Richter

Predigthilfe vom 22. September 2024 – Richter 16

Predigtthema:         Glaubenszeuge Simson: Ein Held verliert alle Kraft

Die Erarbeitung dieser Predigt erfordert etliche Stunden an Vorbereitung. Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe deshalb Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht euer eigenständiges Erarbeiten des Bibeltextes. Bei der Vorbereitung dieser Predigt suchen wir nach dem, was der Herr über den Predigttext durch uns sagen will, denn wir verkündigen nur die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufs Herz gelegt wird. Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!

1. Sehen, was dasteht

Verschiedene Bibelübersetzungen um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 1984 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Neue Genfer Übersetzung / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung).

1.1 Allgemeine Hinweise zum Predigttext

Das Buch Richter spielt in der Zeit zwischen Josua und der Zeit der Könige Israels. Sie war von Gesetzlosigkeit geprägt. Die Theokratie (Gott, als oberster Leiter des Volkes. Bei Fragen des Rechts, der Staatsführung, des alltäglichen Lebens, usw. wird sich nicht an menschliche Institutionen gewandt, sondern direkt an Gott), die von Gott als Staatsform gedacht war, funktionierte nicht, da das Volk sich immer wieder gegen die Herrschaft Gottes auflehnte. Das Buch Richter zeigt nun den langen und beschwerlichen Weg hin zu einer Monarchie. Es wird aber auch schon schemenhaft der Segen eines gottgegebenen Führers angedeutet, dazu heißt es im Schlüsselvers des Richterbuchs:

     „In jenen Tagen war kein König in Israel. Jeder tat, was recht war in seinen Augen.“

      Ri 21, 25 (so auch in Ri 17, 6) (ähnlich in Ri 18, 1 und 19, 1)

     Die von Gott angedachte Staatform hätte Sicherheit, Gerechtigkeit und Segen für Israel gebracht. Er, als oberste Instanz, wäre das Beste für sein Volk gewesen. Doch stattdessen wählten sie die Anarchie: Jeder tat, was recht war in seinen Augen. Diese Einstellung steckt auch stark im Wesen Simsons, um den es in dieser Predigt geht.

     In diese Zeit bzw. Situation also sendet Gott seine Richter. Nach der von ihnen ausgeübten Funktion ist das ganze Buch benannt. Richter (hebr. schophet) waren damals nicht nur diejenigen, die Recht sprachen, sondern auch die militärischen Führer. Das Richten übernahmen die Ältesten in den Toren der Städte (vgl. Rut 4) und die Richter (vgl. Ri 4, 5; 1Sam 7, 15-17). Der Titel „Richter“ ist daher auch in dem Sinne zu verstehen, dass sie dem Volk Israel durch ihre Befreiungskämpfe „zum Recht verhalfen“. Somit waren die Richter militärische Führer, die auch „Retter“ genannt werden (3, 9.15).

     Von sechs Richtern sind insgesamt nur 14 Verse überliefert (Schamgar, Thola, Jair, Ibzan, Elon, Abdon). Diese werden deshalb auch die „kleinen Richter“ genannt (im Gegensatz zu den sechs „großen Richtern“). Von zwei Richtern (Gideon und Simson) handelt dagegen ca. 1/3 des Buches. Die Lebensgeschichten aller sechs großen Richter werden mit derselben Formulierung eingeleitet: „Und die Söhne Israel taten (weiter), was böse war in den Augen des HERRN.“ (3, 7.12; 4, 1; 6, 1; 10, 6; 13, 1).

     Mittlerweile sind wir nicht nur beim letzten Kapitel der Simsongeschichte angelangt, sondern auch beim letzten Sonntag unserer Richterreihe.

     Simson war von Beginn an ein Nasiräer (Ri13, 5), ein Mann, dessen Leben speziell Gott geweiht war (zum Nasiräergelübde siehe 4Mo6). Dass Simson diesen Status lebenslang hatte, war außergewöhnlich, normalerweise war das Nasiräergelübte zeitlich begrenzt. Als Nasiräer musste er sich u.a. von Leichnamen fernhalten (vermutlich auch von Tierkadavern), hiergegen verstößt er allerdings in Ri14, 8 und Ri15, 15. Zudem sollte sich ein Nasiräer von Wein, sowie jedem anderen Produkt des Traubenstocks fernhalten. Diese Regel bricht Simson mindestens einmal in Ri14, 5. Nasiräer durften sich auch nicht die Haare schneiden, wogegen Simson dann in einer seiner dunkelsten Stunden, in Ri16, 19, verstößt.

     Unser Predigttext, das 16. Kapitel, behandelt das Ende dieses Richters. Zuerst das Ende seiner Berufung und seines Nasiräerseins und dann auch seines Lebens.

     Simsons Geburtsverheißungen in Ri13 sind auch etwas Besonderes, wenn man sie mit den anderen Richtern vergleicht. Umso tragischer ist, dass sein Leben mit den meisten moralischen Entgleisungen und gottlosen Verhaltensweisen aller sechs großen Richter gefüllt ist. Simson hat einen schwachen Charakter, der extrem von Leidenschaft und Lust bestimmt ist. Er ist eigensinnig und störrisch, jähzornig und brutal. Umso bemerkenswerter ist, dass Gott trotzdem seine Geschichte mit diesem Mann schreibt.

     Es fällt auf, dass im Bericht von Simsons Leben der Heilige Geist bzw. der Geist Gottes häufig erwähnt wird. Hierdurch soll wahrscheinlich deutlich werden, dass der Heilige Geist nicht dauerhaft auf Simson ruhte. Tragischerweise taucht Gottes Geist in unserem Abschnitt nicht mehr auf, was Simsons starke Gottesferne im hinteren Teil seines Lebens unterstreicht. Der traurige Höhepunkt hiervon stellt Ri16,20 dar, wo geschildert wird wie und warum Gott Simson verlässt. Erst in den letzten Minuten seines Lebens wird wieder von einer Gottesbegegnung Simsons berichtet.

     Trotz seines lasterhaften Lebens wird Simson im Neuen Testament (das einzige Mal im NT) erwähnt: In Hebr11,32, unter den Helden des Glaubens. Hierdurch wird Gottes große Gnade unterstrichen. Er gebraucht selbst so verkommene Charaktere wie Simson, um seinen Plan voranzubringen.

1.2 Hilfen zum Verständnis des Predigttextes

Hilfen zur Auslegung bieten z.B.

  • „Wiersbe Kommentar AT Band I. 1. Mose bis Esther“ von Warren W. Wiersbe          
  • „Wuppertaler Studienbibel – Das Buch der Richter“ von Martin Holland
  • „Kommentar zum Alten Testament“ von William McDonald
  • Buchvideo „Richter“ von BibleProject deutsch (https://www.youtube.com/watch?v=dclxjfBPgkc)

Beachtenswerte Anmerkungen zum Predigttext bietet z.B. die MacArthur Studienbibel.

1.3 Anmerkungen zum Verständnis des Predigttextes

V. 1-3: Gaza war eine einflussreiche Hafenstadt. Sie wurde in Ri1,18 vom Stamm Juda erobert. In Ri6,4 gehört sie nach wie vor zum Besitz Israels. Da aber mittlerweile feindlich gesinnte Menschen in ihr wohnen, ist es wahrscheinlich, dass die Philister diese Stadt inzwischen erobert haben. Es ist unwahrscheinlich, dass es sich um Simsons Landsleute handelt. Er übt mittlerweile schon knapp 20 Jahre sein von Gott gegebenes Richteramt unter den Israeliten aus und hat ein ruhmreiches Ansehen unter seinem Volk.

     Weshalb Simson nach Gaza kommt, ist nicht bekannt. Es wird nicht speziell wegen der Prostituierten gewesen sein. Der Besuch bei ihr war vielmehr eine triebgesteuerte Impulshandlung. Seine mangelnde Selbstkontrolle ist erschreckend! Es lässt sich erahnen, dass es sich hierbei nicht um den ersten Prostituiertenbesuch in seinem Leben gehandelt haben wird.

          Die Bewohner der Stadt glauben Simson in der Falle zu haben. Sicher haben sie in den letzten 20 Jahren Negatives aufgrund seines Richteramts erlebt. Sie verschließen und bewachen den Stadtausgang, den ihr Feind nehmen muss. Doch dann passiert etwas, womit sie nicht rechneten, etwas, dass sie handlungsunfähig macht: Simson kommt mitten in der Nacht und reißt brachial das schwere Tor samt Rahmen aus der Mauer, legt es sich auf die Schultern und läuft damit davon.

     Hebron lag circa 60 Kilometer von Gaza entfernt. Ob er die Torflügel diese große Entfernung komplett trug oder bis zu einem Hügel der Hebron gegenüber liegt (beide Auslegungen sind möglich), so oder so: Es war ein übermenschlicher Kraftakt.

V. 4-22: Simson hatte viele Charakterschwächen, wie unter 1.1 bereits aufgezählt wurde. Seine sexuelle Zügellosigkeit war wohl die Größte davon. Hier beginnt nun die dritte Frauengeschichte in seinem Leben. In Kapitel 14 heiratete er wenigstens noch die feindliche Philisterin, mit Delila wird er jetzt intim, ohne eine Bindung einzugehen. Solch ein sexuelles Fehlverhalten (Unzucht) wird an zahlreichen Stellen der Bibel verboten (1Mo2,24, 5Mo 22,28, Mt5,32, Gal5,19, uvm.).

     Manche Ausleger gehen davon aus, dass Delila auch eine Prostituierte war. Dafür würde sprechen, dass kein Wohnort von ihr genannt wird (Prostituierte wechselten ihre Bleibe des Öfteren). Delila kann mit „Verehrerin“ übersetzt werden, was für den Titel einer Tempelhure der Höhenheiligtümern spricht. Das würde auch die Formulierung „da gingen die Fürsten der Philister zu ihr hinauf“ erklären. Es wird nicht erwähnt, dass Delila eine Philisterin war, aber ihre enge Verbindung zu den Philisterfürsten lässt es vermuten.

     Eine andere Übersetzung von Delilas Namen ist „schwächen“ oder „auslaugen“. Das ist bezeichnend, da sie genau das bei Simson tat und dadurch vollends zu seinem Untergang beitragt.

     Die Bezahlung, die Delila für ihren Verrat geboten bekommt, ist extrem hoch. In Ri17,10 bietet Micha seinem Hauspriester 10 Silberschekel zuzüglich Kost und Logis pro Jahr. Wenn jeder der fünf Fürsten beteiligt ist, würde es sich um eine Entlohnung von 5500 Schekeln handeln, eine äußerst großzügige Summe. Hieran wird deutlich, wie wichtig es für die Philister war Simson dingfest zu machen. Sie wollten ihn im Gegensatz zu den Gazaitern vorher nicht töten, sondern bezwingen, demütigen und mit ihm als Gefangenen ihren Triumph demonstrieren (was ihnen auch gelang und was sie später auch tun).

     Simsons Arroganz ist in diesem Abschnitt überdeutlich. Er glaubt unverwundbar und unbezwingbar zu sein. Das macht ihn leichtsinnig. Spätestens beim dritten Anlauf, beim Versuch mit dem Webstuhl hätte Simson stutzig werden müssen. Es kann sich doch um keinen Spaß mehr handeln, wenn Delila so einen Aufwand betreibt. Das richtige Verhalten wäre gewesen, wie Josef, in 1Mo39,7ff, bei der Frau des Potifar wegzurennen. Simson ist allerdings so von seiner Lust und Selbstüberschätzung geblendet, dass er in sein Verderben läuft. Er hat sogar noch Spaß dabei.

     Vers 16 zufolge wohnte Simson entweder bei Delila oder besuchte sie sehr oft. Auch hier kommt wieder sein schwacher Charakter und seine mangelnde Impuls-/ Gefühlskontrolle zum Vorschein: Delilas Jammern treibt ihn an den von ihm empfundenen Lebensabgrund. Anstatt auszubrechen oder ein Machtwort zu sprechen, bricht er sein größtes Geheimnis und verrät ihr, wie seine Kraft gebrochen werden kann.

     In Vers 19 heißt es „sie ließ ihn auf ihren Knien einschlafen“. Einen schlimmeren Verrat dieser Frau, als in dieser hoch intimen Position wird es wohl schwer geben.

     Die Kraft Simsons wurde ihm nicht von seinen Haaren, sondern von Gott gegeben. Die ungeschnittenen Haare waren das äußerlich sichtbare Zeichen eines Nasiräers. Genauso, wie dem Haarwuchs eines dieser gottgeheiligten Männer keine Grenzen gesetzt wird, soll auch seine Hingabe an Gott grenzenlos sein. Als Simson dieses letzte Element des Nasiräertums Preis gab, war der Zeitpunkt gekommen, an dem Gott auch einen Schlussstrich zog. Er verließ Simson und dadurch auch seine Kraft. Das hier in Vers 20 ist das Schlimmste, was Simson in dieser ganzen Situation passierte.

     Es steckt eine dreifache traurige Irnonie in Vers 21:

  • Simson wird jetzt genau das genommen, was ihn zu Fall brachte: Seine Augen („die Lust der Augen“).
  • Die Philister brachten ihn in die Stadt, aus der er so brachial und triumphal auszog; nach Gaza. Er ist nicht stark und unbesiegbar, sondern in Ketten und schwach wie jeder andere Gefangene.
  • In Ri15,5 verbrannte er das Getreide der Philister und in Ri15,15 tötete er 1000 von ihnen mit dem Backenknochen eines Esels. Jetzt muss er die Aufgabe eines Esels machen (den Mühlstein bewegen) und das Getreide der Philister mahlen.

= Eine größere Demütigung hätten die Philister sich nicht einfallen lassen können. Getötet zu werden wäre für Simson sicher selbst das erträglichere Schicksal gewesen.

     Vers 22 lässt ein kleines bisschen hoffen. Wiersbe bringt den Gedanken ein, dass mit dem Wachsen von Simsons Haaren von 0 mm an, genauso seine Gottesbeziehung wieder von 0 an heranwächst. Weil Simson hier in seine Verbindung mit Gott zurückkehrte, erneuerte dieser dann auch seine Kraft in Vers 30. = Eine interessante Überlegung.

V.23-31: Wie viel Zeit zwischen Vers 22 und 23 vergangen ist, lässt sich nicht sagen. Es könnten Monate, aber auch ein Jahr gewesen sein.

     Dagon war zu der Zeit der bedeutendste und älteste Gott des alten vorderen Orients. Er war der Vater Baals und der Hauptgott von Aschdod (1Sam5,17). Dagon war der Spender des Korns, der Getreide-Vegitationsgott und der Gott des Glücks. Simson vernichtete das Getreide der Philister, jetzt wird er beim Fest des Getreidegottes lächerlich gemacht. Aus dem Schrecken eines ganzen Volkes wurde ein hilfloser Mann, der von einem Jungen geführt werden musste.

     Welch Tragik: Simson war dazu bestimmt als Richter und Befreier Israels Gott Ehre zu machen. Nun ist er der Grund dafür, dass die Philister ihrem Gott Dagon ehren und freudig anbeten.

     Die Philister begehen hier einen großen Fehler: Gott selbst hat Simson seine Macht entzogen. Aufgrund dessen konnten sie ihn überwältigen. Die Philister schreiben es allerdings ihrem Gott Dagon zu und rauben Gott dadurch die Ehre (V.24). Das ist ein (/der Haupt-)Grund ihres Freudenfestes. Gott lässt sich allerdings von nichts und niemandem seine Ehre nehmen! Das wird auch ein Grund dafür gewesen sein, dass Gott Simson ein letztes Mal seine alte Kraft gab.

     Bei archäologischen Ausgrabungen in Tel Aviv wurde ein philistischer Tempel gefunden. Das Fundament zeigt deutlich, dass die gesamte Konstruktion von zwei Hauptsäulen getragen wurde. So wird wissenschaftlich bewiesen, dass der Einsturz des Dagontempels bautechnisch so möglich ist, wie er in Vers 30 beschrieben wird. (Siehe die PowerPoint von Roger Liebi: https://info2.sermon-online.com/german/RogerLiebi/Das_Buch_Der_Richter_Abfall_Und_Wiederherstellung_Teil_01_Einfuehrung_20190318.pdf)

     Es sind nur zwei Gebete Simsons aufgezeichnet, das erste in Ri15,18, die Bitte um Wasser und hier in Vers 28 die Bitte um Kraft, damit er sich an den Philistern für seine ausgestochenen Augen rächen kann. Eine traurige Beobachtung: Auch am Ende seines Lebens ist sein Hauptmotivationsgrund nicht Gottes Ehre, sondern seine Ich-Bezogenheit/ seine persönliche Rache. Gott erfüllt ihm diesen Wunsch, da er auch durch die falschen Motive Simsons sein Ziel vorantreiben kann: Israel von der Herrschaft der Philister zu befreien. Das stellte eigentlich der Lebensauftrag Simsons dar (Ri13,5), den er allerdings leider nie erfüllte.

     V.30: Durch bzw. während seines Todes ist Simson effektiver als in allen Jahren seines Lebens zusammen.
Der tote Körper eines ursprünglich gottgeheiligten Mannes liegt zwischen Götzenanbetern in den Trümmern eines heidnischen Tempels.

     V.31: Erst nach Simsons Tod wird seine Familie seit langem wieder erwähnt.          Seit dem Beginn der Hochzeitsfeier mit der Philisterin in Ri14,10 las man nichts mehr von irgendwelchen Bezugs- geschweige denn Vertrauenspersonen. Wie ungewöhnlich negativ das ist, wird deutlich, wenn wir uns vor Augen führen, welch hohen Stellenwert die Familie in den Kulturen dieser Region hat. Simson hätte als erster Sohn in seiner Familie große Verantwortung tragen müssen. Er vernachlässigte nicht nur das: Während seines Lebens war er ein Einzelgänger, dem jegliche Vertrauten, Freunde oder Ratgeber fehlten.

2. Verstehen, worum es geht

2.1 Hinweise für hermeneutische Überlegungen (Auslegung)

Wir befinden uns hier in einer der gottlosesten Zeiten Israels überhaupt. In den folgenden Kapiteln wird die abgrundtiefe Verdorbenheit der damaligen Zeit ungeschönt sichtbar: Götzendienst, Bürgerkrieg, sexueller Missbrauch der übelsten Sorte und brutale Gewalt.

Auch wenn die Richter von Gott ausgesucht und gebraucht werden, sind sie Kinder ihrer Zeit. Besonders bei Simson zeigt sich das. Gottes Charakter und seine Wertevorstellungen sind klar von den Fehltritten seiner Richter zu trennen.

Durch das Richterbuch wird deutlich, dass die Theokratie aufgrund der menschlichen sündhaften Natur nicht funktioniert. Ohne die geistliche, innere Verwandlung der Menschen kann sich das nicht ändern. Der Tausch von einem steinernen zu einem fleischlichen Herzen (Hes36,26) ist nur durch den Tod und die Auferstehung Jesu und die Sündenvergebung möglich. Ein von Gott bzw. dem Heiligen Geist geführtes Volk findet sich jetzt in der Gemeinde (Apg2). Die vollkommene Theokratie auf Erden wird es erst nach dem zweiten Kommen Jesu Christi geben (1Kor15, 28).

Das Kommen und Gehen des Heiligen Geistes bei Simson ist alttestamentlich einzuordnen: Simson hatte den Heiligen Geist nicht dauerhaft, sondern wurde damit ausgestattet, wenn Gott es wollte. In Ri16,20 verlässt ihn Gott sogar für eine lange Zeit komplett und kommt nur noch ein paar Minuten vor seinem Tod zurück (Ri16,30). Seit dem Pfingstereignis, der Ausschüttung des Heiligen Geistes auf alle Kinder Gottes (Apg2), hat sich das grundlegend verändert. Jedes Kind Gottes hat seither permanent den Heiligen Geist und wird ihn auch nicht mehr genommen bekommen (Vgl. Eph1,13). 

2.2 Hinweise für situative Überlegungen (Predigtanlass)

Durch alle Zeiten hindurch und unabhängig von einem besonderen Anlass stehen Mitglieder von Gottes Volk in der Gefahr in eigensinnige und selbstbezogene Verhaltensweisen zu fallen. Die Stolpersteine in Simsons Leben stellen auch eine Gefahr für uns dar. In unserer auf Selbstverwirklichung ausgerichteten Gesellschaft müssen wir Christen uns gegenseitig anhaltend darauf hinweisen gottbezogen zu leben.

2.3 Hinweise für homiletische Überlegungen (Anwendung)

Die Gedanken aus 2.1 sollten aufgenommen werden. Zum Beispiel:

  • Es dürfen keine Rückschlüsse vom Fehlverhalten fehlbarer Kinder Gottes auf Gottes eigenen Charakter und sein Wesen gezogen werden.
  • Die heutige Zeit hat manche Parallelen zur verdorbenen Zeit der Richter. Doch es herrscht eine andere Grundvoraussetzung wie damals: Das Böse ist besiegt (1Kor15,55-57), Gott hat eine Lösung durch den Tod und die Auferstehung Jesu geschaffen (Röm8,1ff), der Heilige Geist lebt und wirkt in jedem seiner Kinder fortwährend (Röm8,14-17), uvm. Als Kinder Gottes sollen wir nicht zu den Pessimisten unserer Zeit gehören, sondern optimistisch und mutig einer wunderbaren Zukunft entgegen gehen, da Gott uns nie verlässt und uns nicht fallen lässt (siehe Jos1,5+9).
  • Der Wert des Heiligen Geistes und des Wortes Gottes sollte herausgestellt werden: Der Heilige Geist kann und will uns in unseren alltäglichen Entscheidungen leiten (Joh16,13). Wir sollten ihm Raum geben und uns von ihm bestimmen lassen (1Thes5,19). Der Heilige Geist verlässt uns niemals, so wie es noch bei Simsons Versagen der Fall war (Eph1,13). Außerdem hat uns Gott sein Wort gegeben, dass getrieben durch den Heiligen Geist verfasst (2Petr1,21) und zusammengestellt wurde. Hier haben wir eine geniale Grundlage für das ganze Leben.

Zudem kann aus 2.2 einiges ganz praktisch angewandt werden. Zum Beispiel: Vom Negativbeispiel Simsons lernen, indem seine Stolpersteine warnend dargestellt werden:  Mangelnde Selbstkontrolle, Fehlende Freunde/ Ratgeber/ Familie und ein lustgesteuertes Leben. Es kann sein, dass Simsons schwacher Charakter Salomo zu Aussagen brachte wie: „Eine aufgebrochene Stadt ohne Mauer, so ist ein Mann ohne Selbstbeherrschung (Spr25,28) und „Besser ein Langmütiger als ein Held, und besser, wer seinen Geist beherrscht, als wer eine Stadt erobert“ (Spr16,32)

So wie Gott Simson trotz all seiner Fehler und seinem großen Versagen gebraucht, (weil Gott ihn dazu befähigte, tötete Simson in seinen letzten Minuten mehr Philister als während seines ganzen Lebens – Ri16,28-30) wird er es auch weiterhin bei jedem seiner Kinder tun. Mit jedem Fehltritt, so groß er auch sein mag gilt es zu Gott zu gehen. Es gilt zu ihm zurückzukehren und sich an ihn zu wenden, wie es Simson tat. Auch wenn wir es nicht erwarten würden, wird er von Gott in seiner unermesslichen Gnade in Hebr11,23 namentlich in der Liste der Glaubenshelden eingegliedert.

3. Sagen, wo es hingeht

Zur Predigtvorbereitung hilft das Anhören (im Sinne von Apg 17,11b) der Auslegung von Roger Liebi zu der Richterreihe: Richter | Abfall und Wiederherstellung. Unser Abschnitt findet sich im neunten Video: https://www.youtube.com/watch?v=3V_dc7px8_U

3.1 Predigtziel – warum halte ich diese Predigt?

Die Zuhörer sollen auf der einen Seite die Gefahren eines schwachen Charakters deutlich erkennen. Das Potenzial, das Gott in uns hineingelegt hat kann ungenutzt bleiben, bzw. soll genutzt werden. Fehler die andere bereits gemacht haben sollten wir nicht mehr begehen.

     Auf der anderen Seite sollen die Zuhörer erkennen, dass wir unter ganz anderen Grundvoraussetzungen leben, wie es Simson und seine Zeitgenossen taten. Jesus (Gal2,20) bzw. der Heilige Geist lebt in uns und möchte uns zu den Dingen befähigen, zu denen wir selbst nicht im Stande sind. = Ohne ein erneuertes Herz/ ohne Jesus ist es nicht möglich ein grundlegend anderes Leben zu leben. Das sollte von den Zuhörern als entscheidendste Anwendung mitgenommen werden und nicht nur „Mach es besser als Simson“. Obwohl dies natürlich, wie oben schon genannt, herausgearbeitet werden sollte.

     Die Zuhörer sollen neu von der unverdienten Gnade Gottes gepackt werden. Wenn er so mangelhafte und fragwürdige Charaktere wie Simson benutzt, um sein Volk zu führen bzw. sein Reich zu bauen, dann ist auch jeder von uns von Gott zu gebrauchen.

3.2 Predigtthema – was sage ich in dieser Predigt?

Vorschlag Predigtplan:       Glaubenszeuge Simson: Ein Held verliert alle Kraft

3.3 Predigtentfaltung – wie sage ich es in dieser Predigt?

Die Predigtgliederung sollte aus dem Text heraus entstehen. (Welche natürliche Gliederung gibt der Text selbst vor?) Es sind auch mehrere sinnhafte Gliederungen möglich.

     Eine mögliche Gliederung von Ri16 lautet: 1-3, 4-22, 23-31.

Hierzu sollte selbst in der Exegese, in der Abhängigkeit des Heiligen Geistes, einfache und prägnante Punkte formuliert werden.

Hilfreich können Gedanken von Warren W. Wiersbe sein: 

a) Simson versucht sich selbst                              (V.01-03)                                                 
b) Simson betrügt sich selbst                                (V.05-09)
c) Simson zerstört sich selbst                                (V.23-31)

3.4 Predigtveranschaulichungen – wie verdeutliche ich es in dieser Predigt?

Man könnte bei den verschiedenen Fehlentscheidungen Simsons als Alternative eine richtige Entscheidung darstellen, die er treffen hätte können. So wird aus einem negativen ein greifbar positives Beispiel.

Gibt es eigene Erlebnisse oder Fehltritte, die in die gleiche Richtung wie Simsons Fehler gehen? Persönliches zu erzählen, muss weise gemacht werden und braucht Mut, spricht den Hörer aber besonders an. Es lohnt sich!

Es gibt einige Beispiele, von geistlichen Verantwortungsträgern, die aufgrund von sexuellen Vergehen ihren Dienst ruinierten oder aufgrund von Vorwürfen stark in Misskredit kamen.

Ein Buch, dass einige Negativbeispiele unserer heutigen Zeit aufführt UND zeigt, wie man diese Fehler nicht begeht: Zielstrebig von Steve Farrer.

(Levin Illi)