Ruth

Predigthilfe vom 1. Februar 2015 – Ruth 1

Jahresthema: Nehmt einander an

Predigtthema: Die Treue Ruths gegenüber ihrer Schwiegermutter

Predigttext: Ruth 1

Die Erarbeitung dieser Predigt erfordert etliche Stunden an Vorbereitung. Zu eurer Unterstützung enthält diese Predigthilfe deshalb Hinweise für eure Verkündigung, ersetzt aber nicht euer eigenständiges Erarbeiten des Bibeltextes. Bei der Vorbereitung dieser Predigt suchen wir nach dem, was der Herr über den Predigttext durch uns sagen will, denn wir verkündigen nur die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufs Herz gelegt wird. Nur wo der Herr uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)!

1. Sehen, was dasteht

Verschiedene Bibelübersetzungen um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 1984 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung).

1.1 Allgemeine Hinweise zum Predigttext

Finden wir z.B. in „Das Neue Testament“ erklärt und ausgelegt von John Walvoord und Roy Zuck (Hänssler-Verlag) und natürlich in diversen Studienbibeln, von denen man als Verkündiger verschiedene haben sollte.

1.2 Hilfen zum Verständnis des Predigttextes

Beachtenswerte Anmerkungen zum Predigttext bietet z.B. die MacArthur Studienbibel (S. 378ff).
http://www.sermon-online.de/search.pl?lang=de&id=2181&title=&biblevers=&searchstring=&author=0&language=0&category=0&play=0&tm=2

Anmerkungen:

1,1 als die Richter regierten
Eine besondere Zeit. Diese Zeit war im allgemeinen von Zyklen der Sünde, des egozentrischen Denken und der Anarchie charakterisiert. Aber nicht alles war dunkel. Einige Menschen erlebten in besonderer Art und Weise Gottes Liebe. Eine gute biblische Zusammenfassung über diese Zeit kann man hier lesen: Ri.2,10-23.

1,1 Hungersnot
Mögliche Gründe: Ri.2,14 Israel in den Händen von Räubern; Bsp. Ri.6,4 „Midianiter… ließen nichts übrig an Nahrung“. Klar ist, dass Gott seinem Volk Nahrung versprochen hat, wenn es in seinen Geboten wandelt (3.Mose 2,26; 5.Mose 28).

1,1 um dort als Fremdling zu wohnen.
Das könnte eine mögliche „gute“ Absicht beinhalten: Sobald als möglich wieder zurück nach Israel. Oder es wird ausgedrückt: Als Israelit ist die Heimat vorgegeben und Moab wird immer die Fremde bleiben. Das Land verlassen birgt Gefahren: 1.Mose 12 und 2.Mose 1. Bei Elimelechs Familie: Sie bleiben in der Fremde hängen (1,2) und verstricken sich. Vgl. auch Spr.27,8.

1,4 nahmen moabitische Frauen
Familiäre Verwurzelung in Moab. Vermutlich nach dem Tod des Vaters in V.3. Diese Verbindung war nicht erlaubt: 5.Mose 7,3 oder noch klarer Esra 9,1+2. (Nebenbemerkung: Warum durfte dann später Boas und Ruth heiraten? Weil Ruth sehr klar den Gott Israels gewählt hatte; siehe Ruth 1,16 Proselyt)

1,5 beide Söhne und ihren Mann überlebt
Noomi bleibt als Israelitin allein in Moab zurück.

1,6 da machte sie sich auf
Das erinnert an Lk.15. Bei Noomi ist aber fraglich, ob diese Rückkehr eine Umkehr (Buße) des Herzens ist.

1,11 kehrt um, meine Töchter
Ist Noomi selbstlos und will den Weg allein gehen, weil sie den Moabiterinnen ein neues Leben in Moab gönnt? Das würde allerdings bedeuten, dass ihnen das Leben mit dem Gott Israels nicht möglich wird (Orpa – sie geht zu ihren Göttern V.15)
Ist Noomi egoistisch, weil sie die „Folgen der Sünde“ vertuschen will, indem sie ohne moabitische Schwiegertöchter in Israel ankommt?
Beide Möglichkeiten und ihre Aussagen über Gott machen deutlich, dass Noomis Verhältnis zu Gott bisher eher gebrochen erscheint. Es gibt bei ihr eine Art Restfrömmigkeit mit sehr wenig Substanz.

1,16 dein Gott ist mein Gott
Ruht ist ein Beispiel eines Proselyten, wie es Gott will. Gott erlaubt dem Fremden, sich dem Volk anzuschließen (Jes.56,1-8). Bei der Proselytenbekehrung wurden nach der talmudischen Vorschriften alle Familienverbindungen abgelöst: „A proselyte terminates all former family ties upon conversion and is considered a newly born child“ („Proselytes,“ Encyclopaedia Judaica, Vol. 13, S. 1182). Daß Ruth eine Bekehrung zu Gott erlebte, ist nicht zu bezweifeln. Ein Vorgeschmack auf zukünftige Bekehrungen.

1,19 ist das die Noomi?
Ein Mensch total verändert. Ins Negative. Beinahe unkenntlich. Aber es ist die gleiche Person. Gezeichnet vom Leben. Gezeichnet von falschen Entscheidungen und Not (Nebenbemerkung: Auch das erinnert an Lk.15. Was hier bisher noch fehlt im Vergleich zu Lk.15 sind die offenen Arme des Vaters. Aber das sollte noch geschehen in Form des Boas.)

1,20 nennt mich Mara … voll zog ich aus… leer heimgebracht
Das hört sich eher nach Selbstmitleid an als nach echter Buße. Hiob hätte das vermutlich nicht gesagt, wenn man ihn auf Sünden hinweisen hätte können (Hiob 10,15; 33,9-10).
Kann es sein, dass jemand, der nicht Buße tut „bitter“ wird?

2. Verstehen, worum es geht

2.1 Hinweise für situative Überlegungen

Lied: So viele Wege (FJ4, 186)
Lied: Befiehl du deine Wege
Lied: Viele Wege gibt es auf dieser Welt
Lied: God will make a way
Lied: Lege deine Sorgen nieder

Seelsorge: Sicher sind Menschen dabei, die in Trauer sind oder waren, die liebe Menschen verloren haben. Wir wollen das beim Halten der Predigt immer im Hinterkopf behalten. Sie werden die Geschichte Noomis mit sehr sensiblen Ohren hören und werden merken, ob wir nur die Fakten nennen (3 Tote im Leben einer Frau) oder ob wir verstanden haben, was das für Noomi bedeutet hat (bei allen damit verbundenen falschen Entscheidungen). Wir müssen uns klarwerden, wie wir selber über das Tun-Ergehen denken (z.B Ps.62,13). Es besteht nicht immer ein zwangsläufiger Zusammenhang zwischen getaner Sünde und folgendem Erleben (Leiden, Krankheit, Tod,…) (siehe Hiob). Auch bei Noomi dürfen wir keine Schlüsse vom Auszug und den Hochzeiten auf die Tode ziehen.

Nicht vergessen: Fortsetzung folgt. Das Kapitel 1 eröffnet die Geschichte nur. Nach unserer Predigt werden vielleicht erst einmal berechtigte Fragen da sein, weil unser Abschnitt noch wenig Antworten gibt. Es wird „spannend“ bleiben und wir können und sollen nicht alles auflösen.

2.2 Hinweise für hermeneutische Überlegungen

Gattung:
Wir haben hier eine Erzählung vorliegen. Das heißt: Erzähltempo beachten: Wörtliche Rede bedeutet in der Regel: Hier wird es ganz wichtig! Höhepunkte in der Gesamtgeschichte und in den Abschnitten beachten

Übertragungen:
1. Rut ist eine Heidin, die in Israel und beim Israels Gott Heimat findet. Ein Bild dafür, dass Gott Menschen aus allen Nationen retten will.
2. Boas ist der notwendige Löser. Ein Bild für den Erlöser Jesus Christus.

Richterzeit
Eine gute biblische Zusammenfassung findet sich in Richter 2,8ff. Hier wird das geistliche, politische und wirtschaftliche Chaos gezeigt. Allerdings zeigt das Buch Ruth, dass es auch in dieser schlimmen Zeit noch Menschen gab, die sich an Gott orientierten.

2.3 Hinweise für homiletische Überlegungen

Predigtreihe:
Da wir die Geschichte Ruths in 3 Abschnitten predigen, sollten wir den Textplan des Christusbundes im Auge behalten. So vermeiden wir Überschneidungen und Verflachungen.

Rückblicke geben:
Wie wird es uns gelingen, mitten in der Geschichte einzusteigen? (Predigt 2 und 3). Nicht jeder wird am vergangenen Sonntag da gewesen sein. Wir müssen vermutlich kurz wiederholen!

Lange Texte:
Da wir lange Texte vorliegen haben, müssen wir uns im Vorfeld überlegen, wie wir damit umgehen wollen, da sonst die Predigten schnell zu lange wirken könnten.
a. Es ist nicht zu empfehlen, auf die Textlesung zu verzichten, da die Texte oft nur der Spur nach gekannt werden.
b. Es empfiehlt sich, den Text von einem Gemeindeglied vor der Predigt lesen zu lassen, da dann eine gewisse stimmliche Abwechslung da ist und die empfundene Predigtzeit kürzer ist.
c. Es wäre sicher eine gute Möglichkeit, den Text in Rollen verteilt zu lesen, da es viele Dialoge gibt. Hier könnten Hauskreise oder Jugendkreise aktiv werden und so den Gottesdienst bereichern.

3. Sagen, wo es hingeht

3.1 Predigtziel – warum halte ich diese Predigt?

Ich halte diese Predigt…
damit Menschen den Wunsch bekommen, ihre Entscheidungen am Wort Gottes zu prüfen.
damit uns die Tragweite von unseren (auch sündigen) Entscheidungen klar wird.
damit klar wird: Gott will, dass alle zur Erkenntnis der Wahrheit kommen: Heiden, Juden.
damit klar wird: selbst in verfahrenen Lebenssituationen gibt es Hoffnung: durch Gottes Gnade und Hilfe.

3.2 Predigtthema – was sage ich in dieser Predigt?

„Die Treue Ruths gegenüber ihrer Schwiegermutter“
Oder einfach „Treue“.

3.3 Predigtentfaltung – wie sage ich es in dieser Predigt?

Am Ort des Geschehens orientiert
V.1-5 In der Fremde
V.6-18 Auf dem Weg
V.19-22 Im neuen Land

An den menschlichen Erfahrungen orientiert
V.1-5 Enttäuschungen
V.6-18 Entscheidungen
V.19-22 Entfremdungen

Am Textplan orientiert: „Die Treue Ruths gegenüber ihrer Schwiegermutter“
V.1-5 Ruth weiß um die Enttäuschungen in der Fremde
V.6-18 Ruth erlebt die Entscheidungen auf dem Weg
V.19-22 Ruth sieht die Entfremdungen in der Heimat

Oder: „Der Aufenthalt in der Fremde…“
V.1-5 …führt zu Enttäuschungen
Die Beschreibung des Aufenthaltes in die Fremde: Länger als geplant, trauriger als gedacht, sündiger als erlaubt.
V.6-18 …führt zu Entscheidungen
Das Ende des Aufenthaltes: Noomis Entscheidung zur Rückkehr, Orpas Entscheidung für ihr Land und ihre Götter, Ruths Entscheidung für ein neues Land und einen neuen Gott.
V.19-22 …führt zu Entfremdungen
Das Ergebnis des Aufenthaltes: Entfremdung gegenüber sich selber, gegenüber Menschen, gegenüber Gott.

3.4 Predigtveranschaulichungen – wie verdeutliche ich es in dieser Predigt?

Spr.27,8 Wie ein Vogel, der aus seinem Nest flüchtet, so ist ein Mann, der aus seiner Heimat flieht.

Klassentreffen nach vielen Jahren – es spannend, was aus Menschen geworden ist. Man sieht es manchen Leuten an, dass sie viel erlebt haben und was sie erlebt haben. Da hilft alle Schminke nichts. Manche wirken frisch. Manche wirken „verlebt“. Manche sehen schwer mitgenommen aus. Noomis?

Leben in einer schwierigen Zeit – Bewährung und Aushalten ist gefragt. Flucht oder was?
Wie reagieren wir auf Not? Wohin gehen wir? (Ps.50,15). Auch ein Abraham überlegte sich seinen Weg, wie er der Hungersnot entkommen konnte. Er brachte sich damit in Gefahr. Gott musste eingreifen. Leider bleiben von solchen Ausflügen immer wieder Folgen (Hagar, Ismael,…).

Nahrung für das Volk ist für Gott kein Problem. Israel kennt die Manna-Erfahrung in der Wüste. Das setzt aber voraus, sich ihm auszurichten.

Wie treffen wir Entscheidungen? Was motiviert uns? Der Text zeigt einige Entscheidungssituationen und Beweggründe – eine große Bandbreite (von Egoismus bis Selbstaufgabe und Liebe). Was soll für unsere Entscheidungsfindungen gelten? Wer sind unsere Ratgeber?

(Günther Ott)