Kolosser

Predigthilfe vom 11.3.2001 – Kolosser 2,16-19

Monatsthema: Christus das Geheimnis Gottes.
Predigtthema: Christus vor uns.

Bibelstelle: Kolosser 2,16-19

Verfasser: Albrecht Wandel

1. Zusammenhang

Wir befinden uns immer noch im ermahnenden Teil des Kolosser. Paulus hat in den vorhergehenden Versen erst Christus großgemacht. Nun geht er ins Detail und konkretisiert die gefährlichen Forderungen und Verhaltensweisen der Irrlehrer. Damit will Paulus bewahren vor einem falschen menschlichen Heilsweg und die Gläubigen gewißmachen und festigen in Ihrem Glauben an Jesus Christus.

2. Biblische Parallelen

Mt.7,1-6 Vom Richten.
Joh.15,1-8 Weinstock-Gleichnis
1.Kor.8 Vom Essen des Götzenopferfleisches
Gal.3,11-21 Auseinandersetzung zwischen Paulus und Petrus
Gal.4,8-5,1 Rückfall in die Gesetzlichkeit und Freiheit gegenüber dem Gesetz: Zur Freiheit hat uns Christus befreit! (Gal.5,1)

3. Der Aufbau des Textes.

Kommt im Folgenden klar zum Ausdruck!

4. Einzelerklärungen

V.16
„ein schlechtes Gewissen machen“: wörtl. „scheiden, trennen, richten, verurteilen“. Der Begriff bildet die Klammer um unseren Text: Die Irrlehrer wollen den anderen Gläubigen, die nicht so leben wie sie, einreden: „Ihr seid von Christus und damit vom Heil getrennt, weil ihr nicht die äußeren Regeln einhaltet!“ In V.19 wird dann deutlich, dass diese Irrlehrer von Christus getrennt sind, wenn sie nicht ihn Haupt sein lassen!

Heiko Krimmer zeigt auf, dass für uns alle Gebote des AT, die das Volk Israel, das Land Israel oder den Tempel betreffen, für uns nicht mehr dieselbe Verbindlichkeit haben. Sie haben aber eine „Vorbildbedeutung“ und, so sie von Jesus oder den Aposteln wiederholt wurden, sind hilfreich zu einer verbindlichen Lebensgestaltung.

Speise- und Trinkgebote: im AT ein Versuch, Gott gnädig zu stimmen, in seine Gegenwart zu kommen. Hier wird also auf einem anderen Weg als ihn Christus bietet, versucht, sich Gott zu nahen: Christus wird kein gemacht!

Neumondfest (4.Mo.28,11-15): wurde beim ersten Erscheinen der Mondsichel jeden Monat gefeiert. Es war ein Freudenfest, aber auch verbunden mit verschiedensten Opferungen. Gott sollte auch für den kommenden Monat gnädig gestimmt werden. Wieder ein Versuch, einen gnädigen Gott zu bekommen. Christus macht diese Neumondfeste überflüssig.

Sabbate: Sabbat und Neumond werden häufig zusammen genannt. Das anbetende, sich dem heiligen Gott nähern steht hier im Vordergrund (Jes.66,23). Wenn Gott Sabbatfeiern und Neumonde nicht mehr gelten läßt, so bedeutete dies im AT Gericht. Ntl. sind wir aber mit Jesus so mit Gott verbunden, dass wir ihn Vater nennen dürfen und dies ist unabhängig vom Einhalten der Festzeiten.

V.17
Die ganzen Speise- und Festvorschriften dienten dazu, sich „punktuell“ Gott zu nähern. Damit lieferten sie eine „Schatten“ davon, was es bedeuten würde, in der ständigen Gegenwart Gottes zu leben. Schatten verzerren und verdunkeln aber immer. Mit Jesus Christus sind seine Nachfolger in der ständigen Nähe und Gegenwart Gottes. In Röm 12,1 bezeichnet Paulus das Leben der Christen als „logischen Gottesdienst“. Durch Christus müssen wir nicht mehr die Nähe Gottes „machen“, sondern die Nähe Gottes leben!

Schatten: hier ist eine Anspielung an die griechische Philosophie (Platon ist der Meinung, dass die Menschen nur einen Schatten der göttlichen Wirklichkeit erkennen können). Paulus holt die Philosophen bei Ihren Gedankengebäuden ab und zeigt ihnen, dass Christus diese weit überragt, ja dass er der „Körper“ zu diesem Schatten ist! Philosophien können hilfreich sein, aber sie werden im wahrsten Sinn des Wortes durch Jesu Wirklichkeit in den Schatten gestellt.

„leibhaftig“: wörtl. „der Leib/Körper aber ist Christus“.

V.18
„um den Siegespreis bringen“: wörtl. „Kampfpreis-Enteignung/Siqualifikation“ (als Schiedrichter gegen jemand auftreten, um ihm den erfochtenen Preis wieder abzunehmen, weil er die Spielregeln nicht eingehalten hat). Das Bild, das hier vor Augen steht: Sportwettkampf, bei dem einem Läufer oder einer Mannschaft, die den Siegespreis schon hat, dieser wieder aberkannt wird, weil ihnen vorgeworfen wird, sie hätten falsche Methoden eingesetzt. Nach Ansicht der Irrlehrer ist die falsche Methode das „Christus allein“. Im folgenden bekommen wir einen Einblick, wie die Irrlehrer die Gläubigen von ihrer Siegesgewißheit abbringen möchten:
– ihr seid nicht so demütig wie wir (diese Sicht ist Hochmut pur!)
– ihr verehrt keine Mittlerwesen
– wir hatten Visionen
– schaut, wieviel Ansehen wir haben und wie wichtig wir genommen werden.

„aufgeblasen sein“: aufgebläht sein (nichts als „heiße Luft)“.

„fleischlicher Sinn“: das von Gott losgelöste und Ich-bezogene Wesen des Menschen, aus dem sie Sünde kommt.

V.19
Vorbemerkung: nach heutiger anatomischer Kenntnis hält nicht der Kopf den ganzen Leib zusammen. In der medizinischen Literatur galt der Kopf jedoch nicht nur als „Steuerzentrale“, sondern auch als Quelle des Lebens und des Halts für den ganzen Körper: Wenn der Kopf abgehauen wird, sackt der Körper in sich zusammen und das Leben ist entwichen. Alle Glieder sind vom Haupt abhängig und mit ihm verbunden.

Die Irrlehrer wollen nun den Körper von „unten her“ stützen und machen damit das Haupt überflüssig. Ganz bildhaft: Wer meint, das Haupt überflüssig machen zu müssen, der muß ständig neue Stützen und Krücken anbringen.

Bänder und Gelenke an den Nahtstellen der einzelnen Glieder haben in dieser Vorstellung keine stützende und lenkende, sondern eine untergeordnete verbindende Funktion.

5. Die Spitze des Textes.

Christus ist Realität und stellt alles menschliche und äußerliche Bemühen in den Schatten! „Wenn wir fest mit IHM verbunden sind und nur auf Jesus sehn, dann werden wir an seiner Hand dem Ziel entgegengehn!“

6. Der Text heute.

Der Begriff „Irrlehrer“ verleitet dazu, den Text weit weg von uns selber zu lesen. – Wer würde sich schon als „Irrlehrer“ bezeichnen.
Wenn wir aber überlegen, durch welche Methoden, Strategien oder zuätzliche Lehren wir den Leib, die Gemeinde stützen wollen, merken wir, wie aktuell dies werden kann. Auch die Tendenz, Christus nicht mehr die zentrale Stelle in unserem Leben und unseren Gemeinden einzuräumen, ist nicht von der Hand zu weisen. Wir sollten uns nicht verrücken lassen vom „Christus allein“! Das „Christus und“ war und ist einer der größten Gefahren- und Angriffspunkte für die Gemeinde! Es gilt, Mut zu machen für das „Christus genügt“!

7. Beispiele und Verdeutlichungen.

Wieder gibt uns der Text sehr gute Bilder und Veranschaulichungen vor:
– Das Bild vom Körper, der einen verschwommenen und dunklen Schatten wirft. Wir brauchen nicht über eine religiöse Schattenwelt zu spekulieren, sondern haben Gott in Jesus Christus real mitten unter uns, ja sogar in uns! Christen sind keine Schattenboxer!

– Das Bild vom „Aberkennen des Siegespreises“ ist uns durch Doping-Skandale mehr als vertraut. In unserem Text wird der umgekehrte Weg gegangen: Die „nicht Gedopten“ werden von den Irrlehrern „disqualifiziert! Laßt das nicht zu, sagt Paulus!

– Das Bild vom Haupt und dem Körper. Wir sollten kurz auf die antike Sicht hinweisen. Sodann können wir dieses Bild in einer etwas makabren Weise veranschaulichen: Beim Hühnerschlachten, wird diesen der Kopf abgehackt. Auch ohne Kopf rennen sie noch durch die Gegend vielleicht sogar aktiver als vorher. Sie machen Dinge, die sie mit Kopf nie machen würden, aber sie werden immer schwächer und bis sie verendet liegenbleiben. Übertragung: ein Christ/ eine Gemeinde, die sich vom Haupt = Christus entfert hat, ist u.U. total aktiv, kümmert sich um Dinge, um die sie sich „mit Haupt“ nie kümmern würde. Sie versucht verzweifelt mit Stützmaßnahmen und Lebenserhaltungs-Maßnahmen das Sterben hinauszuzögern. Faktisch ist sie aber schon tot!

8. Material und Gliederung zur Predigt.

Insgesamt sollten wir in der Predigt nicht richtend auftreten, sondern sehr persönlich und seelsorgerlich predigen. Auch wenn wir uns weit vom Haupt Christus entfernt haben, können wir wieder „andocken“ bei ihm!Wir sollten Mut machen, „rituelle und traditionelle Sicherheitssysteme“ aufzugeben und dabei helfen, allein auf Jesus zu sehen.
Möglicherweise besteht nach der Predigt Gesprächsbedarf.

1. Heilsgewiß leben.
Nicht irremachen lassen von Christen oder Organisationen, die behaupten: „Dir fehlt noch etwas „äußerliches“ zum Heil. Wer Jesus Christus hat, der hat Heilsgewißheit! Bibelstellen, die hier seelsorgerlich in der Predigt helfen können: Röm.8,31-39; Joh.1,12; Joh.5,24; Joh.11,25-26; 1.Joh.5,12

2. Christusorientiert leben.
Christus ist das Ende der Religion, des sich Bemühens, zu Gott zu kommen. Religion und Philosophie kann bestenfalls „Schatten“ sein, der aber vieles verzerrt und sehr dunkel darstellt. Christus ist Realität, eine Wirklichkeit, mit der wir konkret leben können und sollen. Das Ausgerichtetsein auf Jesus bewahrt uns vor Irrwegen und religiösen Krücken. Das ist echte Freiheit von Religion und weltanschaulicher Spekulation. Wir wollen Mutmachen, zum konkreten Leben mit Christus!

3. Siegesgewiß leben.

Die Stimmen werden zunehmen, die uns Jesus „madig machen“ wollen: „Jesus ist nicht alles!“, „Ihr mit Eurem Jesus!“, „Glaubt bloß nicht, dass man nur mit Jesus in den Himmel kommt“, „Es ist arrogant zu behaupten, ich weiß dass mein Erlöser lebt!“
Lassen wir uns den Sieg, den Christus ein für allemal davongetragen hat, von niemand wegnehmen.

4. Christusverbunden leben.

Hier kommt die Spitze des Textes nochmals deutlich heraus: mit Jesus verbunden sein, auf ihn sehen, mit ihm dem Ziel entgegen. Jeder ist hier zunächst aufgefordert zur Selbstprüfung und vielleicht zum „Neu-Andocken“ an das Haupt Christus. Methoden und Strukturen können die Bänder sein, die mein Glaubensleben oder das Gemeindeleben helfen zusammenzuhalten, aber sie dürfen niemals das Haupt ersetzen wollen. Bänder und Gelenke können von sich aus gar nichts bewegen! Ein Bezug zum Weinstock-Gleichnis Jesu (Joh.15,1-8) kann hier zusätzlich veranschaulichen und weiterhelfen.