem Originaltext liegen die ältesten Abschriften, die wir gefunden haben. Die besonders frühen Funde des Johannesevangeliums zeigen, wie wichtig dieses Kapitel schon für die ersten Christen war.
In welchem Kontext steht das Kapitel?
- Johannes 17 bildet den Abschluss des Abschiedsreden (Joh 14-16), die alle nach der Passahfeier und einen Tag vor der Kreuzigung Jesu stattfinden. Das Gebet Jesu steht in engem Zusammenhang mit den vorhergehenden Reden. Zuvor ruft er zu Liebe und Einheit auf (Joh 15,1-20), verheißt den Heiligen Geist als Tröster (Joh 14 und 16), warnt vor Verfolgung – die Welt wird seine Jünger hassen (15,18-16,4) und spricht von kommendem Schmerz und kommender Freude (Joh 16,5-33).
- Unmittelbar nach dem Gebet, das die Abschiedsreden beschließt, geht Jesus in den Garten Gethsemane, wo er verhaftet wird (Joh 18).
Wie ist das Gebet gegliedert?
- Auch wenn das Gebet nicht eindeutig thematisch gegliedert ist, so lassen sich doch drei Personengruppen unterscheiden, für die gebetet wird: In den Versen 1-5 betet Jesus für sich selbst, in den Versen 6-19 konkret für seine damaligen Jünger und in den Versen 20-26 für die Kirche bzw. alle seine zukünftigen Nachfolger (vgl. zur Gliederung Carson).
Verse 1-5: Jesus betet um seine Verherrlichung:
„Jesus hob seine Augen zum Himmel auf und sprach“ – war das die übliche Gebetshaltung? Warum beten wir nicht so?
- Die Augen zum Himmel zu erheben, war in der Antike eine übliche Gebetshaltung. In der Bibel lesen wir oft davon (Mt 14,19; Mk 7,34). Damit ist nicht gemeint, dass Gott oben im Himmel wohnt, sondern es ist eine symbolische Handlung für zweierlei: Wer betet, erhebt sich über das Irdische hinaus und wer betet rechnet mit einer über-irdischen Realität (vgl. Maier).
- In der Bibel kommen aber auch ganz andere Gebetshaltungen vor: Zum Beispiel das Aufheben der Hände (1Tim 2,8), das Niederknien (Lk 22,41) oder das Niederwerfen des Gesichts zur Erde (Mt 26,39). Es gab also nicht die eine richtige Gebetshaltung, sondern je nachdem, was im Gebet ausgedrückt werden sollte, wurde die äußere Form angepasst.
Warum betet Jesus zuerst für sich selbst und dann erst für andere?
- Kurz vor seinem Tod hat Jesus jedes Recht, auch für sich selbst zu beten. Aber auch wenn er für sich betet, hat er das Heil der Menschen im Blick, für die er stirbt und denen er das ewige Leben schenken will.
Jesus spricht Gott mit „Vater“ an:
- Im ganzen Gebet nennt Jesus Gott immer wieder Vater. Der wahre Sohn Gottes spricht mit seinem Vater – was für ein besonderer Einblick in die innergöttliche Beziehung! Von sich selbst spricht Jesus immer wieder als „Sohn“, häufig auch in der dritten Person.
Was bedeutet „die Stunde ist gekommen“? Welche Stunde ist gemeint?
- Durch das Johannesevangelium hindurch wird immer wieder betont, dass die Stunde noch nicht gekommen ist (Joh 2,4; 7,6.8.30; 8,20). Die Stunde ist der Zeitpunkt, an dem Jesus stirbt und auferweckt wird, an dem Jesu eigentliche Erlösungstat und Verherrlichung geschieht. Nun sagt Jesus: Die Stunde ist gekommen, weil er weiß, dass er am nächsten Tag sterben muss.
Was bedeutet die Bitte Jesu, dass er verherrlicht werde?
- Jesus bittet darum, dass er verherrlicht werde, damit dadurch der Vater wiederum verherrlicht werde. Mit verherrlichen ist gemeint, dass die Größe, Schönheit und Wunderbarkeit sichtbar gemacht wird, dasselbe Wort wird auch für „rühmen, erhöhen, ehren, preisen“ verwendet. Der Tag, an dem Jesus besonders „erhöht“ und verherrlicht wird, ist der, an dem er für unsere Sünden am Kreuz stirbt (vgl. Joh 5,39; 12,16-28). Schon zuvor betont Jesus im Johannes-Evangelium immer wieder, dass er sich nicht selbst ehrt/verherrlicht, sondern dass dies der Vater tut (Joh 8,54). Indem Jesus den Vater bittet, ihn zu verherrlichen, erklärt er sich zugleich bereit, für die Menschen zu sterben, um die Größe der Gnade und Liebe Gottes sichtbar zu machen. Dadurch wiederum wird der Vater verherrlicht.
Wie ist der Vergleich zwischen Vers 2 und Vers 1 zu verstehen?
- Vers 2 beginnt mit dem Vergleichswort „wie“. Gott soll Jesus verherrlichen – so wie er ihm auch die Macht über alle Menschen („alles Fleisch“) gegeben hat. Das Ziel ist, dass Jesus Gott verherrlicht – so wie er allen Gläubigen ewiges Leben geschenkt hat. Alle bekommen ewiges Leben, aber nur alle, die Gott Jesus gegeben hat.
- Jesus ordnet also alles dem Vater zu: Der Vater ist es, der ihn verherrlicht; der Vater ist es, der ihm Macht gegeben hat; der Vater ist es, der ihm diejenigen gegeben hat, die das ewige Leben empfangen.
- Die Macht, die Jesus bekommen hat, ist dieselbe, von der er in Mt 28,18 spricht und die schon in Dan 7,14 angekündigt wird: Es ist die Macht, dass er Glauben, Heil und ewiges Leben schenken kann und es ist die Macht, dass er das Böse am Kreuz und in seiner Auferstehung schon besiegt hat und am Ende sichtbar besiegen wird.
Was ist mit dem ewigen Leben in den Versen 2 und 3 gemeint? Wie verhält es sich zur Erkenntnis Gottes?
- Die scheinbare Gleichsetzung von ewigem Leben und Gotteserkenntnis in Vers 3 verwundert auf den ersten Blick. Ist ewiges Leben einfach Gotteserkenntnis? Und was ist mit Gotteserkenntnis gemeint? Bedeutet ewiges Leben nicht, dass wir ein Leben bekommen, das zeitlich kein Ende hat?
- Die Einleitung „Dies ist das …, dass“ muss nicht als Einleitung für eine Definition oder Begriffsbestimmung verstanden werden (vgl. beispielsweise Joh 3,19, wo auch keine Definition des Wortes Gericht folgt). Vgl. dazu den älteren Kommentar von Theodor Zahn. Der Zusammenhang kann hier also auch anders gesehen werden: Wer Gott und Jesus erkennt, hat das ewige Leben. Die Gotteserkenntnis ist also der Ausgangspunkt bzw. die Voraussetzung für das ewige Leben, das wir in Jesus haben. Dieses ewige Leben ist qualitativ anders als dieses Leben (ganz mit Gott) und hört auch quantitativ nie auf.
- Gotteserkenntnis ist nicht primär intellektuell zu verstehen. In der Nachfolge Jesu geht es nicht nur um den Verstand, das wäre auch merkwürdig – selbst der Teufel „weiß“, dass es Gott gibt und „kennt“ Gott in diesem Sinne (Jak 2,19). Erkennen und Wissen ist hier also im Sinne einer Beziehung gemeint, zu der natürlich auch ein theoretisches Wissen gehört: Wer Gott und Jesus Christus persönlich erkennt und kennt, wer in einer Beziehung zu ihm lebt und ihm nachfolgt, der hat das ewige Leben. Das ist ein „praktisches Kennenlernen“ (Maier).
- Eine wichtige Einschränkung ist: Es geht nicht um die Erkenntnis von irgendetwas Göttlichem, wie es in pantheistischen Religionen oder teilweise auch in esoterischen, spirituellen Religionen mitschwingt. Im Gegenteil, hier wird betont, dass es um die Erkenntnis des einen wahren Gottes geht. Es gibt nur einen wahren Gott, und wir dürfen ihn erkennen in Jesus Christus, den er gesandt hat!
Wie hat Jesus Gott verherrlicht, welches Werk hat er vollendet?
- In Vers 4 greift die Bitte aus Vers 1 wieder auf. Jesus bittet um seine Verherrlichung am Kreuz, um Jesus zu verherrlichen. Aber er hat auch schon – und dafür dankt er hier – in seinem ganzen Leben den Vater verherrlicht. Jesus hat Gottes Herrlichkeit offenbart. Jesus betet in der Vergangenheitsform („Ich habe das Werk vollendet“), aber nach Vers 1 ist wohl auch die Zukunft mitgedacht: Durch seine Worte und Taten, aber auch durch sein Erlösungswerk und seinen Sühnetod am Kreuz hat er seinen Vater verherrlicht.
- Jesus verherrlichte Gott durch seinen Gehorsam, was dadurch deutlich wird, dass er tat, „was du mir aufgetragen hast“. Jesus verherrlichte seinen Vater durch sein Leiden und Sterben am Kreuz, denn in diesem Opfer offenbart sich Gottes Herrlichkeit und Liebe in ihrer höchsten Form.
Was meint Jesus damit, dass er die Herrlichkeit schon hatte, ehe die Welt war?
- Wie in Vers 1 bittet Jesus im Zusammenhang mit der Verherrlichung des Vaters erneut um seine eigene Herrlichkeit. Jesus erwartet nicht Herrlichkeit für sich allein, sondern Herrlichkeit „bei dir“ – also bei und mit dem Vater. Er will dem Vater ganz nahe sein und dadurch wieder vollen Anteil an seiner Herrlichkeit haben. Diese Herrlichkeit hatte Jesus schon, bevor es die Welt gab, weil er von Ewigkeit her mit dem Vater in Herrlichkeit regiert. Bevor es Raum und Zeit gab, bevor die Welt von Gott aus dem Nichts geschaffen wurde, war Jesus schon mit dem Vater (und dem Heiligen Geist) zusammen.
Verse 6-19: Jesus betet für seine Jünger
Verse 6-11a: Die Grundlage des Gebets Jesu
Warum spricht Jesu so ausdrücklich vom „Namen“ Gottes? Was meint er damit?
- Vers 6: Er hat den Namen Gottes offenbart.
- Vers 11: Bewahre sie in deinem Namen.
- Vers 12: Ich habe sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, bewahrt.
- Vers 26: Ich habe ihnen deinen Namen kundgetan.
- Mit Namen ist nicht ein bestimmter neuer Name Gottes gemeint, den Jesus den Jüngern mitteilt. Gott hat sich schon in vielfältiger Weise vorgestellt, sei es mit dem „Ich bin“ in 2. Mose 3,14 oder als „Vater“, wie er hier von Jesus angesprochen wird, aber auch schon im AT genannt wird (5. Mose 32,6 u.a.).
- Mit „Name“ wird dagegen oft die ganze Person einschließlich ihrer Eigenschaften bezeichnet (vgl. auch Mt 10,22; Joh 1,12; 2,23; 1Kön 8,16). Wenn Jesus nun also vom Namen Gottes spricht, meint er, dass er den Menschen Gott als Ganzes offenbart – in Jesus und dem, was er sagt, haben wir die Offenbarung Gottes in seiner Fülle und lernen den Vater kennen (vgl. Hebr 1,1f; Kol 2,9f). Dem entspricht auch die Voraussage in Jes 52,6, dass der Name Gottes erkannt wird.
- Bewahrung im Namen Gottes bedeutet also Bewahrung durch Gott, durch die Beziehung und Verbindung mit Gott. Jesus hat seine Jünger bewahrt, indem er ihnen von Gott erzählt hat. Und bei diesem Gott sollen sie bleiben.
Immer wieder spricht Jesus von Zugehörigkeit: zur Welt gehören, zum Vater gehören, zu Jesus gehören. Was bedeutet das?
- Vers 6: Sie waren aus der Welt, gehörten aber Gott und er hat sie Jesus gegeben.
- Vers 7: Alles, was Jesus hat, kommt von Gott.
- Vers 8: Auch die Worte, die Jesus spricht, hat er von Gott bekommen und gibt er weiter.
- Vers 9: Sie gehören Gott, und er hat sie Jesus übergeben.
- Vers 10: Jesus und Gott gehört alles zusammen – was dem einen gehört, gehört auch dem anderen.
- Vers 14.16: Sie sind nicht von der Welt.
- Jesus betont immer wieder, dass alles, was er hat – auch seine Jünger – ihm vom Vater gegeben ist. Es gibt nichts, was ihm selbst gehört oder wofür er sich selbst die Ehre gibt. Zugleich sind er und der Vater völlig eins, und alles gehört beiden zusammen. Hier bekommen wir einen kleinen Einblick in die Dreieinigkeit, in der einerseits alles Jesus und Gott gemeinsam gehört. Andererseits gibt Jesus trotzdem dem Vater die Ehre, weil er ihm alles gegeben hat. Wir glauben nicht an zwei Götter, wie den Christen manchmal von Juden oder Muslimen vorgeworfen wird, sondern an einen Gott, der aus mehreren Personen besteht.
- Die Jünger gehörten also früher zur Welt, zur gottfeindlichen Welt. Weil sie Jesus nachfolgen, sind sie in das Reich Gottes eingetreten und zu seinen Bürgern geworden. Sie gehören nun zu Gott. Weil dieser sie Jesus übergeben hat, gehören die Jünger sowohl zu Gott als auch zu Jesus, dem guten Hirten, dem wir anvertraut sind.
- Weil Jesus alles von Gott gegeben ist, ist Jesus auch der Mittler: Die Worte, die Gott ihm gibt, gibt er an seine Jünger weiter. Er spricht nicht seine eigenen Worte, sondern die Worte Gottes.
Warum sagt er in Vers 6, dass sie das Wort bewahrten? Was genau haben sie bewahrt?
- Vers 6 beginnt mit der Aussage, dass Jesus den Menschen Gott offenbart hat. Diese Offenbarung Gottes, diese Worte Jesu sind es, an die die Jünger glauben, denen sie folgen und die sie bewahren. Das heißt also ganz einfach: Sie glauben an das, was Jesus ihnen über Gott gesagt hat.
Wie ist das nun/jetzt in Vers 7 zu verstehen? Was wussten sie vorher nicht, was wissen sie jetzt?
- Die Jünger haben zwar vieles noch nicht verstanden, dass Jesus sterben und auferstehen muss, warum er für sie und ihre Schuld leiden muss. Aber eines haben sie mittlerweile verstanden, nach allem, was Jesus gesagt hat: Dass Jesus vom Vater kommt und dass alles, was er tut und sagt, vom Vater und durch den Vater geschieht. Sie haben verstanden, dass Jesus der Gesandte Gottes ist. Das ist nach Vers 8 auch das Entscheidende, dass sie angenommen und erkannt haben, dass Jesus von Gott kommt und gesandt ist und dass Jesus also selbst Gott ist.
Wie verhält sich dieses Annehmen und Erkennen zum „Geben“ Gottes?
- In Vers 8 wird deutlich, dass die Worte Jesu eine Antwort verlangen: Wer annimmt, was Jesus sagt, kommt zum Glauben. Wer zum Glauben kommt, erkennt Gott mehr und mehr, lernt ihn also immer besser kennen. In diesem Prozess ist Gott am Werk und schenkt das Annehmen und Erkennen durch den Heiligen Geist, weshalb zugleich davon die Rede ist, dass Gott es Jesus geschenkt hat.
Warum bittet Jesus für seine Jünger und nicht für die Welt?
- Aus der Fürbitte für seine Jünger leitet sich der Name des hohepriesterlichen Gebets ab. Wie die Priester (und die Propheten) Fürbitte hielten (4Mose 6,23ff; Dan 9,3ff), so tritt Jesus für seine Jünger ein. Jesus betet für die Seinen und tritt für sie ein, bis heute (1Joh 2,1; Hebr 7,25).
- Jesus macht hier einen deutlichen Unterschied: Er betet nicht für die Welt, sondern für seine Jünger, die ihm von Gott gegeben worden sind. Auch wenn Gottes Liebe der ganzen Welt gilt (Joh 3,16) und wenn Jesus gekommen ist, um zu retten (Joh 12,47), so hat er doch eine besonders innige und persönliche Beziehung zu seinen Nachfolgern. Nur für sie betet er hier ganz direkt zum Vater um besonderen Segen, Frieden, Freude und Bewahrung.
- Wir sollen freilich auch für Menschen aus der „Welt“ beten (1Tim 2,1ff; Mt 5,44). Das heißt, wir beten dafür, dass sie aus der Welt gerettet werden und Jesus kennen lernen. Aber wir können nicht für die Welt beten in dem Sinne, dass wir ihr „das Beste“ wünschen und dafür beten, dass sie außerhalb von Jesus in ihrer Gottlosigkeit bleibt. Es gibt keine Hoffnung für die Welt, wenn sie nicht zu Jesus kommt (vgl. den Kommentar von Carson).
- Jesus betet besonders für seine Jünger, weil er weiß, dass er die Welt verlassen wird (Vers 11), während sie in der Welt bleiben, obwohl sie nicht aus der Welt sind. Er betet zwar in erster Linie für die Jünger, die damals bei ihm waren, erst in Vers 20 werden alle zukünftigen Jünger ausdrücklich mit eingeschlossen. Dennoch gilt das, was Jesus in diesen Versen erbittet, in gleicher Weise für alle seine zukünftigen Jünger.
Was ist mit der Verherrlichung Jesu in den Jüngern in Vers 10 gemeint?
- Jesus nimmt das Thema der Verherrlichung wieder auf. Während in Vers 1 und 5 noch darum gebetet wird, dass Jesus verherrlicht wird, damit er den Vater verherrliche, wie er ihn verherrlicht, werden nun die Jünger mit einbezogen. Auch durch die Jünger wird Jesus verherrlicht, wenn sie von ihm zeugen und ihn weitergeben. Indem wir zum Glauben kommen und den Auftrag Jesu weiterführen, verherrlichen wir Jesus und damit auch den Vater.
Verse 11b-16: Jesus betet für die Bewahrung der Jünger
Wie spricht Jesus Gott an? Wie ist die Anrede „heiliger Vater“ zu verstehen?
- Oft spricht Gott Jesus im Gebet einfach mit „Vater“ an. Zweimal aber verwendet er eine besondere Anrede. In Vers 11 nennt er ihn „heiliger Vater“ und in Vers 25 „gerechter Vater“. Die Anrede „heiliger Vater“ findet sich so nur hier im Neuen Testament. Sie betont die Einzigartigkeit Gottes und sein Anderssein gegenüber uns Menschen und der Welt. In der folgenden Fürbitte geht es u.a. darum, dass die Jünger geheiligt werden, d.h. dass sie von diesem heiligen Gott verwandelt und geheiligt werden, ihm entsprechen. Die Gemeinde kann nur erhalten werden, wenn sie von der Welt abgesondert lebt, heilig für Gott.
Was bedeutet die Bitte um Bewahrung und Erhaltung? Warum ging einer, der Sohn des Verderbens, doch verloren?
- In Vers 11 bittet Jesus um die Bewahrung der Jünger. Es ist dasselbe Wort (täreo), das Jesus in Vers 12 als erstes dafür nimmt, dass er seine Jünger bewahren wird. Es wird unter anderem dafür benutzt, jemanden/etwas zu bewahren, sodass es nicht verloren geht. Also entweder, dass Gefangene bewacht/bewahrt werden, dass ein Hirte seine Schafe bewacht und beschützt, dass das Wort Gottes bewahrt wird oder dass etwas unversehrt bleibt – zum Beispiel, dass jemand seine Jungfräulichkeit bewahrt. Jesus bittet also darum, dass Gott seine Jünger nicht verliert, dass er sie behütet, beschützt, bewahrt und nicht verliert. So wie er es bisher selbst für seine Jünger getan hat.
- Das zweite Wort in Vers 12, das Jesus für sein „Bewachen“ verwendet, hat eine ähnliche Bedeutung und wird vor allem häufig für das Bewachen von Gefangenen verwendet. Jesus bewacht/bewahrt uns also wie „Gefangene“, die nicht verloren gehen sollen – so geht der Vers dann auch weiter. Jesus hat dafür gesorgt, dass keiner seiner Jünger verloren geht und sich von Gott abwendet (vgl. Joh 10,28).
- Der Einzige, der verloren geht, ist der Sohn des Verderbens. Damit ist Judas gemeint. Der Abfall des Judas war kein Zufall oder Unfall (vgl. Maier), sondern von Gott genauso geplant. Verderben wird sonst immer wieder für den Teufel verwendet (vgl. 2Thess 2,3). Verderben und Verlorensein haben im Griechischen denselben Wortstamm, d.h. der Sohn des Verderbens ist zugleich der Sohn, der verloren ist. Wie ist das zu verstehen? Judas hat sich bewusst gegen Gott entschieden und sich vom Teufel verführen lassen (vgl. Joh 13,2.27). Der Mensch kann sich entweder für Gott oder gegen Gott und damit für den Teufel entscheiden, wie es Judas hier tut. Da Gott allwissend ist, weiß er das aber schon im Vorhinein und plant es in seinen perfekten Plan mit ein, so wie er es hier bei Judas getan hat. Konnte Jesus also Judas nicht bewahren? Er hat ihn nicht bewahrt, weil Judas nicht bewahrt werden wollte, sondern den Weg des Verderbens wählte. Und weil Gott es so eingeplant hatte. Gott kämpft in seiner Liebe darum, dass alle bei ihm bleiben. Darum bittet auch Jesus hier. Das heißt aber nicht, dass er Menschen, die gehen wollen, zwingt, bei ihm zu bleiben – wie es bei Judas der Fall war.
Worauf bezieht sich „dass die Schrift erfüllt werde“ in Vers 12?
- Wo wird die Verwerfung und der Verrat des Judas, des Sohnes des Verderbens, vorhergesagt? Vermutlich bezieht sich das auf Ps 41,10: „Auch mein Freund, dem ich vertraute, der mein Brot aß, tritt mich mit Füßen“ (vgl. auch Joh 13,18).
Wie ist das Gebet um Einheit zu verstehen? Um welche Einheit geht es dabei?
- Diese Frage wird in den Versen 21-23 noch einmal ausführlicher behandelt. Hier nur ein kurzer Hinweis: Jesus betet dafür, dass die Jünger eins sind, dass sie als Einheit unterwegs sind, so wie er und der Vater eins sind. Zuvor hat er schon beschrieben, dass alles, was dem Vater gehört, ihm gehört und umgekehrt. Einheit bedeutet hier also, ganz miteinander unterwegs zu sein und alles zu teilen, was einem gehört. Das hat die erste Gemeinde ja auch ganz praktisch getan (Apg 2,45).
Wie soll ihre Freude (Vers 13) vollkommen werden? Warum dadurch, dass er jetzt in der Welt betet?
- Die Aussage, dass er in der Welt redet, könnte ein Hinweis darauf sein, dass er laut gebetet hat. Die Jünger könnten gehört haben, was er betete.
- Die Freude lässt sich am besten von Joh 15,11 her verstehen (vgl. Carson). „Ich sage euch das, damit meine Freude euch erfüllt und eure Freude vollkommen ist.“ Die vollkommene Freude ist gerade bei Johannes ein sehr beliebtes Thema (z.B. auch 1Joh 1,4). In Joh 15,11 besteht die Freude darin, dass sie in der Liebe Gottes bleiben (Joh 15,10), was eng damit zusammenhängt, dass sie in der Liebe bleiben und seine Gebote halten (Joh 15,12). Das passt auch in den Zusammenhang dieses Kapitels, in dem es um die Bewahrung Gottes geht und darum, dass sie sein Wort bewahren und halten. Die vollkommene Freude Jesu, die seine Jünger erfüllen soll, besteht also aus zwei Teilen: Die Bewahrung durch Gott und seine Liebe und das Halten und Bewahren seines Wortes. Es geht also nicht um mehr „Glück“, sondern um eine geistliche Freude in Jesus Christus.
Was ist das Wort, das Jesus seinen Jüngern nach Vers 14 gegeben hat?
- Zum einen ist damit die Botschaft gemeint, die Jesus ihnen vom Vater weitergegeben hat. Zum anderen ist aber sicher auch Jesus selbst gemeint, der das Wort ist (Joh 1,1ff). An Jesus und seiner Botschaft scheiden sich bis heute die Geister. Deswegen ist die Schlussfolgerung aus diesem Wort, das ihnen gegeben ist, dass die Welt sie hasst.
Wie verhalten sich die Jünger in den Versen 14-16 zur Welt?
- Die Welt hasst die Jünger, weil sie an Jesus glauben (Vers 14). Entweder man hasst Jesus oder man folgt ihm nach. Wer Jesus hasst, wird auch denjenigen hassen, der ihm nachfolgt.
- Die Jünger passen nicht in die Welt und sind nicht von der Welt, wie es auch Jesus war (Verse 14 und 16). Mehrmals wird wiederholt, dass die Jünger wie Jesus nicht von der Welt sind und seine „Fremdheit“ gegenüber der Welt teilen. Die Jünger sind anders, sie sind in das Reich Gottes eingepflanzt und wachsen aus ihm heraus. In ihm liegt ihr Ursprung und ihre Kraft. Sie gehören nicht zum Reich der Welt. In dieser Aussage schwingt auch die Mahnung mit, die in 1Joh 2,15 konkretisiert wird: „Habt nicht lieb die Welt noch das, was in der Welt ist“. Wir gehören nicht zur Welt, darum sollen wir auch nicht die gottlose Welt lieben, sondern wir sollen die Menschen lieben in dem Sinne, dass wir uns für sie wünschen, dass sie gerettet und aus dieser Welt herausgerissen werden.
- Die Jünger sind und sollen aber noch in der Welt sein und haben dort einen Auftrag, für den Jesus um Bewahrung bittet (Vers 15). Jesus verlässt zwar die Welt, das gilt aber nicht für seine Jünger. Er lässt sie in der Welt zurück. Dort sollen und dürfen sie Zeugen für ihn sein, bevor er sie nach Hause holt, wo er eine Stätte für sie vorbereitet (Joh 14,1-3). Gott will seine Jünger nicht aus der Welt herausreißen, weder indem er sie direkt entrückt, noch indem sie ein christliches „Ghetto“ bilden und mit den anderen nichts mehr zu tun haben. Die Jünger werden direkt in die Welt gesandt, auch wenn sie dort nicht hingehören, um dort zu leuchten. Weil das eine gefährliche Mission ist, bittet Jesus Gott, sie vor dem Bösen zu bewahren. Das kann sich entweder auf den Bösen selbst, den Teufel, beziehen oder auf das Böse, auf alle bösen Werte und Taten der Menschen. Gott bewahre uns davor, dass wir uns davon anstecken lassen.
- Die Unterscheidung „von“ und „aus“ der Welt, die in vielen deutschen Übersetzungen getroffen wird, findet sich so im Griechischen nicht. Es wird dasselbe Wort verwendet: Ihr seid nicht „aus“ der Welt, und doch nimmt Gott euch nicht „aus“ der Welt. Christen sind in der Welt, aber sie gehören nicht dazu.
Verse 17-19: Jesus betet für die Heiligung seiner Jünger
Worum bittet Jesus konkret, wenn er für die Heiligung seiner Jünger betet? Was bedeutet Heiligung?
- Die Bitte knüpft an die Anrede Gottes als heiliger Vater in Vers 11 an. Jesus bittet nun auch um die Heiligung seiner Jünger. Das Wort heiligen bedeutet „absondern, weihen, für den Dienst Gottes zur Verfügung stellen“. Das passt gut zu den vorhergehenden Versen, in denen es darum geht, dass die Jünger nicht zur Welt gehören, von ihr abgesondert sind. Dennoch sollen sie zum Dienst in die Welt gesandt werden, was im nächsten Vers fortgesetzt wird.
- Die Bitte um Heiligung enthält also zwei Teile: zum einen die Absonderung von der Welt und das zu Gott gehören dürfen, der heilig ist. Zum anderen den Dienst für Gott, der sich im Dienst in der Welt zeigt (vgl. Maier). Beides geschieht „in der Wahrheit“ (Verse 17 und 19).
Was ist mit Wahrheit gemeint, wie geht Heiligung in der Wahrheit vor sich?
- In den Versen 17 und 19 heißt es, dass die Nachfolger Jesu in der Wahrheit geheiligt werden sollen. Außerdem heißt es in Vers 17: Dein Wort ist Wahrheit (im Griechischen ohne Artikel, auch wenn manche deutsche Übersetzungen einen Artikel hinzufügen). Wie dieses „in der Wahrheit“ zu verstehen ist, darüber haben sich schon die ersten Christen Gedanken gemacht. Das zeigt sich daran, dass bereits in den ältesten Handschriften Korrekturen und Ergänzungen zu lesen sind, in denen es heißt: „in deiner Wahrheit“.
- „In der Wahrheit“ kann entweder „durch die Wahrheit“ bedeuten. Das würde bedeuten, dass die Jünger durch die Wahrheit, durch Jesus und seine Botschaft, heilig werden. Oder es bedeutet „im Bereich der Wahrheit“. Das würde bedeuten, dass die Jünger die Wahrheit über sich erkennen, in der Wahrheit wachsen und die Wahrheit mehr und mehr erkennen. Beides ist theologisch richtig und muss sich auch in diesem Vers nicht ganz ausschließen. Gott heiligt die Jünger und gebraucht dazu die Wahrheit. Das heißt, dass er sie einerseits durch die Wahrheit und die wahre Botschaft, Jesus selbst, heiligt. Dass er sie dadurch aber natürlich auch die Wahrheit erkennen lässt. Die Jünger erkennen, wie wenig sie selbst dem heiligen Gott entsprechen und wie sehr sie der Gnade Gottes bedürfen, der sie in Jesus heiligt. Zugleich will Gott, dass wir durch den Geist der Wahrheit (Joh 15,26) immer mehr nach der Wahrheit leben.
Wozu sind wir gesandt wie Jesus? Sollen wir dasselbe verkünden, sind wir auch gesandt zu sterben?
- In Vers 15 hieß es noch, dass Jesus die Jünger bewusst in der Welt lässt. In Vers 18 wird nun ausgeführt warum: Sie sollen seine Mission weiterführen. Die Welt ist das „Zielgebiet“ der Jünger (vgl. auch Joh 20,21; Joh 15,26f).
- Die Jünger sollen und dürfen das Amt Jesu übernehmen und seinen Dienst in der Welt fortsetzen. Das bedeutet natürlich nicht, dass wir die einzigartige Erlösungstat Jesu wiederholen können und sollen. In diesem Zusammenhang bedeutet der Auftrag vor allem, dass die Jünger die Botschaft und die Worte Jesu weitergeben sollen (Vers 17). Dadurch sollen sie dazu beitragen, dass noch mehr Menschen in der Wahrheit geheiligt werden – mit diesem Auftrag ist Jesus auch in die Welt gekommen. Das führt aber auch dazu, dass sie ebenso wie Jesus gehasst werden – also auch in diesem Punkt setzen die Jünger Jesu seinen Dienst fort und leiden in der Welt oder sterben sogar für Christus, weil sie seine Botschaft verkündigen.
Wie kann sich Jesus nach Vers 19 heiligen, was bedeutet das? Braucht er die Heiligung überhaupt?
- Im Gegensatz zu den Menschen, die in der Wahrheit durch Gott, durch den Sühnetod Jesu am Kreuz und durch den Geist der Wahrheit geheiligt werden, kann Jesus sich selbst heiligen. So ist er auch in dieser Hinsicht Vorbild für die Sendung seiner Jünger. Auch er hat sich geheiligt, das heißt, er war bereit, sich ganz für den Dienst des Herrn hinzugeben und für uns in den Tod zu gehen. Jesus ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben als Lösegeld zu geben (Mt 20,28). In diesem Sinne heiligt er sich und gibt sich ganz dem Dienst hin. „Durch seine ganze Hingabe an den Vater, durch seinen vollen Gehorsam, durch die vollständige Liebe, die alles fahren läßt und nichts als den Vater begehrt, macht er sich zum wahrhaft Heiligen und deckt sich mit Gottes unverletzlicher Majestät. Um deswillen sind auch seine Boten Geheiligte, gerade weil sie die Boten des Gekreuzigten sind.“ (Schlatter)
Verse 20-26: Jesus betet für die gesamte Christenheit/Kirche
Als dritte Gruppe betet Jesus für alle, die noch zum Glauben an ihn kommen werden. Was unterscheidet diese Gruppe von der zweiten Gruppe (seinen Jüngern) und warum betet er gerade für die Christen?
- Von den vorhergehenden Versen her ist klar, um wen es in den letzten Versen geht. Um alle, die durch die Botschaft der Jünger Jesu zum Glauben kommen. Um alle, die in Zukunft Jesus nachfolgen werden. Um alle Christen bzw. die weltweite Kirche bis heute. Hier werden mehrere Aspekte deutlich: Jesus rechnet damit, dass sich die Christenheit weit ausbreiten wird. Sie breitet sich aus durch „ihr Wort“, d.h. durch das Zeugnis seiner Jünger. Wer Christ ist, bestimmt sich danach, wer „an mich glaubt“ – also an Jesus glaubt.
- Zuvor betet Jesus zwar speziell für seine damaligen Jünger, aber vieles davon lässt sich inhaltlich schon auf alle zukünftigen Nachfolger Jesu übertragen. Nun ist es Jesus aber noch einmal wichtig zu betonen, dass er eben nicht nur für seine damaligen Jünger betet, sondern auch für die zukünftigen Nachfolger. Er hat eine universale Perspektive. Und für die zukünftigen Jünger stellt er ein Thema in den Mittelpunkt seines Gebetes, das im vorigen Teil schon kurz angeklungen ist: die Einheit der Christen.
Um welche Einheit bittet Jesus? Was bedeutet das für die Gemeinde? (Verse 21-23)
- Jesus knüpft an Vers 11 an, in dem er schon kurz für die Jünger gebetet hat, „dass sie eins seien wie wir“. Dieses Thema wird hier im Gebet weiter ausgeführt. Je größer die Schar der Jünger Jesu wird, desto leichter kann es zur Uneinheitlichkeit kommen, und so ist es in gewisser Weise logisch, dass Jesus in dieser größeren Perspektive noch einmal besonders für die Einheit betet. Eine Reduktion auf eine bestimmte Gruppe, wie die Einheit von Heidenchristen und Judenchristen, scheint mir dem Text nicht angemessen, da ausdrücklich alle zukünftigen Christen angesprochen sind.
- Das Vorbild für die Einheit der Christen soll die Einheit zwischen Vater und Sohn sein (Vers 21). Wie Jesus in dem Vater ist und der Vater in Jesus ist – so soll es auch bei allen Christen, allen Jesus-Nachfolgern sein. Wie Jesus und der Vater durch den Heiligen Geist verbunden sind, so sollen auch die Christen durch den Heiligen Geist verbunden sein.
- Die Christen sollen eins sein „in uns“ – also in Gott und Jesus (Vers 21). Die Einheit geschieht also nicht durch menschliche Leistung, sondern durch und in Gott. Wenn sich jeder Gläubige ganz dem Herrn Jesus unterordnet und ihm nachfolgt, entsteht eine innige Verbindung und Einheit. Die Nachfolger Jesu haben das gleiche Ziel, den gleichen gemeinsamen Auftrag und bilden eine große geistliche Familie. Das macht auch deutlich, dass es nicht in erster Linie um eine organisatorische Einheit oder um ein gemeinsames Oberhaupt wie einen Papst geht, auch wenn dies durchaus helfen kann, die Einheit in der Welt sichtbar zu machen. Unsere Einheit soll gerade nach außen sichtbar werden, damit andere darin Jesus erkennen. Noch wichtiger ist aber die geistgewirkte Einheit, dass uns das gemeinsame geistliche Anliegen zusammenführt und bewegt.
- Die Herrlichkeit, die Jesus vom Vater bekommen hat und die er den Jüngern gegeben hat, ist eine Grundlage dafür, dass sie eins sind (Vers 22). Die göttliche Majestät und Liebe ist das Band, dass die Christen zusammenhält. Dadurch, dass Jesus in den Jesus-Nachfolgern wohnt und Gott in Jesus wohnt, wohnt der herrliche Gott selbst, direkt in uns!
- Sie sollen sogar zur vollen Einheit gelangen und in der Einheit vollendet werden (Vers 23).
- Die Einheit ist ein missionarisches Zeugnis, die Welt soll dadurch zum Glauben kommen, dass Jesus von Gott gesandt ist (Vers 22).
- Die Einheit ist eng verbunden mit einer innigen Verbindung mit Jesus – Gott in Jesus, Jesus in uns und dadurch werden wir eins (Vers 23).
- Nicht nur an dieser Stelle wird die Einheit betont. In Joh 10,5 spricht Jesus von der einen Herde des einen Hirten. Auch Paulus betont an vielen Stellen die Einheit, zum Beispiel in Röm 12,5, 1Kor 12,12.20 und Eph 4,4f.
- „Unser Einzelgängertum, unsere Eifersucht, unsere Verletzlichkeit, unser Ehrgeiz, unsere Lieblosigkeit, unser Stolz sind nicht göttlich“ (Maier). Wir brauchen einander als Christen und sollten in Demut voneinander lernen, ohne dabei selbst von den Grundlagen des Glaubens und des Evangeliums abzuweichen.
- Die Einheit wird hier nicht nur für alle Christen zu einem bestimmten Zeitpunkt erbeten, sondern für alle Christen über die Generationen hinweg! Damit wird deutlich, dass Christen heute nicht anders glauben können als Christen früherer Generationen. Eine grundsätzliche Modernisierung, Anpassung oder Veränderung des christlichen Glaubens an die heutige Zeit wird damit abgelehnt. Wir glauben mit allen Nachfolgern Jesu der letzten 2000 Jahre das Gleiche!
- Wie bei dem Wort „heilig“ in den vorhergehenden Versen gibt es auch hier eine gewisse Spannung: Als Christen sind wir durch Jesus schon heilig, wir sind durch Christus in uns schon ganz eins und vollendet in der Einheit. Zugleich will Gott uns immer mehr heiligen – und nach seinem Willen verändern. Ebenso will Gott uns immer mehr zu einer Einheit führen, die auch für die Welt sichtbar ist.
- Wichtig ist, dass Einheit immer durch das Ziehen klarer Grenzen entsteht – eine grenzenlose Einheit wäre keine Einheit. Es braucht den gemeinsamen christlichen Glauben an Jesus Christus als Retter und Herrn, es braucht den Heiligen Geist im Christen. Das verbindet alle, die an Jesus glauben, und grenzt die Kirche zugleich von denen ab, die keine Christen sind (auch wenn sie sich vielleicht so nennen). Das stellt uns vor die Herausforderung, einerseits zu entscheiden, wer „dazugehört“ und wer nicht, und andererseits abzuwägen, wie wir uns Christen und Geschwistern gegenüber verhalten, die in theologischen, ethischen oder praktischen Fragen anderer Meinung sind als wir.
Warum möchte Jesus in Vers 24, dass die Jünger bei ihm sind? Warum sehen sie dann erst die Herrlichkeit?
- Jesus sagt: „Ich will“ – das heißt, er wünscht sich, dass auch seine Jünger bei ihm sind. Für Christen bedeutet der Himmel vor allem, ganz bei Jesus zu sein. Jesus geht jetzt zum Vater und das fällt ihm irgendwie schwer, weil er seine Freunde, seine Jünger, am liebsten gleich mitnehmen würde. Obwohl er weiß und betet, dass er die Jünger mit einem besonderen Auftrag noch eine Weile in der Welt zurücklassen muss, freut er sich schon darauf, dass sie dann ganz bei ihm sein werden. Wenn sie die Herrlichkeit, an der sie jetzt schon Anteil haben, ganz „schauen“, wie es in der zweiten Hälfte des Verses heißt. Jesus selbst hatte die Herrlichkeit schon vor Grundlegung der Welt, als er schon ganz mit Gott in der Liebe vereint war.
- Die Verse zeigen auch eine eschatologische Perspektive der Einheit auf: Auch wenn Jesus jetzt schon ganz in uns lebt und wir als Christen durch ihn eins sind, werden wir dann in der Einheit vollendet und dort sein, wo Jesus ist.
Wie wird das Verb erkennen in Vers 25 verwendet? Warum musste Jesus Gott erkennen? Und warum spricht er Gott gerade hier als gerechten Vater an?
- Jesus spricht den Vater hier als gerechten Vater an. Das hängt wohl stark mit den folgenden Worten zusammen: „Die Welt hat dich nicht erkannt“. Wer Gott nicht erkennt, also nicht kennt, den erwartet das gerechte Gericht des Vaters.
- Erkennen ist hier wie schon am Anfang des Kapitels nicht rein intellektuell und theoretisch gemeint, sondern ganz praktisch. Jesus sagt zunächst „Ich habe dich erkannt“ in der Vergangenheitsform. Das macht deutlich, dass Jesus Gott einfach schon immer kannte und nur auf dieser Grundlage konnte er den Jüngern von ihm erzählen, damit auch sie ihn erkennen und kennen lernen konnten.
Wie beendet Jesus das Gebet in Vers 26? Inwiefern wird Jesus in Zukunft noch kundtun, was meint er damit?
- Jesus hat seinen Jüngern von Gott erzählt und wird das auch weiterhin tun, nämlich durch seinen Geist (Joh 14,15ff; 15,26).
- Das Gebet endet dann sehr herzlich mit dem Ziel von aller Lehre: „damit die Liebe, womit du mich geliebt hast, in ihnen sei und ich in ihnen.“ Das Ziel ist eine tiefe Liebe untereinander und zu Gott. Eine Liebe, die von Gott selbst kommt und die Jesus vorgelebt hat. Eine Liebe, in der alle Verkündigung aufgehen soll, wie Jesus selbst im Doppelgebot der Liebe deutlich gemacht hat.
2. Verstehen, worum es geht
2.1 Hinweise für hermeneutische Überlegungen (Auslegung)
Johannes 17 ist ein besonderes Kapitel, bei dem einige Punkte für die Anwendung bedacht werden müssen:
- Das Kapitel ist nicht nur ein Gebet, sondern zugleich eine theologische Reflexion über die gesamte Sendung Jesu. Dennoch ist es in erster Linie ein Gebet und als solches gekennzeichnet.
- Die Situation der Christen/Gemeinde, an die Johannes das Evangelium geschrieben hat: Es gab vermutlich Spannungen innerhalb der Gläubigen – sowohl zwischen den Juden und den Christen nach der Tempelzerstörung 70 n. Chr. als auch innerchristliche Spannungen beispielsweise mit vorgnostischen Tendenzen (Irrlehren, die zum Beispiel in den Johannesbriefen angesprochen werden). Hinzu kommt, dass einige Christen Verfolgungen durch Juden oder durch den römischen Staat erlitten haben, was zu der Tatsache passt, dass Johannes ein Gebet Jesu überliefert, in dem es um den Hass der Welt auf die Christen geht.
- Da sich der zweite Teil des Gebetes zunächst an die konkreten Jünger der damaligen Zeit richtet, ist zu überlegen, inwieweit die Punkte eins zu eins auf heute übertragen werden können. Der Hass der Welt auf die Christen wurde damals aktuell erlebt – wir erleben ihn heute, zumindest in Deutschland, nur noch bedingt. Wo liegt das an mangelnder Ernsthaftigkeit in der Nachfolge und im Bekenntnis zu Jesus? Und wo hat Gott uns einfach eine Zeit und einen Ort mit weniger Verfolgung geschenkt?
- Hermeneutisch ist auch nach der Funktion des Gebetes zu fragen. Es ist davon auszugehen, dass Jesus das Gebet laut gebetet hat (siehe Auslegung oben), also ganz bewusst vor und für seine Jünger. Soll es uns vor allem das Herz Gottes und die Beziehung zwischen Jesus und Gott vor Augen malen? Ist es ein Modell für uns, wie wir beten sollen? Liegt der Schwerpunkt auf impliziten Aufforderungen, die das Gebet enthalten könnte (seid eins, heiligt euch, …)?
- Da das Kapitel explizit als Gebet Jesu gekennzeichnet wird, halte ich die erste Option für die zentrale: Jesus will uns zeigen, wie sehr er sich für uns einsetzt, wie sehr wir ihm am Herzen liegen und wie er selbst mit dem Vater kommuniziert. Daraus lässt sich zwar zum Teil implizit ableiten, wie auch wir beten oder als Gemeinde leben sollen, aber das halte ich nicht für die Hauptstoßrichtung des Textes.
- Außerdem ist bei dem Gebet hermeneutisch zu fragen, inwieweit das Gebet eine Zusage oder nur ein Wunsch Jesu ist. Manchmal wird gesagt: Wenn Jesus betet, erfüllt es sich automatisch und ist deshalb eine Verheißung. Dem würde ich nicht zustimmen. Zum einen sehen wir zum Beispiel im Garten Gethsemane, dass Jesus einen Wunsch äußert, aber hinzufügt, dass Gottes Wille geschehe. Zum anderen sehen wir am Ende dieses Gebetes, dass Jesus sich wünscht, dass seine Jünger sofort mit ihm in den Himmel kommen – was aber nicht sofort geschieht, weil sie zuerst noch einen Auftrag in der Welt haben.
- Bittet Jesus um die Einheit der Kirche – und stattdessen hat die menschliche Unfähigkeit die Christenheit völlig zersplittert? Lässt sich aus der Tatsache, dass Jesus bittet, gerade ableiten, dass es Schwierigkeiten mit der Einheit der Christenheit geben wird (sonst hätte Jesus nicht gebeten, wird dann als Argument verwendet…)? Oder sagt Jesus uns zu, dass die Kirche in ihm eins ist – trotz äußerer Spaltungen? Sagt Jesus uns zu, indem er uns bittet, durch ihn geheiligt zu werden (wir sind durch Jesus heilig), oder bittet er um Wachstum in der Heiligung, dass wir uns immer mehr nach Gottes Willen verändern lassen – wo noch Luft nach oben ist? Mir scheint hier ein Mittelweg angemessen: Jesus bittet um etwas, das Gott uns auch gibt, aber nicht genau so, wie wir es uns vielleicht vorstellen und erhoffen. Gott schenkt Bewahrung, um die Jesus bittet – das heißt aber nicht, dass Christen nie etwas zustößt, auch wenn Gott immer bei ihnen ist. Gott schenkt Heiligung in Christus – das heißt aber nicht, dass wir nicht weiter um Heiligung aus Gottes Kraft ringen sollen. Gott schenkt geistliche Einheit durch den Heiligen Geist – das heißt aber nicht, dass wir nicht um innere Einheit ringen sollen, die sich immer mehr in sichtbarer Einheit zum Zeugnis für die Welt ausstrahlen soll.
2.2 Hinweise für situative Überlegungen (Predigtanlass)
Der 09.03., an dem der Text in den meisten Gemeinden gepredigt wird, ist das Ende der Faschingsferien. Außerdem ist es der erste Sonntag in der Fastenzeit. Wir gehen also auf Ostern zu. Dazu passt das Kapitel 17 gut: das Ende der Abschiedsreden Jesu, der Tag vor Jesu Kreuzigung. In den nächsten Wochen geht es dann um die weiteren Kapitel des Johannesevangeliums bis zur Kreuzigung und Auferstehung Jesu.
Es lohnt sich immer, im Einzelfall nachzudenken: Wer könnten meine Zuhörer sein? Könnten es auch Menschen sein, die noch nicht an Jesus glauben? Im Text betet Jesus für drei Gruppen – und hat dabei vor allem die Christen im Blick. Trotzdem ist der Bibeltext für alle relevant, denn er gibt uns einen Einblick in das Herz Gottes und zeigt, dass Gott alle Menschen mit seiner guten Botschaft erreichen möchte.
Jesus betet für sich selbst – und hat dabei alle Menschen im Blick, weil er für sie sterben wird.
Jesus betet für seine ersten Jünger – und das lässt sich weitgehend auf alle Christen übertragen.
Jesus betet für alle Christen – und das ist eine Einladung an alle, dazu zu gehören.
2.3 Hinweise für homiletische Überlegungen (Anwendung)
Da unser heutiges Kapitel ein eher theologischer Text ist, der für Menschen, die Jesus nicht kennen oder noch nicht so lange im Glauben sind, nicht so leicht verständlich ist, ist es besonders wichtig, die einzelnen Punkte gut verständlich zu erklären, zu veranschaulichen und trotzdem zu konkreten praktischen Anwendungen für jedermann zu kommen.
Im Folgenden mache ich einige Vorschläge für Anwendungen; je nachdem, auf welche Verse des Kapitels man sich konzentriert oder ob man einen Überblick über das ganze Kapitel gibt, kann man einige Punkte davon aufnehmen.
Verse 1-5: Jesus betet um seine Verherrlichung – Gebet mit Fokus auf die Ehre Gottes
- Die unterschiedlichen Gebetshaltungen in der Bibel je nach Thema können auch für uns eine Anregung sein, durch die äußere Haltung auszudrücken, was wir inhaltlich gerade vor Gott bringen.
- Warum betet Jesus zuerst für sich selbst? Nicht aus Egoismus, sondern weil es um das Heil der Menschen geht! Die Stunde ist gekommen – der Kreuzestod Jesu steht bevor. Ist auch unser Gebet darauf ausgerichtet, dass Gottes Herrlichkeit sichtbar wird und wir zur Ehre Gottes leben?
- Praktischer Tipp: Beginne dein Gebet mit einem Fokus auf Gottes Herrlichkeit. Zum Beispiel: Vater, verherrliche dich heute in meinem Leben durch …, ich will dich groß machen.
- Jesus nennt Gott im Gebet immer wieder Vater – auch wir dürfen Gott durch Jesus Vater nennen.
- Die Stunde ist gekommen – Jesus spricht von einer ganz besonderen Stunde, seiner Kreuzigung und Auferstehung. Ein besonderes Ereignis, ein weltbewegendes Ereignis, das die Geschichte der Menschheit verändern wird. Ist dir klar, warum es damals eine besondere Stunde war?
- Jesus betet um seine Verherrlichung, aber ganz selbstlos. Seine Verherrlichung geschieht dadurch, dass er für dich und mich am Kreuz stirbt und dadurch den Vater verherrlicht. Was für eine Verheißung! Können wir uns daran ein Beispiel nehmen, wenn wir für uns beten? Wollen wir auch verherrlicht werden – für andere leiden und sterben, damit Jesus und der Vater verherrlicht und groß gemacht werden? Wie können wir Gott in unserem Leben verherrlichen und ehren? Wie zeigt sich das in der Arbeit, in Beziehungen, im Umgang mit Herausforderungen, dass ich ihn ehre? Jesus hat sein Werk vollbracht (Vers 4), um Gott zu verherrlichen. Was ist Gottes Werk für dich, wo kannst du ihn verherrlichen?
- Jesus hat die Macht über alle Menschen (Vers 2) – wir müssen keine Menschenfurcht haben, sondern eine Gottesfurcht vor dem und ein Gottvertrauen zu dem, der tatsächlich Macht hat.
- Wir dürfen Gott ganz praktisch „erkennen“ und kennen lernen in Jesus Christus. Willst du den allmächtigen Gott besser kennen lernen? Das ist auch eine Einladung an alle, die Gott noch nicht kennen. Dann lebe in der Beziehung mit ihm, bete und studiere sein Wort 😊 Viele Menschen versuchen heute auf verschiedene Weise, Wissen über Gott zu erlangen – sei es durch Esoterik, spirituelle Praktiken oder verschiedene Schriften. Gott sagt, dass es nur einen Weg gibt: Jesus Christus, von dem wir in der Bibel lesen. Erst wenn wir ihn kennen, kennen wir Gott wirklich.
- Praktischer Tipp: Lies jeden Tag in der Bibel und frage dich: Was lerne ich über Gott? Was erfahre ich über Jesus?
- Eine Folge der Erkenntnis Gottes ist das ewige Leben, das ewige Leben bei Gott. Ewiges Leben heißt, in einer Beziehung zu Gott zu leben – damit beginnt das ewige Leben schon jetzt.
- Was lernen wir über Jesus? Er ist Gottes wahrer Sohn. Er ist bereit, alles zu geben, damit wir erlöst werden. Er war vor Grundlegung der Welt und hat alle Herrlichkeit mit seinem Vater geteilt. Er ist Gott!
Verse 6-19: Jesus betet für seine Jünger
- Zu wem gehörst du? Jeder gehört jemandem – dem Teufel/der Welt oder Gott/Jesus. Das ist eine Einladung an alle, die noch nicht zu Gott gehören und von anderen in der Welt bestimmt werden. Zugleich stellt es uns als Christen vor die Frage: Bin ich mir bewusst, wem ich gehöre? Von wem lasse ich mein Leben bestimmen?
- Jesus betet insbesondere für alle, die ihm nachfolgen. Haben wir auch ein besonderes Herz für Christen und unsere Geschwister? Woran zeigt sich das konkret?
- In uns wird Jesus verherrlicht: Wie zeigt sich das in unserem Leben? Wofür geben wir ihm die Ehre? Wie verherrlichen wir Jesus? Indem wir davon erzählen, was er für uns getan hat. Indem wir davon erzählen, wie sehr wir ihn brauchen. Indem wir davon erzählen, wer er ist!
- Zeigt sich die Einheit bei uns auch darin, dass wir bereit sind, alles miteinander zu teilen, so wie Gott und Jesus und die erste Gemeinde es getan haben? Wie sehr denke ich in der dritten Person über die Gemeinde – die Gemeinde und ich? Und wie sehr sehe ich mich als Teil der Gemeinde: wir als Gemeinde, als eins?
- Jesus bittet um Bewahrung. Es ist eine Bitte, weil er weiß, dass wir in Gefahren und Herausforderungen kommen. Gleichzeitig ist es eine Zusage, dass er uns bewahrt und beschützt (vgl. Joh 10,28), damit niemand aus seiner Hand gerissen wird. Er ist unser guter Hirte, unser „Gefängniswärter“.
- Jesus betet um Bewahrung in Schwierigkeiten und Anfechtungen, um eine tiefe Freude auch in herausfordernden Zeiten und um Heiligung durch und in Gottes Wort.
- Was macht die vollkommene Freude (Vers 13) im Gegensatz zum Glücklichsein aus? Was ist die Freude Jesu, die uns erfüllen soll? Es geht um die Beziehung zu Gott, um seine Liebe und Bewahrung. Gleichzeitig geht es darum, seine Gebote zu halten und seinen Auftrag zu erfüllen. Das ist wahre Freude – ob es sich immer so anfühlt oder nicht.
- In der Welt aber nicht von der Welt: Wir leben in dieser Welt und sollen uns auch nicht völlig von ihr abschotten. Aber wir sollen uns nicht von dieser Welt und dem Zeitgeist prägen lassen. Wo geschieht das, weil ich zu unkritisch Meinungen und Aussagen aus sozialen Medien, Fernsehsendern, Netflix oder ähnlichem aufnehme? Wo kann ich auf die Welt einwirken, ohne mich von ihr unangenehm beeinflussen zu lassen?
- Praktischer Tipp: Frage dich selbst, wenn du Nachrichten, soziale Medien oder Serien konsumierst: Prägt das meine Gedanken göttlich oder weltlich? Worauf willst du in der kommenden Woche verzichten und stattdessen Zeit mit Gott und seinem Wort verbringen?
- Jesus bittet um unsere Heiligung, damit wir zu dem heiligen Vater passen. Er hat dich heilig gemacht durch seinen Tod am Kreuz und durch die Annahme seines Opfers. Gott wirkt an dir, damit du heiliger wirst. Heiliger werden wir in und durch die Wahrheit, durch Jesus und sein Wort (V. 17). Verbringen wir also konkret mehr Zeit mit Jesus und seinem Wort, lesen wir es nicht nur, sondern lassen wir uns von ihm verändern!
- Jesus sendet seine Jünger in die Welt, damit sie seine Mission und seinen Auftrag fortsetzen und weiterführen. Jeder Christ hat eine missionarische Berufung: Zeuge Jesu Christi zu sein. Wie lebst du das konkret in der Schule, an der Uni, am Arbeitsstelle, in der Familie und in der Nachbarschaft? Bete und überlege, wo du in der kommenden Woche einen Gedanken aus der Predigt jemand anderem weitersagen kannst.
Verse 20-26: Jesus betet für die gesamte Christenheit
- Jesus hat schon für uns und unsere Gemeinde gebetet. Er hatte dich und euch schon im Blick. Wow!
- Wo müssen wir Buße tun, weil wir unsere Geschwister zu negativ sehen? Wie ist unsere Einstellung zu anderen Christen? Wie steht es um die Einheit? Wo sind wir zu sehr Einzelgänger, überheblich und stolz auf unsere Erkenntnis, neidisch auf andere Christen, verletzlich und lieblos? Wo sind wir auf Gnade angewiesen? Einheit geschieht immer dort, wo wir uns alle unserer eigenen Sünde und Schwäche bewusst werden und eins sind in der Gnade Jesu.
- Lieben wir unsere Geschwister und behandeln sie als Geschwister, auch wenn sie in manchen Dingen ganz anderer Meinung sind als wir? Wir müssen gut unterscheiden: Wer ist nicht gläubig und nicht mein Bruder oder meine Schwester, auch wenn er sich Christ nennt? Und wer ist mein Bruder oder meine Schwester, auch wenn er oder sie in manchen Punkten anders denkt und lebt als ich? Wie zeigt sich hier Geschwisterliebe in der Einheit?
- Praktischer Tipp: Einheit beginnt in der eigenen Gemeinde: Wo gibt es in der Gemeinde Konflikte, bei denen Versöhnung gesucht werden sollte? Lasst uns Konflikte aktiv angehen, wie Gott uns immer wieder auffordert (z.B. Mt 5,24). Verwechseln wir Einheit nicht mit Uniformität/Gleichheit. Auf einer gemeinsamen Grundlage und Basis sollten wir unterschiedliche Meinungen und Ansichten in der Gemeinschaft respektieren.
- Manchmal kann es hilfreich sein, einfach Gemeinschaft mit den Geschwistern zu haben, mit denen man an einem Ort Konflikte hat. Gemeinsam essen, über andere Themen reden, sich füreinander interessieren – und nicht nur über den Konflikt miteinander reden.
- Was ist eine falsche Ökumene, weil man Gemeinschaft über die christlichen Grenzen hinaus sucht? Und was ist eine gute Ökumene, weil wir uns von den wahren Christen, die auf dem gleichen Fundament stehen, nicht völlig abgrenzen sollten, wenn sie unsere Brüder und Schwestern sind?
- Was bedeutet die weltweite Einheit über alle Zeiten hinweg, für die Jesus hier betet? Sind uns die Brüder und Schwestern in aller Welt wichtig? Sind wir uns bewusst, dass wir eine Familie über Generationen haben, von der wir lernen können?
- Wo fehlt es uns vielleicht auch an Einheit, weil wir uns nicht klar nach außen, von Nichtchristen, abgrenzen?
- Wo zeigt sich die Einheit der Gläubigen bei uns vor Ort? Das muss nicht unbedingt eine äußerliche Zusammenarbeit sein, sondern kann sich auch in der geistlichen Verbundenheit in Christus zeigen.
- Konkret: Wie kann die Liebe Gottes, die in den Jüngern/Jesus-Nachfolgern
- ist (Vers 26), in der nächsten Woche sichtbar werden? Vielleicht einen Nichtchristen zum Kaffee einladen? Oder einen zufälligen Gefälligkeitsdienst übernehmen – die Rechnung für die Person vor dir an der Kasse bezahlen? Für den Nachbarn kehren oder ihn mit einem Stück Kuchen überraschen?
3. Sagen, wo es hingeht
3.1 Predigtziel – warum halte ich diese Predigt?
Die Zuhörer sollen vor allem Jesus besser kennen lernen. Wer ist Jesus, was erfahren wir durch dieses Gebet über seine Beziehung zum Vater und seine Liebe zur Welt?
Das soll zu mehreren Punkten führen:
- Eine Einladung, Jesus neu oder besser kennenzulernen – indem wir sein Wort lesen und beten.
- Einen Fokus auf die Ehre und Verherrlichung Gottes in unserem Leben und im Gebet.
- Eine Zusage der Bewahrung durch Gott, für die Jesus betet.
- Eine Motivation, uns von Gott mehr und mehr heiligen zu lassen, wie wir in Jesus schon heilig sind.
- Eine Herausforderung, die Einheit als Christen zu leben, für die Jesus auch bittet.
- Einen Auftrag, die Mission Jesu in der Welt weiterzuführen und von ihm ganz praktisch zu erzählen und von seiner Liebe weiterzugeben.
3.2 Predigtthema – was sage ich in dieser Predigt?
Je nach Schwerpunkt der Predigt kann das Predigtthema sehr unterschiedlich sein:
Wenn man das ganze Kapitel behandeln will, könnte das Thema beispielsweise lauten:
- Ein innergöttliches Gespräch: Was wir über Jesus lernen können.
- Das Gebet Jesu: der Fokus auf die Ehre Gottes und auf die Menschen, die er liebt.
- Jesus betet für Verherrlichung, Bewahrung und Einheit.
- Jesus betet für dich – das hohepriesterliche Gebet.
Wenn man auf einzelne Themen/Abschnitte den Fokus setzen will:
- Leben zur Ehre Gottes – worum geht es wirklich?
- In der Welt, aber nicht von der Welt – wohin gehörst du?
- Wir dürfen Gottes Mission, die in Jesus begonnen hat, fortsetzen.
- Was macht eine echte Einheit unter Christen aus und wie kann das der Mission dienen?
- Die Einheit der Christen ist entscheidend für ihr Zeugnis in der Welt.
3.3 Predigtentfaltung – wie sage ich es in dieser Predigt?
Ein innergöttliches Gespräch: Was wir über Jesus lernen können:
- Jesu Fokus ist die Ehre Gottes (1-5).
- Jesus wird verherrlicht, weil er sein Leben für uns gibt (1-5).
- Jesus hat ein besonderes Herz für alle, die ihm nachfolgen (6-26).
- Jesus und der Vater sind völlig eins (6-10).
- Jesus bittet und verheißt Bewahrung und Schutz für uns (11-16).
- Jesus bittet um unsere Heiligung und ermöglicht, dass wir heilig werden (17-19).
- Jesus wurde für uns in die Welt gesandt und wir dürfen seine Mission fortführen (18).
- Jesus bittet für völlig Einheit, wie er sie mit dem Vater hat (20-23).
- Jesus hat uns von der Herrlichkeit des Vaters gegeben (22).
- Jesus wünscht sich seine Nachfolger ganz bei sich (24).
- Jesus möchte, dass wir von der Liebe Gottes erfüllt sind (23, 26).
- Jesus will ganz in seinen Nachfolgern sein (24-26).
Jesus betet: Im Mittelpunkt stehen die Ehre Gottes und die Menschen, die er liebt.
- Jesus betet für sich selbst – verherrliche deinen Sohn (1-5)
- Die Bitte um Verherrlichung (1)
- Wer Gott erkennt, hat ewiges Leben (2-3)
- Jesu Vollendung des Werkes auf der Erde (4)
- Die Rückkehr zur Herrlichkeit beim Vater (5)
- Jesus betet für seine Jünger – bewahre sie in deinem Namen (6-19)
- Die Offenbarung des Vaters in Jesus Christus (6-10)
- Die Bitte um Bewahrung und Einheit (11-16)
- Das Gebet um Heiligung in der Wahrheit (17-19)
- Jesus betet für alle Gläubigen – auf dass sie eins seien (20-26)
- Die Einheit der Gläubigen als Zeugnis für die Welt (20-23)
- Die Liebe des Vaters und des Sohnes in den Gläubigen (23, 26)
- Die Sehnsucht nach Gemeinschaft in der Herrlichkeit (24-25)
In der Welt, aber nicht von der Welt (Schwerpunkt auf Vers 14-16)
- Gehörst du zu dieser Welt oder zu Jesus? (1-9)
- Wie kann ich mich von weltlichen Einflüssen abgrenzen? (14-16)
- Die richtige Balance zwischen Distanz und Einfluss – gesandt in die Welt, aber nicht von der Welt (14-16 und 17-18).
Nach Maier (Schwerpunkt auf Vers 20-26):
Worum bittet Jesus?
- Jesus weiß, dass er nicht umsonst gekommen ist
- Jesus bittet um geistliche Einheit
- Jesus bittet um die Aufnahme ins ewige Leben
3.4 Predigtveranschaulichungen – wie verdeutliche ich es in dieser Predigt?
Illustration: Das Kind an der Hand des Vaters
- Ein kleines Kind läuft mit seinem Vater über eine vereiste Straße. Wenn das Kind alleine gehen würde, würde es ausrutschen. Aber weil der Vater es festhält, bleibt es sicher.
- So hält uns Gott fest – auch wenn wir wackelig sind, bewahrt er uns. (Jesus bittet um unsere Bewahrung und Joh 10,28).
- Gottes Bewahrung heißt nicht, dass wir nie Schwierigkeiten erleben, sondern dass wir in Schwierigkeiten nicht aus seiner Hand fallen.
Illustration: das Boot im Wasser
- Wir sind in der Welt aber nicht von der Welt – wie ein Boot im Wasser. Das Boot soll im Wasser sein, aber wenn das Wasser in das Boot schwappt, dann wird es gefährlich.
- (kann auch praktisch in einer Wanne vorgeführt werden, um es zu veranschaulichen – sobald zu viel Wasser in das Boot kommt, droht es zu sinken)
Illustration: Das Orchester
- Ein Orchester besteht aus vielen Instrumenten – Geige, Trompete, Schlagzeug, Klavier – aber sie spielen harmonisch zusammen, weil sie auf denselben Dirigenten hören.
- Einheit bedeutet nicht Gleichheit, sondern gemeinsame Ausrichtung auf Jesus.
- Wenn wir auf Jesus hören, werden wir trotz unserer Unterschiede in echter Einheit zusammenstehen.
Illustration: Lagerfeuer oder Funke?
- Eine einzelne Glut erlischt schnell. Doch wenn viele Glutstücke zusammen sind, bleibt das Feuer lange bestehen.
- So ist es mit der Gemeinde – in Einheit brennen wir stark für Jesus, getrennt werden wir schwach.
- Fördern wir Einheit oder isolieren wir uns?
Zitate:
- Zu den Versen 1-5: „Der Sinn des Menschen ist es, Gott zu verherrlichen und sich für immer an ihm zu erfreuen.“ – Westminster Katechismus Antwort zu Frage 1
- Zu Vers 18 – „Jeder Christ ist entweder ein Missionar oder ein Betrüger.“ Charles Spurgeon
Liedvorschläge:
- „Sei du der Mittelpunkt in meinem Leben“ (passt zu Vers 1-5)
- „Wir sind eins“ (Outbreakband) (passt zu Vers 20-23)
(Samuel Koser)