Monatsthema: Leben vom Kreuz des Herrn
Predigtthema: Im richtigen Verhältnis zueinander leben
Bibelstelle: Matthäus 20, 20-28
Verfasser: Eckhard Löffler
Vorbemerkungen
Jesu Weisungen im Bezug auf den Ehrgeiz. Nach V 16 „So werden die Letzten Erste und die Ersten Letzte sein; denn viele sind Berufene, wenige aber Auserwählte“ und der dritten Leidensankündigung wurde über das eigene Ergehen in der Zukunft nachgedacht. Was wird aus mir, wenn…?
Zur Vorgeschichte siehe auch Mt 18, 1-5.
Erklärungen und Tipps:
V 20 Die Mutter der beiden „Donnersöhne“, Johannes und Jakobus, heißt wahrscheinlich Salome (Mt 27, 56; Mk 15, 40; Jo 19, 25) und war die Schwester von Maria, der Mutter Jesu. Verwandtschaftsklüngel?
„Niederwerfen“ akzeptiert die Höherstellung eines Anderen. Matthäus verbindet die beiden Jünger („Zebedaiden“) mit dem Vaternamen Zebedäus.
Auch eine Warnung: Sogar im Gebet, im engen Umgang mit dem Herrn, sind Eitelkeit und Ehrgeiz keine Fremdwörter. „Ich, meiner, mir, mich“ können auch in Gebetsanliegen vorkommen. Vor Jesus niederfallen und ihn anbeten gehört zu den großen Möglichkeiten der Kinder Gottes, – aber Verirrungen ihrer Herzen in Selbstbezogenheit und Hochmut sind möglich, solange sie es mit der Sünde zu tun haben, sprich: lebenslänglich. (1)
V 21Seelsorge Jesu: Zeit zum Reden geben (Jo 4, 5ff).
„Sage, bestimme“ (s. Elberf.) beschreibt die absolute Befehlsgewalt Jesu. „Sag nur ein Wort…“ (Mt 8, 8).
Wenn Gott spricht, wird nicht nur geredet. Sein Wort GESCHIEHT (1. Sam 15, 10; Ps 33, 4.9; Jes 38, 4; Jer 1, 4; Hes 1, 3; Jon 1, 1; u.v.a.).
Die Plätze rechts und links neben Herrschern gehörten den „Vize-Chefs“: Ehrenplätze (1. Kö 2, 19; Ps 16, 11; 110, 1; Mt 26, 64; Mk 16, 19; Apg 7, 55; Rö 8, 34; Eph 1, 20; Kol 3, 1; 1. Petr 3, 22; Hebr 1, 3).
Jesus hatte selbst von „Thronen“ für die Jünger gesprochen (19, 28). Das führte zu Begehrlichkeiten. Das Volk, die Jünger und diese Mutter meinten, es ginge bergauf mit der Karriere Jesu. Ein Brotkönig, der zuerst die römischen Besatzer hinauswirft, dann im Tempelbereich aufräumt. Die Frau des Zebedäus möchte evtl. nicht nur den Karriereweg ihrer Söhne ebnen, sondern auch, dass ihre Kinder eng bei Jesus bleiben. Das wäre beispielhaft.
Deshalb sollte das Anliegen der Salome in der Predigt überlegt dargestellt werden. „Lieber wie diese Frau handeln, als in angeblich frommer Zurückhaltung gleichgültig bleiben!“ (Dr. G. Maier).
Das Problem der Frau ist aber: „Sie will die Krone vor dem Kreuz.“ (Dr. G. Maier).
Die Teilhabe an Jesu Hirtenaufgabe ist zuerst Teilnahme an seinem Leiden (Jo 10, 11).
V 22 Matthäus beschreibt die Todestaufe (siehe Mk 10, 38ff) nicht, sondern nur den „Kelch des Leidens“.
V 23 Mission ist zuerst Passion. Teilhabe an der Herrlichkeit Jesu beginnt mit der Teilnahme am Leiden.
Die sichere Jüngerantwort ist nicht voreilig und übertrieben, wie die Versicherung des Petrus (Mt 26, 35). Jakobus starb durch Herodes Antipas (Apg 12, 1f), Johannes wurde nach Patmos verbannt (Offb 1, 9). Danach leitete er wohl die Gemeinde in Ephesus.
Leiden für den Herrn ist keine Leistung! Im Judentum und unter den Makkabäern galt das Martyrium als besondere Leistung (2. Makk 7, 31f). Und wer etwas leistet, erwartet Lohn. Die erwartete Antwort: „ALSO werdet ihr auch in der Herrlichkeit…“ bleibt aus.
Jeder Lohn bei Gott ist „Gnadenlohn“. Woher nahmen die Leidenden ihre Geduld und Durchhaltekraft (Jo 15, 5)?
Auch Paulus gibt nur das Wort von der Gnade weiter (2. Ko 12, 7-10).
Sogar Jesus erkennt Schranken an, nämlich Gottes Wort, das Wort seines Vaters. Und so, wie er Gottes Wort als Richtschnur anerkennt, rät er den Ratsuchenden, sich diesem Wort anzuvertrauen.
V 24 Sind alle Gemeindeglieder mit ihren (meistens gewählten) Leitern einig? Oder gehört Unwilligkeit auch zum Alltag der Gemeinde? Wenn Jünger sich ärgern, müssen Leiter Gespräche suchen. (2)
Politiker nannten sich schon damals gern „Wohltäter“.
Eifersucht? (3)
V 25 „Jesus ABER…“. Das ABER beschreibt die oft nicht (mehr) erwartete Art Gottes, über Bitten und Verstehen hinaus helfend und heilend einzugreifen (Eph 3, 20).
Politische Leiter ohne Gott können in der Regel dem Machtrausch nicht widerstehen. „Die gefallene Welt hat in der Regel auch gefallene Herrscher“ (Dr. G. Maier). (4)
V 26f „So nicht!“ Eine Zurechtweisung. Nicht klar ist, ob es sich um eine Kritik am Bestehenden oder an damals allgemein üblichen Verhältnissen handelt.
In der Gemeinde gibt es Unterschiede, aber keine allgemeine Gleichschaltung (V 16). Vorbilder und Leiter sind auch in der Gemeinde nötig. (5)
Die Rangordnung ist allerdings umgekehrt: Wer sich durchs Hören auf Gottes Wort für andere aufopfert, ihnen dient, wird diesen wichtig.
Der „Dienst für Andere“ ist nicht von einer gesellschaftlichen oder kirchlichen Position abhängig.
Leider schrumpfte der Begriff „Diener“ (griech. diakonos) zu einer kirchlichen Berufsbezeichnung.
Die Verantwortlichen eines Gemeinschaftsverbandes, einer Landeskirche können DIENEN, auch wenn sie am ehesten angegriffen und schlechtgeredet werden. Alles Schimpfen über Menschen, die Gott dienen wollen, verbietet sich innerhalb der Gemeinde Jesu.
Noch deutlicher bezeichnet der Ausdruck Knecht (griech. doulos = Sklave) das Dienstverhältnis der Jesus-Nachfolger. Knechtsein hat nichts mehr mit Streben nach Karriere zu tun.
DEMUT charakterisiert den Dienst (1. Petr 5, 6f). Eine innere Unterordnung, die nicht den Anderen unterjocht, sondern ihm dient. (6) (7)
Jesus stellt seinen Jüngern auch den Sinn der LIEBE vor. Von der Agape-Liebe sollen sie ihre Ehre bekommen. Dienen, wie Jesus bis ans Kreuz gedient hat (Phil 2, 5ff).
Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde. (Jo 15, 13).
Eine Mentalität unter Christen, sich eine „passende“ Gemeinde herauszusuchen, in der sie ihren Wünschen entsprechend „bedient“ werden, findet hier keine Unterstützung. Es geht ums aktive Dienen, nicht ums passive Bedient-werden.
Das „Hammer oder Amboss sein“ beschäftigte die Literatur, wobei natürlich die Hammer-Funktion bevorzugt wurde. Der Große nach Jesu Sinn, knechtet aber nicht Andere, sondern sich, weil er sich dem echten Wohl der Anderen untertänig macht und ihre Stütze sein will.
V 28 „’Gleich wie…’, das erhabenste Beispiel“ (J.A.Bengel, Gnomon). Christen sind das freie Volk der Dienenden.
Das Eichmaß für die Diener Jesu ist SEIN Dienst. Keine menschliche Begabung befähigt dazu.
„Menschensohn“ ist ein Titel des erwarteten Messias (8, 20; siehe auch Bibellexikon). Die treffendste Beschreibung der Tätigkeit Jesu: „um zu dienen“. Als Menschensohn, der nach der Weisung Daniels (Dan 7, 13f) im Auftrag Gottes das letzte Gericht über die Menschheit halten wird, hätte er als Erster das Recht, oben zu sein und sich bedienen zu lassen.
Im AT dienten die Menschen ihrem Gott, vordergründig betrachtet, wie in anderen Religionen auch, – jedenfalls nicht umgekehrt. Nun stellt Jesus das alte Prinzip auf den Kopf: Gott dient den Menschen.
Das Wort Lösegeld bezeichnet den Betrag für den Kauf eines Sklaven. Jesus erlöste uns von den Folgen unserer Schuld und kaufte uns aus dem Wirkungsbereich des Satans frei (Apg 10, 38; Rö 5, 21; 6, 16ff.; 1. Ko 6, 20; 2. Tim 1, 10; 1. Petr 1, 18; 1. Jo 3, 8; Hebr 2, 14). (8)
Seitdem Gott Jesus „zur Erlösung“ gemacht hat (1. Ko 1, 30), können Menschen erst recht das Bekenntnis des Hiob nachsprechen: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt“ (Hiob 19, 25)!
Gesamtthema: Im richtigen Verhältnis zueinander leben
Gliederungsvorschlag 1 (Alfred Christlieb, Pfr. In Heidberg, Lehrer am Johanneum):
1. Die schöne Sorge einer Mutter
2. Die Gefahr bei dieser Mutter
3. Der Zurechtbringer der Mutter
Gliederungsvorschlag 2 (B. Schmid, Albstadt):
1. Dienen – was ist das?
2. Dienen – wer tut das?
3. Dienen – wie geht das?
Gliederungsvorschlag 3 (nach Dr. G. Maier, Tübingen):
1. Sehnsucht nach Größe steckt in jedem Menschen
2. Sehnsucht nach Größe bedeutet Unterjochung anderer
3. Jesus zeigt einen ganz anderen Weg
Fußnoten
(1) Pastor Jonathan Paul (1853-1931, Gnadauer Schriftführer, EC-Vorsitzender, erster Evangelist der Zeltmission. Liederdichter „Dir fehlt wohl noch der Friede“) strebte nach völliger Erlösung schon zu Lebzeiten. Nachdem er predigte, er habe „seinen ‚alten Adam’ schon seit Tagen nicht mehr gesehen“, entgegnete ihm ein Freund: „Deinen ‚alten Adam’ habe ich doch erst gestern noch bei unserer Sitzung erlebt.“
(2) In der Wirtschaft sind die Leiter auch für den „Frieden in ihrem Betrieb“ zuständig.
(3) Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft.
(4) Auch die Grundwerte eines christlichen Landes verlieren für Machtmenschen an Gewicht. Abtreibung, Stammzellengewinnung, Steuerhinterziehung, Scheidungen und Wortbrüche werden in höchsten Kreisen üblich, wenn sie dem eigenen Statuserhalt dienen.
(5) Früher nannte man die Aktivität FÜR die Gemeinde, FÜR andere, „einen Dienst tun“.
(6) Im Kairoer Ägyptischen Museum werden goldene Fußschemel von Königen der Ramses-Dynastien aufbewahrt. Sie bestehen aus kleinen Nachbildungen der besiegten Nachbarkönige, die nebeneinander auf Händen und Knien gestützt, gebückt dem Sieger „unter die Füße“ geraten sind.
(7) „Der Papst hat aus diesem Begriff einen Titel gemacht „servus servorum“ (Knecht der Knechte), was den Missbrauch keineswegs gehindert hat.“ (G. Maier)
(8) „Man betete aber auch in Lebensgefahr ‚Möge mein Tod ein Lösegeld für alle meine Ungerechtigkeiten sein’“ (A. Schlatter).
Auch Weltmenschen suchen Erlösung:
Fußballreporter kennen das „erlösende Tor“ kurz vor dem Abpfiff.
Eine „erlösende Meldung“ nennt man die Nachricht, dass ein gesuchter Schwerverbrecher in der eigenen Stadt endlich gefasst wurde.
Todesanzeigen in der Zeitung: „Wenn die Kraft zu Ende geht, ist der Tod Erlösung“.
Hermann Hesse (Literatur-Nobelpreisträger aus Calw, 1877-1962) nannte das „Vordringen zum Erlöstsein“ die „höchste Stufe“ der wahren Menschwerdung.
Aus seiner Erzählung „Peter Camendzind“: „Zuweilen fiel mir auf, wie eine große Sehnsucht in allen diesen Seelen von heute nach Erlösung schrie“.
John Updike (amerikan. Romancier, * 1932). Er beklagt, dass meistens nur in schummrigen Kirchen unter Ausschluss der Öffentlichkeit davon gesprochen werde, dass es „Erlösung im Herrn“ gibt. Er beklagt, dass im modernen Amerika die Kirchen wohl dem zeitgenössischen Bedürfnis nach Religiosität und Stimmung nachkommen, dass aber viel zu wenig von Wundern und von der Gottessohnschaft Jesus, von den Sakramenten und vom Leben nach dem Tod die Rede sei. Und dann steht da urplötzlich der vernichtende Satz: „Ich habe den Eindruck, dass die Kirchenleute dem Bedürfnis nach Religiosität nachkommen wollen, ohne jedoch der Vernunft zu viel zumuten zu wollen… Ohne übernatürliche Rettungsaktion jedoch ist unsere irdische Existenz hoffnungslos!“
Rolf Scheffbuch berichtet (2002): Vor nicht allzu langer Zeit fand in einem schwäbischen Tagungszentrum eine Konsultation zum Thema Weltmission statt. Die Teilnehmer waren sich weithin einig: Die Zeit der Mission ist vorbei! Da legte der Referent des nächsten Vormittagsreferates sein ausgearbeitetes Manuskript auf die Seite. „Ich möchte Ihnen erzählen, wie ich Christ geworden bin!“ Der hochgewachsene Religionswissenschaftler einer großen amerikanischen Elite-Universität war als muslimischer Häuptlingssohn im afrikanischen Gambia geboren worden. Er wollte seinen Altersgenossen ein Vorbild im Islam sein. Jeden Morgen beim Ruf des Muezzins war er pünktlich als erster zum Gebet in der Moschee. Die Christen am Ort verachtete er, weil ihr ganzer Lebenswandel nicht imponierend war. Eine ihm geschenkte englische Bibel legte er weit weg; mit dem Christenbuch wollte er nichts zu tun haben. Vielmehr wollte er sich immer tiefer in den Koran einarbeiten. Dabei stieß er auf das Merkwürdige, dass der dort genannte Prophet „Isa“ (= Jesus) ein anderer gewesen sein soll als der am Kreuz Hingerichtete. Nun wollte er Genaueres wissen. Er suchte die weggelegte Bibel und blätterte in ihr. Dabei stieß er auf den Römerbrief. Da hieß es: „Du lehrst andere und lehrst dich selbst nicht!“ Das Gewissen wurde ihm geweckt. Er war doch nicht als Vorbild morgens ganz früh in der Moschee, vielmehr deshalb, um in der rückwärtigen Ecke einen Platz zu ergattern, an dem er sich nach zwei Seiten hin an die Wände anlehnen und so ein wenig weiterschlummern konnte. Auch andere Formen frommer Schauspielerei wurden ihm bewusst. Beim Weiterlesen in der Bibel stieß er auf die Stelle: „Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht. … Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen? … Gott sei Dank: Jesus“.