Monatsthema: Kraft zum Leben
Predigtthema: Jesus – der Gehorsame
Bibelstelle: Hebräerbrief 4,14-5,10
Verfasser: Thomas Richter
Eine Predigthilfe enthält Hinweise für die Verkündigung und ersetzt deshalb nicht das eigenständige Erarbeiten des Bibeltextes und das Weitergeben der vom Herrn aus dem Predigttext persönlich gehörten Beauftragung zur Botschaft. Unsere Predigt folgt dabei dem Grundsatz Jesu: „Aus der Fülle des Herzens redet der Mund“ (Mt 12,34b). Nur wo der Herr selbst uns das Herz gefüllt hat, da haben wir etwas zu sagen, da nur dann gilt: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk 10,16a)! „So sind wir nun Gesandte an Christi Statt“ (2Kor 5,20a). Deshalb suchen wir in der Predigtvorbereitung nach dem, was der Herr uns durch das Wort des Predigttextes sagen will. Es geht um seine Botschaft und wir sind seine Botschafter. Deshalb hören wir zwar auch auf andere Botschafter, z.B. durch die Hinweise der Predigthilfe, verkündigen aber die Botschaft, die uns persönlich auf der Basis des Predigttextes aufgetragen wird! „Redet jemand im Auftrag Gottes, dann soll er sich bewusst sein, dass es Gottes Worte sind, die er weitergibt“ (1Petr 4,11a – NGÜ).
1. TEXT- UND PREDIGTHILFSMITTEL
Verschiedene Bibelübersetzungen um mit dem Predigttext vertraut zu werden findet man z.B. unter www.bibleserver.com (Luther 1984 / Revidierte Elberfelder Bibel / Hoffnung für alle / Schlachter 2000 / Neue Genfer Übersetzung / Gute Nachricht Bibel / Einheitsübersetzung / Neues Leben Bibel / Neue Evangelistische Übersetzung).
Hilfen zur Auslegung und Anwendung des Predigttextes bieten z.B.
* Arnold G. Fruchtenbaum. Der Hebräerbrief: Eine Auslegung aus messianisch-jüdischer Perspektive. Hünfeld: Christlicher Mediendienst (S. 80-91 – ISBN: 978-3-939833-50-2).
* Fritz Laubach. Der Brief an die Hebräer. Wuppertaler Studienbibel NT. R. Brockhaus (S. 98-108).
* Sören Ruager. Hebräerbrief. Edition C-Bibelkommentar Bd. 22. Hänssler (S. 84-98).
* Jim M. Flanigan. Was die Bibel lehrt: Hebräerbrief. Kommentarreihe NT Bd. 13. Christliche Verlagsgesellschaft (S. 114-135).
Beachtenswerte Textanmerkungen und Parallelstellen zum Predigttext bietet die MacArthur Studienbibel (http://bitflow.dyndns.org/german/JohnMacArthurStudienbibel/58-Der_Brief_An_Die_Hebraeer.pdf; S. 1825f).
Zur Beschäftigung mit dem Predigttext hilft das Anhören (im Sinne von Apg 17,11b) der Predigten von Winrich Scheffbuch vom 08.03.1992 mit dem Titel „Mir ist Erbarmung widerfahren“ (Hebr 4,14-16), vom 13.10.1998 mit dem Titel „Christus, der wahre Hohepriester“ (Hebr 4,14), vom 05.04.1992 mit dem Titel „Überwundene Anfechtungen“ (Hebr 5,7-9) und von Konrad Eißler vom 08.03.1992 mit dem Titel „Was halten sie von …“ (Hebr 4,14-16). Diese Predigten findet ihr unter www.sermon-online.de, wenn ihr unter „erweiterte Suche“ die Felder „Bibelstelle“ [z.B. Hebräer 4 bzw. 5] und „Autor“ [z.B. Scheffbuch, Winrich bzw. Eißler, Konrad] ausfüllt.
Für die Textlesung bietet die „Neue Genfer Übersetzung“ eine gut verständliche, lesbare und zuverlässige Übersetzung unseres Predigttextes (http://www.ngue.info/online/lesen).
2. TEXT- UND PREDIGTZUSAMMENHANG
Der auferstandene Christus ist unser Leben (vgl. Joh 14,6 mit Gal 2,20) und aus diesem Grund entfalten wir im April weiterhin, wer Christus ist, denn nur er ist die „Kraft zum Leben“ (= Monatsthema). Somit führen wir unsere Reihe weiter, um zu entdecken dass der überraschende, gekreuzigte, auferstandene und ewige Christus auch der Gehorsame ist (= Predigtthema: Jesus – der Gehorsame). Im Zentrum der Verkündigung steht bei unserem Predigttext (Hebr 4,14-5,10), warum wir uns Jesus nahen können und durch ihn dem Vater. Wir wollen aufzeigen wie sich bei Jesus das Menschliche und Göttliche vereinen zu unserem Heil. Rückblickend auf die Passionszeit können wir betonen, dass der, „der keine Sünde beging und über dessen Lippen nie ein unwahres Wort kam; er, der nicht mit Beschimpfungen reagierte, als er beschimpft wurde, und nicht mit Vergeltung drohte, als er leiden musste, sondern seine Sache dem übergab, der ein gerechter Richter ist; er, der unsere Sünden an seinem eigenen Leib ans Kreuz hinaufgetragen hat, sodass wir jetzt den Sünden gegenüber gestorben sind und für das leben können, was vor Gott richtig ist. Ja, durch seine Wunden seid ihr geheilt“ (vgl. 1Petr 2,22-24 mit Röm 6,23 und Hebr 4,15). Am Kreuz ist Jesus nicht gestorben wegen seiner Sünde (Hebr 4,15; 1Petr 2,22), sondern wegen fremder Sünde, die er trägt (vgl. Gal 2,19f). Von daher eignet sich der Predigttext die Brücke zu Karfreitag und Ostern zu schlagen, damit wir predigen können, wie wir über diese Brücke zum Vater gelangen.
3. TEXT- UND PREDIGTANMERKUNGEN
Walter Tlach bietet in einer Predigt zu Hebr 5,4-9 unter dem Thema „der dazwischentritt“ hilfreiche Anmerkungen:
„Bei einem norwegischen Dichter las ich vor kurzem das Wort von der strengen Gnade. Diese Gnade gibt es – und das ist gut so. Aber unter uns Menschen gibt es noch eine andere Art von Gnade. Denken Sie z.B. an David und seinen Sohn Absalom. Absalom hat sich unmöglich gemacht durch den Mord an seinem Stiefbruder Ammon. Ammon seinerseits hatte auch ein Verbrechen begangen, dessen Rächung nun Absalom in seine eigene Hand genommen hatte. So war er zum Mörder geworden. Als solcher durfte er nach geltendem Recht nicht mehr an den Königshof kommen; als Verbrecher war er nicht mehr hoffähig. Aber auf Bitten des Generals Joab verzieh David, der Vater, seinem Sohn Absalom und machte ihn somit wieder hoffähig. Warum verzieh David? Seine ganze Familie wusste, dass David verzeihen muss. Denn wer die Sache mit Uria und Bathseba ‚gedreht‘ hatte, konnte ja nun nicht auf einmal moralisch tun! Dieses Verzeihen ist billige Gnade. Unter uns Menschen kann es eigentlich nur billige Gnade geben. Wir üben Verzeihung, denn wir brauchen Verzeihung. Erkennen wir den Unterschied? Bei dem heiligen Gott finden wir keine billige, sondern nur strenge Gnade. Diese strenge Gnade ist die ‚Hohepriester-Gnade‘. Es bedarf einen, der als Mittler dazwischentritt, denn Gott und ich – wir beide sitzen nicht auf ein und derselben Bank. Das gehört zum biblischen Urgestein, zum Fundament: ‚Wer ist unter uns, der wohnen könnte bei der ewigen Glut‘? Unter diesem Zeugnis des Propheten Jesaja kommt es zu einem Erbeben: ‚Die Sünder zu Zion sind erschrocken; ein Zittern fällt über die Heuchler‘ (Jes 33,14). Das Wort vom Hebräerbrief kann nur der fassen, der etwas von diesem Zittern vor der ‚ewigen Glut‘ ahnt. Was sind dann alle unsere Ängste und Schrecken, wenn es zu einem Aufwachen und Erschrecken vor der ‚ewigen Glut‘ kommt, wenn unser. Leben vor dem Ewigen aufgedeckt wird!? Mozart hat in seinem Requiem noch etwas von diesem letzten Erschrecken ausdrücken können: ‚Dies irae‘ (‚Tag des Zorns‘). Jedes Wort Martin Luthers kann nur von diesem letzten Schrecken her verstanden werden, von dem erschrockenen Gewissen. Aber auch umgekehrt gilt: Wer diesen letzten Schrecken hinter sich hat, wovor sollte der noch erschrecken? ‚Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein‘ (Röm 8,31)? Darin liegt also die Wurzel der christlichen Freiheit: frei vom letzten Schrecken! Wodurch werde ich davon frei? Frei werde ich durch eine strenge Gnade, durch eine ‚Hohepriester-Gnade‘ – durch einen, der vermittelt hat. Denn Gott und ich, wir können uns nicht direkt begegnen. Unser Abschnitt nennt zwei Bedingungen, die dieser Dazwischentretende erfüllen muss: ‚Und niemand nimmt sich selbst die Ehre, sondern er wird berufen von Gott gleichwie Aaron. So hat auch Christus sich nicht selbst in die Ehre gesetzt, Hoherpriester zu werden, sondern der hat’s getan, der zu ihm gesagt hat: ‚Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.‘ Wie er auch an anderer Stelle spricht: ‚Du bist ein Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks‘.
* Der Mittler – er ist allein von Gott eingesetzt
Die Mittler-Funktion können wir uns nicht selbst anmaßen, sondern nur Gott selbst kann in diese Funktion einsetzen. ‚Und niemand nimmt sich selbst die Ehre, sondern er wird berufen von Gott gleichwie Aaron. So hat auch Christus sich nicht selbst in die Ehre gesetzt, Hoherpriester zu werden, sondern der hat’s getan, der zu ihm gesagt hat: ‚Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.‘ Wie er auch am anderer Stelle spricht:.’Du bist, ein Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks‘. Nicht einmal Christus selbst hat sich in diese Funktion eingesetzt, obwohl er dazu würdig gewesen ist. Aber wir Menschen möchten gern andere in diese Funktion des ‚Sündenbockes‘ einsetzen. Das Wort vom Hohepriester Jesus, der diese Funktion wahrnimmt, ist nicht modern, aber höchst modern ist die Sache, dass wir Menschen einen benötigen, der den ‚Sündenbock‘ spielt. Wir kennen den kollektiven ‚Sündenbock‘. Jahrhundertelang waren die Juden an allem schuld. Wenn es im Sowjetsystem nicht vorangeht, sind die Kapitalisten an allem schuld, und bei uns ist es der Kommunismus, dem man die Schuld gibt. Wir alle kennen den kollektiven ‚Sündenbock‘, den wir selbst einsetzen. Aber wir kennen auch den privaten ‚Sündenbock‘, den wir einsetzen – und zwar massenhaft. Immer ist ein anderer an allem schuld. Das kann im Extremfall zum Verfolgungswahn führen. Gott aber schiebt alle unsere Versuche, anderen die Funktion des ‚Sündenbockes‘ aufzuerlegen, majestätisch auf die Seite und sagt: ‚Ich habe einen einzigen dazu gesetzt und bestimmt – meinen eigenen Sohn. Seht weg von allen Menschen, von denen ihr meint, sie seien an eurem Unglück schuld; seht auch von eurem eigenen Versagen weg! Nehmt es und werft es auf meinen Sohn. Den habe ich dazu bestimmt, dass er zwischen mich und euch tritt und alles trägt, was euer Leben zerstört‘. Jetzt bedürfen wir keiner menschlichen ‚Sündenböcke‘ mehr. Jesus allein steht dazwischen und trägt es, denn ihn hat Gott selbst dazu eingesetzt.
* Der Mittler – er kann uns ganz verstehen
Der von Gott selbst eingesetzte Versöhner ist ganz auf Gottes Seite und muss zugleich uns ganz verstehen. ‚Er hat in den Tagen seines Fleisches mit starkem Geschrei und Tränen geopfert zu dem, der ihm von dem Tode konnte aushelfen; und ist auch erhört, darum dass er Gott in Ehren hatte. Und wiewohl er Gottes Sohn war, hat er doch an dem, was er litt, Gehorsam gelernt‘. Es gibt keinen Menschen, der dich so versteht wie Jesus. Bei Jesus wird Sünde Sünde genannt. Bei einer Tagung über den Strafvollzug wurden zwei Aufgaben der Beamten herausgestellt: Sie haben die Härte des Gesetzes durchzuführen und – doch zu verstehen. Vor Gott sind wir auch kriminell. Der Hebräerbrief zeigt dieses tiefe Verstehen Jesu an drei Stellen – und er zeigt uns Jesus nicht als strahlenden, heldischen Siegfried! -:
a) Die ‚Tage seines Fleisches‘
Mensch zu sein heißt immer, schwach zu sein. Jesus weiß von Müdigkeit, von Verzweiflung, von Enttäuschung über Menschen, von Schwäche im Gebet (‚das Fleisch ist schwach‘). Er versteht uns.
b) ‚Mit starkem Geschrei und Tränen‘
Er versteht uns, denn er kennt das ohnmächtige Schreien im Gebet: ‚Aus der Tiefe rufe ich‘. Jesus bittet drei Jünger, ihm in Gethsemane beizustehen. Aus welcher Tiefe haben wohl die jüdischen Frauen, Mütter und Kinder in Auschwitz geschrien? Aus welcher Tiefe haben wohl die vertriebenen Frauen, Mütter und Kinder in Schlesien geschrien?- Und Jesus rief in der tiefsten Tiefe: ‚Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen‘?
c) Jesus musste ‚Gehorsam lernen‘
Unter all den Schicksalsschlägen, die dich vielleicht schon getroffen haben, ist ja dies die schwerste Gefahr, dass man abstumpft und zum Fatalisten wird. Diese Gefahr bestand auch bei Jesus. Doch was hat er lernen müssen? Jesus musste lernen, bei allem Misserfolg zu sagen: ‚Ja, Vater‘!, den eigenen Willen und die eigenen Wünsche herzugeben. Die eigenen Lebenspläne hergeben müssen – wir wissen alle, wie schwer das ist! Jesus, dieser Dazwischengetretene, kennt das auch. Er kann dich verstehen, denn er ist immer noch tiefer unten als deine Tiefe. Er kennt die Schwachheit, das Schreien aus der Tiefe; er kennt die Aufgabe, am Leid zu lernen und den eigenen Lebensplan hinzugeben. So erfüllt Jesus die beiden Voraussetzungen dessen, der zwischen den Heiligen und uns Unreine tritt.
* Was entsteht daraus bei uns?
Was entsteht daraus, dass dieser Eine dazwischentritt? ‚Und da er vollendet war, ist er geworden allen, die ihm gehorsam sind, der Urheber ihrer ewigen Rettung‘. So entsteht Rettung, ewige Rettung, also eine allerletzte Sorglosigkeit: ‚Ich bin ewig gerettet und geheilt‘! ‚Es ist vollbracht‘! Das heißt: Er kommt mit dir ans Ziel, auch wenn es jetzt in deinem Leben völlig dunkel ist. Er kommt mit dir ans Ziel, und er kommt auch mit den Völkern ans Ziel, wenn auch jetzt alles dunkel ist“ (entnommen aus Walter Tlach. Predigten in der Ordnung des Kirchenjahres. Hg. Stephan Zehnle. 3. Veränderte Aufl. Denkendorf, 1990. S. 63f)!
4. PREDIGTGLIEDERUNGEN
Jesus – der Gehorsame
a) erhält uns die ‚Hoffnung‘
b) erfährt selbst die ‚Hölle‘
c) eröffnet uns den ‚Himmel‘
bzw.
a) Wo können wir hin? (V. 14-16)
b) Was können wir tun? (V. 1-4)
c) Wovon können wir leben? (V. 5-10)
bzw.
a) Gnade finden
b) Glaube halten
c) Gehorsam lernen
oder nach Gottfried Voigt
Wir haben einen, der für uns einsteht:
a) Zu Hause im Raum Gottes
b) Erfahren in den Schwächen der Menschen
c) Zur Stelle in jeder kritischen Stunde
oder nach Sören Ruager:
a) Von Gott berufen
b) Von Gott erhört
c) Von Gott erhöht