Monatsthema: Leben vom Kreuz des Herrn
Predigtthema: Allein vom Leben leben
Bibelstelle: Matthäus 16, 24-28
Verfasser: Eckhard Löffler
Vorbemerkungen
Die erste Passionspredigt Jesu. In den Versen davor geht es um das NEIN des Petrus zum Weg Jesu, dann um das JA des Herrn zum Leiden bis ans Kreuz.
Erklärungen und Tipps:
V 24 Wenn jemand WILL, gilt: Keine Nachfolge ohne Selbstverleugnung. Gott ZUSAGEN bedeutet auch, dem eigenen Willen absagen.
Den Weg zum Kreuz verstehen, heißt, ihn SELBER gehen. Zum Tod Verurteilte mussten nach römischer Sitte das Hinrichtungsmittel selbst zur eigenen Todesstätte tragen. Jesus-Nachfolger tragen IHR Kreuz. (1) Ihre ICH-Bezogenheit (2) schrumpft.
Christus bringt nicht die bequeme Entbindung von allen Übeln (siehe unsere Gebetsanliegen!) und führt nicht zur Behaglichkeit, sondern ans Kreuz.
Was im Leben mit Jesus an Hemmungen und Druck auftaucht, soll zur Überwindung des Unglaubens (1. Ko 10, 13) und der Sünde dienen. „Mein Kreuz“ erinnert mich an Jesu Kreuz, das er FÜR MICH trug. (3)
V 25 Unter „Leben“ wird zunächst die Zeit des Menschen zwischen Geburt und Tod verstanden. Diesem irdischen Leben eine möglichst hohe Lebensqualität abringen und eine möglichst hohe Zahl an Jahren geben, ist vielfach Wunsch und Hochziel des Menschen.
Unser neues Leben entsteht aber aus unseren „ICH-Gräbern“. Trotz einem „Am Leben-bleiben-wollen“ aller Menschen sterben Christen täglich (1. Ko 15, 31). Ichsucht führt immer zum Verlust der Beziehung zu Gott. Gott suchen bringt das Sterben des eigenen Ichs mit sich. Der Sinn des Lebens wird aber erst mit dem Tod des „alten Menschen“ erkannt (Rö 8, 13; 1. Ko 15, 31; Phil 1, 21; 2. Tim 2, 11).
Die Märtyrer der alten Kirchen waren besonders gefährdet, das eigene Leben und das ihrer Familien zu „retten“, indem sie dem Kaiser opferten. Siehe auch Daniel 3.
V 26 Für Leben steht hier viermal das Wort „psyche“, üblicherweise übersetzt mit „Seele“. Der Hebräer sah den Menschen aber als Ganzes: Geist + Seele + Leib, als Summe des Denkens, Fühlens und Wollens.
Das Leben wird nur einmal gelebt und kann, wenn es nutzlos vertan wird, nicht wieder zurückgeholt werden. Die ENTSCHEIDUNG über das zeitliche und ewige Heil legt der Herr in UNSERE Hand. Der Mensch wird von Gott ganz ernst genommen, hat aber auch die Forderungen Gottes ganz ernst zu nehmen.
V 27 Treue und Gehorsam dem Wort Gottes gegenüber werden bewertet, NICHT der äußerlich sichtbare Erfolg. (4) Materialismus verstellt eher den Blick auf den Herrn.
V 28 AMEN (auch mit WAHRLICH übersetzt) spricht der Jude NACH den Worten eines Anderen, um diese Aussage auch für sich rechtlich-verbindlich zu erklären. (Neh 5, 13; Judit 13, 25; 15, 13).
Jesus gebraucht das Wort neu, indem er es seinen eigenen Sätzen voranstellt. Damit werden seine Worte rechtskräftig und verbindlich für die Zuhörer.
Schwieriger zu erklären ist die Tatsache, dass die so bekräftigte Versicherung geschichtlich nicht eingetroffen ist, wie es erwartet wurde. Die Jünger starben, ohne die Wiederkunft „gesehen“ zu haben. Die Geschichte der Gemeinde Jesu kennt einige Erklärungen. (5)
Wahrscheinlicher ist, dass das „Reich Gottes innerlich IN euch“ (Lk 17, 21) ist. Jesus sagt Nikodemus: „Es sei denn, dass jemand von Neuem geboren wird, sonst kann er das Reich Gottes nicht sehen“ (Jo 3, 3).
Jo 14, 18f verspricht Jesus: „Ich komme zu euch… Ihr sollt mich sehen.“, wobei er sein Kommen im Heiligen Geist meint.
„Jesus will sagen: Es wird nicht einmal so lange dauern, bis diejenigen, welche das Leben hingegeben haben, es wieder finden und anfangen werden, das Sehen des Reiches Gottes zu genießen.“ (Werner de Boor).
„Den Tod sehen/schmecken“ ist mehr als das Sterben sehen. Es ist ein Selbst-Sterben, ähnlich wie „das Leben sehen“ das neue Leben durch Jesus Christus meint.
An Pfingsten sahen die Jünger und viele Andere, die den Heiligen Geist empfangen haben, tatsächlich die großen Taten Gottes in seinem Reich, indem sie sie persönlich und heilsgewiss erfahren haben.
Die meisten Ausleger sehen in der Andeutung Jesu aber seine Wiederkunft. Diese verzögert sich tatsächlich, aber nicht, weil der Herr sich geirrt hätte, sondern weil seine Liebe auch geduldig ist (siehe 2. Petr 3!).
„Jesu will zuerst herrichten und nicht hinrichten“ (J. Chr. Blumhardt).
„Die palästinische Kirche, in der das Evangelium nach Matthäus starke Geltung hatte, ließ sich durch die Vorgänge nicht irre machen. Auch das Dahinscheiden der Letzten aus dem Kreis der Zwölf, die offenbar noch lebten, als Matthäus schrieb, war für sie kein Grund, das Wort Jesu zu streichen oder zu verändern. Sie lebte nach wie vor in der Erwartung der nahen Ankunft des Menschensohnes. Seine Zuversicht erfüllte mit aktueller Wirklichkeit ihre Gegenwart.“ (Wilh. Vischer, Die ewige Gemeindeordnung).
Siehe auch Bibellexika unter „Naherwartung“.
Gliederungsvorschlag (nach Dr. Gerhard Maier)
1. Jesus liebt die Klarheit
2. Jesus legt die Entscheidung in unsere Hände
3. Wenn wir in der Nachfolge Jesu bleiben, kommen wir ans Ziel des Gottesreiches.
Allein vom Leben leben (Thomas Richter)
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Fußnoten
(1) Einer trägt an sich selbst, an seinen sündhaften Zwängen. Der Andere trägt an Familie, Verwandtschaft, Nachbarn, Kollegen, die sein christliches „Leben schwer machen“. Schwierige Vorgesetzte oder aufsässige Untergebene, besondere Krankheiten oder als Folge der Christusnachfolge eine finanziell knappe Versorgung sind Hinrichtungsmittel des eigenen Ichs.
(2) Ichbezogenheit meint, das „Leben“ ohne Rücksicht auf Kosten anderer Menschen an sich reißen.
Beispiele noch und nöcher: Vom ehem. Vorstandsvorsitzenden der Post Klaus Zumwinkel (Steuerhinterziehung mit Liechtensteiner Hilfe) über Peter Hartz (Veruntreuung von Firmengeldern) und Klaus Esser (111 Millionen Abfindung von Mannesmann/Vodafone) bis zu UNS SELBST. Ichbezogenheit ist auf vermeintliche Vorteile fixiert.
(3) Gerhard Maier zitiert ein Gleichnis: Alle Kreuze wurden in einer großen Kirche abgelegt und gesammelt. Dann durfte jeder das Kreuz wählen, das ihm am meisten zusagte. Am Ende hielt jeder wieder sein früheres Kreuz in der Hand.
(4) „Alle, die sich durch das Bedürfnis nach Erfolg bestimmen und durch Erfolge blenden lassen, werden als ungetreue Knechte samt ihren Werken dem Feuer übergeben werden, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist (Mt 25, 41). An jenem Tag werden viele zu dem Menschensohn sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen viele Taten getan? Dann wird er ihnen bekennen: Ich habe euch nie gekannt; weicht alle von mir, ihr Übeltäter! (Mt 7, 22).“ (Wilh. Vischer, Die ewige Gemeindeordnung, Kap 16-20).
(5) Kirchenvater Chrysostomus (ca. 344-407 n. Chr., Bischof von Konstantinopel) sah eine Erfüllung in der Verklärung Jesus in Mt 17.
Andere Ausleger meinen, dass es sich nur um die Wiederkunft Jesu handeln könne, die die Jünger „nahe“ erwarteten.
Andere denken an Pfingsten, die Ausgießung des Geistes und der Beginn der Gemeinde, die als Leib Christi bezeichnet wird (Eph 5, 23; Kol 1, 24).
Einzelne sehen die Zerstörung Jerusalems durch Titus (70 n. Chr.) als den Termin. Dieser Gedanke stimmt aber mit dem „Reich“ Gottes nicht überein.